BEZAHLBARER WOHNRAUM IN DEUTSCHLAND

SOZIALER WOHNUNGSBAU IN DEUTSCHLAND: AUCH FÜR INVESTOREN INTERESSANT

Dr. Konstantin Kortmann, Foto: JLL

Der Wohnraummangel in den deutschen Großstädten ist akut und es gibt endlose Diskussionen darüber, wie er abgestellt werden kann. Der Berliner Mammutgipfel zu diesem Thema im Kanzleramt am 21. September 2018 hatte mehr als nur politischen Symbolcharakter, dürfte in der Wirkung dennoch eher der berühmte Tropfen auf den berüchtigten heißen Stein gewesen sein. In die Endlosschleife der Diskussion involviert sind auch weiterhin nicht nur die Planungsinstitutionen der Länder und Kommunen, sondern nun in zunehmendem Maße auch private Entwickler und Investoren. Inwieweit diese Akteure das vielgestaltige Defizit am Wohnungsmarkt ausgleichen können, bleibt abzuwarten. Nach Ansicht der Autoren ist Chancenpotenzial aber auf jeden Fall vorhanden. Red.

Das hohe öffentliche Interesse am Wohnungsmarkt und die staatlichen Einwirkungsmöglichkeiten haben ihren historischen Kern in der Tatsache, dass der Wohnungsmarkt in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in hohem Maße sozialpolitisch gesteuert worden war. Die direkte Nachkriegsnot mit Zwangseinweisungen wurde neben den großen Neubauanstrengungen auch mit einer erheblichen Verbürokratisierung und Reglementierung aller damit verbundenen Prozesse bis in die achtziger Jahre hinein bekämpft.

Mieterschutz genießt seit jeher hohen Stellenwert

Um die Mieter (und Wähler) zu schützen, wurden sie gesetzlich sehr gut gestellt - von der gesetzlichen Verankerung der Miethöhe, über das Mieterhöhungsprozedere bis hin zum allgemeinen Mieterschutz ist alles geregelt im BGB ab § 549. Diese starke Regulierung des Wohnungsmarktes gab es damals ebenfalls in weiten Teilen Europas, heute jedoch sind viele unserer Nachbarländer im Mieterschutz flexibler geworden.

Neben der gesetzlichen Verankerung des Mieterschutzes als elementarer Säule der Wohnungspolitik wurde in Deutschland darüber hinaus durch den Bund und die Länder viele Jahre aktiv sozialer Wohnungsbau betrieben. Ziel war die Teilhabe auch von einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen an innerstädtischen Infrastrukturen. Es sollte verhindert werden, dass eine räumliche Segregation in städtische Randlagen stattfindet und mögliche soziale Konflikte mit langfristigen Folgen für das städtische Miteinander entstehen.

Öffentlicher Wohnungsbestand massiv gesunken

Nach dem sukzessiven Rückzug des Staates aus der Objektförderung in den achtziger Jahren verlagerte sich der Schwerpunkt der Intervention von der Objektförderung im Bau hin zur Subjektförderung in Gestalt von Wohngeld. Hinzu kamen - insbesondere in den vergangenen Jahren - zwei weitere Effekte: Durch Zeitablauf sind viele Objekte aus der Miet- und Belegungsbindung herausgefallen. Hinzu kamen ab Beginn der 2000er Jahre großvolumige Verkäufe kommunaler Wohnungsbestände an private Investoren.

Aufgrund dieser drei Ursachen hat sich der Sozialwohnungsbestand beziehungsweise der durch die öffentliche Hand direkt steuerbare Bestand rapide verringert. Auch der Anteil des geförderten Wohnungsneubaus ist seither deutlich gesunken - es kommen also weniger neue Sozialwohnungen auf den Markt. Wohnungsnot in den Ballungszentren ist zunehmend die Folge. Die Politik ist in Zugzwang - und das nicht erst seit heute.

Wohnungspolitik als zentrales Anliegen der GroKo

Unabhängig vom jüngsten Berliner Wohngipfel hatte die Bundesregierung die Wohnungspolitik als zentrale Aufgabe des Regierungshandelns schon in ihrem Koalitionsvertrag definiert und zusätzlich die Unterstützung der Länder bei der sozialen Wohnraumförderung in den Blick genommen.

So soll ermöglicht werden, dass die bundeseigene Bundesanstalt für Immobilienaufgaben den Ländern und Kommunen bei der sozialen Wohnraumförderung bundeseigene Grundstücke im beschleunigten Verfahren zu vergünstigten Konditionen zur Verfügung stellen kann. Immerhin sollen bis 2021, so eines der Ergebnisse des Wohngipfels, 1,5 Millionen Wohnungen gebaut werden, darunter 100 000 Sozialwohnungen. Dafür stellt der Bund den Ländern fünf Milliarden Euro zur Verfügung.

Ungeachtet dieser bundespolitischen Maßnahmen bestimmen die Länder in ihren Programmen je nach regionaler Wohnungsmarktsituation und Bedarfslage die Schwerpunkte der Förderung. Die Fördermittel der jeweiligen Landeswohnungsbauprogramme werden mit städtischen Förderungen kombiniert.

Dabei werden durch die Städte einerseits gezielte förderpolitische Anreize gesetzt, um private und öffentliche Investitionen in den Wohnungsbau zu verstärken, andererseits wird der Druck auf Projektentwickler erhöht, bei größeren Neubauvorhaben einen hohen Anteil an Sozialwohnungen zu errichten. 2014 wurden kommunale Bündnisse für bezahlbares Wohnen und Bauen gegründet, die ab 2016 in der Einführung von Wohnungsbauoffensiven in den wichtigsten deutschen Wohnungsmärkten gipfelte.

Der freie Markt soll es richten

Das über die Länder organisierte Förderwesen scheint jedoch nicht zu greifen. Zwar setzte ab 2013 eine Trendwende auf dem Wohnungsmarkt mit einer verstärkten Neubauaktivität ein und deutschlandweit kamen 2017 rund 300 000 neue Wohnungen auf den Markt. Allerdings reicht die Angebotssteigerung bei weitem nicht aus, um die nach wie vor zunehmende Nachfrage und das über Jahre aufgebaute Wohnungsdefizit in den prosperierenden Großstädten zu decken. Der freie Markt soll es nun richten. Aber auch mit Aussicht auf Erfolg?

Mit der Debatte einher geht eine Transparenzoffensive, denn Deutschlands föderale Struktur schlägt voll auf die kommunalen Wohnraumförderprogramme in ihrer ganzen Verschiedenartigkeit durch. Das verkompliziert im Einzelfall die Finanzierungsprozesse. Generell jedoch gilt, dass Engagements in den sozialen Wohnungsbau speziell in den sieben deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt, Köln, München und Stuttgart auch attraktiv für institutionelle Investoren sein können. Dafür gibt es viele gute Gründe, wie die folgenden Ausführungen verdeutlichen.

Aussicht auf regelmäßige Mietsteigerungen

Für Entwickler von Wohnprojekten, die den städtischen Baulandmodellen unterliegen, sind zumeist die kommunalen Wohnungsgesellschaften als Endinvestoren die Zielgruppe. Sie garantieren den Erstellern die Abnahme der geförderten Wohnungen. Hierbei werden oft Forward-Deals getätigt, das heißt der vor Fertigstellung vereinbarte Erwerb der Immobilie im Projektstatus. Für die Entwickler reduziert sich damit das Risiko der Suche nach einem Endinvestor. Deutschlandweit wurden seit 2016 zirka 1,2 Milliarden Euro durch öffentliche Wohnungsgesellschaften in vorab erworbene Projektentwicklungen investiert. Nicht immer unterlagen die Projekte vollständig einer öffentlichen Förderung.

Ein weiterer Vorteil der geförderten Projekte: Die Miete ist deutlich günstiger als am Markt. Damit ist insbesondere in der Nachvermietung das Vermietungsrisiko insgesamt deutlich geringer als im frei finanzierten Bereich. Die Fluktuation ist somit recht niedrig, Wiedervermietungen sind seltener als bei freifinanzierten Wohnungen. Dennoch sind durch viele kommunale Förderprogramme - wenn auch von einem niedrigeren Niveau kommend - regelmäßige Mietsteigerungen möglich. Je nach Ausgestaltung ist hier ein guter Inflationsschutz zu erzielen.

Planbarkeit des Cashflows und effiziente Flächennutzung

Neben der besseren Planbarkeit des Cashflows bei einer in der Regel nahezu 100 Prozent liegenden Vermietungsquote in Großstädten ist auch die bessere Ausnutzung des Grundstückes eine Charakteristik des geförderten Wohnungsbaus. Die kommunalen Planungsbehörden verstehen zunehmend, dass der hohe Bedarf und die große Grundstücksknappheit eine hohe Verdichtung erzwingen. Hinzu kommt aus Sicht der Entwickler der Vorteil bei den Baukosten: Die Ausstattung kann günstiger ausfallen, auch Sonderwünsche beim Bau oder der Ausstattung müssen seitens des Bauherrn zudem im Vergleich zu Bauten für den privaten Eigennutzer oder Endnutzer nicht berücksichtigt werden.

Ein Ausgleich für die niedrigere Rendite erfolgt zum Teil durch verschiedene Förderkomponenten der Städte. So erhalten Investoren im Rahmen der Förderprogramme unter anderem vergünstigte Konditionen bei den Förderdarlehen wie etwa subventionierte Zinssätze oder angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase sogar Zuschüsse. Letzteres kann insbesondere für eigenkapitalstarke Investoren von Vorteil sein, um die Renditelücke zum frei finanzierten Wohnungsbau zu schließen.

Auch renditetechnisch eine lohnende Alternative

Insgesamt sind also auch die Einstandspreise für geförderte Wohnungen (zum Beispiel in Euro je Quadratmeter) trotz höherer Vervielfältiger deutlich niedriger als im freifinanzierten Bereich. Investitionen in den sozialen Wohnungsbau sind deshalb insbesondere für sehr langfristig orientierte Anleger mit Blick auf stabile und stetige Cashflows bei gleichzeitig geringem (Leerstands)-Risiko interessant.

Langfristig sind über die Laufzeit Gesamtrenditen (Miet- und Wertsteigungsrendite) zwischen 2,7 und 4,0 Prozent erzielbar. Vor dem Hintergrund, dass die aktuelle Umlaufrendite für langfristige Staatsanleihen bei etwa 0,4 Prozent liegt und Spitzenrenditen für einzelhandelsgenutzte Highstreet-Objekte in den Metropolen Werte zwischen 2,7 und 3,1 Prozent aufweisen, sind einer Förderung unterliegende Wohninvestments also eine lohnende Alternative.

Zweifellos existiert ein riesiger Bedarf an günstigem Wohnraum in Deutschland. Bei einem optimalen Zusammenwirken von Behörden und Privatwirtschaft kann die Mangelbeseitigung zu einem zukunftsweisenden Erfolgsmodell werden, das nur Gewinner kennt - ein gewisses kompromissbereites Entgegenkommen der Beteiligten vorausgesetzt.

DER AUTOR DR. KONSTANTIN KORTMANN Head of Residential Investment, JLL Germany, Frankfurt am Main
DER AUTOR HELGE SCHEUNEMANN Head of Research JLL Germany, Frankfurt am Main

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