FACILITY UND PROPERTY MANAGEMENT

WEGE UND SACKGASSEN DER DIGITALEN TRANSFORMATION BEIM BETRIEB VON IMMOBILIEN

Jonas Enderlein, Foto: Solutiance AG

Die Digitalisierungsbudgets in der Immobilienwirtschaft wachsen signifikant: Fast jedes vierte Immobilienunternehmen (24 Prozent) investiert heute bereits mehr als fünf Prozent seines Jahresumsatzes in Digitalisierungsmaßnahmen. Vor einem Jahr waren es noch gerade einmal 15 Prozent der Branchenakteure. Das geht aus der jüngsten Digitalisierungsstudie von ZIA und EY Real Estate hervor. Es ist zweifellos eine begrüßenswerte Entwicklung. Nun gilt es im Prinzip nur noch sicherzustellen, die Gelder möglichst effektiv in neue Technologien zu investieren. Dass dies leichter gesagt als getan ist, zeigen die Ausführungen des vorliegenden Beitrags am Beispiel von Softwarelösungen. Nach Einschätzung des Autors lauern hier nämlich einige potenzielle Fallstricke, die nicht nur kostspielig sind, sondern auch für erhöhten Frust bei der Belegschaft sorgen. Red.

Unternehmen der Immobilienwirtschaft wollen digitaler werden. Sie stellen einen "Head of Digitalization" ein, ernennen einen "Chief Digital Officer" (CDO) und lassen sich von einem Dienstleister vielleicht sogar Spezialsoftware bauen, die ihre Prozesse unterstützen soll. Von außen betrachtet sieht vieles so aus, als würde die notwendige, digitale Transformation stattfinden. Doch der Teufel steckt auch hier im Detail und falsche Ansätze zur digitalen Transformation des Immobilienbetriebs werden schnell zur Geldverbrennungsmaschine.

Welchen immensen Einfluss die Entstehung intelligenter Software- und Prozesslösungen auf bestehende Märkte haben kann, beobachten wir in der digitalen Transformation in anderen Branchen. Doch auch im Bereich der Immobilienwirtschaft wächst das Bewusstsein für das enorme Optimierungspotenzial, das eine Digitalisierung analoger Prozesse bietet. Doch welcher Pfad der digitalen Transformation führt zum Erfolg?

Eine Lösung für alle gibt es nicht

Viele Unternehmen setzen nach wie vor auf teure Standardsoftware, die alles können soll, aber immer wieder frustrierte Nutzer zurücklässt. Der Grund dafür ist sehr einfach. Schließlich müssen Softwareunternehmen ihre Anwendungen nicht nur einem, sondern vielen Unternehmen verkaufen. Folglich müssen viele heterogene Prozesse und Rollenbilder unterstützt werden. Je weniger ein Softwarehersteller aber über seine konkreten Nutzer und deren Prozesse weiß, desto mehr Informationen und Schaltflächen muss er ihm anbieten.

Die daraus entstehende Flut an Informationen sorgt nur für Frust und verlangt dem Nutzer ein hohes Maß an Anpassung ab. Ein Nutzer, der auch aufgrund steigender Personalknappheit ohnehin schon häufig um die Oberhand über die Komplexität im Gebäudebetrieb ringt. Nicht zuletzt deswegen ist die Datenbasis in vielen CAFM-Systemen alt oder lückenhaft. Weil "die Software nicht so will" wie der Nutzer, rückt die Reanimation von Excel, E-Mail und Klemmbrett wieder in attraktive Nähe.

Software verkommt zum Datengrab für Altinformationen und die Effizienz des Betriebs gerät durch die laufenden Lizenz- und Wartungskosten nur zusätzlich unter Druck. Ärgerlich, denn allein die Einführung der Software ist mit immensen Setup-Kosten verbunden, ganz zu schweigen von den Ressourcen, die interne Schulungen binden.

Auf User-Experience und Prozesse fokussieren

Software muss übersichtlich, genau auf Prozesse zugeschnitten und für den Nutzer und seine Herausforderung entwickelt werden. Wenn man weiß, in welchem Prozessschritt ein Nutzer gerade arbeitet, kann man die Informationen und Schaltflächen auf das Notwendige beschränken und ihm mehr Orientierung im Prozess geben. Viel zu oft ist die Aussage "Das ist ein Spezialisten-Tool!" eben nur eine müde Ausrede für fehlenden Fokus im Bereich der User-Experience und eine mangelhafte Auseinandersetzung mit der Perspektive des Nutzers.

Das hat in den neunziger Jahren noch funktioniert. Doch inzwischen ist der Nutzer auch im Privaten ein Anwender von Software und weiß, was möglich wäre. Er wird den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Auch wenn das heißt, vorgegebene Wege zu verlassen. Denn am Ende des Tages geht es darum, den Job zu machen. Die Ansprüche des Managements an die Datenqualität bereiten den operativen Mitarbeitern zusätzliches Kopfzerbrechen. Eine meist schon komplexe Matrix soll, geht es nach den Chefs, alle Eventualitäten und möglichen Details umfassen und sie formulieren Wünsche wie: Wäre es nicht toll, wenn es noch ein Feld für die Spannkraft der Federn in unseren Brandschutztüren gäbe? Kann doch nicht schaden, oder?

Falsch. Das kann es und das tut es in vielen Fällen auch schon. Digitale Transformation ist für viele Entscheider ein Anlass die Ansprüche zu maximieren. Ambitionierte Ziele sind schön und gut. Wenn aber beispielsweise nicht klar ist, in welchem Prozess eine Information "eingesammelt" und wie sie aktuell gehalten werden soll, dann greifen die Ambitionen ins Leere und befeuern nur die Komplexität.

Maßvoll ansetzen

Lieber kleine, stetige und agile Schritte gehen, als zu große Hypothesen aufbauen, Mitarbeiter überfordern und am Ende Lehrgeld zu bezahlen. Denn Zurückrudern ist teuer und sorgt für Frustration. Das haben inzwischen auch viele Unternehmen gelernt, die die Entwicklung von Spezialsoftware in externe Hände gegeben haben. Bestehende Prozesse werden nicht neu gedacht, sondern einfach digitalisiert. Frei nach dem Motto: Wir wollen uns digital transformieren, wissen zwar nicht so recht wie, aber digital ist in jedem Falle besser.

Das Resultat ist, dass die Mitarbeiter jetzt mit Tablets statt Klemmbrettern herumlaufen, am Ende aber trotzdem wieder ein PDF herausfällt, mit dem man nicht ordentlich weiterarbeiten kann. Der externe Softwareentwickler liefert schlimmstenfalls genau das, was der Auftraggeber sich vorstellt. Ohne digitale Fantasie und echten Willen zur Veränderung beruhigt Software nur das schlechte Gewissen des Managements.

Ganzheitlich denken, agil handeln

Software und Prozesse sind nie fertig, denn sie werden in eine Umwelt eingewoben, die sich stetig verändert. Sie müssen regelmäßig und gemeinsam mit allen Prozessteilnehmern geprüft und überarbeitet werden. Theorie und Praxis driften sonst langsam auseinander, bis der entstandene Mehrwert der digitalen Initiative kaputtgeschrumpft ist. Vor allem deswegen landet viel Spezialsoftware, die teuer extern entwickelt wurde nicht selten auf dem digitalen Abstellgleis.

Kein Blatt darf zwischen das operative Business und das Software-Department passen. Prozesse, Systeme und Realität müssen synchron bleiben. Ansonsten verlieren Nutzer die Motivation und Unternehmen büßen die Qualität der Daten und das Potenzial zur Effizienzsteigerung ein. Das ist mit externer Softwareentwicklung fast unmöglich zu erreichen.

Eine gemeinsame Sprache entwickeln

Allein ein gemeinsames Verständnis und eine einheitliche Sprache zwischen den operativen Mitarbeitern und den Softwareentwicklern zu schaffen, ist ein Prozess, der allen Beteiligten viel Geduld, Demut, Fokus und Verständniswillen abringt. Dies ist eine Herausforderung, der Solutiance als hybrides Unternehmen mit Kompetenz in beiden Fachbereichen täglich begegnet. Sukzessive übernehmen und optimieren wir so Teilbereiche aus dem Gebäudebetrieb.

Kunden geben Impulse, Produktmanager nehmen Anforderungen auf, gestalten Prozesse, holen Nutzerfeedback ab, entwerfen gemeinsam mit Designern und Experten Benutzeroberflächen und Leistungspakete und weben QM-Maßnahmen ein. Sie müssen die immense Komplexität der Sache beherrschen. Diese Aktivitäten strecken sich über viele Monate, bis schlussendlich eine neue Leistung entsteht, die zu den Anforderungen der Kunden passt.

Lieber externe Profis zu Rate ziehen

Sicher können Unternehmen diesen Weg auch selbst gehen, notwendiges Personal aufbauen, echte Verantwortung und Entscheidungsgewalt abgeben, bestehende Prozesse zerlegen und von Grund auf neu aufbauen. Jedoch stellt sich die Frage ob es sinnvoll ist, das Rad noch einmal neu zu erfinden, statt sich durch das Einkaufen von digital gestützten Dienstleistern zu transformieren - von analog auf digital per Auftrag, ohne gigantische Setup-Gebühren oder Risiko.

Viel zu oft wird die digitale Transformation ausschließlich als unternehmenseigene Herausforderung verstanden. Der Einbindung von Dienstleistern haftet das bisherige Bild von Outsourcing an, das mit mangelnder Transparenz und immer günstigeren Angeboten auf Kosten der Qualität assoziiert wird. Hauptsache es geht noch ein bisschen billiger. Nicht selten heißt Kostenoptimierung hier nur noch weglassen, weil im Lohndumping schon nichts mehr geht.

Thomas M. Koulopoulos und Tom Roloff zeichnen in ihrem Buch "Smartsourcing" ein komplett anderes und zukunftsweisenderes Bild von Outsourcing. Unternehmen können sich durch die Zusammenarbeit mit Dienstleistern in Prozessen professionalisieren, die nicht zu ihrem Kerngeschäft beziehungsweise zur Wertschöpfung gehören. Dienstleister bieten mit Software und intelligentem Prozessmanagement optimierte Leistungen an. Sie haben die notwendige Optimierung erbracht, investiert und sich spezialisiert. Durch die Zusammenarbeit mit Dienstleistern die digital agieren, werden auch ihre Kunden digital.

Digitale Transformation transparent gestalten

Unternehmen wie Solutiance handeln nach diesem Prinzip. Effizienzgewinne sorgen dafür, dass diese digital getriebenen Leistungen zu marktüblichen Preisen abgewickelt werden können, weil die Marge sich aus der Optimierung ziehen lässt. Die Kunden machen sich die durch den Dienstleister getriebene Veredelung der Prozesse zu Eigen und profitieren von einem Partner, der sich mithilfe von Software vollständig transparent macht. Der Kunde beauftragt und kann falls gewünscht jeden Prozessschritt kontrollieren.

Dieser Ansatz ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Immobilienbranche. Digitale Transformation funktioniert nicht mit halbherzigen Anläufen. Denn es reicht am Ende nicht, dass das Management für kurze Zeit besser schlafen kann, weil es einen Haken an das Thema gemacht hat. Ein böses Erwachen ist dann nur eine Frage der Zeit.

DER AUTOR JONAS ENDERLEIN, Mitglied des Vorstands, Solutiance AG, Potsdam
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Jonas Enderlein , Mitglied des Vorstands, Solutiance AG, Potsdam
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