PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

"ES BLEIBT AUCH UNTER DEM EUROPÄISCHEN REGELWERK MÖGLICH, SICH DURCH STRENGERE ANFORDERUNGEN HERVORZUTUN"

Matthias Güldner, Foto: Karpf!kreativ, Michael Häfner

Pfandbriefe sind sicher. Und doch stöhnt die Aufsicht ein wenig. Denn genau das lässt den Pfandbrief als Refinanzierungsinstrument immer beliebter werden. Und die schiere Masse an Prüfungen stellt zu nehmend hohe Anforderungen an die Pfandbrief-Aufsicht. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass es der zuständige Abteilungspräsident der BaFin begrüßt, dass im Zuge der neuen europäischen Richtlinie eine "angemessene Ausstattung" angemahnt wird. Überhaupt zeigt sich Matthias Güldner ausgesprochen klar in seinen Vorstellungen: Das Pfandbrief-Risikomanagement der Institute sei mitunter verbesserungswürdig. Auf eine angemessene Liquiditätsausstattung werde verstärkt geachtet. Fälligkeitsverschiebungen sind zu begrüßen. Und einer Diskussion um den richtigen Beleihungswert stehe man zwar offen, aber durchaus auch zurückhaltend gegenüber. Red.

Herr Güldner, 250 Jahre ist der deutsche Pfandbrief mittlerweile alt. Kein anderes Finanzprodukt kann auf eine solch lange und krisenfeste Vergangenheit zurückblicken. Worin liegen aus aufsichtsrechtlicher Perspektive die Stärken des Produkts?

250 Jahre sind eine lange Zeit und es ist schwierig, Vergleiche über einen solch langen Zeitraum anzustellen. Fachlich betrachten wir "rückwärts" also eher die Zeitspanne des Hypothekenbankgesetzes (HBG), des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten (ÖPG) und des Schiffsbankgesetzes, die alle 2005 durch das Pfandbriefgesetz abgelöst wurden.

Außer den produktimmanenten Qualitätsmerkmalen, wie sichereren Deckungswerten und dem 60-prozentigen Beleihungsauslauf, ist aus aufsichtsrechtlicher Perspektive die Zugangsbeschränkung qua Erlaubnisvorbehalt vorteilhaft, da uns dies ermöglicht, zumindest die Sollprozesse insbesondere des pfandbriefrechtlichen Risikomanagements und der Beleihungswertermittlung zu beurteilen, bevor Pfandbriefe in Umlauf gesetzt werden. Da es hier regelmäßig zu Nachbesserungen seitens der prospektiven Emittenten kommt, ist die Klärung vorab für alle Seiten allemal besser als eine Reparatur unter Last.

Weiterhin halte ich die Durchführung regelmäßiger Deckungsprüfungen für ein besonderes "Plus". Das Vorsichtselement der auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Beleihungswertermittlung stellt sicherlich ein vertrauensbildendes Krisenimmunisierungsinstrument und Aushängeschild des Hypothekenpfandbriefs dar. Das Amt des Treuhänders kann eine zusätzliche Kontrollinstanz darstellen, um insoweit praktische Kontinuität zwischen den Deckungsprüfungen sicherzustellen. Wir möchten diese Funktion nicht missen.

Das bislang nicht zum Einsatz gekommene pfandbriefrechtliche Abwicklungsregime sehe ich etwas ambivalent: Einerseits empfinde ich das Konstrukt des virtuellen Unternehmensteils, der - auf ordentliche Abwicklung gerichtet - weitermacht, obwohl sein Rechtsträger, die Pfandbriefbank, insolvent ist, als ambitioniert und komplex; andererseits sollte man sich nicht damit zufrieden geben, dass es "vielleicht nie zum Einsatz kommt", sondern einen Rahmen schaffen, der die Belastbarkeit des Konstrukts nicht nur rechtlich, sondern auch praktisch plausibel erscheinen lässt. Da ist das Pfandbriefrecht weit - nach meinem rudimentären Eindruck weiter als manch anderes Regime -, aber eben auch noch nicht ganz am Ziel.

Die anhaltende Attraktivität des Pfandbriefs offenbart sich nicht zuletzt in der seit Jahren stetig steigenden Anzahl an Emittenten. Gleichzeitig wird die Landschaft dabei zunehmend heterogener. Wie gehen Sie als Aufsicht damit um? Stellen Sie diese Entwicklungen vor zusätzliche Herausforderungen?

Die in den letzten Jahren hinzugekommene Gruppe von Erlaubnisträgern ist in sich wiederum sehr homogen. Die Erweiterung des Emittentenspektrums fokussiert sich nach Köpfen stark auf den Hypothekenpfandbrief, auf Wohnimmobilien und das Euro denominierte Inlandsgeschäft mit festverzinslichen Deckungswerten und geplant festverzinslichen Umläufen. Dem steht die Komplexität des Deckungsgeschäfts einzelner der seit Längerem etablierten Emittenten gegenüber, mit stärkerem Gewerbe- und Auslandsgeschäftsanteil, Zins- und Währungsrisiken abseits des "Brot-und-Butter"-Geschäfts der auf das Inlandsgeschäft fokussierten Emittenten und gelegentlicher struktureller Komplexität bezüglich Versicherungspflicht nach § 15 PfandBG, Nutzung von Deckungsderivaten und ähnliches. Insofern stellen die "Neuankömmlinge" aus aufsichtlicher Perspektive eher eine Dämpfung dieser vorgefundenen Komplexität dar.

Was uns aufsichtlich angesichts des ungebrochenen Interesses an der Aufnahme des Pfandbriefgeschäfts mehr als der Aspekt der Heterogenität umtreibt, ist der stete Anstieg der schieren Zahl der Pfandbriefbanken. Dieser beschäftigt uns nicht allein einmalig im Rahmen der Erlaubnisverfahren, sondern erfordert dem gesetzlichen Mandat entsprechend alle zwei Jahre eine Überprüfung der Deckung der Pfandbriefe. Nun bedient sich zwar die BaFin bereits der Möglichkeit, Deckungsprüfungen auch extern an geeignete Wirtschaftsprüfer zu vergeben, allerdings bindet auch das Ba-Fin-seitig Ressourcen, und zum anderen brauchen wir die Deckungsprüfungen durch eigenes Personal, nicht zuletzt, um das Know-how zur Beurteilung der Prüfungsergebnisse externer Deckungsprüfungen sicherzustellen und um allgemein durch Prüfungen im Wechsel mit externen Wirtschaftsprüfern ein einheitliches Niveau sicherzustellen. Auch müssen wir leider immer wieder die Erfahrung machen, dass bestimmte systematische Fehlanwendungen des Pfandbriefrechts eher durch mit eigenen Experten durchgeführte Deckungsprüfungen aufgegriffen werden.

Angesichts dieser Herausforderungen sind wir sehr zufrieden, dass die Covered-Bond-Richtlinie die Mitgliedstaaten unter anderem zur aufgabenangemessenen Ressourcenausstattung der Covered-Bond-Aufsicht anhält. Ohne Kapazitätsausweitung müssten wir für die künftige PfandBG-Novelle unser Plädoyer wiederholen, das Prüfungsintervall etwas länger zu fassen, zum Beispiel drei statt zwei Jahre, um keine allzu großen Abstriche bei der Qualität der Deckungsprüfung zulassen zu müssen.

Sie erwähnten, dass Sie die steigende Zahl der Pfandbriefbanken nicht allein durch die gesetzlich mandatierten Deckungsprüfungen, sondern auch aufgrund der vorgeschalteten Erlaubnisverfahren vor Herausforderungen stellt. Was ist denn da momentan die Hauptbaustelle?

Das sind ganz klar die Anforderungen an ein geeignetes pfandbriefrechtliches Risikomanagement, insbesondere zur Begrenzung von Liquiditätsrisikokonzentrationen. Hierbei geht es nicht darum, zusätzliche Risiken aus dem Pfandbriefgeschäft abzubilden - das muss bereits das Gesamtbankrisikomanagementsystem leisten können. Sondern es geht um die Zeit nach Trennung der Vermögensmassen, also typischerweise die Zeit der Insolvenz der emittierenden Pfandbriefbank.

Für diese Zeit muss das pfandbriefrechtliche Risikomanagementsystem dem zur ordnungsgemäßen Abwicklung der "Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit" berufenen Sachwalter als geeignetes Werkzeug zur Verfügung stehen, das ist das eine. Das andere ist, dass die Anwendung dieses Risikomanagementsystems bereits zu wirtschaftlichen Lebzeiten der emittierenden Pfandbriefbank einen Risikozuschnitt der Deckungsmasse und gedeckten Verbindlichkeiten bewirken muss, der für einen Sachwalter angesichts der im Pfandbriefrecht angelegten Möglichkeiten die ordnungsgemäße Abwicklung des Pfandbriefumlaufs plausibel macht. Die geeignete Limitierung von Liquiditätsrisikokonzentrationen stellt typischerweise ein größeres Thema im Erlaubnisverfahren dar, seit wir zur Limitierung von Risikokonzentrationen unseren Fokus dahingehend nachgeschärft haben, dass methodischer Ausgangspunkt einer geeigneten Limitierung die Begrenzung entsprechender Risikoentstehungsquellen in der Deckungsmasse sein muss.

Ein Limitsystem, das Risiken an ihrer Entstehungsquelle begrenzt, klingt ja nun erst einmal nicht furcht bar fernliegend. Warum führt die hierauf gerichtete Nachschärfung Ihres Fokus zu solchem Diskussionsbedarf?

Nun, ich denke, die "Sperrigkeit" speziell dieses Themas in den Erlaubnisverfahren rührt aus der Gewöhnung vieler Pfandbriefbanken an "One size fits all"-Lösungen. Diese "One size fits all"-Lösung für das pfandbriefrechtliche Risikomanagement war in der Vergangenheit ein Ampelmodell, das verkürzt gesprochen auf das Ausmaß freiwilliger (barwertiger) Überdeckung abhob, und zwar für sämtliche Risikoarten; solange "genug" Überschussdeckung da war, waren die Ampeln auf "grün" und für spezifischere Risikolagen interessierte sich das pfandbriefrechtliche Risikomanagementsystem nicht. Das ist ja auch schön und gut, wenn Sie als lebende Pfandbriefbank Kontrolle darüber behalten wollen, dass Sie nicht unvorbereitet in eine Situation drohender nicht vorschriftsmäßiger Deckung hineingeraten, also tendenziell Haken dran für die Anforderung eines geeigneten Eskalations- und Frühwarnsystems im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 PfandBG. Aber wirkt es auch risikobegrenzend, wie von § 27 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 PfandBG verlangt?

Die im Rahmen des Ampelmodells ganz typischerweise festgelegten Gegenmaßnahmen sehen - spätestens bei "rot" - Ersatz oder Ausweitung der Deckung vor. Damit diese Gegenmaßnahme funktioniert, braucht es aber entsprechender ersetzender oder zusätzlicher deckungsgeeigneter Werte außerhalb der Deckungsmasse. Bei der lebenden Pfandbriefbank ist dies ihr allgemeines Vermögen. Nach Insolvenz der emittierenden Pfandbriefbank und der damit einhergehenden Vermögenstrennung ist das allgemeine Vermögen der Pfandbriefbank aber deren Insolvenzmasse. Als Risikobegrenzung für die Zeit nach Vermögenstrennung ist das Ampelmodell daher unplausibel.

Die Pfandbriefbanken müssen also Verfahren entwickeln, die sich risikoartenspezifisch mit der pfandbriefrechtlich angelegten Situation eines Sachwalters und dessen Handlungsmöglichkeiten bei der jeweils betroffenen Pfandbriefbank auseinandersetzen und durch geeignete Begrenzungsvorschriften verhindern, dass einem hypothetischen Sachwalter mit Vermögenstrennung die Verantwortung entweder über ein "leckes Schiff" (also eine Deckungsmasse mit nicht tragfähiger Risikolage) oder ein "Schiff ohne funktionierendes Steuer" (also eine Deckungsmasse mit ungeeigneten Systemen der Überwachung und Steuerung) übertragen wird. Letzteres wird schnell verstanden und akzeptiert, ersteres wird bisweilen nur unter Schmerzen verstanden oder gar "umarmt".

Und warum ist die gerade die Liquiditätsrisikolimitierung so problematisch?

Das liegt an einer Kombination von Dingen: Zum einen ist das Liquiditätsrisiko einer Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit ein Kostentreiber, an dem diese verständlicherweise kein brennendes Interesse mehr hat. Insoweit unterscheidet sich das Liquiditätsrisiko wegen des ganz deutlichen Vorsorgecharakters der entsprechenden pfandbriefrechtlichen Anforderungen ein Stück weit von anderen Risiken wie Zins-, Fremdwährungs- oder Kreditrisiken, da diese ja auch schon die lebende Pfandbriefbank erwischen können und dann Aufwand verursachen.

Zum anderen liegt es an der zeitlichen und methodischen Offenheit des pfandbriefrechtlichen Abwicklungsmodells, das vorsieht, den bestehenden Pfandbriefumlauf mit der abgetrennten Deckungsmasse weiterhin so zu bedienen, wie es nach den vertraglichen Bedingungen dieser Pfandbriefe vorgesehen ist. Das Pfandbriefrecht ist dabei bemüht, dem Sachwalter bezüglich der rechtlichen Befugnis seiner hierfür notwendigen Handlungen keine übermäßigen Beschränkungen außer denen der Sicherheit der Pfandbriefgläubiger aufzuerlegen.

Es ist zwar schön und gut, dass der Sachwalter allerlei machen darf, um die Pfandbriefe nach ihren Bedingungen zu bedienen; über die Regelung des rechtlichen Freiheitsgrades des Sachwalters hinaus fehlt aber eine verfestigte Vorstellung über die praktischen Möglichkeiten zur Liquiditätsbeschaffung: Spätestens seit Änderung der Finanzierungsbedingungen des Eurosystems gibt es keinen unmittelbaren Zugang zu einem staatlichen "lender of last resort" mehr. Freilich dürfte ein Sachwalter Werte, die nicht zur vorschriftsmäßigen Nenn- und Barwertdeckung benötigt werden, bei einer dem Eurosystem angeschlossenen gruppenfremden Korrespondenzbank beleihen, ebenso dürfte er dem Grunde nach ordentliche Deckung veräußern und es könnten im Einzelfall andere Pfandbriefbanken oder Sicherungseinrichtungen einspringen. All die für diese Handlungen des Sachwalters notwendigen Vertragspartner werden aber im Zweifel opportunistisch handeln.

Da also hinsichtlich der Liquiditätsversorgung einer Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit das externe Komplement des praktischen Könnens zum pfandbriefrechtlichen Dürfen des Sachwalters fehlt, ist die Liquidität der Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit eine Vorsorgeverpflichtung der Pfandbriefbank, für die auf die Liquiditätsschöpfungseignung der Deckungsmasse im Abwicklungsfall abzustellen ist. Hier kommen dann auch durchaus noch einige individuelle Fragen ins Spiel.

Durch die Pfandbriefbanken wird ja zunehmend die Einführung einer Fälligkeitsverschiebung zur Diskussion gestellt. Müssten Sie diese nicht als Lösung der geschilderten Komplexität begrüßen?

Ich begrüße die Diskussion um die Fälligkeitsverschiebung - sie hat unseren Sinn für das Thema Liquidität der Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit geschärft. Ich gehe sogar noch weiter und sage, dass ich einen kleinen Ausschnitt der diskutierten Fälligkeitsverschiebung sogar für erforderlich hielte, das im Pfandbriefgesetz angelegte Abwicklungsmodell plausibler zu machen: Die Befugnis eines Sachwalters, sämtliche Zahlungsverpflichtungen aus Pfandbriefen für einen kurzen Zeitraum zu verschieben, ermöglicht ihm die Orientierung, ob nach der zweiwöchigen Verschiebung die Pfandbriefverbindlichkeiten wieder nach ihren vertraglichen Bedingungen bedient werden können, oder ob ohnehin eine Anschlussinsolvenz der Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit der ehrlichere Weg wäre.

Das Jahr 2019 steht vor allem im Zeichen der Gesetzesharmonisierung auf europäischer Ebene. Wie beurteilen Sie grundsätzlich den gefundenen Kompromiss?

Nun, es ist ja bekannt, was einen guten Kompromiss auszeichnet: alle können damit leben, aber keiner ist wirklich zufrieden. Man muss sich vor Augen führen, dass dies der überhaupt erste ernstzunehmende Antritt zur Formulierung europaweit einheitlicher Anforderungen an gedeckte Schuldverschreibungen im Sinne einer Produktregulierung ist. Zuvor kannte das EU-Finanzmarktrecht nur den Reflex auf die Existenz gedeckter Schuldverschreibungen bei der Behandlung der Frage, ob für diese allgemeine oder in bestimmter Hinsicht spezifischere Regelungen gelten sollen, beispielsweise für Anlagegrenzen von Fonds, Risikogewichtung von durch Kreditinstitute erworbene gedeckte Schuldverschreibungen, Kapitalanforderungen für in gedeckte Schuldverschreibungen investierende Versicherungsunternehmen, Befreiung von Deckungsderivaten von Anforderungen an das zentrale Clearing oder von Sicherheiteneinschüssen, Behandlung gedeckter Schuldverschreibungen bei Anwendung von Abwicklungsinstrumenten auf deren Emittenten und die Behandlung erworbener gedeckter Schuldverschreibungen bei den bankaufsichtlichen Liquiditätsdeckungsanforderungen. Partiell "blitzen" in diesen Regelungen zwar auch Hinweise auf strukturelle Anforderungen auf, letztlich ist die insoweit umfassendste Regelung bislang aber immer noch eine eher kompakte Regelung aus dem Jahr 1985 [Art. 22(4) der OGAW-Richtlinie 85/611/EWG, der durch Art. 52(4) der heutigen OGAW-Richtlinie 2009/65/EG übernommen wurde].

Dass sich seither auf nationaler Ebene Regime gedeckter Schuldverschreibungen entwickelt haben, die eben nicht wie ein Ei dem anderen gleichen, überrascht nicht nur nicht, sondern dürfte als geradezu zwangsläufig angesehen werden. Die "Covered-Bond-Richtlinie" - für die ja auch stets "Prinzipienbasiertheit" und "Mindestharmonisierung" als Leitlinien ausgegeben wurden - hat diese vorgefundene Diversität dann doch eher "umarmt". Herausgekommen ist daher mehr eine Dokumentation vorgefundener Praktiken, anstelle einer signifikanten Einengung der vorhandenen Diversität.

Aufsichtlich bedeutsam ist die fortbestehende Möglichkeit, strengere Anforderungen als die der Richtlinie aufzustellen, da der gefundene Kompromiss eben auch Praktiken einschließt, die einen Pfandbriefaufseher eher überraschen, um das neutral zu formulieren. Was etliche Regime - und da mag ich Deutschland gar nicht unbedingt ausnehmen - vor Herausforderungen stellen dürfte, ist die nationale Regulierungsdynamik, die aufgrund der europarechtlichen Mindestharmonisierung zum Tragen kommen könnte: das europäische Rahmenwerk bietet gewissermaßen ein "Menü" des europarechtlich Erlaubten, das teilweise über das national Zugelassene hinausgeht; man wird sehen, wie nationale Gesetzgeber etwaigen Begehrlichkeiten ihrer Industrie angesichts dessen begegnen werden, wenn die Industrie nunmehr auf die Zulässigkeitsentscheidung eines EU-Gesetzgebers verweisen kann.

Mit dem Pfandbrief hat Deutschland bekanntlich das qualitative Aushängeschild. Wird das künftig auch unter dem europäischen Dach so bleiben?

Ich hoffe es. Wie gesagt, möglich bleibt unter dem europäischen Regelwerk, sich durch strengere Anforderungen und insbesondere umfassende strukturelle Regelungen hervorzutun. Allerdings hören wir beharrlich von den Pfandbriefbanken, wie sehr die Niedrigzinslandschaft ihnen Ertragsdruck bereitet. Was läge da in diesem Kontext näher, auf das erwähnte europäische "Menü" zu verweisen und ein "bisschen was Scharfes" dazu zu bestellen. Ob derartige Diskussionen bereits für die initiale Umsetzung der Covered-Bond-Richtlinie anstehen, vermag ich aber noch nicht einzuschätzen.

Erwarten Sie mit Blick auf die Umsetzung in nationales Recht an einigen Stellen größeren Anpassungsbedarf im Pfandbriefgesetz?

Das vermag ich noch nicht abschließend zu beurteilen. Wir haben in der Beratung der deutschen Verhandlungsführung sicherlich darauf geachtet, dass ernstliche Unverträglichkeiten mit dem Pfandbriefrecht vermieden werden. Zumindest aus aufsichtlicher Perspektive ist dies weitgehend gelungen. Letztlich werden wir aber um die eine oder andere Anpassung nicht herumkommen - zum Beispiel ist der Maßnahmenkatalog der Covered-Bond-Richtlinie etwas umfangreich geraten, da könnte sich Ergänzungsbedarf zur pfandbriefrechtlichen Generalklausel in § 3 Abs. 1 Satz 2 PfandBG ergeben; auch existiert bislang in § 27a PfandBG lediglich die Verordnungsermächtigung für ein standardisiertes Meldewesen für das Pfandbriefrecht, die auszuüben nach der Covered-Bond-Richtlinie aber notwendig werden dürfte.

Ein kritischer Punkt dürften die 10-Prozentbeziehungsweise 20-Prozent-Grenzen für Deckungswerte außerhalb der EU darstellen, bezüglich derer das Insolvenzvorrecht der Pfandbriefgläubiger nicht sichergestellt zu sein braucht, da diese Grenzen aus meiner Sicht mit der Anforderung der Covered-Bond-Richtlinie in Konflikt stehen könnten, dass die Deckungswerte stets dem rechtlichen Zugriff von Drittgläubigern entzogen sein müssen; die deutsche Regelung erklärt die Möglichkeit eines solchen Zugriffs zum Tatbestandsmerkmal.

Weitere Diskussionen erwarte ich zu der diskutierten Einführung einer gesetzlichen Fälligkeitsverschiebung, jedenfalls, soweit sie sich auch auf vor der Einführung einer solchen Möglichkeit begebene Pfandbriefverbindlichkeiten beziehen soll, da die Covered-Bond-Richtlinie insoweit fordert, dass die Kautelen einer solchen Verschiebung zumindest in den Vertragsbedingungen der hiervon betroffenen Pfandbriefe beschrieben sein müssen - einseitig kriegen sie das nach meinem Verständnis wertpapierrechtlich nicht nachträglich hin.

Die Definition zulässiger Deckungswerte war wohl die am kontroversesten diskutierte Regel in dem Gesetzeswerk. Besteht die Gefahr einer Verwässerung des Pfandbriefs?

Wie bereits erwähnt, die Covered-Bond-Richtlinie ließe eine Fortschreibung der strengen pfandbriefrechtlichen Zulassungskriterien durchaus zu. Ob sich wirtschaftliche Interessen im Rahmen der Umsetzung im Sinne einer aggressiveren Zulassung von Werten zur Deckung durchsetzen, wird sich zeigen. Ich wäre angesichts des Niedrigzinsumfelds aber nicht übermäßig überrascht, wenn institutionelle Investoren auf einen Protest gegen eine moderate Risikoerhöhung in Deckungsmassen verzichteten; hoffen wir, dass sie sich in stürmischeren Zeiten daran noch erinnern.

Der Zeitplan steht, für Deutschland dürfte eine reibungslose Einführung problemlos möglich sein. Erwarten Sie das auch für andere EU-Staaten?

Da diese Regelungen im Wesentlichen dem entsprechen, was die Mitgliedsstaaten im Rahmen der Ratsverhandlungen gefordert haben, halte ich das zumindest nicht für unrealistisch.

Die Anerkennung von Covered Bonds aus Drittstaaten soll dagegen erst zwei Jahre nach der nationalen Anwendung der neuen Regeln geprüft werden, das heißt vor 2024 dürften nichteuropäische Papiere wahrscheinlich keine bevorzugte regulatorische Behandlung in der EU erhalten können. Hätten Sie sich hier einen ehrgeizigeren Zeitplan gewünscht, gerade um den europäischen Standard weltweit als Vorreiter zu etablieren?

Ja. Deutschland hatte in den Ratsverhandlungen entsprechend votiert. Allerdings ist natürlich auch die Position der EU-Kommission verständlich, die erst einmal wissen wollte, wie sehr die nationale Umsetzung in den Mitgliedstaaten "streut", bevor daraus ein Maßstab für die Anerkennungsfähigkeit von Drittstaatenregimen abgeleitet werden kann.

Die Einschaltung eines Sachwalters sowie ein Poolmonitor sind lediglich optional im Gesetzeswerk. Wären hier schärfere Regeln für alle besser gewesen?

Nun muss man zunächst einräumen, dass der Sachwalter in allgemein-rechtlicher Hinsicht keine zwingend notwendige Einrichtung ist: Allerdings werden wegen der - auf Abwicklung angelegten - Fortführung der "Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit" vom Sachwalter eventuell andere Handlungen vorzunehmen sein, als dies typischerweise für einen Insolvenzverwalter zu erwarten wäre. Im Fall des gesetzlichen Leitbilds wird der Sachwalter also deutlich eher als Kreditinstitut unternehmerisch tätig sein.

Aus meiner ambivalenten Sicht auf das komplexe Sachwalterverfahren habe ich ja keinen Hehl gemacht. Die Richtlinie erweckt zwar den Eindruck, als "verdamme" sie die nationalen Gesetzgeber dazu, die Covered-Bond-Deckungsmassen und hierdurch gedeckte Verbindlichkeiten stets das wirtschaftliche Ableben der Emittenten über leben zu lassen. Allerdings haben wir in den Verhandlungen darauf geachtet, dass eine "Rückkehr" zu einem reinen Verwertungsvorrecht der Pfandbriefgläubiger in der Insolvenz der Pfandbriefbank europarechtlich weiterhin möglich ist, soweit hieraus nicht das Risiko eines "fire sales" der Deckungsmasse mit dem Risiko entsprechend geringerer Erlösquoten resultiert. Würde also eine solche Rückkehr politisch gewollt und rechtlich umgesetzt, bedürfte es des Sachwalters als eigenständige Einrichtung nur noch als "Interessenwahrer" der Pfandbriefgläubiger. Das Optionale der Covered-Bond-Richtlinie am Sachwalter finde ich also nicht übermäßig störend.

Ich finde es eher bedauerlich, dass der Cover Pool Monitor (CPM), pfandbriefrechtlich also der Treuhänder, nicht verpflichtend vorgesehen wurde, beziehungsweise dass die gemeinschaftlich von Treuhänder und besonderer Pfandbriefaufsicht erbrachten Kontrolltätigkeiten nicht als Kontinuum formuliert wurden, sodass immer entweder Treuhänder/CPM oder Aufsicht bestimmte Kontrollfunktionen in hinreichender Permanenz wahrnehmen, wobei ich allerdings der Richtlinie, zustimme, dass die Kontrollfunktionen nicht ausschließlich von einem CPM wahrgenommen werden dürfen.

Wie bewerten Sie die im Gesetz vorgesehenen Regeln für den Insolvenz- beziehungsweise Abwicklungsfall eines Emittenten? Sind hier künftig die Kompetenzen zwischen nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden klar verteilt?

Für den Insolvenzfall würde ich das ohne weiteres bejahen. Etwa kniffliger sieht die Sache im Abwicklungsfall aus: zwar verpflichtet die Covered-Bond-Richtlinie die Covered-Bond-Aufsicht zur Zusammenarbeit mit Abwicklungsbehörden, eine hinreichend explizite reziproke Regelung fehlt aber. Das halte ich aber weniger für einen gewollten Missklang oder ein rechtliches Problem, als für eine kommunikative Herausforderung: Solange die eine Stelle, die mit dem abwicklungsrechtlichen Wohl und Wehe eines Emittenten befasst ist, sich dessen bewusst ist, dass es aufgrund der Emissionstätigkeit andere behördliche Stakeholder gibt, bin ich eigentlich hoffnungsvoll, dass man inhaltlich gut zueinander finden können sollte.

Ein anderes Thema: Die deutschen Immobilienmärkte sind in den vergangenen Jahren bekanntlich ziemlich heiß gelaufen und ein Ende der Preisrallye ist nicht in Sicht. Wie gut ist der Pfandbrief für einen eventuellen Preiseinbruch gewappnet?

Ich denke, das lässt sich nicht einheitlich beantworten. Einheitlich positiv ist sicherlich, dass die Kappung beim Marktwert und die Pflicht zur gutachterlichen Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsfaktoren dämpfend wirken. Die Pfandbriefgläubiger sind zudem durch die Begrenzung des zulässigen Beleihungsauslaufs bei 60 Prozent des Beleihungswerts geschützt. Die Beleihungswertermittlungsverordnung verpflichtet die Pfandbriefbanken zudem, die Auswirkungen der regionalen Preisentwicklungen auf die Grundlagen der Beleihungswertermittlung zu überwachen und im Bedarfsfall Neubewertungen vorzunehmen. Im Gegenzug verbietet das Pfandbriefrecht die nachträgliche Werterhöhung allein aufgrund gestiegener Marktpreise für bereits in Deckung befindliche belastete Grundstücke.

Man muss auch konstatieren, dass die dämpfende Wirkung der Vorschriften zur Beleihungswertermittlung unterschiedlich stark wirken: wo der Ertragswert maßgeblich ist, mögen die vorgegebenen Parameter zu wirtschaftlicher Lebensdauer, Bewirtschaftungskosten, maximalem Anteil von Planungskosten und Außenanlagen und nicht zuletzt Kapitalisierungszins in Boomregionen zu einem erheblichen Sicherheitspuffer gegenüber dem Rückschlagspotenzial hoher Marktbewertungen führen. Bei eher am Sachwert orientierten Objekten ist diese methodische Dämpfung vermutlich weniger ausgeprägt, wenn Bodenpreise und Baukosten eben anziehen, wie sie das derzeit tun.

Beim Beleihungswert würde der vdp gerne mit Ihnen über vorsichtige Anpassungen sprechen, da inzwischen nur noch rund 35 Prozent des Bestandes zur Deckung genutzt werden können. Sind Sie gesprächsbereit?

Natürlich, wir hören gerne zu und sind Argumenten gegenüber immer aufgeschlossen, unsere Meinung bilden wir uns aber natürlich selbst. Dass die genannte Angabe, der Beleihungswert mache sinngemäß nur etwas mehr als die Hälfte des Transaktionspreises aus, flächendeckend gilt, wage ich im Übrigen zu bezweifeln. Gelegentlich wird erwähnt, die momentan beobachtbaren - niedrigeren - Renditeerwartungen von Immobilieninvestoren könnten als Rechtfertigung für eine Absenkung der Kapitalisierungszinssätze der BelWertV dienen.

Diese Überlegungen finde ich angesichts des Nachhaltigkeitsgedankens der Beleihungswertermittlung diskussionsbedürftig, was den Aspekt der Nachhaltigkeit dieser Beobachtungen angeht: Inwieweit sind Beobachtungen aus einer Phase überbordender Liquidität und administrativ beeinflusster Zinsen geeignet, eine dauerhafte Niveauverschiebung zu beschreiben?

ZUR PERSON MATTHIAS GÜLDNER Abteilungspräsident, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bonn
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