MIPIM-SPECIAL

"IN DER IMMOBILIENFINANZIERUNG HABEN WIR UNS FÜR 2019 EHRGEIZIGE ZIELE GESETZT"

Christian Schmid, Foto: Helaba

Die Helaba ist einer der bedeutendsten gewerblichen Immobilienfinanzierer in Deutschland. Verantwortlich für diesen Geschäftsbereich ist seit kurzem Christian Schmid, der im folgenden Redaktionsgespräch mit I & F erste Einblicke in seine strategischen Ansätze gewährt. In diesem Zusammenhang betont er die weitere Forcierung des gemeinsam mit Partnern realisierten Finanzierungsgeschäfts, wobei er hier insbesondere an Mitglieder aus der Sparkassenorganisation denkt. Darüber hinaus spricht er unter anderem über den anhaltenden Margendruck, die zögerliche Zinswende der EZB sowie die Herausforderungen vonseiten der Regulatorik. Red.

Herr Schmid, nach gut einem Jahr als Generalbevollmächtigter sind Sie Mitte Dezember 2018 in den Helaba-Vorstand eingezogen. Wie fällt Ihr erstes Zwischenfazit aus? War die Umstellung mit Blick auf Ihre vorherigen Arbeitgeber groß?

Auch wenn viele Aspekte des täglichen Geschäftes vergleichbar sind, ist ein neues Unternehmen immer auch eine neue Kultur und damit eine Umstellung. Aber bei einer Unternehmenskultur, wie sie in unserer Helaba stark ausgeprägt ist und sicher einen wesentlichen Baustein für den Erfolg darstellt, ist es mir wichtig, diese Kultur zu verstehen, sie in vielen Teilen aufzunehmen, sie aber auch weiter zu entwickeln. Dass ich dies auch noch aus einer erweiterten Verantwortung heraus tue, ist eine weitere Umstellung, an die man sich aber in der Tat schnell gewöhnt.

Wie ist das Immobilienjahr 2018 für die Helaba gelaufen? Gerade im ersten Halbjahr hatten Sie sich im Neugeschäft relativ stark zurückgehalten ...

"Zurückgehalten" kann man so nicht sagen. Wir konnten Ende 2017 im Neugeschäft nochmal richtig zulegen und haben damit die Jahresziele gut erreicht. Dass dadurch die Pipeline für ein neues Jahr auch mal weniger gut gefüllt ist, mutet zumindest mir als nachvollziehbar an. Und da man einen Geschäftsabschluss aus vielen Faktoren, von denen wir tatsächlich nur einen Teil wirklich steuern können, nicht immer auf einen Tag, eine Woche oder manchmal nicht mal auf ein Quartal planen kann, gibt es eben diese Wellenbewegungen in den Volumina.

Deswegen schauen wir auf ein Gesamtjahr und da war unser Einstieg in das Jahr 2018 behutsam, hat sich aber im zweiten Halbjahr und dabei insbesondere in den letzten Wochen des Jahres massiv gesteigert, weshalb ich so viel verraten kann, dass ich mit dem Immobilienjahr 2018 und insbesondere mit dem Neugeschäft 2018 sehr zufrieden bin. Wir hatten uns sehr ehrgeizige Ziele gesteckt und konnten diese sogar noch übertreffen.

Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung Ihrer Immobilientöchter GWH und OFB?

Ich bin mit der Entwicklung unserer Konzerntöchter GWH und der OFB sehr zufrieden. Bei der GWH haben wir ein stabiles Geschäftsfeld, das zum Wohle unserer Mieter, aber auch der Gesellschaft selbst, fortlaufend durch Modernisierungen, Neuentwicklungen und Zukäufe entwickelt wird und das vor allem unabhängig von Zyklen konstant agiert. Bei der OFB profitieren wir - sozusagen prozyklisch - von den Projekten, die die neue Geschäftsführung in der Vergangenheit angegangen ist und mir nicht nur 2018, sondern auch in diesem Jahr, mehr als zufriedenstellende Ergebnisse verspricht. Das in einem anspruchsvollen Umfeld auch für die Zukunft zu gestalten, wird die Herausforderung für die OFB sein, wobei ich mir diesbezüglich keine Sorgen mache - wie sonst könnte man als Projektentwickler seinen 60. Geburtstag feiern, wie wir es im vergangenen Jahr getan haben.

Welche Ziele haben Sie für die kommenden Monate vorgegeben? Wird sich dabei strategisch etwas verändern?

In der Immobilienfinanzierung haben wir uns für 2019 ehrgeizige Ziele gesetzt. Das weiterhin positive Immobilienmarktumfeld und unsere Position in vielen Märkten erlaubt uns diese Erwartungshaltung. Was wir dabei weiterhin strategisch ausbauen werden, ist unsere Möglichkeit, Partner - und dabei allen voran aus der Sparkassenorganisation - an unseren Finanzierungsvolumen partizipieren zu lassen. Das war 2018 schon positiv und wird 2019 nochmal zu steigern sein. Daneben blicken wir aber auch noch intensiver auf unser Portfolio und dessen Zusammensetzung, um in einer Zeit begrenzter Ressourcen eine bestmögliche Allokation zu erzielen.

Wie beurteilen Sie die hierzulande anhaltend rückläufigen Margen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung? Und ab wann rechnen Sie mit einer Entspannung?

Ich sehe die Margen in Deutschland auf breiter Front nicht weiter rückläufig. Das mag an dem heutigen Niveau liegen, aber sicher auch an den Rechenkünsten der Finanzierungsanbieter. Wenn Bankstrukturkosten steigen, wenn wir aufgrund der historisch niedrigen Risikokosten irgendwann auch hier wieder steigende Entwicklung antizipieren sollten, dann müssen nach meiner Überzeugung die Margen steigen, um schlicht eine angemessene Rendite auf das Risiko zu halten. Ich bin sicher, dass unsere Kunden das verstehen werden.

Als wie bedrohlich erachten Sie die derzeit aufkeimenden globalen Konjunktursorgen für die Immobilienmärkte?

Global und besonders in Deutschland hat sich die Konjunktur im vergangenen Jahr abgekühlt. Die zentralen und ungeklärten wirtschaftspolitischen Herausforderungen sind in weiten Teilen noch nicht geklärt. Aber wir glauben, dass diese eher Chancen für die Konjunkturentwicklung sind, auch wenn man die Risiken dahinter nicht ausschließen kann. Deswegen glauben wir nicht, dass sich die aktuelle Entwicklung zu einer Rezession auswächst.

Vielmehr dürfte die Unsicherheit hinsichtlich Brexit und Handelsstreit im Jahresverlauf abnehmen und nicht zuletzt dank expansiver fiskalpolitischer Maßnahmen die wirtschaftliche Dynamik bald wieder zunehmen. Das würde für die Immobilienmärkte eine weiterhin dynamische Entwicklung bedeuten durch eine anhaltende, beziehungsweise in einzelnen Segmenten sogar steigende Nachfrage bei günstigen Kapitalaufnahmen und hoher Investitionsfreude.

Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an die Entwicklung der Risikovorsorge in Ihrem Geschäftsfeld?

Grundsätzlich wird sich bei Eintritt unserer Prognosen nicht unmittelbar etwas an der Entwicklung der Risikovorsorge ändern, gleichwohl rechne ich mit einer Steigerung - schon allein aus dem Grund, dass sie sich aktuell auf einem langfristig gesehen sehr niedrigen Niveau befindet.

Viele europäische Immobilienmärkte gehen mittlerweile in das zehnte Jahr des Aufschwungs. Beobachten Sie angesichts des ungewöhnlich lang währenden Zyklus inzwischen erste Anzeichen für einen "Style Drift" vonseiten der Investoren, sprich eine Verschiebung hin zu Produkten oder Lagen, die nicht der Definition von "Prime/Core" entsprechen?

Das beobachten und bemerken wir in dieser Weise nicht. Natürlich gibt es durch die Urbanisierung und ihre Folgen eine Ausweitung der interessanten Flächen und dadurch Steigerung von guten Lagen. Aber eine massive Verschiebung von professionellen Investoren hin zu Nebenlagen erkennen wir nicht, wenngleich natürlich durch den Anlagebedarf auch in diesen Regionen eine hohe Nachfrage nach Immobilieninvestitionen gegeben ist. Aber es sind in der Regel Investoren, die sich mit diesen Märkten und ihren Produktangeboten auskennen und nicht neu eintreten.

Und wie verhält es sich bei den Finanzierern mit Blick auf die Finanzierungskonditionen - werden einige Marktteilnehmer risikobereiter?

Es würde mich irritieren, wenn wir in der regulierten Welt der Banken heute noch massive Anstiege von Risikobereitschaft sehen würden. Was wir allerdings wahrnehmen, ist ein Angebot an Finanzierungen von Unternehmen außerhalb der regulierten Bankenwelt und das kann dann auch mal zu unterschiedlichen Ausgangsszenarien führen. Aber wir schauen auf uns und unsere Risikostrukturen und machen hier keine Abstriche. Und unsere Kunden quotieren das, weil es angemessen, aber auch in ihrem Interesse ist, verlässliche und berechenbare Partner zu haben und durch Zyklen hindurch zu behalten.

Wie bereiten Sie das Geschäftsfeld "Immobilie" auf die sich allmählich abzeichnende Zinswende vor?

Die vielmals erwartete Zinswende in Europa wird nach meinem Eindruck immer weiter hinaus geredet. Deswegen, und auch aufgrund der Tatsache, dass die Wende von einem ungemein niedrigen Niveau ausgehen würde, gibt es keine Notwendigkeit, unmittelbar zu reagieren. Und in den USA, wo wir die Zinswende ja bereits sehen, haben sich die Spreads zwischen Government Bonds und Immobilienanlagen zwar eingeengt, aber sie bleiben zur Unterscheidung der Risikoklassen offensichtlich ausreichend, wenn man das Investitionsniveau betrachtet. Ich würde eine ähnliche Erwartung an Europa haben, wenn dann mal die steigenden, voraussichtlich sehr moderaten, Zinsschritte kommen.

Gewinnen Auslandsmärkte vor dem Hintergrund der hohen Wettbewerbsintensität und Mikromargen auf dem Heimatmarkt an Bedeutung?

Für die Helaba ist die Bedeutung ihrer Auslandsmärkte unverändert groß. Unser Hauptmarkt ist und bleibt aber Deutschland, wo wir knapp die Hälfte unseres Buches angelegt haben und regelmäßig die Hälfte unseres Neugeschäftes machen. Das sehen wir als strategisch gut an und wollen das auch nicht ändern. Und lassen Sie mich noch feststellen, dass die Wettbewerbsintensität in Deutschland in der Tat hoch ist, aber eine Unterversorgung an Finanzierungsmöglichkeiten sehe ich in den für uns relevanten Auslandsmärkten auch nicht.

Rücken Projektfinanzierungen, Value-Add-Immobilien oder "Nischensegmente" wie studentisches Wohnen oder Pflegeheime verstärkt in Ihren Fokus, um etwas mehr Rendite erwirtschaften zu können?

Auch bei den Assetklassen bleiben wir konsequent und behalten unseren Fokus bei. Unser klarer Schwerpunkt liegt auf Büroimmobilien. Daneben spielen Handelsimmobilien immer noch eine wichtige Rolle, wobei wir im Zuge des geänderten Käuferverhalten, etwa durch den Onlinehandel, sehr genau prüfen, wie sich verschiedene Objekte oder besser gesagt Konzepte entwickeln werden - aber genauso, wie wir es bei allen Objektarten schon immer gemacht haben. Weitere wichtige Assetklassen sind Wohnen und Logistik.

Andere spielen eine untergeordnete oder teilweise auch unbedeutende Rolle. Da bei uns aber weniger die Assetklasse, sondern zuerst der Kunde und seine Strategie im Fokus steht, haben wir natürlich auch Entwicklungsmaßnahmen oder Value-Add als Finanzierungen beim Neugeschäft - sofern wir die Vorstellungen nachvollziehen können und mit dem Kunden daran glauben.

Sie haben die steigende Bedeutung des Syndizierungsgeschäfts bereits angesprochen. Wie genau läuft das ab?

Hier ist grundsätzlich bereits viel passiert, gerade bei der Zusammenarbeit mit den Sparkassen - sei es in der direkten Syndizierung, bei einem von Helaba Invest aufgelegten und von uns gespeisten Immobilienfinanzierungsfonds oder auch durch Nutzung vorhandener Portale für die Sparkassen, um diesen einen effizienten und betragsmäßig geringeren Zugang zu unseren Finanzierungen zu ermöglichen. Aber ich sagte es ja bereits, dass wir als Helaba einen sehr guten Kundenstamm haben, mit dem wir oftmals seit Jahrzehnten erfolgreich zusammenarbeiten.

Hier stelle ich mir vor, unsere gute Marktposition noch stärker für das Arrangieren von Finanzierungen nutzen zu können und damit Volumen für Partner bereitzustellen. Der Kunde kann dabei auf unsere Standards in der Zusammenarbeit setzen und wir können ihm neue Finanzierungsquellen erschließen, allen voran in unserem Verbund. Somit also ein klares "Ja" auf ihre Frage, wir bleiben bei diesem Thema fokussiert und werden es in der Zukunft ausbauen.

Relativ neue Player wie Versicherungen, Versorgungswerke und Debt Fonds haben ihre Aktivitäten zuletzt ausgeweitet. Wie beurteilen sie diese Entwicklung? Sind das direkte Konkurrenten oder in vielen Fällen nicht doch eher Partner?

Natürlich können solche Anbieter auch Partner sein und sind es auch oftmals schon heute. Und es ist auch richtig festzustellen, dass manche von diesen Anbietern andere regulatorische Anforderungen erfüllen müssen und deswegen in bestimmten Strukturen Wettbewerbsvorteile haben, die im Rahmen einer Strukturierung einer Finanzierung auch genutzt werden können. Ich frage mich nur, ob diese teilweise Asymmetrie durch die Regulierung im Sinne einer langfristigen Ausrichtung der Aufsicht ist, würde sie Risiken doch nicht abbauen, sondern nur verlagern, solange Investoren nicht ihr eigenes Ka pital investieren sondern eingeworbenes anlegen.

Lässt sich der (negative) Effekt von Basel IV auf die Immobilienfinanzierung für Ihr Haus bereits abschätzen?

Als wesentlichen Effekt von Basel IV schätzen wir die Einführung des geplanten risikoartenübergreifenden Output Floors ein. Der Output Floor soll sicherstellen, dass die mit internen Modellen ermittelten Kapitalanforderungen nicht geringer als ein bestimmter Prozentsatz der mittels der Standardansätze berechneten Kapitalanforderungen sind. Nach aktueller Planung soll der Output Floor mit 50 Prozent ab 2022 bis zur Endstufe (72,5 Prozent) im Jahre 2027 stufenweise eingeführt werden.

Die Anforderungen für das Immobiliengeschäft der Helaba steigen dabei durch die Anwendung des Floors an, da die aktuell in den IRB-Ansätzen relevanten, guten Bonitätseinschätzungen und Besicherungsstrukturen in der Floor-Berechnung nicht gleichwertig zum Tragen kommen. Effekte werden dabei in Rahmen regelmäßiger Monitorings ermittelt und sind in der Mehrjahresplanung berücksichtigt.

Die europäische Covered-Bond-Harmonisierung ist mittlerweile auf der Zielgeraden. Wie beurteilen Sie den Kompromiss?

Es handelt sich um einen guten Kompromiss, da er den hohen Qualitätsanforderungen des deutschen Pfandbriefes Rechnung trägt und diese im europäischen Kontext manifestiert. Diese Qualitätsmerkmale haben deutschen Pfandbriefen auch schon in der Vergangenheit zu sehr großer internationaler Akzeptanz verholfen.

Wie sieht Ihr Refinanzierungsmix grundsätzlich aus? Ist die seit Mitte vergangenen Jahres ermöglichte Auflage von Senior-Preferred-Anleihen eine Alternative für die Helaba?

Die Bank setzt ihre bewährte Strategie eines fristenkongruenten Refinanzierungsansatzes konsequent um. Der Refinanzierungsdarf ergibt sich aus dem Aktivgeschäft und wird über besicherte (Pfandbriefe) und unbesicherte Refinanzierungsmittel dargestellt. Im Rahmen der unbesicherten Refinanzierung haben Senior-Preferred-Emissionen einen wesentlichen Anteil, zumal die Helaba eine sehr auskömmliche Ausstattung mit Senior-Non-Preferred-Mitteln vorzuweisen hat, die den MREL-Bedarf der Bank langfristig abdeckt.

ZUR PERSON

CHRISTIAN SCHMID Mitglied des Vorstands, Landesbank Hessen-Thüringen, Frankfurt am Main

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