INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

"DIE INTEGRATION DER ÜBERNOMMENEN UNTERNEHMEN IST IM WESENTLICHEN BEREITS ABGESCHLOSSEN"

Dr. Michael BÜTTER QUELLE: Corestate

Die Wachstumsstory von Corestate Capital sucht ihresgleichen. Innerhalb der vergangenen eineinhalb Jahre konnte das verwaltete Vermögen von 3 auf 22 Milliarden Euro gesteigert werden, nicht zuletzt mithilfe einiger vielbeachteter Unternehmenszukäufe. Im Interview mit I & F diskutiert der seit Mai 2018 amtierende CEO Michael Bütter die rasante Entwicklung des börsennotierten Immobilien-Investment-Managers und stellt klar, dass die Reise noch längst nicht vorbei ist. Darüber hinaus spricht er über die Performance der seit kurzem im S-Dax vertretenen Corestate-Aktie, die strategischen Vorteile eines breiten Zugangs zum Kapitalmarkt sowie den anhaltenden Konsolidierungsdruck auf dem europäischen Asset-Management-Markt. Red.

Herr Dr. Bütter, Sie sind seit dem 1. Mai 2018 CEO von Corestate Capital. Was sind Ihre ersten Eindrücke im neuen Amt?

Grundsätzlich ist es so, dass ich schon eine ganze Weile mit Corestate verbunden bin. Ich war vor meinem Antritt als Chief Executive Officer (CEO) bereits zwei Jahre als Senior Advisor in beratender Funktion für das Unternehmen tätig. Alle strategischen Entscheidungen in dieser Zeit wurden stets mit dem gesamten Se nior Advisory Circle abgestimmt. Seien es die jüngst vollzogenen Unternehmensübernahmen oder die Verpflichtung unseres neuen Chief Financial Officer (CFO) Lars Schnidrig - das sind alles Dinge, die ich in diesen zwei Jahren begleiten durfte.

Insofern ist vieles also nicht neu für mich. Auch muss ich keine neue Strategie erarbeiten, denn die gibt es längst. Und diese ist auch richtig und wird von mir seit zwei Jahren voll und ganz mitgetragen. Ich habe die Corestate als eine sehr dynamische und unternehmerisch getriebene Firma kennengelernt. Wir haben hier sehr viele tolle Kollegen und große Talente, die für die Corestate arbeiten. Ich freue mich schon sehr auf die Zusammenarbeit.

Warum hat Ihr Vorgänger Sascha Wilhelm Corestate verlassen?

Es war für Sascha Wilhelm ein guter und geeigneter Zeitpunkt, ein erfolgreiches Unternehmen in neue Hände zu übergeben. Corestate braucht zum jetzigen Zeitpunkt einfach viel Kapitalmarktexpertise und eine konsequente Weiterentwicklung der Konzernstrukturen. Ich habe in diesen Bereichen reichlich Erfahrung gesammelt. Grundsätzlich geht es an dieser Stelle aber gar nicht um Werturteile wie "besser oder schlechter", sondern schlicht um einen anderen Ansatz. Persönlich schätze ich Sascha Wilhelm sehr.

Sie bekleiden neben Ihrem Chefposten bei Corestate weiterhin auch hochrangige Ämter in Kontrollgremien, unter anderem bei Ado Properties und der TLG Immobilien AG. Sehen Sie da einen möglichen Interessenskonflikt?

Diese Frage haben wir uns in allen relevanten Gremien natürlich auch gestellt. Mir war die proaktive Klärung potenzieller Überlappungen in den Geschäftsmodellen vor meinem Antritt als CEO sehr wichtig. Corestate ist jedoch zu dem Schluss gekommen, dass dies nicht der Fall ist. Auch die Aufsichtsräte der TLG Immobilien AG und Ado Properties haben das genauso beurteilt.

Stichwort Ado: Corestate ist seit kurzem ebenfalls Mitglied im S-Dax. Nach einer lang anhaltenden Rallye schwächelt die Aktie seit einigen Monaten aber etwas. Bereitet Ihnen das Sorge?

Nein, das ist eine völlig normale Entwicklung. Nach einem Börsengang dauert es gewöhnlich ein bis zwei Jahre, bis die nötige Liquidität im Markt ist und es anschließend mit dem Aktienkurs in die richtige Richtung geht. Hinzu kommt in der Regel eine Weiterentwicklung der Aktionärsstruktur, bei der etwa risikofreudigere Erstinvestoren Anteile abgeben und sich neue Langfristinvestoren engagieren. Diese kleineren Umwälzungsprozesse gehen häufig kurzfristig mit Seitwärtsbewegungen einher. Wichtig ist allerdings vielmehr, wo die Analysten Corestate perspektivisch sehen. Der Durchschnitt der prognostizierten Kursziele liegt bei 69 Euro. Ich sehe sehr viel Potenzial in der Aktie. Wir haben in den vergangen Monaten eine sehr gute und breite Coverage etabliert und alle Analystenratings empfehlen den Kauf unserer Aktie.

Die Entwicklung der Aktie erinnert ein wenig an die der Scout24 AG, Ihrem vorherigen Arbeitgeber ...

Richtig, Scout ist dafür ein Paradebeispiel. In meiner Zeit als CEO von Immobilienscout hat die Muttergesellschaft genau dasselbe Thema umgetrieben. Die Aktie pendelte lange zwischen 30 und 35 Euro und erst vor einigen Monaten kam dann der Durchbruch. Warum? Es ist etwas Zeit ins Land gegangen und die Investoren haben Vertrauen in die operativen Fähigkeiten des Unternehmens gefasst. Das müssen wir nun auch bei Corestate unter Beweis stellen. Meine Devise ist deshalb, mit Ruhe und Nachhaltigkeit, einen guten Job zu machen und vor allem operativ exzellent zu performen.

Wie ist hier der aktuelle Stand?

Unser Ergebnis für das Geschäftsjahr 2017 war sehr gut, das erste Quartal 2018 lief ebenfalls hervorragend. Mitte August werden wir unsere Halbjahreszahlen veröffentlichen, operativ läuft hier alles nach Plan und wir stehen fest zu unseren Finanzzielen 2018. Es dürfte somit nur eine Frage der Zeit sein, bis sich die positiven Analysteneinschätzungen auch im Aktienkurs widerfinden werden.

Wichtig dafür ist auch eine schnelle Integration der drei jüngsten Zukäufe von Atos, Hannover Leasing und HFS. Wie weit sind Sie hier fortgeschritten?

Sehr weit, die Integration der übernommenen Unternehmen ist im Wesentlichen bereits abgeschlossen. Sicher gibt es immer noch einige Arrondierungen, aber das sind Kleinigkeiten. Wir haben diese Deals schnell verdaut und können deshalb bereits auf die nächsten Targets blicken.

Hat Sie die Geschwindigkeit überrascht? Immerhin sind die Geschäftsmodelle gerade von HFS und Hannover Leasing nicht unbedingt deckungsgleich zu dem von Corestate.

Ich war sehr positiv überrascht, dass wir die Integrationsprozesse so zügig und erfolgreich bewältigt haben. Grundsätzlich kommt uns dabei natürlich entgegen, dass die Zukäufe nicht intensiv weiterentwickelt werden mussten. Und mit Blick auf HFS und Hannover Leasing ist es tatsächlich so, dass sich die Geschäftsansätze durchaus differenzieren. Aber das ist ja genau das, was wir mit unseren Ankäufen verfolgen. Auf Basis unserer Multi-Boutique-Plattform können wir so unsere Investorenbasis und die Produktpalette für unsere Kunden erweitern. Als gemeinsame Klammer gilt: greifbare Potentiale für nachhaltiges Wachstum, Synergien und konsequentes Antizipieren der Megatrends in unserem Sektor.

Man muss sich die Integrationen auch so vorstellen, dass wir den jeweiligen Beteiligungen - insbesondere der HFS - ausreichend unternehmerischen Freiraum geben. Unser Ziel ist es weniger, Zukäufe vollständig zu assimilieren, sondern wir sind in erster Linie an einer Stärkung des Neugeschäfts interessiert und unterstützen dies bestmöglich. Für nachgelagerte Funktionsbereiche wie etwa Finanzen, IT, Compliance oder Personal werden natürlich gruppenweit integrierte Schnittstellenlösungen zur Verfügung gestellt.

Lassen sich bei derartigen Beteiligungen trotzdem Synergien heben?

Natürlich, insbesondere im Bereich der Objektpipeline. Mit der HFS verfügen wir zudem über einen Real Estate Debt Provider, der uns hervorragend Zugang zu neuem institutionellem Kapital ermöglicht. Wir reden hier über 50 bis 60 Investoren, die ihr Equity in solche Mezzanine-Fonds geben. In Deutschland sind wir mit der HFS klarer Marktführer, es gibt keinen Mezzanine-Provider, der das in einer ähnlichen Größenordnung von rund 1,2 Milliarden Euro anbietet.

Wie geht es bei der Hannover Leasing weiter? Das Unternehmen hat ja noch einen relativ hohen Anteil an Assets ohne Immobilienbezug. Soll dieser Bereich abgebaut werden?

Richtig, es sind dort noch einige Medienfonds, aber auch Flugzeuge im Besitz. Letztere werden auch als Assetklasse weitergeführt. Hannover Leasing verfügt hier über einen langen und erfolgreichen Track-Record. Ein neuer Fonds ist noch in diesem Jahr geplant. Die Medienfonds etwa haben durchaus positive Ergebnisse erzielt. Es ist also nicht so, dass diese Geschäftsfelder schlecht wären, man muss sie genauso beobachten und weiterentwickeln wie die Immobilienprodukte auch.

Inwieweit war die Hannover Leasing ein riskanter Zukauf, das Unternehmen hat in der Vergangenheit schließlich des Öfteren rote Zahlen geschrieben?

Die Hannover Leasing war für uns ein strategischer Ankauf. Das Unternehmen ist einer der führenden Asset Manager und Anbieter von Sachwertanlagen in Deutschland und bietet als lizensierte Kapitalverwaltungsgesellschaft geschlossene Publikums-AIF (Alternative Investmentfonds) an. Die Corestate verfügte zum Beispiel bis zum Ankauf lediglich über die Lizenz für die Auflage von Luxemburger Fondsvehikel. Die Übernahme der Hannover Leasing stellte eine attraktive Kombination aus vertraglich gesicherten, langfristigen Asset-Management-Umsätzen und großem Potenzial für Neugeschäft dar. Zuletzt konnte genau das gehoben werden und somit ein Gewinn von rund zehn Millionen Euro vermeldet werden.

Was ist davon konkret auf Ihren Einfluss zurückzuführen?

Hannover Leasing hat zuletzt wirklich einige gute Deals mit der Unterstützung von Corestate gemacht. Beispielsweise hat Corestate eine zu 40 Prozent vermietete Immobilie aus der Hannover Leasing herausgelöst und ist anschließend in die Vermietung gegangen. Innerhalb kürzester Zeit konnte dank gutem Asset Management Vollvermietung erzielt werden. Eine echte Erfolgsgeschichte also, die wir auch noch in einigen anderen Fällen schreiben konnten.

Davon abgesehen möchte ich nicht verhehlen, dass bei Hannover Leasing auch Kosten reduziert wurden, um das Unternehmen auf Effizienz zu trimmen. Insgesamt bin ich sehr zuversichtlich, dass Hannover Leasing weiter einen wichtigen Beitrag für den Gesamterfolg unserer Gruppe liefern wird. Wir haben dort noch viele spannende Assets und wollen auch Neugeschäft machen, sowohl im geschlossenen, als auch offenen Bereich. Zur Überlegung steht derzeit etwa die Auflage eines offenen Immobilien-Publikumsfonds. Das ist insofern erwägenswert, weil die Nachfrage hier bekanntlich wieder enorm ist.

Ein Einstieg von Corestate ins Geschäft mit privaten Kleinanlegern also?

Durchaus. Wir wollen das gesamte Anlegeruniversum bedienen - von Institutionellen über Family Offices bis hin zum Einzelanleger. Dank unserem breiten Spektrum an Beteiligungen lässt sich inzwischen jeder Anlegertyp mit passenden Produkten versorgen und es ergäbe keinen Sinn, davon nicht auch Gebrauch zu machen. Das verschafft Corestate eine große Variabilität, steigende Umsätze und letztlich auch mehr Unabhängigkeit von Zyklen und Assetklassen.

Noch einmal zu den Übernahmen: HFS und Hannover Leasing agieren also weiter unter eigener Marke, wie steht es um Atos?

Atos wurde markenseitig angedockt und nennt sich seit April Corestate AM. Auf der Gesellschaftsebene wird Corestate AM bis September verschmolzen sein. Gleichzeitig behält Atos seine Eigenständigkeit innerhalb der Corestate-Gruppe, weil sie bestimmte Segmente, die wir nicht im Fokus hatten, sehr gut bedienen. Während Corestate seine Schwerpunkte in den Segmenten Micro-Living, also Student Housing und Serviced Apartments und Einzelhandel hat, ist Atos vor allem stärker im Bereich Office und Light Industrial unterwegs.

Die aktuelle Entwicklung von Corestate erinnert stark an die von Patrizia. Wie sehen Sie diesen Wettbewerber?

Ich habe grundsätzlich großen Respekt vor dem, was Patrizia leistet und in den vergangenen Jahren geschaffen hat. Diese Entwicklung beobachten wir natürlich genau.

Aber Sie ahmen diese nicht nach?

Was heißt nachahmen? Die Parallelen zu Patrizia sind nun einmal vorhanden. Corestate ist genauso dynamisch, vielleicht sogar etwas dynamischer gewachsen. Alleine innerhalb der vergangenen eineinhalb Jahre konnten die Assets under Management von 3 auf 22 Milliarden Euro gesteigert werden. Das ist eine unglaublich dynamische Reise und die ist noch nicht zu Ende.

Weitere M& A's werden also folgen?

Ja, wir wollen sowohl auf diese, als auch auf organische Weise weiter nachhaltig wachsen. In jedem Fall wollen wir weiterhin einen aktiven Part in der Konsolidierung auf dem Asset-Manager-Markt übernehmen.

Können Sie da konkreter werden?

Die organische Pipeline ist mit 5,5 Milliarden Euro derzeit prall gefüllt. Davon befinden sich 25 Prozent bereits im Letter-of-Intent-Stadium, das heißt, Corestate hat in diesen Fällen die Hand auf den Assets. Es handelt sich also um eine substanzielle Pipeline, die wichtigste Voraussetzung, um weiter wachsen zu können.

Ist diese Pipeline weiter überwiegend mit deutschen Assets gefüllt?

Ja, wobei sie zunehmend internationaler wird. Wir haben bereits in Objekte investiert, die in UK, Benelux, Spanien und Österreich liegen.

Ebenso sind Polen und die Schweiz sehr attraktive Märkte für uns. Die USA spielen hingegen momentan keine Rolle in unseren Überlegungen.

Wie wichtig sind die Teams vor Ort?

Sehr wichtig. Wir sind sehr gut vernetzt innerhalb der regionalen Märkte und erfahren so zum Beispiel sehr früh über Assets, die auf den Markt kommen. Ebenso sind wir mit unseren Property Managern in Niederlassungen bundesweit vor Ort und somit ganz nah an den zu betreuenden Immobilien. Wir schulden es nicht zuletzt unseren Anlegern, die Prozesse vor Ort immer genau im Blick zu behalten und zu kontrollieren.

Abgesehen vom organischen Wachstum: Haben Sie momentan weitere Unternehmen im Blick?

Bitte haben Sie Verständnis, dass ich mich zu Details nicht äußern kann. Mir ist es grundsätzlich wichtig zu betonen, dass Corestate nicht einfach um der Größe willen wächst. Jeder Zukauf muss nachhaltig passen und wertsteigernd sein. Ich erachte Assets under Management am Ende des Tages für weniger relevant als Umsatz, EBITDA, Kosten und die Aktienkurs-Entwicklung.

Wie erwähnt halten wir aber weiter Ausschau nach attraktiven Asset Managern, auch hier primär mit einem Fokus auf Europa. Es ist ein nach wie vor sehr fragmentierter Markt mit rund 90 Asset Managern, die unter zehn Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen haben.

Und diesen kleinteiligen Markt machen Sie sich zunutze?

Ja, denn wir beobachten, dass die Kosten für diese kleineren Asset Manager wahnsinnig hoch sind. Alleine die vorzuhaltenden Ressourcen zum Thema Regulatorik ist enorm. Das alles kostet viel Geld und dafür verliert man schnell einen signifikanten Teil der Marge.

Die Regulatorik ist somit der wesentliche Treiber für die Marktkonsolidierung?

Sie ist auf jeden Fall einer der ganz wesentlichen. Für ein Unternehmen wie Atos ist es letztlich deutlich effizienter unter das Dach von Corestate zu kommen, als selbst die benötigten Lizenzen zu erwerben oder sich in den intensiven Dialog mit der Aufsicht begeben zu müssen. Damit macht Atos insgesamt ein erfolgreicheres Geschäft und auch wir profitieren davon. Gemeinsam lässt sich der Markt einfach viel besser bespielen und, wie erwähnt, lassen sich dabei auch signifikante Synergien heben. Dieser Trend treibt den Markt und eine weitere Konsolidierung ist absehbar. Und die werden wir führend mit begleiten.

Wie dynamisch wird diese Marktbereinigung ausfallen? Könnten in zehn Jahren vielleicht nur noch fünf oder sechs große Player in Europa aktiv sein?

Das ist schwer zu prognostizieren. Die Voraussetzungen für eine solch dynamische Konsolidierung scheinen aber gegeben. Es ist für Asset Manager einfach unabdingbar, Investoren eine gute und reibungslos funktionierende Plattform inklusive der Vorhaltung aller relevanten Lizenzen bieten zu können. Darüber hinaus muss ein Zugang zu den Kapitalmärkten gewährleistet sein. Das ist meines Erachtens ein ganz entscheidender Faktor, den sich Corestate erfreulicherweise erarbeitet hat.

Wir können jederzeit einen klassischen Bond oder eine Wandelanleihe begeben. Zusätzlich lässt sich unter Berücksichtigung der Investoreninteressen in der Zukunft natürlich auch eine Kapitalerhöhung für weiteres Wachstum durchführen. Diese Dinge kennen Lars Schnidrig und ich bereits aus unserer gemeinsamen Zeit bei Vonovia bestens. Wir haben gelernt, wie man die Debt- und Equity-Seite eines Unternehmens auf Vordermann bringt.

Stichwort Debt: Haben die Zukäufe Ihre Bilanz nicht belastet?

Corestate hat seine Nettoverschuldung inzwischen sehr gut im Griff. Die Nettoverschuldungsquote (Net Debt zu EBITDA) wird sich mittelfristig bei zirka 2,5 einpendeln. Das ist sehr komfortabel und gibt uns sogar die Möglichkeit, ein Investment-Grade zu bekommen. Sollten wir dagegen mehr Flexibilität in Form einer etwas höheren Nettoverschuldung wünschen, können wir das auch problemlos im Rahmen unseres soliden Ratings von S & P tun.

Wie wurden die bisherigen Beteiligungen, die insgesamt rund 600 Millionen Euro gekostet haben, bewerkstelligt?

Zwei Drittel davon wurden mit Shares bezahlt und ein Drittel in bar. Bei den Aktien handelte es sich überwiegend um Anteilsscheine von Corestate. Das ist insofern gut, als die Verkäufer, die ja noch in unserer Gruppe sind, ein hohes Interesse an der künftigen Performance der Aktie haben.

Sie haben den Zugang zum Kapitalmarkt bereits angesprochen. Corestate hat vor kurzem einen Convertible und Senior Unsecured Bond emittiert. Große börsennotierte Immobilienunternehmen machen davon zunehmend Gebrauch. Ist das ein strategischer Schwenk in der Unternehmensfinanzierung?

Nein, es ist schlichtweg genau das richtige Mittel, um sich Flexibilität für weiteres Wachstum zu sichern. Man kann bei ehrgeizigen Ambitionen nicht nur von der klassischen Immobilienfinanzierung Gebrauch machen. Gerade Unsecured Bonds ermöglichen eine viel höhere Dynamik im Bereich des Unternehmenswachstums. Diese wertvolle Quelle steht aber immer noch relativ wenigen Unternehmen offen, denn es bedarf großer operativer Anstrengungen und auch Erfahrung, um sich dafür zu qualifizieren. Mit der Schaffung dieses Zugangs ist Corestate nun zu einem echten Wachstumskandidaten geworden. Den ersten Unsecured Bond hat übrigens die Deutsche Annington nach ihrem IPO unter der Mitwirkung von mir und Lars Schnidrig platziert. Das hat damals ebenfalls die Türen für ein anschließend sehr dynamisches Wachstum geöffnet.

Verliert das klassische Bankdarlehen im Gegenzug für Corestate an Bedeutung?

Nein, das kann man so nicht sagen. Letztlich müssen alle zur Verfügung stehenden Finanzierungsinstrumente bespielt werden, und dazu gehört natürlich auch das klassische Immobilienfinanzierungsdarlehen. Es ist grundsätzlich aber definitiv von Vorteil, eine Reihe von Zugängen zum Debt-Markt zu haben, weil der eine mal besser geht als der andere. Hier muss man flexibel sein und das hat Corestate erreicht.

Noch ein Wort zu den Immobilien-Spezialfonds, welchen Stellenwert nimmt das Produkt für Sie ein?

Es genießt natürlich einen großen Stellenwert und wir verzeichnen hohe Volumina in dieser Produktgattung. Allein bei der Hannover Leasing beläuft sich das in Spezialfonds gebundene Kapital auf knapp eine Milliarde Euro. Auch in Luxemburg haben wir mittlerweile 200 bis 300 Millionen Euro über diese Strukturen aufgelegt. Es ist ein sehr interessantes und beliebtes Produkt.

Präferieren Sie die Auflage nach luxemburgischem oder deutschem Recht?

Beides ist prinzipiell möglich. Corestate ist in beiden Ländern reguliert und hat somit die Wahl. Wir nutzen beide Kanäle.

Und wie verhält es sich mit der Frage "offen oder geschlossen"?

Auch hier sind beide Varianten denkbar. In der Hannover Leasing haben wir primär geschlossene Immobilienfonds, sind aber wie erwähnt auch willens, noch stärker in die offenen Immobilienfonds reinzugehen. Beim offenen Modell ist man bekanntlich beim An- und Verkauf der Liegenschaften flexibler, während die Anzahl der Objekte in geschlossenen Vehikeln fixiert ist. Bei offenen Immobilienfonds war der kritische Punkt bekanntlich der hohe Mittelabzug nach der Finanzkrise. Diese Lücke ist durch entsprechende Regulierungsvorschriften aber mittlerweile geschlossen worden. Somit ist das Produkt für uns durchaus interessant.

ZUR PERSON DR. MICHAEL BÜTTER, CEO, Corestate Capital Holding S.A., Luxemburg
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