BAUSPAREN UND BAUSPARKASSEN 2018

"WIR INVESTIEREN IN DIE ZUKUNFTSFÄHIGKEIT UNSERES GESCHÄFTSMODELLS"

Henning Göbel Quelle: BHW Bausparkasse

Nach dem Wechsel von Lars Stoy in den Vorstand der Deutschen Postbank AG hat Henning Göbel Anfang August 2017 das Führungszepter bei der BHW Bausparkasse AG übernommen. Er ist nach Stationen unter anderem bei der BaFin und Deutschen Postbank bereits seit 2013 als CFO der Bausparkasse tätig. Im Interview mit der I & F-Redaktion spricht er über seine ersten Erfahrungen an der Spitze des Instituts. Nach schwierigen operativen Jahren sieht er BHW auf Kurs, insbesondere das anziehende Bauspargeschäft stimmt ihn optimistisch. Außerdem erläutert er die Hintergründe des geplanten Zusammengehens von BHW und Deutsche Bank Bauspar AG. Red.

Herr Göbel, Sie sind seit dem 1. August 2017 Vorstandssprecher der BHW Bausparkasse. Wie fällt Ihr erstes Fazit aus?

Durchaus sehr positiv. Die deutsche Bausparwelt hat sich zwar in den vergangenen Jahren sehr stark gewandelt und die Herausforderungen wie hohe aufsichtsrechtliche Anforderungen und das Niedrigzinsniveau sind immer noch zahlreich. Allerdings haben wir schon vor einigen Jahren und damit frühzeitig Maßnahmen eingeleitet, die uns jetzt helfen, unsere solide Wettbewerbsposition zu festigen und womöglich gar auszubauen. Auf diesem Fundament können wir die BHW Bausparkasse gemeinsam mit den traditionell eng mit ihr verbundenen Unternehmen durch die zahlreichen Initiativen unseres Strategieprogramms BHW 4.0 noch zukunftsfähiger aufstellen. Und hierfür ziehen die Mitarbeiter und Managementteams aller Einheiten fest an einem Strang. Dieses große Engagement ist sehr beachtlich. Daher macht es mir viel Freude, für eine so traditionsreiche Bausparkasse wie BHW zu arbeiten, die in diesem Jahr auch noch ihr neunzigjähriges Jubiläum feiert.

Hat das Bausparen also in diesem schwierigen Markt an Attraktivität verloren?

Ein ganz klares Nein. Es gibt wohl kaum ein Finanzprodukt in Deutschland, das positiver besetzt ist als das Bausparen. Denn es steht für den Traum der Menschen von den eigenen vier Wänden. Der Kauf einer Immobilie ist für die meisten Kunden eine der bedeutendsten und nachhaltigsten Lebensentscheidungen. Hier sind Stabilität und Sicherheit gewünscht - ein entscheidender Vorteil des Bausparens. Dieses System hat sich millionenfach bewährt. Daher ist die Attraktivität des Produktes aus meiner Sicht unumstritten.

Sie haben das BHW in einer schwierigen Phase übernommen. Gerade operativ lief es zuletzt nicht besonders gut. Wie weit sind Sie mit der Aufarbeitung?

Die Herausforderungen, denen sich die Bausparkassen seit Jahren gegenüber sehen, sind ja hinlänglich bekannt. Die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik und deren Folgen auf den Zinsertrag von einlagenstarken Instituten machen natürlich auch vor der BHW Bausparkasse nicht halt. Unsere Gegensteuerungsmaßnahmen haben wir bereits vor mehreren Jahren eingeleitet und können so den schwierigen Markteinflüssen sehr wirkungsvoll begegnen. Wir haben das stark nachgefragte und profitable Aktivgeschäft weiter forciert, die Bestände durch kollektivschützende Maßnahmen den Zinsbedingungen angepasst und konnten darüber hinaus unsere Prozesse durch Digitalisierungsinitiativen effizienter gestalten und Kosten senken. Erfreulich ist darüber hinaus die positive Entwicklung unseres Kundengeschäfts. Insgesamt ist BHW sehr gut auf Kurs!

Wie lief denn das Bauspar-Neugeschäft 2017 und wie sind Sie ins Jahr 2018 gestartet?

Im Bauspargeschäft hat die Bausparkasse im vergangenen Jahr einen beachtlichen Erfolg erzielen können. In einem insgesamt rückläufigen Markt lag BHW mit einem beantragten Neugeschäft von 9,1 Milliarden Euro über dem Vorjahresniveau und konnte sich gegen den Trend der Branche behaupten. Im Ergebnis wuchs der Marktanteil der BHW Bausparkasse leicht auf insgesamt rund 10 Prozent an. Unsere Kunden haben erkannt, dass ein optimal auf ihre Wünsche abgestimmter Bausparvertrag eine solide Basis für den Erwerb und den Erhalt der eigenen vier Wände bietet. Und darüber hinaus das Instrument für die Absicherung der aktuell niedrigen Zinsen für zukünftige Immobilienvorhaben. Dieser Wachstumstrend hat sich auch in den ersten zwei Monaten des aktuellen Geschäftsjahres fortgesetzt.

Die Cost Income Ratio der BHW belief sich im ersten Halbjahr 2017 auf 108 Prozent. Ihr Institut muss also dringend effizienter werden. Was tun Sie in diesem Bereich?

In der Gesamtbetrachtung des Jahres 2017 belief sich die Cost Income Ratio dann doch auf 98,6 Prozent - und blieb damit nur leicht hinter unseren Erwartungen zurück. Der Anstieg resultiert im Wesentlichen aus einem im Jahresvergleich deutlich geringeren Provisionsergebnis. Zudem war die Kostenseite in 2017 wesentlich durch die Sondereffekte unserer Investitionen in effiziente IT und Digitalisierungsprojekte geprägt. Wir investieren in die Zukunftsfähigkeit unseres Geschäftsmodells. Insgesamt liegt die Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der BHW Bausparkasse aber dennoch über den im Vorjahr getroffenen Erwartungen. Da die Bestände in den Baufinanzierungen weiter steigen und die Marge bei den Neugeschäftsabschlüssen auch im laufenden Geschäftsjahr auskömmlich sein werden, erwarte ich eine spürbare Verbesserung des Zinsergebnisses. Auch die Entwicklung der Provisionserträge und -aufwendungen sollte mit der Neugeschäftsentwicklung korrespondieren und ansteigen.

Blicken wir in die Zukunft: Mit der Ankündigung, die Postbank Mitte 2018 in den Deutsche-Bank-Konzern zu reintegrieren, drängt sich automatisch die Frage nach der Zukunft von BHW und DB Bauspar auf. Können Sie Medienberichte bestätigen, wonach die Bausparkassen fusionieren werden?

Ja, das stimmt. Im Zuge der Neuausrichtung des Privat- und Firmenkundengeschäfts von Deutscher Bank und Postbank ist beabsichtigt, die BHW Bausparkasse AG und die Deutsche Bank Bauspar AG zu einer Einheit zusammenzuführen. Zum Ende des zweiten Quartals 2018 ist zunächst die Fusion von Deutsche Postbank AG und Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG zu einer Rechtseinheit geplant. Der Zusammenschluss der beiden Bausparkassen soll in einem der nächsten Schritte erfolgen. Aus der Kombination von BHW und Deutsche Bank Bauspar entsteht damit eine neue, große Bausparkasse mit dem starken Vertriebsnetz von Postbank und Deutsche Bank im Rücken. Natürlich stellt der komplementäre Charakter der beiden Bausparkassen uns für das Zusammengehen vor Herausforderungen. Er birgt aber durchaus auch Chancen, zum Beispiel im Angebot von innovativen Produktvarianten.

Fusionen unter Bausparkassen gelten nicht gerade als trivial. Wie komplex wird die Zusammenlegung denn etwa mit Blick auf die Kollektive?

Die Verschmelzung von Bausparbeständen ist die größte Herausforderung im Rahmen eines Mergers von Bausparkassen. Denn speziell dafür gibt es hohe regulatorische Anforderungen. Nach den Grundsätzen der Aufsicht sind alle Bausparverträge einer Bausparkasse in einem Kollektiv zu führen, um eine Gleichbehandlung der Kunden zu gewährleisten. Daraus folgt im Zuge von Fusionen, dass eine Verschmelzung der beiden Bausparkollektive realisiert werden muss. Während Anpassungen der Prozessgestaltung weitgehend in der Autonomie der Bausparkasse liegen, bedarf die Änderung der allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge und der Geschäftsgrundsätze der Genehmigung durch die BaFin. Die Fusion von Bausparkassen erfordert immer eine aufwendige IT-Integration, die sich über die Zeit amortisiert. Die BHW Bausparkasse verfügt durch die Übernahme der AXA Bausparkasse bereits über Erfahrung mit Fusionen dieser Art. Daher sehen wir der Zusammenlegung und ihren komplexen Anforderungen sehr optimistisch entgegen.

Anfang 2014 haben die beiden Bausparkassen bereits eine gemeinsame Produktoffensive unter der Marke BHW gestartet. Warum ist diese Zusammenarbeit wieder beendet worden?

Die Kooperation der beiden Bausparkassen orientierte sich stets an den übergeordneten Strategieentscheidungen der Deutschen Bank, die zum damaligen Zeitpunkt einen Verkauf der Postbank vorsahen. Entsprechend wurde die seinerzeit gute und intensive Zusammenarbeit von der BHW Bausparkasse und der Deutsche Bank Bauspar beendet. Die Erfahrungen und gemeinsam entwickelten Ideen aus der damaligen Kooperation werden wir natürlich jetzt für unseren geplanten Zusammenschluss nutzen. Generell ist es bei einer solchen Fusion wichtig, eventuell vorhandene Unsicherheiten so schnell wie möglich zu beseitigen. Das ist Aufgabe des Managements. Dabei sollten natürlich kulturelle Unterschiede berücksichtigt, aber auch Verbindendes betont und so eine gemeinsame Identität gestiftet werden. Letztlich bieten sich allen Beteiligten ja auch ganz neue Perspektiven. Aus der Phase des gegenseitigen Kennenlernens im Jahr 2014 haben alle Beteiligten vieles mitgenommen und wir können daher den Blick konsequent und zusammen nach vorne richten.

Gemeinsam mit SAP entwickeln BHW, Wüstenrot und Schwäbisch Hall derzeit ein neues IT-System. Worum genau geht es bei dem Projekt und bis wann rechnen Sie mit einer praxistauglichen Anwendung?

Die Informationstechnologie der BHW Bausparkasse steht mit der IT Systemlandschaft vor wesentlichen Herausforderungen, die sich in den Dimensionen Kostenanstieg und wachsende Komplexität darstellen. Unser Strategieprojekt BHW 4.0, das diesen Faktoren Rechnung trägt, wurde bereits 2016 ins Leben gerufen. Die Umsetzung haben wir auch im vergangenen Jahr konsequent fortgeführt und werden das auch 2018 weiter tun. Zwei Teilprojekte konnten bereits erfolgreich zum Abschluss gebracht werden.

Ein wesentlicher Bestandteil von BHW 4.0 ist der Aufbau einer neuen IT-Architektur, mit der unter anderem kunden- und vertriebsrelevante Funktionen sowie Zentralfunktionen entlang der Wertschöpfungskette effizienter aufgestellt werden können. Im Rahmen eines Teilprojektes erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit den Bausparkassen Schwäbisch Hall und Wüstenrot, um mit Einführung einer Bauspar-Branchenlösung eine stabile, kosteneffiziente und zukunftssichere IT-Architektur zu schaffen. Die Umstellung auf die neue IT-Plattform wird zum Jahreswechsel 2019/20 angestrebt.

Wie hoch ist das Investitionsvolumen?

Wir investieren einen deutlich zweistelligen Millionenbetrag in zukunftsfähige und effiziente Technologie. Dies ist ein sehr positives Signal - für unser Geschäftsmodell und den Unternehmensstandort Hameln.

Ihr Strategieprogramm "BHW 4.0" umfasst zahlreiche Digitalisierungsprojekte. Können Sie dabei in "Fintech-Manier" ohne große Vorlaufzeit direkt am Bausparkunden experimentieren oder müssen solche Vorhaben strenge Kriterien vor dem Praxiseinsatz erfüllen?

Bereits lange vor den heute gegenwärtigen Einflüssen der Digitalisierung hat BHW in innovative Prozesse investiert und für seine Stakeholder IT-gestützte Anwendungen entwickelt. So arbeiten Mitarbeiter seit 2005 mit einem zentralen digitalen Kunden- und Dokumentenarchiv. Bausparkunden können seit 2004 über mybhw.de ihre Kontoinformationen digital und just-intime beauskunften. Unsere Berater und Vermittler haben wir mit Online- und Offlinetools im Büro und direkt beim Kunden unterstützt. Diese Tools waren die Vorreiter für unseren heute vergleichsweise hohen Digitalisierungsgrad entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Da sich die Anforderungen der Kunden aber immer rasanter verändern und Smartphone, Tablets und Co. zu ständigen Begleitern und Assistenten im Leben der Kunden werden, gehen wir diesen Weg konsequent weiter.

Dafür investieren wir in Online- und Mobile-fähige Angebote, um Kunden heute noch schneller und für ihn komfortabler anzusprechen. Über Chat- und Videochatangebote beispielsweise vernetzen wir unsere Berater und Vermittler in Echtzeit mit dem Kunden, um Reaktionszeiten zu minimieren und den veränderten Erwartungen des Kunden zu entsprechen. Dabei experimentieren wir selbstverständlich nicht an und nicht mit unseren Kunden und ihren Daten. Unser seit langem vorhandenes Know-how und fortschrittliche IT ermöglichen uns schnelle Entwicklungs- und Implementierungszeiten. Wir lernen im Hinblick auf die eingesetzten Technologien und Vorgehensweisen aber durchaus gerne auch von Fintech-Unternehmen, so wie Fintechs dies im Gegenzug von der neunzigjährigen BHW-Expertise tun.

ZUR PERSON HENNING GÖBEL Sprecher des Vorstands, BHW Bausparkasse AG, Hameln
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