PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

"DIE QUALITATIVE BENCHMARK IST UND BLEIBT DER PFANDBRIEF"

Jens Tolckmitt Quelle: vdp

In unruhigen Zeiten wie diesen treten die Vorzüge des deutschen Pfandbriefes besonders deutlich zutage. Während er Investoren eine solide Anlage mit stabilen Renditen bietet, schätzen seine Emittenten die Möglichkeit einer langfristigen und fristenkongruenten Refinanzierung. Dies spiegelt sich nicht zuletzt in der seit Jahren steigenden Mitgliederzahl des Hauptinteressenverbandes vdp wider. Dass die Pfandbrief-Community dabei auch immer bunter wird, ist für die Verbandsarbeit nach Ansicht des Hauptgeschäftsführers kein Problem, denn im Mittelpunkt aller Institute stehe letztlich immer die Erhaltung des Qualitätsproduktes Pfandbrief. Diesbezüglich konnte zuletzt dank intensiver Lobbyarbeit im Rahmen der Covered-Bond-Gesetzesharmonisierung auf europäischer Ebene ein grundsätzlich guter und prinzipienbasierter Kompromiss erreicht werden. An entscheidenden Stellen sieht er gleichwohl noch Nachbesserungsbedarf. Welche dies sind, erörtert er neben vielen weiteren Themen im großen Interview mit I & F. Red.

Herr Tolckmitt, die Mitgliederzahl des vdp ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Dabei gesellen sich an die Seite der klassischen Hypothekenbanken immer öfter einlagenbasierte Kreditinstitute, zuletzt auch Bausparkassen. Ist diese Heterogenität ein Problem für die Verbandsarbeit?

Nein, denn unabhängig von den Geschäftsmodellen ist der gemeinsame Nenner aller vdp-Mitglieder die Erhaltung des Qualitätsproduktes Pfandbrief. Die Säulenzugehörigkeit ist meiner Ansicht nach kein Zeichen von Heterogenität mehr. Mein Eindruck als Vertreter eines säulenübergreifenden Verbandes ist viel eher der, dass dieses Thema sich zwar beständig in der deutschen Verbändelandschaft hält, in der täglichen Praxis jedoch kaum noch eine Rolle spielt. Sobald man nämlich mit Kreditinstituten über ihre konkreten Anliegen spricht, rücken Fragen zur Herkunft oder Zugehörigkeit in den Hintergrund.

Die Klammer kommt also über das konkrete Thema?

Richtig. Beim vdp ist das seit jeher das Produkt "Pfandbrief". Es gibt ein gemeinsames Qualitätsverständnis, das derzeit im Rahmen des europäischen Harmonisierungsprojektes wieder deutlich sichtbar wird. Oder denken Sie an die Schaffung des Pfandbriefgesetzes im Jahr 2005: Damals war eine der Sorgen, dass durch den Eintritt von Universalbanken in den vdp dieses unbedingte Qualitätsanliegen zu kurz kommen könnte. Das war jedoch überhaupt nicht der Fall. Und spätestens mit Beginn der Finanzkrise vor rund zehn Jahren - aber auch schon davor - war der Pfandbrief das wertvolle Refinanzierungsinstrument, das langfristig Liquidität in schwierigen Marktphasen bietet und darüber hinaus dabei hilft, wichtige regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Daran hat sich nichts geändert.

Gelten diese homogenen Ansprüche auch mit Blick auf die Aktivseite der Bilanz?

Ja, auch hier lässt sich eine hohe Interessenkongruenz beobachten. Beispiel Basel III: Diese Vorschriften sind auf den ersten Blick eine besondere Herausforderung für spezialisierte Immobilienfinanzierer, gewiss. Aber auch Universalbanken, die insbesondere in der jüngeren Vergangenheit oftmals einen starken Immobilienschwerpunkt gelegt haben, treibt dieses Thema stark um. Wenn der vdp in Basel also etwas zum Output Floor oder zum Erhalt der auf internen Ratings basierenden Ansätze (IRBA) gesagt hat, dann beschränkte sich das nie auf eine bestimmte Gruppe unserer Mitglieder, sondern wir sprachen für alle mit einer Stimme.

Rechnen Sie mit einer Fortsetzung des Mitgliederwachstums?

Das ist schwer zu prognostizieren. Ich glaube grundsätzlich, dass die in den vergangenen Jahren zu beobachtende Konsolidierung in der deutschen Kreditwirtschaft anhalten wird. Dass der vdp trotz dieser Entwicklung netto zuletzt merklich gewachsen ist, hat mit dem erwachten Interesse am Pfandbrief und wohl auch unserer mehrwertigen Grundlagenarbeit hierzu zu tun. Grundsätzlich ist es aber so, dass die Zahl der potenziellen neuen Emittenten endlich ist.

Der Pfandbrief lohnt sich nicht für jedes Institut, es muss definitiv eine kritische Masse deckungsfähiger Aktiva vorhanden sein. Wer die Lizenz für Pfandbriefe beantragt, muss darüber hinaus anspruchsvolle Eigenkapitalvorschriften erfüllen, eine entsprechende Expertise im eigenen Haus aufbauen und sich zusätzlicher Regulierung unterwerfen. Den damit verbundenen Kosten muss ein entsprechender Mehrwert gegenüberstehen, und das ist erst ab einer bestimmten Größe der Fall. Kleine Institute werden sich deshalb letztlich oftmals gegen den Pfandbrief entscheiden.

Kommen wir zum Pfandbrief: Wie ist Ihr Ausblick für das Pfandbriefgeschäft 2018? In den vergangenen Jahren war der Pfandbriefumlauf ja rückläufig.

Was den Pfandbriefumlauf betrifft, dürfte mittlerweile eine Art Bodenbildung erreicht sein, wobei sich das erfahrungsgemäß nur schwer vorhersagen lässt. Gerade von aktuellen regulatorischen Entwicklungen ist diesbezüglich vieles abhängig. In den Jahren 2012 und 2013 waren wir beispielsweise auf einem ganz guten Weg, wieder steigende Pfandbrief-Emissionsvolumina zu erzielen.

Dann aber kam die Schaffung der Europäischen Bankenaufsicht bei der EZB, die umgehend die Durchführung eines Stresstests ankündigte. Da zunächst niemand wusste, was die Parameter dieses Stresstests sein würden, wurde in einem ansonsten boomenden Marktumfeld auf die Bremse getreten. Gleiches galt bei Einführung anderer regulatorischer Anforderungen. In den vergangenen Jahren ist das Pfandbriefvolumen immer wieder von solchen Unsicherheiten determiniert gewesen.

Wird sich die Konsolidierung bei den öffentlichen Pfandbriefen fortsetzen? 2008 betrug deren Umlaufvolumen 679 Milliarden Euro, 2017 waren es gerade einmal noch 148 Milliarden Euro.

Bruttoabsatz und Umlaufvolumen öffentlicher Pfandbriefe waren in der Tat über viele Jahre rückläufig. Nun hat sich der Absatz seit einigen Jahren auf einem Niveau von 12 bis 15 Milliarden Euro per annum stabilisiert. Dort könnte er auch weiter verharren. Der Rückgang ist zum Teil ebenfalls auf die Regulierung zurückzuführen, andererseits aber natürlich auch auf den Wegfall des Geschäftsmodells der kapitalmarktbasierten Staatsfinanzierung, die in den neunziger Jahren Grundlage des massiven Volumenwachstums unseres Marktes war. Der Hypothekenpfandbrief gewinnt im Gegenzug seit Beginn der Finanzkrise an Bedeutung, aber es kamen auch dort immer wieder regulatorische Dämpfer, die die Institute auf die Bremse treten ließen. Wir sind nun wie erwähnt voraussichtlich bei der Bodenbildung angekommen. Für 2018 erwartet der vdp erstmals wieder Netto-Neuemissionen und damit folgerichtig einen steigenden Pfandbriefumlauf.

Wie verhält es sich mit den platzierten Volumina? Sind Benchmark-Emissionen ab 500 Millionen Euro wieder vermehrt zu beobachten?

Die Anzahl der Benchmark-Emissionen inklusive Jumbo-Pfandbriefe ist zuletzt tatsächlich deutlich angestiegen. Im Jahr 2017 machten sie rund 40 Prozent aller Pfandbriefemissionen aus. Der Abgesang auf den liquiden Pfandbriefmarkt kam insoweit also verfrüht.

Wie ist es im Gegensatz dazu um die Bedeutung kleinerer Emissionen im Subbenchmark- beziehungsweise Privatplatzierungs-Bereich bestellt?

In den Jahren 2009 bis 2011 gab es ein Stück weit den Trend hin zu Privatplatzierungen, weil diese sich auch im damaligen Marktumfeld gut platzieren ließen. Danach sorgten unterschiedliche Motive dafür, dass sich der Anteil liquider beziehungsweise großvolumiger Emissionen wieder erhöhte: Vornehmlich der Markteintritt der EZB und die regulatorische Etablierung der Liquidity Coverage Ratio (LCR), die ein bestimmtes Mindestemissionsvolumen verlangt. Deshalb präferieren inzwischen auch viele kleinere Institute liquidere Emissionen, soweit ihnen dies auf Basis ihres Geschäfts möglich ist.

Stichwort EZB: Welche Rolle spielt die Notenbank, die im Rahmen ihres dritten Covered-Bond-Kaufprogrammes (CBPP3), das sich mittlerweile auf über 250 Milliarden Euro beläuft, für einen gesicherten Absatz sorgt und für 30 bis 40 Prozent des Emissionsvolumens verantwortlich zeichnet?

Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass der Pfandbrief die breite Unterstützung der EZB zu keinem Zeitpunkt gebraucht hätte, auch nicht im Rahmen der Platzierung großer Emissionen. Dafür muss man sich nur die Orderbücher und den jeweiligen Anteil der EZB ansehen. Natürlich hilft dieser große Investor insofern, als die Refinanzierungsbedingungen noch einmal leicht verbessert werden. Verglichen mit Emittenten aus anderen Ländern profitieren deutsche Pfandbriefbanken an dieser Stelle jedoch relativ wenig. Aus unserer Sicht haben die Interventionen der EZB - zumindest mit Blick auf Deutschland - in Summe mehr geschadet als genutzt.

Wenn Sie sagen, der Pfandbrief und seine Emittenten haben die EZB nicht gebraucht, dann erwarten Sie infolge des sich derzeit vorsichtig abzeichnenden Rückzugs der Notenbank vermutlich keine signifikanten Spreadausweitungen geschweige denn Marktverwerfungen?

Die EZB hat in den vergangenen Monaten ihre Ankaufanteile an den Covered-Bond-Neuemissionen prozentual von rund 50 auf etwa 30 Prozent zurückgefahren. Diese reduzierten Ankaufsvolumina machen sich bislang in leicht steigenden Spreads bemerkbar und die Orderbücher sind nicht mehr ganz so stark überzeichnet. Das ist jedoch kein Grund zur Sorge, im Gegenteil: Es ist eine gesunde Entwicklung zurück zur Normalität.

Denken Sie, dass das CBPP3-Programm im September tatsächlich ausläuft?

Ich sehe im September noch kein Ende der EZB-Käufe. Mit all den Reinvestitionen bei fällig werdenden Covered Bonds, die die EZB bereits 2017 angekündigt hat, wird sich am Markteinfluss der EZB wohl gar nicht so viel ändern. Solange die EZB kein Exit-Datum verkündet, wird der Markt mit der beruhigenden Gewissheit agieren, dass die EZB im Fall der Fälle wieder verstärkt kauft.

Stichwort Spreads: Der Spread-Abstand der Pfandbriefe zu Covered Bonds ist aufgrund der EZB-Interventionen in den vergangenen Jahren deutlich kleiner geworden. Drücken diese Spreads die Qualitätsunterschiede denn noch aus?

Nein, überhaupt nicht mehr. Ab dem Zeitpunkt der "whatever it takes"-Rede von Mario Draghi gingen die Spreads vieler europäischer Peripherieländer unter anderem im Staatsanleihen- und Covered-Bond-Segment signifikant nach unten. Die tieferliegenden, fundamentalen Probleme dieser Volkswirtschaften wurden dadurch aber nicht behoben. Deshalb ist davon auszugehen, dass mit dem Rückzug der EZB die Reaktionen in den Ländern, die traditionell höhere Risikoaufschläge aufweisen, stärker ausfallen werden. Das gilt unter anderem auch für Covered-Bond-Emittenten, die wesentlich davon profitieren, dass die EZB bei Emissionen dabei ist.

Leben hier also andere auf Kosten des Pfandbriefs und dessen hervorragenden Image?

Ich denke, Covered Bonds haben unabhängig von der Qualitäts-Benchmark Pfandbrief ein durchaus positives Image.

Sind die teils dynamischen Preisanstiege auf den deutschen Immobilienmärkten in den vergangenen Jahren Anlass zur Sorge?

Der vdp rechnet aktuell mit einer Beruhigung dieser hohen Dynamik bei den Preisen, insbesondere mit Blick auf die Top-7-Städte. Einen abrupten Preisverfall halten wir jedoch nicht für realistisch. Wir glauben darüber hinaus nicht, dass es eine Blase im eigentlichen Sinn gibt. Ja, die Preise steigen seit geraumer Zeit und beinahe überall. Aber in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle geschieht dies nicht in einem besorgniserregenden Ausmaß.

Von einer flächendeckenden Übertreibung beziehungsweise Blase zu sprechen, würde den Geschehnissen auf dem deutschen Immobilienmarkt im Übrigen grundsätzlich nicht gerecht werden. Selbst innerhalb der Städte gibt es teils massive Unterschiede für einzelne Postleitzahlengebiete. Eine differenzierte Analyse ist deshalb unabdingbar.

Und einmal hypothetisch angenommen, es käme trotzdem zum Platzen dieser nicht existenten Blase? Wäre das ein Problem für die Finanzmarktstabilität, die ja das Hauptanliegen der Aufsicht ist?

Nein, denn deutsche Banken und Sparkassen haben ihre Kreditvergabestandards nicht wesentlich geändert. Der Eigenkapitalpuffer der Immobilieninvestoren, der noch vorhanden wäre, ehe anschließend die kreditgebende Bank betroffen wäre, ist weiterhin auskömmlich. Selbst wenn es also zu einem signifikanten Preisrückgang käme, an den wir wie gesagt nicht glauben, wäre es für die Kreditinstitute und damit für die Finanzstabilität unproblematisch.

Auch die Kunden scheinen unverändert vernünftig zu agieren.

Das ist richtig. In Deutschland existiert glücklicherweise ein Festzinssystem. Und nach allem was wir aus Untersuchungen wissen, agieren die Häuslebauer sehr vorausschauend und klug: Sie haben ihren Eigenkapitalanteil nicht reduziert, die Anfangstilgungen wurden erhöht mit der Konsequenz, dass Darlehen schneller zurückgezahlt werden. In diesem Zusammenhang haben sie sich oftmals auch Sondertilgungskonditionen einräumen lassen, um bis zum Ende der Zinsbindung tilgen zu können. Und schließlich haben sie längere Zinsbindungen in Anspruch genommen, und zwar oftmals signifikant längere Zinsbindungen.

Unter anderem aufgrund der konservativen Vorgaben der Beleihungswertermittlung können laut Angaben Ihres Verbandes momentan nur noch zirka 35 Prozent des Darlehensbestandes in Deckung genommen werden. Die Lücke zwischen Marktwert und Beleihungswert einer Immobilie wird also immer größer. Ist das Beleihungswertkonzept noch zeitgemäß? Und wird der vdp sich an dieser Stelle für Änderungen einsetzen?

Die Beleihungswertermittlung stellt ein wesentliches Qualitätsmerkmal des Pfandbriefes und des deutschen Immobilienmarktes dar, weil es ein hohes Maß an Stabilität gewährleistet. Deshalb wollen wir an der Grundidee der Nachhaltigkeit dieses Werts, der nach den Erfahrungen der Finanzkrise auch in anderen Ländern und auf europäischer Ebene Interesse geweckt hat, nicht rütteln. Die entscheidende Frage ist: Sind all die regulatorischen Größen wie Bandbreiten, Mindest- und Höchstsätze für einzelne Bewertungsparameter, die zur Ermittlung des Beleihungswertes herangezogen werden müssen, für die seit Jahren von niedrigen Zinsen und hohen Immobilienpreisen geprägten Immobilienmärkte noch angemessen gesetzt?

Man könnte sicher überlegen, ob man angesichts dieser stabilen und scheinbar dauerhaft neuen Realität auf den Immobilienmärkten Anpassungen vornimmt, wohlgemerkt auf Basis konkreter, mindestens einen Immobilienzyklus in die Vergangenheit reichender Erfahrungswerte. Ich verstehe das hohe Sicherheitsbedürfnis der Aufsicht grundsätzlich natürlich. Aber wenn sich der Beleihungswert in dem beschriebenen Marktumfeld, das wir weitestgehend für fundamental gerechtfertigt halten, immer weiter vom nachhaltigen Marktwert entfernt und der Pfandbrief dadurch immer weniger genutzt werden kann, dann wären Anpassungen des Regelwerks im Sinne der Anderssetzung von Parametern durchaus legitim. Dem Pfandbrief würde es qualitativ nicht schaden, gleichzeitig könnte es aber zu seiner erhöhten Inanspruchnahme beitragen.

Sie haben die europäische Beleihungswertermittlung angesprochen: Wie weit sind wir davon Stand heute denn entfernt?

Das ist nicht so leicht zu beantworten. Wir haben vor einigen Jahren über ein Tochterunternehmen ein Kursangebot für Beleihungswertermittler im Ausland etabliert, das gut angenommen wird. Vor der Krise war das praktisch undenkbar, denn der Beleihungswert war eine deutsche Besonderheit und schwer vermittelbar. Inzwischen hat sich auch die EBA dem Thema gewidmet mit dem Ziel, eine europäische Beleihungswertmethodik zu entwickeln. Hierbei war sie bereits relativ weit fortgeschritten. Es gab sogar einen konkreten Entwurf für einen Beleihungswertstandard, der sich stark an der deutschen Vorgabe orientierte. Darüber hinaus enthielt er jedoch die typische europäische "Beimischung", wodurch das Konzept leider völlig unpraktikabel wurde. Dieser Entwurf hat aus diversen weiteren Gründen niemals das Licht der Welt erblickt.

Den Plan, diesbezüglich etwas auf die Beine zu stellen, gibt es aber weiter. Der vdp hat nichts dagegen, im Gegenteil. Es muss nur sichergestellt werden, dass ein letztlich für jedes Land praktikables Konzept herauskommt. Ähnlich wie bei der Harmonisierung: Ein prinzipienbasierter Ansatz mit klaren Leitplanken ist essenziell. Innerhalb dieser Leitplanken muss dabei gewährleistet werden, dass jedes Land selbst entscheidet, wie sie diese konkret umsetzen möchte. Deshalb war und ist unsere Meinung, die EBA sollte keine fertige Beleihungswertmethodik vorgeben, sondern sich auf die Formulierung von Prinzipien beschränken.

Kommen wir zur Harmonisierung: Sie haben den Gesetzentwurf begrüßt. Gleichzeitig bemängelten Sie an einigen Stellen schwammige Formulierungen. Ist das nicht ein gewisser Widerspruch zu dem von Ihnen gewünschten, prinzipienbasierten Ansatz, der ausreichend Gestaltungsmöglichkeiten für nationale Gesetzgeber lässt?

Da haben Sie nicht ganz unrecht: Es existiert ein gewisses Spannungsfeld zwischen Qualität und Prinzipienbasierung. Gleichzeitig lässt sich ein prinzipienbasierter Ansatz durchaus so konzipieren, dass am Ende trotzdem klare Qualitätsstandards etabliert werden. Weitestgehend ist der EU-Kommission dieser Spagat auch gut gelungen.

Worauf Sie anspielen ist Artikel 6 der Richtlinie, in dem von sogenannten "high quality assets" die Rede ist. Diese extrem weit gefasste Definition kritisieren wir deshalb, weil sie die Gefahr birgt, dass Covered Bonds künftig nahezu beliebig zur Refinanzierung anderer Assetklassen als Hypotheken und öffentlichen Deckungswerten genutzt werden könnten. Grundsätzlich entspricht dies natürlich einer prinzipienorientierten Formulierung. Nichtsdestotrotz ist es ein derart wichtiger Bereich, der detaillierter und strikter definiert werden müsste - einfach um zu verhindern, dass am Ende Covered Bonds mit ungeeigneten Deckungsaktiva aufgelegt werden.

Der Gesetzentwurf sieht bislang aber nur ein Label für europäische Covered Bonds vor. Sollten angesichts dieser Umstände aber nicht besser zwei Labels eingeführt werden, um eindeutig zwischen Richtlinien-Covered-Bonds und Covered Bonds nach Arikel 129 CRR zu unterscheiden - gerade auch mit Blick auf die Investoren?

Ja, der vdp plädiert für zwei Labels, um eine deutliche Abgrenzung zwischen den hochqualitativen Covered Bonds nach Artikel 129 CRR und den richtlinienkonformen Covered Bonds sicherzustellen. Das könnte in den nächsten Wochen und Monaten noch erreicht werden. Mit Blick auf die Investoren wäre eine unzureichende Differenzierung dieser beiden Covered-Bond-Klassen in der Tat schädlich. Denn der Investor muss auf den ersten Blick wissen, ob er einen richtlinienbasierten Covered Bond kauft oder eines der Kernprodukte, die zusätzlich noch die Anforderungen der CRR erfüllen. Sonst besteht die akute Gefahr einer Verwässerung der Qualitätswahrnehmung der Kerngruppe.

Unterbleibt diese Differenzierung, dann würde die EU-Kommission ihr wichtigstes Anliegen der Harmonisierung verfehlen: Einen Standard zu definieren, der dauerhaft und unstreitig rechtfertigt, dass Covered Bonds nach Artikel 129 regulatorisch privilegiert werden. Der vdp hat großes Interesse daran sicherzustellen, dass die Qualität des Gesamtproduktes - nicht nur des Pfandbriefes -, so hoch ist, dass Emittenten nicht alle zwei Jahre vom Regulierer gefragt werden, ob diese Privilegierung überhaupt noch gerechtfertigt ist.

Wie ist hier der Stand der Diskussion?

Hinsichtlich des eben beschriebenen Ziels liegen wir mit der EU-Kommission absolut auf einer Wellenlänge. Über den Weg dahin muss nun noch einmal gesprochen werden. Bleibt man bei der allgemeinen Definition, ohne die exakten Anforderungen an zulässige Deckungswerte auszuführen? Wir halten eine strikte Auflistung der zulässigen Assets für besser. Ein solcher Anforderungskatalog könnte bei Bedarf über die Zeit natürlich auch verändert und angepasst werden.

Das Gesetzgebungsverfahren soll bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Anschließend ist eine zwölfmonatige Frist für die nationale Umsetzung der neuen Regeln vorgesehen. Ist dieser Fahrplan angesichts des Nachbesserungsbedarfs überhaupt zu schaffen?

Er ist zu schaffen, denn die Anzahl der wirklich wichtigen Petiten aus der Covered-Bond-Community ist gering.

Da das Pfandbriefgesetz weitgehend als Vorbild für den jetzigen Gesetzentwurf diente, dürften hierzulande die Änderungen überschaubar bleiben. Wie sieht es hingegen in anderen europäischen Ländern aus?

Die Änderungen für das Pfandbriefgesetz werden in der Tat überschaubar sein, da sind wir ganz entspannt. Dank des prinzipienbasierten Ansatzes werden sich aber auch die anderen Länder in dem neuen Rahmenwerk wiederfinden. Unbenommen dessen könnte der Anpassungsbedarf in einzelnen Regelungsbereichen mitunter jedoch groß sein. Nehmen Sie beispielsweise die Vorschriften zur nationalen Aufsicht über Emittenten: Diese sind sehr detailliert ausgearbeitet und infolgedessen dürften einige Länder erheblichen Anpassungsbedarf haben. Machbar sollte es nichtsdestotrotz sein - und unabdingbar ist es im gemeinsamen Bemühen um eine höhere Qualität auch.

In Deutschland bleibt die BaFin weiterhin die zuständige Aufsichtsbehörde?

Das hoffen wir sehr - und der Richtlinienentwurf legt dies erfreulicherweise auch nahe. Die EU-Kommission war sehr bedacht darauf, die nationalen Aufsichtsbehörden zu stärken. Noch einmal zur Klarstellung: Es bleiben schließlich auch nationale Produkte. Wir wollen keinen europäischen Covered Bond. Die qualitative Benchmark ist und bleibt der Pfandbrief, den wir auf deutscher Ebene weiterentwickeln möchten. Für die EZB als potenzielle alternative Aufsichtsbehörde wäre es im Übrigen sehr schwer, die Vielfalt an nationalen Jurisdiktionen konsistent zu überwachen.

Wie verhält es sich eigentlich auf internationaler Ebene: Ist der europäische Standard mit den globalen gut vergleichbar?

Ja. Die Orientierung am deutschen Pfandbriefgesetz oder am europäischen Gesetz ist grundsätzlich groß. Denn eines ist klar: Wenn nichteuropäische Emittenten Interesse daran haben, ihr Produkt europäischen Investoren anzubieten, müssen sie sich an dem europäischen Standard orientieren. Die strukturellen Grundmerkmale der Covered Bonds sind auch deshalb weltweit sehr ähnlich. Derzeit gibt es auch Überlegungen auf europäischer Ebene, Covered Bonds aus nichteuropäischen Ländern den regulatorisch gleichen Status einzuräumen. Allerdings müsste ein solcher Drittstaaten-Covered-Bond einer Äquivalenzprüfung standhalten.

Das zweite regulatorische Großprojekt, das den Pfandbrief und seine Emittenten derzeit umtreibt, ist das im Dezember 2017 verabschiedete Basel-III-Reformpaket. Wie sehr schmerzt die dabei beschlossene Untergrenze für die Eigenkapitalunterlegung (Output Floor) von 72,5 Prozent?

Es ist in der Tat so, dass wir den Output Floor scharf kritisieren. Der Floor ist nicht gerechtfertigt und führt zu signifikanten Mehrbelastungen für europäische Institute. Gleichzeitig möchte ich noch einmal betonen, dass in der Endphase der Verhandlungen in vielen wichtigen Punkten doch noch signifikant Positives erreicht werden konnte. Anders als zunächst vorgesehen, darf beispielsweise der interne Ratingansatz größtenteils weiter angewendet werden, auch die Risikogewichte wurden im Laufe der Verhandlungen gesenkt - insbesondere für die Wohnimmobilienfinanzierung.

Der Output Floor ist jedoch geblieben ...

Ja, wobei auch hier zu erwähnen gilt, dass in den letzten Verhandlungstagen die Berechnungsgrundlagen des Floors erweitert wurden und ihn damit letztlich erträglicher gemacht haben. Man muss anerkennen, dass sich einiges bewegt hat. Ich bin überzeugt, dass unsere Mitgliedsinstitute nicht vor existenzielle Probleme gestellt werden durch diese Regel, aber sie belastet eben stark und aus unserer Sicht weit über das gebotene Maß hinaus. Der vdp wird sich unabhängig davon stark dafür einsetzen, dass man auf europäischer Ebene zunächst das weitere Vorgehen der USA sehr genau beobachtet.

Lässt sich unter Umständen sogar doch noch eine Absenkung des Output Floors erreichen?

Das muss man wohl mit einem Fragezeichen versehen, angesichts der langen Kompromisssuche in Basel und der entsprechend hohen politischen "Aufladung" dieses Themas. Aber natürlich arbeiten wir intensiv darauf hin, weil es sachlich gerechtfertigt ist. Und vielleicht gibt es ja andere Ansatzpunkte, etwa mit Blick auf die Risikogewichte in der gewerblichen Immobilienfinanzierung, mit denen sich eine sachgerechte Lösung herstellen lässt. Dadurch ergäbe sich unter Umständen auf indirektem Wege noch ein niedrigerer Output Floor. Wir werden den Floor auf jeden Fall noch einmal adressieren.

Da es frühestens 2020 an die Implementierung geht, sollte die jetzige Übergangsphase intensiv genutzt werden, um die quantitativen und qualitativen Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle zu prüfen. Die EU-Kommission und die EBA sind diesbezüglich auch bereits aktiv. Vergegenwärtigt man sich darüber hinaus die bisherigen Erfahrungen bei der Umsetzung der Baseler Regeln, dann lässt sich auch ein Stück weit Entwarnung geben: In der Vergangenheit gab es nie eine 1-zu-1-Umsetzung der Baseler Vorschläge, es wurden immer Anpassungen vorgenommen. Das wird auch dieses Mal so sein.

Ist denn eine Regulierungspause in Sicht?

Die Kreditwirtschaft ist im Prinzip ununterbrochen mit hohen regulatorischen Anforderungen beschäftigt. Für die Pfandbriefbanken lässt sich zumindest folgendes sagen: Wenn die Harmonisierung nun so abläuft wie wir sie uns vorstellen, kehrt wohl erstmals ein wenig regulatorische Ruhe im Bereich der klassischen Bankenregulierung ein. Die Zeit der ganz großen Regulierungsprojekte scheint vorüber, dennoch stehen viele neue Themen auf der Agenda. Denken Sie etwa an die Baseler Diskussionen zur Risikogewichtung von Staatsanleihen. Das ist ein enorm schwieriges Thema, das derzeit an Fahrt gewinnt.

Auch mit Blick auf nachhaltige Finanzierungen tut sich derzeit bekanntlich einiges. Das ist ein sehr junger regulatorischer Bereich, und der politische Druck, hier zu Ergebnissen zu kommen, ist riesig. Von einer regulatorischen Pause zu sprechen, erscheint vor diesem Hintergrund verfrüht.

Wie beurteilen Sie dieses Interesse der Aufsicht an "grünen" Finanzprodukten?

Man hat sich offensichtlich dazu entschieden, die Finanzindustrie zum Katalysator dieser Bewegung zu machen. Dabei geht es dabei primär gar nicht darum, die Kreditinstitute zu "begrünen". Die Politik kommt schlicht nicht flächendeckend direkt an die Industrieunternehmen heran. Deshalb werden nun in der Finanzindustrie Regeln gesetzt, um dies auf indirektem Wege zu erreichen.

Wichtig wird es letztlich sein, dass all die Initiativen, die die Marktteilnehmer der Finanzindustrie von sich aus in den vergangenen Jahren angestoßen haben und weiter anstoßen, angemessen Berücksichtigung finden. Diese teils sehr guten Ansätze aus der Industrie sollten vom Regulator goutiert und zum Vorbild seines Handelns genommen werden. Es wäre tragisch, wenn er es nicht täte und am Ende realitätsferne Konzepte europäischer Bürokraten die Oberhand gewännen.

Halten Sie die Idee geringerer Eigenkapitalunterlegungspflichten für nachhaltige Kredite für sinnvoll?

Nur dann, wenn eine sachliche Grundlage existiert, die eine solche Privilegierung rechtfertigen würde. An dieser Stelle wird derzeit im Rahmen der EeMAP-Initiative (Energy Efficient Mortgages Action Plan) versucht, einen Kriterienkatalog für energieeffiziente Hypotheken zu erarbeiten. Auf Basis dessen soll in einem zweiten Schritt dann der Nachweis gelingen, dass der Risikogehalt energieeffizienter Hypotheken geringer ist als bei herkömmlichen.

Wenn das tatsächlich der Fall sein sollte, dann kann man solche Maßnahmen legitimieren. Ein pauschaler Abschlag ohne diese Analyse wäre hingegen ein Fehler.

ZUR PERSON JENS TOLCKMITT Hauptgeschäftsführer, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X