IMMOBILIEN - DAS ASSET

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

"Vor zehn Jahren musste man das (offene) Immobilien-Spezialfondsvolumen in Vergleichscharts noch zehnfach vergrößern, um es neben dem (offenen) Publikumsfondsvolumen überhaupt sichtbar machen zu können," so schrieb Till Entzian 2014 in seinem Marktüberblick. Eines solchen technischen Kniffes bedarf es anno 2018 freilich längst nicht mehr. Das Volumen der Vehikel für institutionelle Anleger übertrumpfte Ende 2017 laut Statistik der Bundesbank sogar zum ersten Mal das der Publikumsfonds, obwohl diese ebenfalls prosperieren und gerade wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht haben. Das Anlagevolumen der offenen Immobilien-Spezialfonds beziehungsweise "Spezial-AIF" nach dem KAGB hat sich seit 2005 mehr als verfünffacht, die Anzahl der Produkte mehr als vervierfacht.

Nicht unerheblichen Anteil an diesem spektakulären Wachstum hat ausgerechnet ein Gesetzeswerk, das in seinen ersten Entwürfen die Branche noch ziemlich geschockt hatte. Fast auf den Tag genau ist es fünf Jahre her, dass das Kapitalanlagegesetzbuch das alte Investmentgesetz ablöste. Am 22. Juli 2018 feierte das KAGB seinen fünften Geburtstag. Und allein die Tatsache, dass dieser nahezu geräuschlos und von den Meisten unbeachtet vonstatten ging, zeigt, dass sich die anfängliche Aufregung längst gelegt hat. Wie so häufig, haben sich auch in diesem Fall die schlimmsten Befürchtungen der Lobbyisten und Marktteilnehmer nicht bestätigt. Der offene Immobilienfonds ist keineswegs ausgestorben!

Vielmehr haben die neuen gesetzlichen Regelungen ziemlich genau ihren Zweck erreicht: Mit dem KAGB ist es gelungen, die Stabilität der Publikumsfonds durch verschärfte Liquiditätsanforderungen und Mindesthalte- und Kündigungsfristen zu erhöhen und so ihre Attraktivität für Kleinanleger wieder herzustellen. Wer erinnert sich heute noch an 2005? Und die Gelder institutioneller Investoren, die ihre Finanzmittel vor 2009 gerne temporär in offenen Immobilien-Publikumsfonds parkten und mit ihrer Flexibilität bei der Anlage die großen Probleme dieser Gattung erst ausgelöst haben, fließen dagegen seitdem wie beabsichtigt in großen Mengen in die Immobilien-Spezialfonds. Vor allem die deutlich größere Transparenz dieser Produkte macht sie für viele Investoren zu einer echten Investmentalternative. Da tun auch die steigenden regulatorischen Anforderungen der BaFin der Beliebtheit keinen Abbruch.

Natürlich ist der Boom nicht alleine dem KAGB geschuldet. Der Markt spielt ebenfalls eine gewichtige Rolle. Mangelnde Anlagealternativen lassen die Immobilienquoten der institutionellen Anleger seit Jahren steigen, der EZB und ihrer Nullzinspolitik sei Dank. Catella Research kommt im Rahmen einer Umfrage auf eine Immobilienquote bei Versicherungen zwischen acht und zehn Prozent. Etwas darunter rangieren Stiftungen mit einer Quote von fünf bis acht Prozent, bei Banken- und Bankentöchter schwanken die Werte zwischen vier Prozent am unteren und zwölf Prozent am oberen Ende. Versorgungswerke weisen bei Immobilien eine Quote in einer Bandbreite zwischen zehn und 15 Prozent aus, während Pensionsfonds und -kassen auf genau zehn Prozent kommen. Laut dem "Trendbarometer Immobilienanlagen der Assekuranz" von Ernst & Young Real Estate aus diesem Frühjahr schneiden indirekte Anlagen mit einer durchschnittlichen Rendite von 4,7 Prozent dabei besser ab als direkte gehaltene Immobilien, die auf durchschnittlich 4,4 Prozent kommen.

Soweit zur sicherlich berechtigten Freude über den Status quo. Eine neue Bewährungsprobe für die Immobilie als dem Asset für professionelle Investoren steht aber schon vor der Tür. Auch wenn das Plateau offensichtlich nicht wenden will, steigen mit einem fortschreitenden spätzyklischen Marktumfeld die Risiken. Die vorhandenen interessanten Objekte werden immer knapper, was die Preise immer weiter steigen lässt. Was heißt das für Renditen und Performance in der sicherlich irgendwann einmal kommenden Abschwungphase? Keine Sorgen muss sich da der machen, der immer nur beste Qualität eingekauft hat.

Aber wer kann das heute schon noch? Der Hang zu opportunistischen Investments bis hin zu Value-Add-Anlagen nimmt zwangsläufig zu. Ebenfalls unklar ist, wie sich das Ausweichen auf neue Investmentfelder wie beispielsweise Projektfinanzierungen bezahlt machen wird - im positiven wie negativen Sinne. Reicht das Immobilien-Know-how der Anleger hierfür schon aus? Und wie wird sich die Attraktivität der Immobilienanlagen in einem veränderten Zinsumfeld bewähren können? Zinserhöhungen durch die EZB werden nach Zentralbankaussagen zwar noch weit in das nächste Jahr auf sich warten lassen und auch die Nachlaufeffekte der immobilen Anlage sind bekannt, aber Alternativen wie Staatsanleihen reagieren schneller und werden dann relativ attraktiver. Es ist gut, dass die Immobilieninvestmentbranche sich über den aktuellen Zustand freut, dem Morgen aber bereits mit einer gewissen Ernsthaftigkeit entgegenblickt. Red.

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