Aufsätze

Aktuelle Entwicklungen in der Leasingbranche

Noch nie erlebte der deutsche Leasingmarkt einen derart dramatischen Einbruch: Um rund 23 Prozent ging das Neugeschäftsvolumen 2009 gegenüber dem Vorjahr zurück. Denn die Finanz- und Wirtschaftskrise traf die Branche mit voller Wucht - nicht nur das seit Jahren schwächelnde Immobilienleasing, das mit 2,8 Milliarden Euro einen neuen Tiefstand markierte. Auch der jahrzehntelange Aufstieg des Mobilienleasing wurde jäh gestoppt: Das Neugeschäft in diesem Teilmarkt fiel ebenfalls um 23 Prozent - auf 39,3 Milliarden Euro und damit fast auf das Niveau von 2003 (siehe Abbildung 1).

Doppelter Druck

Die Leasingbranche geriet hier gleich unter doppelten Krisendruck: Zum einen schafften die Unternehmen 2009 weniger Maschinen, Geräte und Fahrzeuge an; die Ausrüstungsinvestitionen sanken um 21,6 Prozent auf rund 159 Milliarden Euro - so wenig wie zuletzt im Jahr 2005. Zum anderen mussten vor allem bankenunabhängige Leasinganbieterwegen Refinanzierungsproblemen ihr Neugeschäft vorübergehend einschränken. Zugleich konnte die Branche von der Abwrackprämie für private Pkw-Neukäufer kaum profitieren. Denn im Autoleasing, dem weitaus größten Segment, dominieren die gewerblichen Kunden.

Zudem mussten die Leasinggesellschaften gerade bei Pkw wegen der sinkenden Gebrauchtwagenpreise einen starken Rückgang der Restwerte hinnehmen. Darunter litten vor allem Leasingtöchter von Autoherstellern, die in den Vorjahren mit großzügigen Restwerten kalkuliert hatten, um mit niedrigen Raten Neuwagennutzer anzulocken. Auch die gestiegene Zahl der Insolvenzfälle drückte auf die Geschäftsergebnisse.

Mittelfristige Aussichten

Ihre Geschäftsaussichten beurteilen die Leasinganbieter dagegen überwiegend positiv, wie der Ifo-Konjunkturtest Dienstleistungen zeigt. Inzwischen mehren sich nämlich die Anzeichen, dass sich der Investitionsstau bei den deutschen Unternehmen aufzulösen beginnt und damit auch das Leasingneugeschäft wieder anzieht. So nahmen sowohl die gewerblichen Pkw- als auch die Lkw-Neuzulassungen im ersten Halbjahr 2010 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum merklich zu. Und die nach dem strengen Winter einsetzende Konjunkturbelebung, insbesondere der kräftige Anstieg der Ausfuhren, ermutigt auch die Industrie, wieder zu investieren. In der deutschen Autoindustrie, die derzeit einen unerwarteten Exportboom erlebt, stoßen die Premiumhersteller teilweise schon wieder an ihre Kapazitätsgrenzen. Im Industriedurchschnitt wird es zwar noch einige Zeit dauern, bis wieder Vollauslastung herrscht. Zwischen Januar und Mai 2010 verzeichnete der deutsche Maschinen- und Anlagenbau aus dem Inland stetig steigende Auftragseingänge insgesamt plus 20 Prozent gegenüber den ersten fünf Monaten 2009. Füllten die Kunden zunächst vor allem ihre Teile- und Komponentenläger wieder auf, ordern sie nun zunehmend komplette Maschinen. Dabei handelt es sich, wie der Branchenverband VDMA beobachtet hat, nicht nur um bloße Ersatzinvestitionen, sondern auch um gezielte Neubeschaffungen zur Modernisierung der Produktionsprozesse.

Von den wieder zunehmenden Fertigungsinvestitionen sollte im weiteren Jahresverlauf auch das Leasingneugeschäft mit Produktionsmaschinen, dem zweitgrößten Objektsegment, profitieren. Darüber hinaus können Leasingunternehmen, die deutsche Investitionsgüterhersteller und -händler auf den internationalen Märkten begleiten, auf der Exportwoge surfen: In den ersten fünf Monaten dieses Jahres stieg die Auslandsnachfrage nach deutschen Maschinen - vor allem aus Wachstumsländern wie China - um insgesamt 37 Prozent. Die Euro-Schwäche, die besonders Ausfuhren in den Dollar-Raum verbilligt, hat sich darin noch kaum niedergeschlagen; denn Wechselkursänderungen wirken erst mit Verzögerung auf die Exportnachfrage.

Wachstum oder Sondereffekt?

Bleibt die Frage, wie es 2011 mit der Konjunktur und speziell dem Leasinggeschäft weitergeht: Sind die steigenden Inlandsbestellungen für Ausrüstungsgüter ein Zeichen für nachhaltig positive Geschäftserwartungen der Unternehmer? Oder handelt es sich um ein Strohfeuer, sprich: Vorzieheffekte, weil die Firmen noch die degressiven Abschreibungen und die 25-prozentige Sonderabschreibung für kleine Unternehmen nutzen möchten, bevor sie Ende dieses Jahres wieder auslaufen? Und läuft der Exportmotor mit voller Kraft weiter oder gerät er ins Stottern, weil weltweit staatliche Konjunkturprogramme auslaufen und der Wiederaufschwung daher vielfach auf wackligen Beinen steht? Ganz zu schweigen von den Ländern, die zu einschneidenden, erst einmal wachstumshemmenden Sparprogrammen gezwungen sind, um ihre Schuldenprobleme zu lösen.

Schon hat der Internationale Währungsfonds aus diesem Grund seine Wachstumsprognose 2011 für die Euro-Zone gesenkt. Selbst auf die Weltwirtschafts-Lokomotive China ist nach Ansicht vieler Experten kein Verlass; sie befürchten, dass die durch laxe Kreditvergabe aufgepumpte Immobilienblase platzen und zu einem Bankencrash führen könnte, andererseits aber die Bremsmanöver von Regierung und Notenbank die Konjunktur abwürgen könnten. Und schließlich fragt sich so mancher Exporteur, wie lange der Euro gegenüber Dollar & Co. noch billig bleibt - denn zunehmend rückt die gefährlich hohe Staatsverschuldung der USA ins Blickfeld.

Fazit: Während sich das Wirtschaftsjahr 2010 womöglich besser als erwartet entwickelt, ist 2011 verstärkt mit Turbulenzen zu rechnen, deren Wirkung auf die Leasingbranche sich kaum kalkulieren lässt.

Langfristige Wachstumschancen

Das ändert jedoch nichts an den langfristig positiven Perspektiven für den deutschen Leasingmarkt. Denn die Kreditalternative bietet eine einzigartige Kombination von Vorteilen: Weil die spezielle Expertise in der Objektbewertung 100-Prozent-Finanzierungen ermöglicht, schont Leasing die Liquidität stärker als Darlehen. Zudem bleibt es außerhalb der Bilanz (Off-Balance); dadurch verbessert sich die Eigenkapitalquote, die in die Ratingnote eingeht. Die Leasingnehmer schätzen laut TNS-Infratest-Marktstudie von 2007 vor allem, dass sich die Kosten gleichmäßig über die Laufzeit verteilen und genau kalkulieren lassen.

Zweitwichtigstes Pro-Argument aus Unternehmenssicht ist, dass sie ihre Betriebsausstattung immer auf dem neuesten Stand halten können, ohne das Verwertungsrisiko für die ausgemusterten Fahrzeuge, Maschinen oder Geräte tragen zu müssen. Steuerliche Vorteile, die inzwischen durch die Unternehmensteuerreform stark eingeschränkt worden sind, spielten dagegen schon 2007 nur noch eine Nebenrolle. Dass die Schonung der Liquidität nur auf Platz drei landete, erklärt sich lediglich mit Blick auf den Befragungszeitpunkt. Würden die Unternehmen heute befragt, wäre dieser Vorteil wie in den Erhebungen zuvor erneut an die erste Stelle gerückt (siehe Abbildung 2).

An Bedeutung gewinnen zusätzliche Serviceleistungen rund um die Finanzierungsalternative Leasing. Von der Wartung über Versicherungen bis hin zum Full-Service-Vertrag im Fuhrparkmanagement reicht das Angebot im Mobilienleasing. Mehr als die Hälfte der Firmen geben laut TNS-Infratest-Studie den Serviceleistungen den Vorzug, wenn sie zwischen Service zu angemessenen Preisen oder primär niedrigen Leasingraten wählen müssten. Gerade kleinere Unternehmen mit 20 bis 50 Mitarbeitern entscheiden sich überdurchschnittlich (62 Prozent) für die Zusatzdienstleistungen. Sie lagern die entsprechenden Funktionen an die Leasinggesellschaften aus, um sich voll auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Vor diesem Hintergrund hat Leasing weiteres Potenzial, die nunmehr 48-jährige Erfolgsgeschichte der flexiblen Finanzierungsalternative in Deutschland ist noch nicht zu Ende. Noch unausgeschöpfte Wachstumschancen im Inland bieten sich im Mittelstand und im staatlichen Sektor. Ein attraktives Feld bieten auch Investitionen in Technologien für den Umwelt- und Klimaschutz, speziell erneuerbare Energien. Bei insgesamt niedrigeren Wachstumsraten als in der Vergangenheit ist daher zu erwarten, dass insbesondere der zuletzt rückläufige Leasinganteil an den Ausrüstungsinvestitionen und damit auch die gesamtwirtschaftliche Leasingquote wieder steigen werden.

Trotzdem wird sich der seit Jahren anhaltende Ausleseprozess in der Branche weiter fortsetzen. Denn auch die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Anbieter werden weiter zunehmen - nicht nur was die Erwartungen der Kunden an bedarfsgerechten Lösungen zu einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis und eine möglichst komfortable und schnelle Abwicklung angeht, sondern vor allem auch im Hinblick auf das Finanz- und Risikomanagement. Kontinuierliche Prozessoptimierung und konsequentes Controlling, ausreichende Investitionen in die IT-Infrastruktur sowie kontinuierliche Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter sind die Schlüsselfaktoren, um die Herausforderungen von heute und morgen zu meistern.

Regulatorische Herausforderungen

Schon die Finanz- und Wirtschaftskrise machte es notwendig, die internen Steuerungssysteme zu überprüfen und zu überarbeiten. Hinzu kommen zusätzliche regulatorische Anforderungen. So ist die Gewährung des "Bankenprivilegs", das den Leasinggesellschaften unter bestimmten, in der Regel erfüllbaren Voraussetzungen die gewerbesteuerliche Doppelbelastung und damit einen gravierenden Wettbewerbsnachteil gegenüber Kreditinstituten erspart, an strengere Vorgaben für das Risikomanagement geknüpft.

Seit Dezember 2008 unterliegen die Leasinggesellschaften nämlich der Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank. Zwar trifft die Leasingunternehmen nicht die volle Wucht des Kreditwesengesetzes, aber auch das für sie geltende "KWG light" hat erhebliche Auswirkungen, insbesondere hinsichtlich der Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen und der zahlreichen Melde- und Anzeigepflichten. Um die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) zu erfüllen, müssen die Leasinggesellschaften ihre Aufbau- und Ablauforganisation anpassen, die Prozesse zur Steuerung und zum Controlling von Adressenausfall-, Marktpreis-, Liquiditäts- und operationellen Risiken verbessern und neue Organisationsvorgaben für die interne Revision einführen. Die Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften für Kreditinstitute (RechKredV) auf Leasingunternehmen ist da noch ein kleineres Übel.

Die stärkere Regulierung bringt einen enormen administrativen Aufwand mit sich. So müssen selbst Leasinggesellschaften, die wie die Deutsche Leasing bereits bisher ihre Gesamtrisikosteuerung an den MaRisk-Regeln ausgerichtet haben, zur vollständigen Umsetzung weitere organisatorische und technische Voraussetzungen schaffen. Kleineren Anbietern wird es tendenziell schwerer fallen, den erhöhten Anforderungen gerecht zu werden.

Komplexer wird das Regulierungsgeflecht auch durch das neue Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz, das die 3. EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht umsetzt. Der bisher sehr starre Pflichtenkatalog wird dabei durch einen differenzierteren, risikobasierten Ansatz ersetzt, der je nach individueller Gefährdungslage Ermessensspielräume gewährt. Das macht die Sache freilich nicht einfacher, weil jedes Institut nun eine entsprechende Gefährdungsanalyse durchführen, dokumentieren und daraus seine spezifischen Gegenmaßnahmen ableiten muss.

Komplexität und Kosten durch IFRS

Ein administratives Monster droht der Leasingwirtschaft indes, wenn die praxisfernen Vorschläge zur Reform der Leasingbilanzierung nach dem internationalen Rechnungslegungsstandard IFRS Wirklichkeit werden sollten. Was mit dem Anspruch gestartet wurde, mehr Transparenz zu schaffen, verkompliziert stattdessen die Leasingbilanzierung extrem (Abbildung 3). Der deutliche höhere Aufwand steht in keinem Verhältnis zum - teilweise fragwürdigen - Informationsnutzen. Selbst aus Bankenkreisen wird vor einem "regulatorischen Overkill" gewarnt.

Die Leasingbranche bleibt nach wie vor ein wichtiger Investitionsmotor der deutschen Wirtschaft, steckt zugleich aber im Umbruch. Höhere Ansprüche der Kunden und ein harter Preis-Leistungs-Wettbewerb, aber auch zunehmende Komplexität durch veränderte rechtliche, steuerliche und bilanzielle Anforderungen machen es erforderlich, die bisherigen Geschäftsmodelle zu überprüfen sowie die Steuerungssysteme zu optimieren.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors am 7. Juli 2010 im Rahmen des "Leasing-Forums" dieser Zeitschrift.

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