Aufsätze

Doppelte Börseneinführung der Bank of China - Meilensteine in der chinesischen Kapitalmarktpolitik

Dietmar K.R.Klein, Bundesbankdirektor a.D., Frankfurt am Main \ Ausländische Anteilseigner können bisher in Summe zwar lediglich 25 Prozent am Grundkapital chinesischer Banken erwerben, doch trotz dieser Beschränkung waren schon die Volumina bei den IPOs von zwei der vier großen chinesischen Banken gewaltig. Und nun reichen die Schätzungen bei der für Herbst geplanten Teilprivatisierung der größten chinesischen Bank (ICBC) sogar in eine Dimension von über 20 Milliarden US-Dollar und versprechen damit volumenmäßig zum weltweit größten Börsengang zu werden. Dieses bevorstehende IPO streift der Autor in seinem Ausblick. Sein Hauptaugenmerk gilt aber der im Frühjahr erfolgten, vielfach überzeichneten Börseneinführung der Bank of China. Bei aller pragmatischen Kapitalmarktpolitik in China sieht er noch viel Reformbedarf bei den abgeschotteten inländischen Finanzmärkten und in der Weiterentwicklung der Corporate Governance. (Red.)Am 18. Mai 2006 war es schließlich soweit: Die Bank of China (BoC; www.boc.cn), die zweitgrößte von den insgesamt vier großen staatlichen Geschäftsbanken auf dem chinesischen Festland, und die Syndikatsbanken luden ein zum größten IPO, der jemals über die Börse in der chinesischen Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong abgewickelt worden ist. Seit sechs Jahren ist es auch der größte Börsengang weltweit gewesen. Einschließlich einer ausgeübten Mehrzuteilungsoption im Volumen von 15 Prozent wurden fast 12 Prozent des erhöhten Aktienkapitals im Gegenwert von insgesamt 11,2 Milliarden US-Dollar platziert. Damit gehört die BoC zu dem ziemlich exklusiven Club internationaler Banken, die eine Marktkapitalisierung von mehr als 100 Milliarden US-Dollar aufweisen. \ Vielfach überzeichnet \ Arrangiert wurde der IPO von der BoC International, der in Hongkong ansässigen und seit Juli 2002 an der dortigen Börse notierten 66-prozentigen Tochter der BoC, deren Hauptsitz in Beijing liegt, sowie von Goldman Sachs und UBS. Nach Pressemeldungen verdienten die drei Konsortialbanken dabei insgesamt 250 Millionen US-Dollar an Gebühren. \ Der festgelegte Emissionspreis für eine Aktie betrug 2,95 HK-Dollar, lag also am oberen Ende der erwarteten Preisspanne zwischen 2,50 und 3,00 HK-Dollar. Dies entspricht etwa dem 2,2-fachen des für 2007 vorausgesagten Buchwertes, verglichen mit etwa dem 2,7-fachen des Buchwertes beim IPO der Bank of Communications (BoCom) im Juni 2005 und des 2,5fachen des Buchwertes beim IPO der China Construction Bank (CCB) im Oktober vergangenen Jahres. Von den Privatanlegern in Hongkong und im Ausland wurde die Aktie etwa 70-fach überzeichnet, und auch die Nachfrage der institutionellen Anleger (außerhalb des chinesischen Festlands) war mit einer 20-fachen Überzeichnung riesengroß. Xiao Gang, der Vorsitzende der 94 Jahre alten Universalbank, deren Stärke traditionell in der Finanzierung der chinesischen Außenwirtschaft liegt, sprach von "tianshi, dili, renhe". Damit bezog er sich auf ein altes chinesisches Sprichwort, das besagt, dass die Schlüssel zum Erfolg ein gutes Timing, eine gute Lage und feste menschlichen Beziehungen seien. \ Seit dem 1. Juni hat der Aktienpreis an der Börse in Hongkong zwischen 3,3 und 3,7 KH-Dollar gependelt (12. Juli: 3,60 HK-Dollar), obwohl der Hang-Seng-Index im Mai/Anfang Juni wie auch mehr oder weniger die Indizes an anderen Weltbörsen, insbesondere in den Schwellenländern, zeitweilig nicht unerheblich konsolidierten. Geholfen hat, dass der Börsenwert der CCB-Aktien in den davor liegenden sieben Monaten um fast die Hälfte gestiegen ist. Der Börsenwert der BoCom-Aktien hat sich seit dem IPO im Juni des vergangenen Jahres sogar fast verdoppelt. Bei der im Juni 2005 teilprivatisierten BoCom handelt es sich um die mit Abstand größte Aktienbank der inzwischen 13 Banken umfassenden Gruppe der "Joint-stock commercial banks". Sie hat allerdings nur ein Drittel bis ein Viertel der Größe eines der vier großen staatlichen Geschäftsbanken. \ Gesamtanteil des Auslandes am Grundkapital beschränkt \ Im Rahmen des IPO in Hongkong hat sich unter anderem der saudi-arabische Investor Alwaleed bin Talal mit 2,7 Prozent am Grundkapital der BoC beteiligt. In der Vorbereitungsphase zum Börsengang der BoC hatte sich bereits im August vorigen Jahres ein internationales Konsortium strategischer Investoren unter Führung der Royal Bank of Scotland (RBS) bereit erklärt, vorab einen Kapitalanteil von 10 Prozent im Wert von 3,1 Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Dieser dürfte inzwischen einen fast dreifach höheren Marktwert verkörpern. Der Anteil der RBS beträgt 5 Prozent vom Grundkapital. Die andere Hälfte der 10 Prozent verteilt sich auf mehrere andere institutionelle Investoren, wozu unter anderem Merrill Lynch und der Industriekapitän Li Ka-shing gehören. \ Zählt man jedoch alle strategischen Beteiligungen und die Ausgabe von Aktien an ausländische Privatanleger zusammen, so ist offenkundig, dass die Volksrepublik China bei ihrer bisherigen Politik geblieben ist, den Gesamtanteil des Auslandes am Grundkapital einer inländischen Bank auf 25 Prozent zu beschränken. Es ist ungewiss, inwieweit diese Begrenzung ab 2007 im Zuge der vollen Anwendung der WTO-Regeln auf das chinesische Finanzsystem gelockert wird. \ Der Börseneinführung der Muttergesellschaft in Hongkong ging eine längere Vorbereitungsphase voraus. Die vorangegangene Beteiligung strategischer Investoren des Auslands hatte primär keineswegs den Zweck der Verstärkung der Eigenkapitalbasis der BoC-Gruppe oder der langfristigen Finanzierung eines etwaigen Defizits der chinesischen Leistungsbilanz. \ Die Eigenkapitalbasis der BoC-Gruppe war bereits 1998 im Rahmen einer ersten Konsolidierungs- und Liberalisierungswelle gestärkt worden, als die Zentralregierung in Beijing eine Sonderanleihe in Höhe von 270 Milliarden RMB (32,6 Milliarden US-Dollar Gegenwert) auflegte und den Erlös den Großen Vier zur Verfügung stellte. In den Jahren 1999 und 2000 gründete die Regierung vier Sondervermögensgesellschaften (Asset Management Companies), die von allen vier großen staatlichen Geschäftsbanken faule Kredite in Höhe von 1,4 Billionen RMB (etwa 170 Milliarden US-Dollar) weitgehend zum Nominalwert aufkauften, die seitdem von diesen AMCs langsam abgewickelt werden. \ Eigenkapitalquote durch Finanzspritze des Landes angehoben \ Schließlich erwies es sich 2003 als notwendig, den beiden besten Börsenkandidaten von den Großen Vier, der China Construction Bank und der Bank of China, aus dem Bestand der Währungsreserven des Landes zusammen weitere 45 Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen. Damit wurde die BIZ-Eigenkapitalquote im Sinne der Eigenmittel im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva auf über 8 Prozent angehoben und der Anteil der faulen Kredite (Nonperforming Loans) auf unter 10 Prozent gedrückt. Ende 2004 ist dieser Anteil bei der BoC-Gruppe weiter auf 5,1 Prozent abgesunken. \ Vielmehr sollen die strategischen Investoren aus dem Ausland und der Marktdruck dazu beitragen, den Prozess der Integration und der organisatorischen Restrukturierung der BoC und der anderen Börsenkandidaten signifikant zu verbessern und zu beschleunigen. In diesem Sinne hat die BoC für den Zeitraum 2005 bis 2007 ein umfangreiches und vielschichtiges Reformprogramm aufgelegt, um die Effizienz des Managements zu verbessern und insbesondere die Standards in der Rechnungslegung, der Personalpolitik, der internen Risikokontrolle und bei den Prozeduren der Kreditvergabe zu erhöhen. Die Allianz mit einigen strategischen Auslandsinvestoren soll insbesondere den Transfer von Innovationen und die Übernahme der "best international practices" erleichtern. \ Bekämpfung der Korruption \ Ein immer gegenwärtiges Problem ist die Bekämpfung des Korruption in all ihren Erscheinungsformen. Insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene sind die Manager einem starken Druck öffentlicher Stellen, der Vertreter der Partei und insbesondere der staatlichen oder halbstaatlichen Wirtschaftsunternehmen ausgesetzt, Sonderkonditionen zu gewähren oder formal meist kurzfristig gewährte Kredite immer wieder zu prolongieren. \ Unbeantwortet bleibt auf längere Sicht die Frage, inwieweit der Staat und Parteistellen bereit sind, einen gleichberechtigten Wettbewerb mit dem expandierenden Privatsektor zuzulassen und auf die Macht direkter Interventionen zugunsten indirekter und marktkonformer Regulierungen zu verzichten. Während der Reformwille an der Spitze der großen staatlichen Geschäftsbanken groß ist, ist es in Anbetracht der Größe und der dezentralisierten Struktur der Banken schwierig, Reformimpulse auch auf der Ebene der kreditvergebenden Filialen voll und ganz durchzusetzen. \ Nachholbedarf an den Kapitalmärkten in Schanghai und Shenzhen \ Von Ende 2000 bis Ende 2005 haben sich die Aktiva der BoC-Gruppe von 3 168 Milliarden RMB auf 4 743 Milliarden RMB erhöht (zurzeit liegt der Wechselkurs bei 1 US-Dollar gleich knapp 8 Remminbi Yuan). Im gleichen Zeitraum verringerte sich immerhin die Zahl inländischer Bankstellen der BoC-Gruppe von rund 12 450 auf rund 11 000, während die Zahl der Bankstellen in Hongkong, Macao und im übrigen Ausland von 559 auf 627 angestiegen ist. Auch die Zahl der Bankangestellten wurde kräftig reduziert, sprengt aber mit 191 800 Angestellten im Inland und 18 400 im Ausland Ende 2005 immer noch die üblichen Vorstellungen in Deutschland oder Europa. \ Ein weiterer Meilenstein in der pragmatischen Bankreform- und Kapitalmarktpolitik Chinas ist die erstmalige Zustimmung der CSRC zu einer fast parallelen Einführung von Aktien eines chinesischen Unternehmens an den Festlandsbörsen in Schanghai und Shenzhen, nur etwa vier Wochen nach dem erfolgreichen IPO in Hongkong. Bei den im Rahmen der am heimischen Kapitalmarkt angebotenen Aktien der BoC handelt es sich um so genannte A-Aktien, die nur von Inländern gezeichnet und gehandelt werden dürfen, nicht jedoch von Anlegern in Hongkong und im Ausland. \ Aufgrund der devisenrechtlichen Bestimmungen ist es je nach Angebot und Nachfrage in den Teilmärkten und wegen des Mangels an offiziell erlaubten Arbitragemöglichkeiten wahrscheinlich, dass der Preis der BoC-Aktien in Hongkong (H-Aktien, die auf Hongkong-Dollar lauten) und Schanghai (A-Aktien, die auf Renminbi Yuan lauten), umgerechnet zum jeweiligen Wechselkurs zwischen dem Hongkong Dollar und dem Renminbi Yuan, nicht unerheblich voneinander abweichen können. \ Vertrauensbildend \ Bei den H-Aktien handelt es sich um solche, die von chinesischen Festlandsunternehmen in Hongkong emittiert worden sind und von Festland-Chinesen nicht erworben werden können. Zurzeit gibt es etwa 30 Festland-Unternehmen, die sowohl in Schanghai und Shenzhen als auch in Hongkong notiert werden. Der durchschnittliche Preisabschlag für in Hongkong gehandelte Aktien von Unternehmen des chinesischen Festlands, umgerechnet in einheitliche Vergleichswährung wie den US-Dollar, hat bisher etwa 35 Prozent betragen. Etwa 40 Prozent des Marktwertes aller in Hongkong gehandelten Aktien, einschließlich der jüngst von der BoC emittierten H-Aktien, entfällt auf H-Aktien. \ Die Tatsache jedoch, dass nach den IPOs der BoCom und der CCB nunmehr auch eine weitere große inländische Bank direkt (also nicht nur über eine Hongkong-Tochter) in Hongkong unter lebhafter Beteiligung ausländischer strategischer und privater Anleger teilprivatisiert werden konnte und kurz danach auch an den Inlandsbörsen eingeführt wurde, hat das allgemeine Vertrauen auch der inländischen Anleger an der führenden Inlandsbörsen in Schanghai und Shenzhen erheblich gestärkt. Allemal ist es wahrscheinlich, dass der bisher übliche Preisabschlag in Hongkong für die Börsenpreise von Aktien großer und renommierter chinesischer Festlandfirmen viel geringer sein wird als zuvor. \ Fortdauernde Ungewissheit über Corporate Governance \ Dieser Faktor ist tendenziell von großer Bedeutung, da die bisherige Entwicklung des chinesischen Aktienmarktes manche Wünsche offen gelassen hat. Von Anfang 1999 bis etwa Mitte 2001 herrschte eine euphorische Stimmung, die den Schanghai Composite Index A um mehr als das Doppelte ansteigen ließ. Die Erleichterung darüber, dass die abgeschotteten inländischen Finanzmärkte und die realen Wachstumsraten in der exportorientierten Wirtschaft nur geringfügig von der Finanz- und Währungskrise in Südostasien und in Ostasien in den Jahren 1997/98 in Mitleidenschaft gezogen worden waren; die expansive Geld- und Fiskalpolitik der chinesischen Behörden mit der Folge niedriger Zinsen und hoher Bankenliquidität; die traditionell vorherrschende Kasinomentalität chinesischer Anleger und eine große Zahl erfolgreicher Teilprivatisierungen im Rahmen von IPOs am inländischen Kapitalmarkt in dieser Periode: Alle diese Faktoren trugen zu der guten Stimmung bei. \ Umso enttäuschender musste dagegen die von Mitte 2001 bis Ende 2005 andauernde Börsenbaisse erscheinen, die den Indexpreis wieder um die Hälfte zurückfallen ließ. Jedem kurzfristigen Anstieg der Börsenkurse - zum Beispiel Ende 2003/Anfang 2004, als an den westlichen Börsen der allgemeine Wiederanstieg der Kurse einsetzte - folgte ein noch schnellerer und tieferer Preisverfall, obwohl mit dem Kursverfall hohe und eher steigende Zuwachsraten von BIP und Unternehmensgewinnen einhergingen. \ Zwar dürfte dabei auch eine Rolle gespielt haben, dass die inländischen Börsenkurse in den Jahren 1999 und 2000 allzu schnell gestiegen waren und sich von den herkömmlichen Bewertungskriterien weit entfernt hatten. Bedeutsam dürfte jedoch auch die fortdauernde Ungewissheit über die Regeln des Corporate Governance in den Unternehmen gewesen sein, das heißt welche Rolle auf längere Sicht die chinesischen Vertreter von Staat und Partei vor Ort spielen sollten - gab und gibt es doch kaum ein börsennotiertes Unternehmen, an dem die öffentliche Hand nicht weiterhin kapitalmäßig oder in anderer Form beteiligt geblieben ist. \ Dies gilt im besonderen Maße für den weitgehend bankorientierten Finanzsektor. Ungeachtet aller Diversifizierungs- und Privatisierungstendenzen wird der Bankensektor von der Gruppe der vier großen Staatsbanken beherrscht, deren ausschlaggebende Marktanteile je nach den angesprochenen Geschäftsfeldern oder Bilanzkriterien immer noch zwischen 50 Prozent und 60 Prozent liegen. \ Rechte privater Anleger gestärkt \ Vor gut einem Jahr sah sich die CSRC sogar gezwungen, die Notbremse zu ziehen und bis auf weiteres die Genehmigung für weitere IPOs in Schanghai und Shenzhen zu versagen. Inzwischen hat die CSRC etliche vertrauensbildende Corporate-Govern-ance-Maßnahmen beschlossen, die die Rechte der privaten Anleger stärken sollen. Alle Aktien börsennotierter Unternehmen wurden als handelbar erklärt. \ Nach den neuen Regeln dürfen nur die Unternehmen zum Parketthandel zugelassen werden, deren Reingewinn im Zeitraum von drei Jahren die eigenen Vorhersagen nie um mehr als 50 Prozent unterschritten hat. Damit soll das Management davon abgehalten werden, Anleger mit zu hohen Versprechen anzulocken. Ferner müssen die Börsenkandidaten über mindestens drei Jahre einen Gewinn von zusammen mehr als 30 Millionen Renminbi Yuan und einen Umsatz von mindestens 300 Millionen Renminbi Yuan über dieselbe Zeitspanne ausweisen. \ Verbesserung des allgemeinen Börsenklimas \ Im Juni dieses Jahres ist die offiziell verfügte Zwangspause mit dem grünen Licht für ein IPO der BoC an den Börsen in Schanghai und in Shenzhen zu Ende gegangen, nachdem die Börsenkurse in den ersten fünf Monaten des Jahres um fast 50 Prozent gestiegen waren. Aus Sicht der Technischen Analyse hatten sie den seit Mitte 2001 etablierten Abwärtstrendkanal endgültig verlassen. Zur Vorsicht mahnt allerdings, dass sich der Schanghai Composite Index A zurzeit seitwärts konsolidiert und mit einem Indexniveau zwischen 1 600 und 1 700 immer noch erheblich unter dem Mitte 2001 erreichten Höchststand von rund 2 200 verharrt. \ Immerhin hat sich das allgemeine Börsenklima soweit verbessert, dass einige weitere große Unternehmen die Absicht kundgetan haben, im Kielwasser des Börsengangs der BoC ebenfalls an den heimischen Markt gehen zu wollen. Unmittelbar nach Beendigung der Zwangspause ging Anfang Juni die CAMC Engineering an den Start. \ Zu der langen Anwärterliste mit bekannten Namen gehört unter anderem die Schanghai International Port Group (SIPG), die bisher nur mittelbar über ihre 70-prozentige Tochter Shanghai Port Container an der Börse in Schanghai notiert und unter anderem Mittel in Höhe von 8,9 Milliarden CNY für den Aufkauf von Aktien der Minderheitsaktionäre benötigt. \ Die SIPG kontrolliert auch den neuen Tiefwasserhafen Yangshan, der 30 Kilometer von der Küstenlinie entfernt auf einigen Inseln erbaut worden ist. Der schnell wachsende Hafenkomplex von Schanghai ist mittlerweile der drittgrößte in der Welt. Mitte Mai führte die SIPG eine erfolgreiche IPO-Emission in Hongkong durch, die um das 1700-fache überzeichnet war. \ Börseneinführung der BoC in Schanghai und Shenzhen \ Unmittelbar nach dem erfolgreichen Abschluss der Börseneinführung in Hongkong erhielt die BoC grünes Licht für die Börseneinführung ihrer Aktien auch in Schanghai und in Shenzhen. Insgesamt wurden ab 19. Juni Aktien im Wert von 20 Milliarden CNY (2,5 Milliarden US-Dollar) oder rund drei Prozent des Grundkapitals zu einem Zeichnungspreis von 3,08 CNY pro Aktie angeboten, davon 60 Prozent an institutionelle und 40 Prozent an private Anleger. Damit wurde das bisherige Rekordvolumen von 1,5 Milliarden US-Dollar Gegenwert beim IPO der Sinopec Corp. im Jahre 2001 bei weitem übertroffen. \ Als führende Konsortialmitglieder fungierten die Wertpapierhäuser CITIC Securities, Guotai Junan Securities und Galaxy Securities, während die BoC International, die Tochterbank in Hongkong, die bei dem IPO des Mutterhauses in Hongkong als eine der Konsortialbanken aufgetreten war, den IPO als Finanzberater begleitete. \ Für institutionelle Anleger wurden zwei unterschiedliche Bindungsfristen (lock-up periods) vereinbart. Typ 1-Anleger wie chinesische Staatsunternehmen, die als strategische Investoren betrachtet werden, müssen die A-Aktien der BoC mindestens 18 Monate lang halten. Für Typ 2-Anleger wie heimische Wertpapierfonds und Wertpapierhäuser gilt eine Bindungsfrist von drei bis sechs Monaten. Die Tranche für Privatanleger von 3,45 Milliarden A-Aktien wurde 50-fach überzeichnet, so dass die Zuteilung über ein Lotterieverfahren erfolgen musste. Der beim Staat verbleibende Kapitalanteil wird bis auf weiteres bei leicht über 70 Prozent liegen. \ Die BoC-Aktie wird seit dem 5. Juli an den Börsen in Schanghai und Shenzhen notiert. Der Börsenschlusskurs lag am ersten Handelstag mit 3,79 RMB 23 Prozent über dem Zeichnungspreis (von 3,08 RMB). \ Weitere Teilprivatisierungen von staatlichen Banken? \ Die Aussichten für eine Teilprivatisierung der zwei letzten der großen vier staatlichen Banken sind unterschiedlich einzuschätzen. Als bevorzugter Erstemissionsplatz für Festlandsunternehmen - Banken wie Nichtbanken - dürfte weiterhin der Kapitalmarkt in Hongkong gelten, an dem die Emittenten sozusagen die erste Feuertaufe bestehen müssen. \ Weit vorangeschritten sind die Vorbereitungen für eine Teilprivatisierung der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), der mit Abstand größten staatlichen Geschäftsbank Chinas. Marktspekulationen zufolge könnte sie bereits im Oktober an den Markt in Hongkong kommen. Die ICBC wurde im Jahr 1984 gegründet und ist seit Oktober 2005 eine Aktiengesellschaft (www.icbc.com.cn). \ Die Hälfte der Aktien wurde zunächst vom Finanzministerium übernommen, die andere Hälfte von der Central Huijin Investment Co.Ltd., der offiziellen staatlichen Investmentagentur. Anfang 2006 beteiligten sich Goldman Sachs, American Express und die Allianz-Gruppe mit einem gemeinsamen Anteil von 8,89 Prozent am Grundkapital und zahlten dafür 3,78 Milliarden US-Dollar. \ Nach vorläufigen Zahlen von Mitte 2005 der offizielle Jahresbericht für das Jahr 2005 wurde noch nicht veröffentlicht beläuft sich das Bilanzvolumen der ICBC-Gruppe auf 6,14 Billionen RMB, verglichen mit 5,67 Billionen RMB Ende 2004. Mit diesem Bilanzvolumen und rund 18 000 Bankstellen ist die ICBC die mit Abstand größte Bank in China. Ende 2000 waren 480 000 Personen für die Bank tätig, eine Zahl, die seitdem etwas gesunken sein dürfte. Nach eigenen Angaben betrug das prozentuale Volumen der faulen Kredite Ende 2004 noch rund 19 Prozent, soll jedoch auf 4,4 Prozent Ende 2005 bei hundertprozentiger Absicherung abgesunken sein. Die vorläufige Eigenkapitalquote wird Ende Juni 2005 mit 9 bis 10 Prozent ausgewiesen. \ Agricultural Bank of China (ABC) als Börsenkandidat? \ Dagegen dürfte die 1979 gegründete Agricultural Bank of China (ABC) mit einer Bilanzsumme von 4,01 Billionen RMB (Ende 2004), einem Heer von Bankangestellten (Ende 2000: 540 000)), einem ausgewiesenen Anteil von 26,7 Prozent an faulen Krediten (Ende 2004) und einer schwachen Kapitalbasis sowohl von einer Teilprivatisierung als auch von einer Börsennotierung noch weit entfernt sein (www.abocn.com). Kürzlich wurde bekannt, dass bei einer offiziellen Überprüfung des Jahresabschlusses für 2004 eine Veruntreuung von Geldern unter Mitwirkung von Bankangestellten rund 1,1 Milliarden US-Dollar Gegenwert in 51 Einzelfällen aufgedeckt werden konnten. Ferner entdeckten die staatlichen Prüfer weitere "irregularities" im Einlagen- und Kreditgeschäft in Höhe von 14,3 Milliarden RMB (1,8 Milliarden US-Dollar). In Regierungskreisen wird deshalb diskutiert, die Bank eventuell in mehrere Einzelteile aufzubrechen, da es aus jetziger Sicht nicht sehr wahrscheinlich ist, dass sich ausländische strategische Investoren an der ABC in ihrer jetzigen Verfassung beteiligen könnten. \ Das Hauptgeschäft der Agricultural Bank of China liegt in den ländlichen Gebieten, deren Wirtschaftswachstum gegenüber dem in den Städten der Küstenregionen im Osten und Süden des Landes weit zurückgeblieben ist. Das eigentliche Fördergeschäft des Staates im Agrarbereich wird über die Agricultural Development Bank of China abgewickelt.

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