Aufsätze

Forderungsmanagement in Deutschland - Wozu benötigen Banken Spezialdienstleister?

Inkasso-Büros geht es wie vielen anderen Unternehmen. In den Schlagzeilen der Medien tauchen oft nicht die seriösen Vertreter der Branche auf, sondern die schwarzen Schafe. Folgerichtig verbinden die meisten Menschen mit dem Thema "Inkasso": überzogene Gebührenforderungen und rüpelhaftes Auftreten von kräftigen Männern in schwarzer Kleidung. Doch die Realität sieht anders aus. Ein seriöses Inkasso-Unternehmen wird niemals bei einem Schuldner an der Tür stehen, noch wird es eine Drohkulisse aufbauen. Professionelle Forderungsmanager leisten vor allem eines - sie eröffnen einen Dialog mit dem Schuldner und suchen nach einer tragfähigen Lösung.

Forderungsmanagement - kein Kerngeschäft der Banken

Für Banken und Sparkassen gehört das Forderungsmanagement nicht zum Kerngeschäft. Dennoch müssen auch sie sich mit Zahlungsausfällen auseinandersetzen. Für größere Banken lohnt sich in der Regel eine eigene Abwicklungsabteilung. Im Vergleich zu der Beitreibung der Forderungen durch eigene Mitarbeiter weisen externe Dienstleister jedoch höhere Erfolgsquoten auf - bei vergleichsweise niedrigen Kosten. Deshalb nutzen viele Banken und Sparkassen bereits heute die Leistungen der Forderungsmanager.

Bevor eine Bank einen Forderungsmanager beauftragt, ihre offenen Forderungen zu bearbeiten, hat sie in der Regel mehrfach versucht, mit ihrem Kunden eine Einigung herbeizuführen. Deshalb ist das Verhältnis zwischen Schuldner und Bank oft angespannt. Weitere Gespräche könnten die Kundenbeziehung dauerhaft belasten und zu einem Verlust der Kundenbeziehung führen. Die Mitarbeiter von professionellen Forderungsmanagement-Unternehmen nehmen regelmäßige Schulungen wahr und treten als unparteiische Dritte auf, die auf die Schuldner eingehen und zwischen den Parteien vermitteln. Die Ansprache der Schuldner erfolgt stets höflich und respektvoll - auf Augenhöhe.

Kundenbeziehung erhalten

Die Erfahrung zeigt: Ein Schuldner, dem Respekt entgegengebracht wird und der eigene Lösungsvorschläge einbringen kann, ist stärker motiviert sich an den vereinbarten Rückzahlungsplan zu halten. Forderungsmanager fungieren als eine Art Mediator zwischen den Möglichkeiten der Schuldner und den Bedürfnissen der Bank. Neben dem Einzug der Forderung hat der Fortbestand der Kundenbeziehung oberste Priorität. "Kundenerhaltend" nennt das die Inkasso-Branche. Der Schuldner wahrt sein Gesicht und die Bank ihre Reputation. Im Idealfall bleibt die Geschäftsbeziehung zwischen der Bank und dem Schuldner unbelastet.

Wenn Banken einen Forderungsmanager beauftragen, können sie meist aus verschiedenen Leistungsangeboten wählen, die vom Servicing über den Verkauf von Forderungen bis hin zum Outsourcing des Forderungsmanagements reichen. Servicing beschreibt zum Beispiel die strategische Zusammenarbeit zwischen Kreditinstitut und Inkasso-Unternehmen. Im Rahmen von Treuhandmandaten übernehmen Forderungsmanager den regelmäßigen Einzug zahlungsgestörter beziehungsweise gekündigter Darlehen.

Dies umfasst das Mahnverfahren, die Forderungstitulierung, das Vollstreckungsverfahren oder ein mögliches Insolvenzverfahren. Hinzu kommen die Langzeitüberwachung sowie die telefonische Intervention durch einen Forderungsmanagement-Spezialisten. Das Kreditinstitut bleibt in diesem Fall Forderungsinhaber und behält die Kostenkontrolle.

Verkauf der Forderungen oder Outsourcing

Alternativ kann die Bank ihre Forderungen auch verkaufen. Einige Inkasso-Unternehmen erwerben bereits abgeschriebene Forderungen aus Altbeständen. In diesen Fällen erhöht die Bank unmittelbar ihre Liquidität. Erzielt der Forderungsmanager ein besseres Ergebnis als angenommen, entstehen zudem außerordentliche Erträge. Manche Forderungsmanager bieten den Kreditinstituten sogar an, neben den Forderungen auch alle damit befassten Mitarbeiter zu übernehmen. Durch das sogenannte Outsourcing reduziert das Kreditinstitut den Personal- sowie den Investitionsaufwand für Software und IT.

Effizientes Forderungsmanagement erfordert Zeit und die Spezialisierung von Mitarbeitern. Professionell aufgestellte Inkasso-Unternehmen arbeiten auf Basis von moderner IT und Software, durch die sich Transparenz und Effizienz der Forderungsbearbeitung enorm steigern lassen. Durch standardisierte und automatisierte Prozesse kann der externe Dienstleister effektiv und schnell reagieren, was zu einer Steigerung der Bearbeitungsintensität führt. Die Beitreibungsquote eines externen Dienstleisters liegt dementsprechend etwa 15 bis 20 Prozent höher als bei der internen Bearbeitung.

Eine psychologische Komponente

Die höhere Beitreibungsquote hat neben der leistungsfähigen IT-Ausstattung und den standardisierten Prozessen oftmals auch eine psychologische Komponente. Sobald ein Forderungsmanagement-Unternehmen Kontakt mit dem Schuldner aufnimmt, weiß dieser: Der Gläubiger ist nicht bereit auf seine Forderung zu verzichten. Oft genügt schon der Briefkopf eines Inkasso-Unternehmens auf der Zahlungserinnerung, um den Schuldner zur Zahlung zu bewegen.1) Die Erfolgsquote liegt bei etwa 90 Prozent, das heißt: neun von zehn Forderungen werden bezahlt.

Durch ihre stetige fachliche und psychologische Schulung sind die Mitarbeiter von Forderungsmanagement-Unternehmen in der Lage sowohl die Reputation des Kunden zu wahren als auch eine für den Schuldner tragbare Lösung zu finden. Die fachlichen Weiterbildungen helfen den Mitarbeitern bei der Entscheidung, welcher Weg für welchen Schuldner angemessen ist und machen sie so zu kompetenten Beratern. Dank der psychologischen Schulungen sind sie zudem in der Lage, auch schwierige Gesprächssituationen menschlich und doch professionell zu handhaben.

Mitarbeiter als wichtigstes Kapital

Auch einige der bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen sprechen dafür, ein Inkasso-Unternehmen zu beauftragen. So erschweren tariflich festgelegte Arbeitszeiten der Banken, dass Schuldner abends und am Wochenende telefonisch erreicht werden können. Forderungsmanager arbeiten auf der Basis von Schicht-Modellen und können so auch abends oder am Wochenende Termine mit Schuldnern wahrnehmen.

Für den Bankmitarbeiter bedeutet es einen hohen Aufwand kontinuierlich beim Schuldner nachzuhaken, auch noch nach Monaten und Jahren. Dennoch kann sich die finanzielle Situation des Schuldners gerade in dieser Zeit zugunsten der Bank geändert haben. Inkasso-Unternehmen sind über ihre IT ständig auch über den Stand älterer Forderungen informiert. Bei freien Kapazitäten im Tagesgeschäft weist der Computer die Mitarbeiter auf ältere, noch offene Fälle hin. Diese können dadurch auch langfristige Bearbeitungs- und Überwachungsprozesse effektiv umsetzten.

Volkswirtschaftliche Bedeutung

Über die genannten positiven Auswirkungen für die Banken hinausgehend, besitzt Inkasso eine wichtige volkswirtschaftliche Bedeutung. Den vorläufigen Ergebnissen der neuen Inkasso-Branchenstudie des Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) zufolge, bearbeiten deutsche Inkasso-Unternehmen derzeit ein Forderungsvolumen von 50 Milliarden Euro.2) Das entspricht über 15 Millionen Fällen im vor- beziehungsweise außergerichtlichen Bereich. Rund 80 Prozent davon erledigen die Dienstleister, ohne dass es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt.3) Das bedeutet eine enorme Entlastung der Gerichte, die sonst mit einer hohen Zahl an Verfahren konfrontiert wären. Jährlich führt die Inkasso-Branche rund fünf Milliarden Euro zurück in die Wirtschaft. Mit aktuell rund 15 000 Mitarbeitern wächst die Branche stetig, und auf Basis gut qualifizierter Mitarbeiter wächst auch die Reputation der Unternehmen. Denn Forderungsmanagement erbringt vor allem eines: eine Dienstleistung, die Unternehmen wichtige Liquidität zuführt.

Doch worauf sollten Banken bei der Auswahl eines Dienstleisters im Forderungsmanagement achten? Die erste Anlaufstelle sollte der Bundesverband Deutsche Inkasso-Unternehmen (BDIU) sein. Rund zwei Drittel der am Markt bestehenden Dienstleister sind dort organisiert und unterwerfen sich den Verbandsvorgaben. Diese gehen weit über die gesetzlichen Anforderungen hinaus und sind berufsrechtlich bindend. Da der Verband auch eine Beschwerdestelle für Verbraucher unterhält, verfügt er über ein genaues Bild hinsichtlich der schwarzen Schafe der Branche.

Einige Inkassounternehmen beauftragen zudem externe Service-Ratingagenturen mit der Prüfung ihrer Arbeitsprozesse und der Qualität der Forderungsabwicklung. Das Rating der Agentur Standard & Poor's schließt zum Beispiel die Qualität der Bearbeitung von Schuldner- und Kundenbeschwerden mit ein.

Stichwort Datenschutz

Ein weiteres Entscheidungskriterium für die Auswahl eines Forderungsmanagers ist seine Transparenz. Ein Kundenbeirat ist zum Beispiel ein gutes Zeichen. Auch die Beschäftigung eines Datenschutzbeauftragten spricht für Professionalität. Die Besetzung dieser Position ist für Unternehmen gesetzlich vorgeschrieben, in denen mehr als zehn Mitarbeiter mit personenbezogenen Daten arbeiten. Der Datenschutzbeauftragte sorgt dafür, dass weder Kunden- noch Schuldnerdaten an Unberechtigte gelangen.

Unter Umständen lohnt auch die Frage, ob der Dienstleister für die telefonische Ansprache der Schuldner eigene Mitarbeiter oder Dritte beschäftigt. Besonderes Augenmerk sollte der Mitarbeiterfluktuation gewidmet werden. Je höher die Qualifikation der Mitarbeiter umso niedriger die Fluktuation und der Krankenstand. Eine niedrige Fluktuation ist auch im Sinne des Datenschutzes wichtig. Da die Forderungsmanagement-Spezialisten einen großen Teil der Kommunikation mit den Schuldnern übernehmen, ist es wünschenswert, dass sie sowohl fachlich als auch psychologisch geschult sind. Denn letztlich ist es ihre Kompetenz, die dazu beiträgt, dass die Kundenbeziehungen der Auftrag gebenden Banken nicht beschädigt werden. Fußnoten 1) BDIU, Wolfgang Spitz, Trend zum außergerichtlichen Inkasso - Gläubiger gehen oft vor Gericht leer aus.2) BDIU, Pressemitteilung vom 24. Mai 2012.3) BDIU, Pressemitteilung vom 24. Mai 2012.

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