XIX. Deutscher Bundestag

Für eine bessere ökonomische Schulbildung: das Engagement des Bankenverbandes

Vom Komponisten Richard Strauss ist der Satz überliefert: "In allen Dingen, wo man das Metier nicht vom 15. Lebensjahre an beherrscht, ist man Dilettant". Hat er recht mit dieser Einschätzung? Was für die Handhabung eines Instrumentes gelten mag, kann sicherlich nicht auf alle Lebensbereiche übertragen werden; aus gutem Grund haben wir uns schließlich die ständige Bereitschaft zur Fort- und Weiterbildung auf die Fahnen geschrieben. Gleichwohl steckt viel Wahres in seiner Aussage: Je früher die Grundlagen für die systematische Aneignung von Wissen und Kompetenzen gelegt werden, desto besser. Und da, wo dies nicht geschieht, sind erhebliche Defizite zu erwarten. Umso schlimmer, wenn es sich hierbei um einen Bereich handelt, der im täglichen Leben eine so große Rolle spielt wie die Welt der Wirtschaft und der Finanzen.

Eingang in die Lehrpläne

Diese ist allgegenwärtig. Schon Schüler werden in ihrem täglichen Leben mit unterschiedlichsten ökonomischen Zusammenhängen konfrontiert. Und zugleich stehen sie häufig selbst vor Situationen, in denen sie wirtschaftliche Entscheidungen treffen müssen - ob bei der Eröffnung eines Girokontos, der Frage, wie sie die Anschaffung eines Motorrollers finanzieren können, oder bei der Überlegung, ob die Preise für ein bestimmtes Produkt in Zukunft eher steigen oder eher fallen könnten und daher der Kauf besser heute oder besser morgen getätigt werden sollte.

Aber auch andere Fragen haben für junge Leute eine hohe Relevanz: Wie gelingt die Eindämmung der Staatsverschuldung? Welche wirtschaftspolitischen Versprechungen der Parteien halten der Realität stand? Und wie ist es später um die Alterssicherung bestellt? Alles Themen, mit denen sich Jugendliche schon möglichst früh und möglichst nachhaltig auseinander setzen sollten.

Themen also auch für die Schule? Zweifellos. Denn die Schule ist der Ort, an dem die jungen Menschen das Rüstzeug für ihr späteres Leben bekommen und an dem sie schließlich auch zu mündigen Staatsbürgern heranreifen sollen. Folglich muss die ökonomische Bildung hier eine prominente Rolle spielen. Doch tut sie das? Finden wirtschaftliche Themen tatsächlich in ausreichendem Maße Eingang in die Lehrpläne der allgemeinbildenden Schulen? Hier gab und gibt es erhebliche Defizite. Wo die Schule aber nicht oder nicht in ausreichendem Maße das leistet, was notwendig wäre, müssen andere Akteure in die Bresche springen.

Newsletter - Unterrichtsmaterialien- Schülerwettbewerb

Der Bankenverband und die privaten Banken tun dies - und zwar schon seit geraumer Zeit. Lange bevor das Thema "Ökonomische Schulbildung" in aller Munde war, wurde das Schul-/Bank-Programm des Bankenverbandes aus der Taufe gehoben. Vor knapp 25 Jahren ist erstmals der Newsletter "Schul|Bank" an Lehrerinnen und Lehrer verschickt worden, die wirtschaftsnahe Fächer unterrichten und für ihre Unterrichtsstunden gerne auf aktuelle Informationen und Schaubilder zurückgreifen. Der monatlich erscheinende Newsletter hat sich seitdem bei vielen Unterrichtenden als wichtige Informationsquelle etabliert; anfängliche Vorbehalte gegen Materialien "von den Banken" konnten schnell überwunden, die Auflage seit 1988 mehr als verdreifacht werden.

Über die Jahre ist das Angebot des Bankenverbandes im Bereich der ökonomischen Schulbildung dann systematisch ausgebaut worden. Beispiel Unterrichtsmaterialien: Hier gibt es inzwischen eine Reihe von Schülerarbeitsheften, die in der Mittelstufe eingesetzt werden können und unterschiedliche Themenspektren abdecken - vom Umgang mit Geld, über das Thema Berufswahl bis hin zur umfassenden Darstellung des Wirtschaftskreislaufs mit seinen Akteuren Unternehmen, Haushalte und Staat. Auf den Internetseiten der Schul-Bank haben Schüler und andere Interessierte die Möglichkeit, mit Hilfe attraktiver Quizze ihre ökonomischen Kenntnisse spielerisch auf die Probe zu stellen und ihr Wissen weiter auszubauen. Online können Lehrer auch Unterrichtsmaterialien zum Thema Geld abrufen und Einsicht in die Publikationen nehmen (mehr Informationen unter www.schulbank.de).

Einen besonderen Stellenwert genießen die beiden Schülerwettbewerbe des Bankenverbandes: "Schul/Banker" und "Jugend und Wirtschaft". Beim Unternehmensplanspiel Schul/Banker übernehmen Schülerinnen und Schüler die Leitung einer virtuellen Bank und setzen sich dem Wettbewerb mit einer Vielzahl anderer Planspielbanken aus. Dabei stehen die Nachwuchsbanker vor der Aufgabe, unterschiedliche geschäftspolitische Entscheidungen zu treffen und die Bank möglichst erfolgreich zu führen. Seit 1998 haben mehr als 54000 Schülerinnen und Schüler teilgenommen. Der Wettbewerb - bundesweit das einzige Bankenplanspiel - zählt damit zu einem der erfolgreichsten in Deutschland.

Wissensdefizite

Bei "Jugend und Wirtschaft", dem gemeinsamen Projekt mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, stellen sich die jugendlichen Teilnehmer der Herausforderung, einen qualitativ hochwertigen Zeitungsartikel über ein wirtschaftliches Thema zu schreiben. Hierzu recherchieren sie in Unternehmen, führen Interviews und verfassen auf dieser Basis fundierte und spannende Beiträge. Die besten dieser Artikel erscheinen einmal monatlich und zusätzlich einmal im Quartal auf der Sonderseite "Jugend und Wirtschaft" im Wirtschaftsteil der FAZ.

Alle Teilnehmer zeichnet eines aus: Sie sind engagiert bei der Sache, sie stehen dem Thema Wirtschaft aufgeschlossen gegenüber, und am liebsten würden sie noch mehr über ökonomische Zusammenhänge erfahren. Doch trifft dies nicht nur auf sie, sondern auf die Jugendlichen in Deutschland generell zu. Aus regelmäßig erhobenen repräsentativen Umfragen, die im Auftrag des Bankenverbandes durchgeführt werden, wissen wir, dass sich viele junge Leute hierzulande für Wirtschaft interessieren und Informationen über allgemeine wirtschaftliche Zusammenhänge mehrheitlich als wichtig erachten.

In unseren Jugendstudien wird allerdings auch deutlich, dass es um das Wissen der jungen Menschen nicht zum Besten bestellt ist. So kann beispielsweise nicht einmal die Hälfte aller Befragten den Begriff Inflationsrate erklären und nur ein Bruchteil hat eine Vorstellung von der ungefähren Höhe des Preisanstiegs in Deutschland.

Schulfach Wirtschaft

Diese Zahlen verdeutlichen: So wichtig das Engagement des Bankenverbandes und das vieler anderer Institutionen im Bereich der ökonomischen Bildung auch ist - den Wirtschaftsunterricht an den Schulen kann es nur ergänzen, nicht ersetzen. Daher ist es so wichtig, dass ökonomische Themen noch viel stärker als bislang in den Lehrplänen der Schulen verankert werden. Zwar gibt es Bundesländer, in denen diesbezüglich in den vergangenen Jahren erfreuliche Fortschritte erzielt werden konnten; unter dem Strich aber bleibt die Situation vielerorts noch immer wenig befriedigend. Ein Schulfach Wirtschaft, das der Bankenverband schon lange fordert, gibt es, wenn überhaupt, dann meist nur in Kombination mit anderen Fächern und falls doch als eigenständiges Fach, dann in der Regel nur im Wahlpflichtbereich der gymnasialen Oberstufen.

Rückenwind von Bildungsexperten

Um seine Forderung nach einem verpflichtenden Fach Wirtschaft zu unterfüttern und ihr Nachdruck zu verleihen, hat der Bankenverband schon vor drei Jahren eine Konzeption für die ökonomische Bildung ausarbeiten lassen, die dezidiert aufzeigt, wie ein Fach Wirtschaft in der Praxis aussehen könnte. Im vergangenen Jahr wurden dann unter Beteiligung des Verbandes im Rahmen des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft Standards für die ökonomische Bildung formuliert. Wichtig in beiden Fällen: Auch die Lehrerausbildung wurde mitberücksichtigt. Zwar gibt es heute viele Lehrer, die aus eigener Initiative Fort- und Wterebi ildungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen, um wirtschaftliche Themen unterrichten zu können. Doch bleibt es ein gewaltiges Manko, dass sie an den Universitäten in der Regel nicht die geeignete Ausbildung erfahren haben.

Gegenwärtig gibt es für die Forderung nach mehr ökonomischer Bildung in der Schule sehr viel Rückenwind - von Bildungsexperten, aus anderen Verbänden und auch von Seiten der Politik. Ob daraus tatsächlich ein erhöhtes Stundendeputat für den Wirtschaftsunterricht resultiert, bleibt allerdings abzuwarten. Wichtig wäre es, denn mehr ökonomisches Wissen ist nicht nur für den Wirtschaftsstandort Deutschland unerlässlich, es bereichert auch das Leben eines jeden Einzelnen. Wenn sich die Verantwortlichen dies vor Augen halten, kann es eigentlich nur eine Losung geben: Mehr ökonomische Bildung in der Schule!

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