Aufsätze

Ideen und Konzepte für Bargeldservices im Firmenkundengeschäft

Durchschnittlich 50 Prozent aller Erträge aus dem Firmenkundengeschäft der Volksbanken und Raiffeisenbanken stammen aus dem Bedarfsfeld Liquidität und Zahlungsverkehr. Dies trifft auch auf die Volksbank eG Braunschweig Wolfsburg zu. Während die Firmenbank gut 40 Prozent des Deckungsbeitrags I durch Investitionsfinanzierungen, durch die Geldanlagen der Unternehmen und Unternehmer und aus dem Verbundertrag - R+V, VR-Leasing, Union Investment, Bausparkasse Schwäbisch-Hall, Hypothekenbanken - erzielt, resultiert der größere Teil des Deckungsbeitrags I aus den Konditionsbeiträgen der Kontokorrentinanspruchnahmen und der Sichteinlagen sowie aus den Zahlungsverkehrsprovisionen.

Zahlungsverkehr mit hohem Stellenwert im Firmenkundengeschäft

Über diesen Ertragsanteil entscheiden jedoch zum Teil andere: So bestimmen beispielsweise die Kunden der Firmenkunden, an welche der auf der Rechnung des Firmenkunden aufgeführte Bank sie den Rechnungsbetrag überweisen. Darüber hinaus hat der Buchhalter des Firmenkunden bei der Anweisung der ausgehenden Zahlungen die Wahl, über welche Bankverbindung die Zahlung erfolgen soll. Natürlich sind Bepreisung der Transaktionen und Ausgestaltung der Kontomodelle wichtige Gestaltungsoptionen. Die eigentlichen Erfolgsparameter jedoch finden sich in der Anzahl der Transaktionen, die der Kunde über seine Bank ausführt, und damit korrespondierend in der Höhe der unterhaltenen Sichteinlagen und der Kontokorrentinanspruchnahmen.

Bislang hatte der Zahlungsverkehr im Firmenkundengeschäft noch nicht den Stellenwert, der ihm aufgrund der beschriebenen Bedeutung für die Ertragssituation der Bank angemessen erschien. Um das vorhandene Potenzial im Zahlungsverkehr besser ausschöpfen zu können, entschied sich die Volksbank Braunschweig Wolfsburg, gemeinsam mit der Stuttgarter GGB-Beratungsgruppe GmbH zu überprüfen, inwieweit die bisherigen Leistungen und Lösungen im Zahlungsverkehr in ein neues Geschäftsfeld überführt werden können. Um eine nachhaltige Überlegenheit in diesem Geschäftsfeld zu erzielen, war dabei eine ganzheitliche Vorgehensweise zwingend notwendig. Neben der Analyse der eigenen Lösungen, Produkte, Preise und Kosten flossen auch die Kundenerwartungen und Kundenprozesse, aber auch die Angebote der Mitbewerber sowie mögliche Produkte, Leistungen und Preise des Verbundes, insbesondere der DZ Bank, in die Ergebnisse mit ein.

Neben zahlreichen Aspekten des unbaren Zahlungsverkehrs erkannte die Volksbank, dass die Bargeldver- und -entsorgung ein sehr wichtiges Thema für ihre Firmenkunden ist. In den vergangenen Jahren waren die Geschäftsstellen insbesondere hinsichtlich der Anforderungen der Privatkunden optimiert worden. Die Belange der Firmenkunden blieben dabei nicht selten außen vor.

Bargeldlogistik als Differenzierungsfaktor

Um die Bedürfnisse der Firmenkunden hinsichtlich ihrer Bargeldver- und -entsorgung adäquat in neuen Lösungen befriedigen zu können, startete die Volksbank Mitte vergangenen Jahres gemeinsam mit der GGB-Beratungsgruppe ein eigenes Projekt. Wie für das Zahlungsverkehrsprojekt insgesamt sollte auch für das Bedarfsfeld "Bargeldver- und -entsorgung der Firmenkunden" ein innovativer Ansatz gefunden werden.

Eine umfassende interne Statusaufnahme brachte in einem ersten Schritt zum Teil erstaunliche Ergebnisse. Bereits bekannt war, dass die von der Volksbank nahezu flächendeckend eingesetzten SB-Einzahlungsgeräte von den Firmenkunden intensiv genutzt werden. Neu war jedoch die Erkenntnis, dass die Firmenkunden hinsichtlich der verwendeten SB-Einzahlungsgeräte sehr stark variieren und dabei mitunter auch durchaus längere Anfahrtswege in Kauf nehmen. Die Zeiten, zu denen die Firmenkunden die Infrastruktur der Volksbank nutzen, sind ebenfalls sehr unterschiedlich, wobei gewisse Schwerpunkte in den frühen Nachmittagsstunden sowie zwischen 18 und 20 Uhr zu verzeichnen sind.

Diese Ergebnisse wurden durch verschiedene Einzelinterviews und Kundenkreativworkshops bestätigt. Die Firmenkunden sind sich des Risikos, dem sie beim Transport und Einzahlen des Geldes ausgesetzt sind, in aller Regel durchaus bewusst. Um es potenziellen Tätern jedoch nicht allzu einfach zu machen, fahren sie mit unterschiedlichen Autos die Filialen an und zahlen an SB-Einzahlungsgeräten verschiedener Filialen die Beträge ein. Direkt auf die mögliche Gefahr eines Überfalls angesprochen, bestätigten die Teilnehmer der Kundenkreativworkshops, dass die Beiträge in Sendungen wie Aktenzeichen XY keineswegs übertrieben seien, sondern vielmehr aus dem wahren Leben stammen. Trotzdem sehen sich die Firmenkunden dadurch nicht veranlasst, an den gewohnten Wegen und dem gewohnten Arbeitsalltag etwas zu ändern.

Weitere Ergebnisse der Kundenkreativworkshops waren, dass sowohl Filialisten als auch Einzelhändler mit lediglich einem Standort eine Bargeldentsorgung möglichst unmittelbar nach Geschäftsschluss anstreben und den Wechselgeldbestand so niedrig wie möglich halten wollen. Bei der Einzahlung von Bargeldbeträgen an SB-Einzahlungsgeräten wünschen sich die Firmenkunden eine sichere Atmosphäre und eine gewisse Privatsphäre in nicht einsehbaren Räumlichkeiten. Als Hygienefaktor wird die ständige Funktionsfähigkeit der SB-Einzahlungsgeräte genannt.

Hauptbankverbindung für den Bargeldservice

Weitere wichtige Erkenntnisse lieferte eine schriftliche Befragung von Firmenkunden der Volksbank Braunschweig Wolfsburg. So gaben beispielsweise mehr als drei Viertel der Befragten an, dass die Möglichkeiten zur Bargeldver- und -entsorgung einen hohen Stellenwert bei der Auswahl einer Bankverbindung haben. Als wichtigste Gründe für die Auswahl der Hausbank für den Zahlungsverkehr werden neben der menschlichen und fachlichen Kompetenz des Beraters sowie der räumlichen und kundenorientierten Nähe an dritter Stelle die Möglichkeiten zur Bargeldver- und -entsorgung genannt. Erst an vierter Position rangieren die Kosten und Konditionen.

Befragt nach den drei wichtigsten Dienstleistungen einer Bank im Rahmen des Bargeldservices, gaben immerhin 32 Prozent "Geldeinzahlungsautomaten" an, gefolgt von "Geldauszahlungsautomaten" (26 Prozent) und "Kasse innerhalb der Öffnungszeiten" (19 Prozent). Weit abgeschlagen mit gerade einmal drei Prozent der Nennungen war der Nachttresor. Auf die Frage, bei welchem Kreditinstitut der Firmenkunde aktuell seine Hauptbankverbindung im Hinblick auf den Bargeldservice unterhält, nannten mehr als drei Viertel die Volksbank Braunschweig Wolfsburg. Für etwa 80 Prozent ist diese Bank auch Hauptbankverbindung in allen anderen Bankgeschäften. Gleichzeitig beurteilten 34 Prozent der befragten Firmenkunden das Produkt- und Serviceangebot der Volksbank rund um den Bargeldservice als vergleichbar zu den Mitbewerbern, 21 Prozent können nicht beurteilen, ob das Angebot der Volksbank besser oder schlechter ist.

Die Ergebnisse der Kundenbefragung deuten darauf hin, dass die Hauptbankverbindung für den Bargeldservice in aller Regel auch die Hauptbankverbindung für alle anderen Bankgeschäfte ist. Die Möglichkeiten zur Bargeldver- und -entsorgung haben somit einen hohen Stellenwert bei der Auswahl einer Bankverbindung. Gleichzeitig ist das Angebot im Bargeldservice im Vergleich zu den Mitbewerbern aber nur selten differenziert, sondern wird vielmehr als durchaus vergleichbar wahrgenommen. Es mangelt somit an Alleinstellungsmerkmalen. Eine parallel durchgeführte umfangreiche Mitbewerberanalyse ergab, dass die beiden Sparkassen im Geschäftsgebiet der Volksbank, aber auch die Commerzbank vergleichbar ausgestattete Filialen aufweisen, gleichzeitig aber mit keinen besonderen Leistungen im Bereich der Bargeldver- und -entsorgung für Firmenkunden aufwarten können.

Ziel der Volksbank Braunschweig Wolfsburg war es nun, im weiteren Projektverlauf, Ansatzpunkte für mögliche Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten. Dabei sind die in Interviews, Kundenbefragung und Kundenkreativworkshops geäußerten Kundenanforderungen alles andere als einfach umzusetzen. Zum einen ist das Thema Bargeld für die Firmenkunden ein äußerst sensibles Thema, das sehr ungern in der Öffentlichkeit, sondern allenfalls in einem Vieraugengespräch diskutiert wird. Darüber hinaus existiert auch im Bereich der Bargeldlogistik ein magisches Dreieck, denn eine vollkommen sichere Entsorgung des Bargeldes bei gleichzeitig für den Kunden geringen Kosten und hoher Flexibilität hinsichtlich der Wertstellung und der Verfügbarkeit ist wohl kaum zu erreichen (siehe Abbildung).

Cash-Center und Cash-Cars als neue Leistungen

Auf der Basis von Grundlagenkonzepten für einige innovative Leistungen zur Bargeldver- und -entsorgung entschied sich die Projektgruppe, zwei mögliche Lösungen für Firmenkunden weiter auszuarbeiten und zur Umsetzungsreife zu bringen.

Sogenannte Cash-Center sollen zukünftig alle bereits heute schon existierenden, aber auch die zukünftigen Leistungen im Bereich der Bargeldver- und -entsorgung in ausgewählten Filialen bündeln. In diesen Cash-Centern haben Firmenkunden zukünftig die Möglichkeit, an einer Kasse während der Öffnungszeiten oder über die SB-Geräte 24 Stunden am Tag Bargeld einzuzahlen oder sich auszahlen zu lassen.

Die Entsorgung von Münzgeld wird während der Öffnungszeiten über Münzzählgeräte oder über die Kasse sichergestellt, die Versorgung mit Münzrollen übernehmen Münzrollengeber. Neu hinzu kommt die Möglichkeit, nach vorheriger Vereinbarung zu besonderen Terminen Ein- oder Auszahlungen diskret vornehmen zu können. Darüber hinaus wird es in den Cash-Centern künftig möglich sein, sogenannte Safebags gegen sofortige Verbuchung ohne längere Wartezeiten abgeben zu können. Diese moderne Form der Geldbombe kann mit allen erdenklichen Angaben etwa zu Betrag, Einzahler und einzahlender Filiale versehen werden und lässt bereits auf den ersten Blick erkennen, ob eine Manipulation stattgefunden hat.

Dienstleister für Dritte in der Hartgeldversorgung

Diese Safebags sind darüber hinaus Grundlage für eine weitere innovative Lösung der Volksbank. Im Rahmen des Angebotes Cash-Car ist es zukünftig möglich, Kunden regelmäßig mit Bargeld zu versorgen beziehungsweise Bargeld von Kunden in einem gewissen Rhythmus abzuholen. Je nach Kundenwunsch hinsichtlich Frequenz und Zeitfenster erfolgt die Abholung oder Belieferung mit eigenen Fahrzeugen der Volksbank oder über ein Werttransportunternehmen. Im Rahmen einer Rufbereitschaft wird es künftig sogar möglich sein, Bargeld bei Bedarf innerhalb einer kurzen Reaktionszeit abzuholen.

Neben diesen beiden konkreten Lösungen für Firmenkunden plant die Volksbank, anderen Kreditinstituten in der Region Braunschweig/Wolfsburg als Dienstleister für Hartgeld zur Verfügung zu stehen. Die Volksbank ist im Bereich des Münzgeldes vollständig autark und dementsprechend nicht auf Ein- oder Auszahlungen von Hartgeld bei der Deutschen Bundesbank angewiesen. Dementsprechend ist sie nur geringfügig von der ab 1. Januar 2011 geltenden Neuregelung der Deutschen Bundesbank bezüglich der Hartgeldver- und -entsorgung betroffen, die Verwendung eines Normcontainers ist nicht notwendig. Für andere Institute in der Region, die hinsichtlich des Münzgeldes nicht autark sind, können Lieferung und Entsorgung von Rollgeld sowie die Entsorgung von Münzgeld (in Säcken) somit durchaus attraktive Dienstleistungen darstellen.

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