Gespräch des Tages

Leserbrief - Differenzierender Blick auf das Regionalprinzip

Dr. Thomas Weck, Senior Legal Analyst bei der Monopolkommission, schreibt der Redaktion: "In Ihrem Leitartikel 'Verplante Kreditwirtschaft' (ZfgK 2014, 740) haben Sie neben einem Beitrag von Axel Wieandt das XX. Hauptgutachten der Monopolkommission zum Anlass genommen, eine Reihe von aktuellen Wettbewerbsfragen und staatlichen Eingriffen in den Wettbewerb in der Kreditwirtschaft anzusprechen. Dass Wettbewerbsmechanismen in den letzten Jahren durch staatliche Eingriffe außer Kraft gesetzt worden sind, wird auch auf Seiten der Monopolkommission als zunehmend drängendes Problem angesehen.

In dem Leitartikel äußern Sie indessen auch Verwunderung hinsichtlich der Überprüfung des Regionalprinzips durch die Monopolkommission, nicht zuletzt da die Aushebelung dieses Prinzips nur mehr und größere Banken entstehen lassen würde, was die "Too-big-to-fail"-Problematik verschärfen würde. Insofern verweisen Sie auf die stark zentralisierten Bankensysteme in benachbarten Staaten. Die von Ihnen geäußerte Ansicht dürfte auch von manchem Leser des "Kreditwesen" geteilt werden.

Im Hauptgutachten vertritt die Monopolkommission allerdings - ebenso wie die Wettbewerbsbehörden - eine differenzierende Sichtweise mit Blick auf die Wettbewerbsverhältnisse in der Kreditwirtschaft. Sie ist sich dabei der Marktsituation in den benachbarten Mitgliedstaaten bewusst. Die Gleichsetzung viele Banken = viel Wettbewerb greift aber trotzdem deutlich zu kurz (vergleiche Tz. 1346 ff. des Hauptgutachtens). Auch die Rolle des Regionalprinzips ist aus Sicht der Monopolkommission differenziert zu sehen. Als Element einer autonomen Geschäftsstrategie trägt dieses Prinzip zu einem regional breit gefächerten Angebot der Verbundgruppen bei. Jedoch begegnet es schwerwiegenden Bedenken, dass die gesetzliche Ausgestaltung des Regionalprinzips die Primärinstitute der Sparkassengruppe daran hindert, ihre Geschäftstätigkeit vollauf selbstständig auszugestalten (vergleiche Tz. 1923 ff. des Hauptgutachtens).

Schließlich muss auch zwischen der Wettbewerbsproblematik aufgrund von Marktelementen wie dem gesetzlichen Regionalprinzip einerseits und der Gefahr eines "Too-big-to-fail" anderseits unterschieden werden. Bei Regelungen wie dem gesetzlichen Regionalprinzip handelt es sich letztlich um Wettbewerbsbeschränkungen im klassischen Sinne, die die vorhandenen Marktstrukturen gegen den Wettbewerb schützen und somit auch zur Verkrustung von Märkten beitragen können. Bei der "Toobig-to-fail"-Problematik geht es hingegen darum, dass Marktteilnehmer von einer Bestandsgarantie profitieren. Diese Garantie hat vor allem mit Blick auf mögliche Krisen Bedeutung. Sie verschafft zwar den davon profitierenden Banken ebenfalls Wettbewerbsvorteile, etwa aufgrund der dadurch verbesserten Refinanzierungsmöglichkeiten. Diese Wettbewerbsvorteile sind nach den bestehenden Wettbewerbsregeln aber nur schwer fassbar und müssen daher eher aufsichtsrechtlich angegangen werden (zum Beispiel über die SRM-Regeln; dazu Tz. 1400 ff., 1469 ff. des Hauptgutachtens).

Vor diesem Hintergrund ist durchaus Ihrer Auffassung beizutreten, dass staatliche Instanzen nicht erforderliche Markteingriffe vermeiden und sich im Wesentlichen darauf beschränken sollten, bei Wettbewerbsverzerrungen und der Übervorteilung der Verbraucher einzuschreiten. Probleme aufgrund des sogenannten Overbanking und der Ertragsschwäche der deutschen Kreditwirtschaft können indessen nicht ohne Weiteres mit Wettbewerbsproblemen gleichgesetzt werden. Die Monopolkommission hat deshalb auch nicht nur gegen verschiedene Elemente der neuen Finanzmarktregulierung Vorbehalte, sondern eben auch gegen das sparkassenrechtliche Regionalprinzip.

Die Monopolkommission verfolgt mit ihrem XX. Hauptgutachten das Ziel, eine aus ihrer Sicht dringend nötige, breitere Diskussion über den Wettbewerb als Ordnungsprinzip auf den Finanzmärkten anzustoßen."

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