Aufsätze

Lösung von Unternehmenskrisen im Zusammenspiel von Unternehmer, Berater und Bank

Von der Existenzgründung über die weitere Expansion bis hin zum etablierten Unternehmen baut sich aufgrund der meist langjährigen Zusammenarbeit ein besonderes Verhältnis von Unternehmen zur Hausbank auf. Gerät der Firmenkunde in eine wirtschaftliche "Schieflage", wird der Firmenkundenberater fortan von einem Sanierungsspezialisten begleitet, zusätzlich wechselt die Kreditkompetenz in den Sanierungsbereich der Bank. Die Kreditkonditionen können sich mit einer Abwertung im Rating deutlich verschlechtern, da die Bank gehalten ist, ihre Kreditforderungen risikoorientiert zu bepreisen. Kurzum: In der Krise gelten neue Spielregeln.

In einem schon prekären Stadium möchte der Unternehmer die Krise oftmals verdrängen und weist typischerweise der Hausbank eine gehörige Portion Mitschuld zu. Zuerst habe sie zu unkritisch Kredite gewährt und dann die Krise durch abgelehnte Neuanträge verschärft. Dabei wissen viele Unternehmer nicht, dass Banken in Krisensituationen ihrer Kunden zusätzliche Kredite nur vergeben dürfen, sofern ein objektives Sanierungsgutachten die grundsätzliche Sanierungsfähigkeit des Betriebs dokumentiert. Die Finanzierung weiterer Verluste mit der Folge einer potenziellen Schädigung der übrigen Gläubiger durch die Bank würde beträchtliche Haftungsrisiken nach sich ziehen. Zunächst muss deshalb die Frage geklärt werden, ob das kriselnde Unternehmen überhaupt eine Perspektive hat.

Die Rolle des Beraters: Erfolgschancen verbessern

Zur Bearbeitung dieser komplexen Aufgaben muss vielfach ein externer Berater eingeschaltet und mit der Erstellung eines Sanierungsgutachtens beauftragt werden. Nur wenn die Prognose positiv ausfällt und eine Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig durch Zuführung von Eigenmitteln und sonstiger Liquidität vermieden werden kann, darf eine Bank die Kredite verlängern oder neu vergeben. Die Beauftragung eines Beraters wird allerdings von Seiten der Unternehmensleitung oftmals als überflüssig empfunden. Der Unternehmer ist davon überzeugt, dass er sein Geschäft besser versteht als jeder kurzfristig engagierte und zudem teure Berater. Außerdem ist er der Ansicht, der Berater vertrete vorrangig die Interessen der Bank(en).

Will das Unternehmen seine Kreditgeber jedoch von der eigenen Zukunftsfähigkeit überzeugen, ist die Zusammenarbeit mit einem externen Beratungsteam nahezu unvermeidlich. Die Praxis zeigt klar, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Krisenmanagements mit dem Umfang des Einsatzes externer Akteure wie Unternehmensberater ansteigt. Von wesentlicher Bedeutung ist, dass Datentransparenz geschaffen und ein Sanierungskonzept erarbeitet werden, wie eine umfassende Umfrage bei Bankentscheidern über alle Institutsgruppen aus 2001 zeigt. Die Sanierungschancen erhöhen sich erheblich, wenn der Gesundungsprozess in der Kon-zept-, aber auch Umsetzungsphase systematisch durch Berater unterstützt wird (Sven David, Externes Krisenmanagement aus Sicht der Banken, 2001). Die im Beratungsgutachten fixierten Maßnahmen müssen daher konsequent konzipiert und zuverlässig umgesetzt werden.

Dies zeigt auch eine aktuelle Studie von Roland Berger mit der Restrukturierungsbefragung von 520 Unternehmen aus verschiedenen Branchen in 2006 (Roland Berger, Restrukturierung in Deutschland, 2006). Ein ganzheitliches entschlossen umgesetztes Sanierungskonzept erweist sich als Schlüssel zu einem Sanierungserfolg. Deshalb erwarten Banken typischerweise den Einsatz eines externen Managers, der als CRO (Chief Restructuring Officer) die Sanierung vorantreibt. Dessen Engagement hat neue Vorurteile und Konflikte auf Seiten des Unternehmers zur Folge. Denn Interimsmanager gelten häufig als solche Führungskräfte, die keine (Dauer-)Verantwortung übernehmen, dafür aber gerne eine "schnelle Mark" machen wollen.

Die Rolle der Bank: bei der Lösungssuche helfen

Die Kompetenz einer Bank drückt sich vor allem auch in dem fundierten Verständnis der Geschäftsmodelle ihrer Firmenkunden aus. Gewöhnlich begleitet der Bankmitarbeiter den Firmenkunden über einen langen Zeitraum. Daraus entwickelt sich sein Anspruch, den handelnden Unternehmer in seinem speziellen Umfeld wirklich zu verstehen.

Auch wenn die Verantwortung in der Krise an Spezialisten aus der Restrukturierungsabteilung übergeht, sollte der Firmenkundenbetreuer weiter mit am Tisch sitzen und die Suche nach adäquaten Lösungen unterstützen. Ein möglicher Verkauf der problembehafteten Kreditforderung und damit die endgültige Beendigung der meist langjährigen Geschäftsbeziehung zum Kunden sollte für die Bank grundsätzlich nicht die bevorzugte Alternative sein, sondern allenfalls die Ultima Ratio.

Die Rolle des Unternehmers: schnell und konsequent handeln

Die Kompetenz eines Firmenkunden drückt sich darin aus, die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen schnell und konsequent zu treffen. Dabei sind sich kompetente Unternehmer stets ihrer Verantwortung für das eigene Tun bewusst. Sie suchen bei Misserfolgen nicht die Schuld bei anderen und haben Verständnis für das Verhalten ihrer Bank, selbst wenn diese auf bestimmte Sachverhalte mit temporären kreditwirtschaftlichen Restriktionen reagiert. Sie wissen, dass eine Bank nur dann neue Kreditmittel gewähren kann, wenn der hierfür zu erbringende Kapitaldienst nachhaltig gesichert ist. Sie begreifen auch, wie wichtig den Banken das Vertrauen in die handelnden Personen ist und wie entscheidend angemessene finanzielle Eigenbeiträge für die Akzeptanz und die Glaubwürdigkeit eines Sanierungskonzeptes sind.

Hierbei müssen Kunde und Bank sich darauf verlassen können, dass Vereinbarungen von der jeweils "anderen Seite" eingehalten werden. Andernfalls kann eine Unternehmenskrise leicht eine Vertrauenskrise in der Kunde-Bank-Beziehung nach sich ziehen. Sowohl auf der Fachebene als auch auf der Beziehungsebene wäre dann bisweilen das Gesprächs- und Verhandlungsklima nachhaltig gestört.

Kooperation in der Krise

In Krisenphasen ist in besonderer Weise die Fähigkeit der Bank zum "Leadership" gefordert. Dies gilt speziell bei der Sanierungseinleitung, der Empfehlung geeigneter Berater und der sich oft anschließenden Gläubigerpool-Bildung. Sanierungsspezialisten zeichnen sich durch absolute Professionalität, schnelles und konsequentes Agieren, gute Kommunikation und exzellente Vernetzung aus. Ihre komplexe Dienstleistung, die oftmals auseinander driftenden Interessen zu bündeln oder miteinander in Einklang zu bringen hat, ist arbeitsintensiv und zeitaufwendig.

Natürlich ist nicht nur die Bank in der Krisensituation zu besonderen Dienstleistungen herausgefordert, auch der Firmenkunde muss sich der neuen Situation offensiv stellen. Je aktiver der Unternehmer die neuen Rahmenbedingungen wahrnimmt und den erforderlichen Veränderungswillen aufbringt, desto größer sind die Sanierungschancen.

1. Schritt: Stabilisierung - Während die Banken die finanzwirtschaftliche Sanierung des betreffenden Unternehmens tragen, steuern die Berater die leistungswirtschaftlichen Maßnahmen bei. Finanzwirtschaftliche Sanierung bedeutet vorrangig die Absicherung der Liquidität in der Prüfungsphase der Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit.

2. Schritt: Sanierung - Anschließend ist die Umsetzung der Sanierung mit zusätzlichem Gesellschaftskapital und auch mit Fremdkapital zu unterstützen. Zu diesem Zweck wird oft die Bildung eines Gläubigerpools angestrebt. Ziel ist es zum einen, die weiteren beteiligten Banken, Lieferanten und Kreditversicherer in die Sanierung einzubinden, um einen Ausstieg einzelner Gläubiger zu vermeiden. Zum anderen dient eine Poolbildung der Bündelung von Sicherheiten und der Aufteilung für den Fall einer Insolvenz. Dies wird gestützt durch eine Untersuchung aus 2003, die zeigt, dass die schnelle Bildung eines Bankenpools den Sanierungserfolg erheblich begünstigt (Dr. Wieselhuber & Partner GmbH, Erfolgsfaktoren der Unternehmenssanierung, 2004).

Die Poolführung wird meist von der Hausbank übernommen. Die Tätigkeiten eines Poolführers sind komplex und müssen professionell gemanagt werden. Auch in der Krise geht es nicht um Egoismus versus Altruismus, sondern um die Begrenzung von Risiken und Verlusten einerseits und die angemessene Honorierung dazu erforderlicher Dienstleistungen andererseits. Dieser nüchterne Zusammenhang spiegelt sich in der Organisation von Restrukturierungsbereichen der Banken als Profitcenter wider.

Erfolgsfaktoren für die Sanierung Nachhaltige Sanierungserfolge können nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auf drei maßgebliche Ursachen zurückgeführt werden:

1. Antizipationsfähigkeit der Bank: Die Fähigkeit einer Bank, negative Entwicklungen auf Seiten des Firmenkunden frühzeitig zu erkennen und gezielt darauf aufmerksam zu machen bis hin zur Einleitung einer Sanierung und Bildung eines Gläubigerpools.

2. Veränderungsbereitschaft des Unternehmers: Die Firmenkunden muss notwendige Veränderungen konsequent vornehmen und eigene finanzielle Beiträge leisten.

3. Qualität des Beraters: Ein professioneller Berater sollte eine qualifizierte Fortführungsprognose erstellen und die empfohlenen Sanierungsmaßnahmen stringent umsetzen.

Die Binsenweisheit: "Vorbeugen ist besser als Heilen" gilt auch für das unternehmerische Handeln. Das frühzeitige Erkennen negativer Entwicklungen im internen und externen Unternehmensumfeld sowie das pro-aktive Agieren des Managements beugen einer Schieflage am sichersten vor. Daher liegt es nahe, eine systematische, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Firmenkunde, Bank, Berater und Interimsmanager nicht erst in der Krisenphase, sondern weit vorher im Lebenszyklus des Unternehmens anzustreben.

Die Vorstellung einer durch die Bank initiierten und koordinierten Zusammenarbeit ist außerhalb einer Unternehmenskrise eher unrealistisch. Banken gehen davon aus, dass der Firmenkunde "sein" Geschäft selbst am besten versteht. "Blinde Flecken" in der Prozesslandschaft muss die Unternehmensleitung wahrnehmen und beseitigen. Die Suche geeigneter Berater und Projektmanager "auf Zeit" hat das Management zu initiieren. Nur in der Krisenphase findet eine koordinierte Zusammenarbeit auf Initiative der Hausbank statt.

Getreu dem Motto - "dass man die Dinge so nehmen sollte, wie sie kommen, aber auch dafür sorgen sollte, dass die Dinge so kommen, wie man sie nehmen möchte" eröffnet sich für kompetente Berater und Interimsmanager ein weites Feld an Möglichkeiten zur Intensivierung ihrer Zusammenarbeit mit Firmenkunden, auch und gerade außerhalb der Krisensituation. Dass bei der Auswahl geeigneter Kandidaten in besonderer Weise Wert auf Umsetzungsstärke gelegt wird, bietet vor allem Interimsmanagern ein weites Feld an Projekteinsätzen in Unternehmen mit strukturellen Problemen in der Wachstumsphase und ausufernder Komplexität in der Sättigungsphase.

Prof. Dr. Wolfgang Portisch , Leiter Bereich Bank- und Finanzmanagement , Hochschule Emden/Leer, Emden
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