Aufsätze

Neue Finanzarchitektur, Reform der Aufsichtsregeln und Aufsichtspraktiken in Europa: Sind wir auf dem richtigen Weg?

Die Geschichte der Regulierung ist eng mit Finanzkrisen verknüpft. Reflexartig, und dies ist das typische Reaktionsmuster, wird dann über schärfere Regulierung und Aufsicht nachgedacht. Angesichts globaler Finanzmärkte wird derzeit der Versuch unternommen, auf G20-Ebene zu Vereinbarungen zu kommen. Dies ist der richtige Ansatz, aber er bringt auch eine politische Komplexität mit sich, die nur schwer zu bewältigen ist. Vor allem in Europa spielt das Thema Weiterentwicklung der institutionellen Grundlagen der Aufsicht eine zentrale Rolle.

Das unausgesprochene Motto lautet dabei: Ein glaubwürdiger Neuanfang im Bereich der Regulierung und Aufsicht wird nur mit institutionellen Veränderungen möglich sein. Primärziel all dieser Maßnahmen ist es, die Widerstandskraft und Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte zu verbessern, damit Krisen weniger wahrscheinlich sind und weniger gravierende Auswirkungen haben. Niemand stellt dieses Ziel infrage. Allerdings wird - wie selten zuvor - darüber gestritten, was der richtige Weg ist.

Finanzarchitektur I: Neue Aufsichtsbehörden

Das Konfliktpotenzial ist dabei weniger im Bereich der Finanzarchitektur erkennbar, obgleich auch dort erhebliche Veränderungen ins Haus stehen. Die Einrichtung neuer Behörden (European Banking Authority - EBA, European Securities and Markets Autority - ESMA und European Insurance and Occupational Pensions Authority - EIOPA), die erstmals nicht nur beratende Funktionen wie etwa die bestehenden Le-vel-3-Ausschüsse CEBS, CEIOPS und CESR haben, sondern eigene Entscheidungsbefugnisse erhalten sollen, ist ein von der Öffentlichkeit gar nicht wahrgenommener Quantensprung. Man könnte auch sagen, ein Stück Wirtschaftsregierung in Europa.

Die nationalen Aufsichtsbehörden werden im Zuge der Aufsichtsreform einen Teil ihrer Kompetenzen verlieren, und ein bedeutender Meilenstein für weitergehende Integrationsschritte der Finanzaufsicht in Europa ist gesetzt. Die Vorstellungen des Europäischen Parlaments sind dabei sehr weitgehend.

Die primäre Zuständigkeit für die Finanzaufsicht soll bei den europäischen Behörden EBA, ESMA und EIOPA liegen, während die nationale Aufsicht lediglich im Rahmen der Delegation von Aufgaben, durch zum Beispiel EBA, eingeschaltet werden soll. Die Mitgliedstaaten werden dem aus guten Gründen wohl nicht zustimmen, aber die Entwicklungsrichtung hin zu einer Verlagerung von Kernkompetenzen der Finanzaufsicht nach Europa ist damit klar vorgezeichnet.

Soviel Kraft zur Herstellung von mehr Konvergenz in den Aufsichtsregeln und -praktiken wie mit EBA, ESMA und EIOPA vorgesehen, hat es bisher in Europa noch nie gegeben. Bereits in der von der Kommission und dem Rat befürworteten Variante wird EBA Entscheidungskompetenzen haben, zum Beispiel wenn nationale Aufsichtsbehörden unterschiedliche Auffassung zur Auslegung von EU-Richtlinien vertreten, im Krisenfall oder bei der Festlegung von Eckpunkten für die Einlagensicherung. Dies sind keine trivialen Fragen. Aktuell hat EU-Kommissar Michel Barnier die einheitliche Überwachung von Ratingagenturen durch ESMA vorgeschlagen. Ein solcher Schritt scheint wenig kontrovers zu sein. Zugleich ist damit eine deutliche Aufwertung des Finanzplatzes Paris verbunden.

Generell ist nach der Governance-Struktur der neuen Behörden zu fragen. Typischerweise unterliegen Aufsichtsinstanzen direkt oder indirekt einer parlamentarischen Kontrolle. Im Falle von EBA, ESMA und EIOPA soll das offenbar nicht der Fall sein. Sie berichten bestenfalls an die Kommission, also an eine weitere Behörde. Deshalb ist auf ein hohes Maß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Maßnahmen dieser neuen Behörde zu achten.

Finanzarchitektur II: Europäischer Systemrisikorat

Das zweite große Puzzle-Teil der neuen Finanzarchitektur ist die Errichtung des European Systemic Risk Board (ESRB). Mit der verbesserten makroprudenziellen Überwachung der Märkte wird eine Lücke geschlossen, die in der Finanzkrise ins Auge sprang. Selbst wenn jeder einzelne Marktteilnehmer das Gefühl hat, Risiken gut zu steuern, können Entwicklungen, wie beispielsweise ein Austrocknen von Teilmärkten, Risiken in der finanziellen Infrastruktur oder eine rasante Kreditexpansion mit Blasenbildung, systemische Risiken erzeugen. Der ESRB ist unabhängig und kompetent. Dennoch steht er vor mindestens vier großen Herausforderungen, dies sind:

- Die Diagnose von Verwundbarkeiten im Finanzsystem, wie zum Beispiel das Entstehen von Blasen an den Aktien-, Immobilien- und Rohstoffmärkten sowie deren systemische Relevanz.

- Die Kommunikation von Erkenntnissen innerhalb des Kreises von Notenbanken, Aufsehern und europäischen Institutionen. Aber auch die Frage ist zu beantworten, wann und mit welchen Details man an die Öffentlichkeit geht, ohne unerwünschte Marktreaktionen oder gar eine "self-fulfilling prophecy" auszulösen?

- Die Umsetzung von Erkenntnissen. Der ESRB hat zu Recht kein Anweisungsrecht an andere Stellen. Aber wie möchte er mit seinen Analysen politische Schlussfolgerungen bewirken? Das Prinzip "comply or explain" ist ein Anfang, wir werden sehen, ob dies ausreicht.

- Schließlich stellt sich die Frage, ob der ESRB nicht einen Interessenskonflikt zu überwinden hat, denn er besteht im Wesentlichen aus Vertretern von Notenbanken. Werden diese bereit sein, zum Beispiel die eigene Notenbankpolitik mit der gleichen Objektivität zu beurteilen, wie dies bei anderen Handlungsfeldern der Fall ist. Die Finanzkrise war bekanntlich auch durch eine zu expansive Geldpolitik in den USA entstanden.

Wie schwierig diese Aufgaben sind, mag das Beispiel Griechenlands verdeutlichen. Hätte der ESRB die Verschuldung, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit und Probleme eines Landes wie Griechenland als systemisches Thema so frühzeitig aufgegriffen, dass noch ein Handlungsspielraum ohne größere negative externe Effekte bestanden hätte? Oder, hätte der ESRB auf die starke Kreditexpansion in Verbindung mit der Subprime-Krise aufmerksam gemacht? Die Banken unterstützen den ESRB, und der ESRB sollte auch die Stimme des Marktes in seinen Analysen ein angemessenes Gewicht geben.

Dissens über die neuen Regeln

Nun zu dem bis heute sehr kontroversen Teil, den neuen Aufsichtsregeln. An einer Verschärfung des aufsichtsrechtlichen Rahmens für Banken führt kein Weg vorbei, zu tief waren die Verwerfungen in der Krise. Dennoch scheiden sich die Geister, wie weit die Verschärfung gehen soll, mit welchen zeitlichen Fristen sie kommt und welchen Reifegrad die Vorschläge bisher erreicht haben.

Noch nie war die Uneinigkeit zwischen Regulatoren und Banken so groß, wie derzeit. Auf Seiten des Baseler Ausschusses wird gerade in jüngster Zeit mit einiger Vehemenz betont, dass man auf jeden Fall an dem vorgesehenen Zeitplan festhalten werde, das heißt Verabschiedung der im Dezember 2009 zur Konsultation gestellten Vorschläge (im Wesentlichen mehr Eigenkapital in höherer Qualität, verschärfte Abzüge vom Kernkapital und quantitative Liquiditätsvorschriften).

Abgesehen von gravierenden handwerklichen Problemen ist vor allem die Wirkung der Verschärfung in ihrer Gesamtheit viel gravierender als unter anderem von der BIZ behauptet. So äußerte sich der internationale Bankenverband IIF, dass durch die verschärfte Eigenkapitaldefinition, durch die neuen Abzugstatbestände vom Kernkapital, durch die Leverage Ratio und andere anstehende Regeln ein erheblicher Effekt auf die Weltwirtschaft ausgeht; innerhalb der Eurozone geht der IIF von einer Wachstumsabschwächung von fast einem Prozent aus. Demgegenüber betont die BIZ beziehungsweise der dortige Chef-Volkswirt, die Wirkungen auf die Realwirtschaft seien zu vernachlässigen, sie bewegten sich lediglich im Rahmen der üblichen Fehlermarge von 0,5 Prozent, die bei jeder Konjunkturprognose anfielen. Eine Versöhnung beider Positionen ist nicht in Sicht. Vielmehr scheint die Politik - abgesehen von einzelnen Änderungen - fest entschlossen, den ursprünglichen Zeitplan einhalten zu wollen.

Vieles noch unreif

Dabei ist offensichtlich, dass viele Bereiche in Basel einfach noch nicht reif sind, verabschiedet zu werden. Es ist einmalig und überraschend, dass die Regulatoren ohne fertige Vorschläge zu präsentieren und ohne bisher die Auswirkungen zu kennen, eine "Augen-zu-und-durch-Strategie" verfolgen wollen. Das muss nicht schief gehen, aber es kann schief gehen.

Regulierung ist anfällig für zwei Arten von Fehlern: Zum einen kann es passieren, dass Bereiche reguliert werden, die gar nicht reguliert werden müssten. Zum anderen besteht die Gefahr, dass etwas nicht reguliert wird, das reguliert werden müsste oder besser reguliert werden müsste. Beide Fehler haben Auswirkungen auf die Funktionsweise und Stabilität des Finanzsystems. Deshalb bleibt Regulierung eine Kunst.

Das aktuelle Regulierungsprogramm mit all seinen Facetten, nicht nur den Vorschlägen aus Basel, ist so umfangreich und tief greifend wie kaum jemals zuvor. Und der Druck der Öffentlichkeit ist enorm, noch in diesem Jahr härtere Regeln durchzusetzen. Es kann jedoch nicht vordergründig darum gehen, lediglich die Öffentlichkeit zu beeindrucken oder zu beruhigen. Es geht vielmehr um echte Reformen, deren Nutzen und Kosten mit Blick auf Finanzstabilität und Wirtschaftswachstum hinreichend analysiert sind. Vor diesem Hintergrund sollen nachfolgend ein paar Aspekte angesprochen werden, die auch der Frage nachgehen, ob wir auf dem richtigen Weg sind.

Eigenkapital wird überschätzt

Eigenkapital ist wichtig als risikobegrenzendes Element und Puffer für Verluste. Aber Eigenkapital kann diese Funktionen nur gut erfüllen, wenn die aufsichtsrechtliche Risikomessung annähernd richtig ist. Das Problem der Finanzkrise waren nicht zu niedrige absolute Eigenkapitalausstattungen oder gar zu niedrige Kapitalquoten, sondern die nicht erfassten Risiken beziehungsweise Risiken, die mit sehr geringem Eigenkapital zu unterlegen waren. Dabei ging es zum Beispiel um ausgelagerte Risiken in SPVs und SIVs oder hervorragend von Ratingagenturen beurteilte Wertpapiere, deren Underlyings aber nichts wert waren.

Wenn die Risikoerfassung nicht verbessert wird, kann mehr und besseres Eigenkapital nicht die Wirkung bringen, die sich die Politik erhofft. Risiken müssen aufsichtlich besser erfasst werden. Dies kann möglicherweise nicht alles in den Regeln selbst passieren, aber in der Säule 2. Dabei geht es um Bereiche, die rasch wachsen, die hohe Renditen abwerfen und kaum Eigenkapital binden. Dies können Beispiele für erhöhte Risiken sein. Es ginge also darum, Risikopotenziale in den einzelnen Geschäften beziehungsweise ein Misalignment von Regulierung und Risiken rascher zu erkennen als bisher. Dies schützt den Finanzmarkt und die Banken, die sich nicht an einem solchen Risikoaufbau beteiligen, wie Kreditgenossenschaften.

Differenzierung nach Geschäftsmodell, Risiko und Größe essenziell

Die Gefahr ist nicht gering, dass im Zuge des wohl größten Regulierungsprogrammes aller Zeiten zu wenig differenziert wird nach Risiken und Geschäftsmodellen. Banken, die primär private Haushalte und mittelständische Unternehmen finanzieren, müssen anders behandelt werden als Institute, die ihre Ergebnisse vorwiegend aus volatilen Quellen wie dem Investmentbanking erzielen. Zur ersten Kategorie gehören ganz offensichtlich Kreditgenossenschaften und Sparkassen. Differenzierung ist wichtiger denn je: "Low risk and little fun" muss anders behandelt werden als "high risk and great fun".

Lord Turner, Chairman der britischen FSA hat hierzu sehr starke Worte gefunden: " ... some financial activities which proliferated over the last ten years were 'socially useless'".1) Auch wenn man dem strengen Urteil nicht folgen mag, gibt es Beispiele für die Aussage Turners. So ist ein wesentlicher Teil des Handels in Credit Default Swaps (CDS) wohl als Paralleluniversum anzusehen, in dem Banken und andere institutionelle Investoren untereinander handeln, ohne dass ein direkter Bezug zur Realwirtschaft vorhanden wäre. So schwierig dies auch sein mag, es wäre lohnend, die Regulierung des CDS-Marktes zu verbessern. Central Counterparties können dabei ein wichtiger Schritt sein, lösen aber nicht alle Fragen.

Qualität des Regulierungsprozesses

Die aktuell immer wieder angesprochene zeitliche Streckung der Einführung strengerer Kapitalregeln ist notwendig, aber sie ist sicher kein Ersatz für einen adäquaten Regulierungsprozess und angemessene Regeln. Erst müssen die Inhalte stimmen, dann kann man über "phasing-in" sprechen. Ähnlich wie unter Basel II, sollten vielmehr weitere Auswirkungsstudien und später auch Pilotphasen vorgesehen werden. Sobald der Baseler Ausschuss und die EU-Kommission die Ergebnisse der Konsultation und der ersten Impact-Studie zu Basel III in Form veränderter Regeln verarbeitet haben, ist ein weiteres Feedback der Finanzindustrie erforderlich, nicht ein Durchmarsch der Regulatoren. Erst wenn feststeht, dass die betreffenden Regulierungen ihre Ziele erfüllen, sollten die Regeln scharf gestellt werden.

Das Level Playing Field zwischen wichtigen Ländern muss besser gewahrt werden als bei der Einführung von Basel II. Bekanntlich haben die USA bis heute Basel II nicht umgesetzt. Angesichts der Tragweite der Regeländerungen wäre ein erneuter europäischer Alleingang mit erheblichen Wettbewerbsnachteilen für europäische Institute verbunden. Keinesfalls dürfen im Gewand der Regulierung Wettbewerbsnachteile für europäische oder deutsche Banken geschaffen werden. Auch nationale Alleingänge, wie jüngst im Bereich des Verbotes ungedeckter Leerverkäufe oder der Produktinformation für Anleger, sollten auf ein absolutes Minimum beschränkt werden.

"Too big to fail" und "too connected to fail"

Selbst wenn der Schaden für den Finanzplatz Deutschland aus solchen Maßnahmen verkraftbar sein mag, was noch empirisch zu prüfen wäre, ist dies doch nicht die Frage. Vielmehr geht es auch darum, den deutschen Finanzplatz in und nach der Finanzkrise so zu positionieren, dass keine Wettbewerbsnachteile zugunsten von London, Paris oder New York entstehen. Im Bereich der Produktinformation gibt es einheitliche Muster der ZKA-Verbände. Zugleich wird auch in Brüssel über Produktinformationen, zum Beispiel für Investmentfonds, intensiv diskutiert. Dennoch existiert eine Gesetzesinitiative in Deutschland.

Die nächste Finanzkrise wird kommen, auch wenn Zeitpunkt und Auslöser heute noch nicht sichtbar sind. Sie dürfte kaum beherrschbar bleiben, wenn nicht jetzt die Problematik des "too big to fail" beziehungsweise "too connected to fail" gelöst wird. Damit untrennbar verbunden ist die Wiederherstellung von Marktdisziplin, die im Zuge der Krise völlig verloren gegangen ist. Leider sind bisher keine entscheidenden Fortschritte erkennbar, die ein geordnetes Ausscheiden eines größeren Instituts aus dem Markt als glaubwürdige Option vorsehen.

Es ist sehr zu begrüßen, dass die Bundesregierung ein spezielles Insolvenzregime für Banken vorbereitet, das ein frühzeitigeres Eingreifen mit - in aller Regel geringeren Schäden - zum Ziel hat und helfen soll, auch ein großes Institut abwickeln zu können, wenn es nicht mehr überlebensfähig ist. Dabei würden Eigentümer und ungeschützte Gläubiger stärker zur Haftung herangezogen, als dies bisher der Fall war. Skepsis bleibt jedoch. In der Tat gibt es außer Lehman Brothers - kein einziges größeres Institut, das infolge der Finanzkrise abgewickelt worden wäre. Dies, obwohl die FDIC bereits heute weitreichende Möglichkeiten der Abwicklung von Banken hat, die aber bisher lediglich bei kleinen Banken genutzt wurden.

Unabhängig von einem speziellen Insolvenzregime wurden andere Vorschläge in der Öffentlichkeit, weniger von den Regulatoren diskutiert, um das "too-big-to-fail"-Problem besser in den Griff zu bekommen. Dazu gehören:

- Eine schärfere Aufsicht über systemische Institute. Dies ist sicher notwendig, reicht aber allein nicht aus.

- Größenbeschränkungen für Banken (prominente Vertreter sind Paul Volcker, Mervyn King, Richard Fisher und Thomas Hoening), sei es direkt oder über Eigenkapitalzuschläge in Abhängigkeit von der Größe eines Instituts. Damit sollen starke Anreize gesetzt werden, die Unternehmensgröße zu reduzieren.

- Geschäftsbeschränkungen (Trennung risikoreicher Geschäfte von traditionellen Finanzierungen des Mittelstandes und Privater).

- Bedingtes Kapital (Lloyds Banking Group und Rabobank). Viele Aufseher sind hier sehr zurückhaltend, sehen bedingtes Kapital als eine neue Form toxischer Aktiva, die möglicherweise in Fonds eingebracht am Ende den ahnungslosen Retail-Kunden angeboten werden.

Es gibt bisher keine Patentrezepte, wie das Thema "too-big-to-fail" zu lösen ist. Wichtig wäre aber, dass es ernsthaft angegangen wird. Dies ist alternativlos, denn in der nächsten Krise werden die Staaten nicht mehr in gleichem Maße Mittel zur Stützung des Finanzsektors einsetzen können, wie dies in jüngster Zeit der Fall war.

Mehr Denken "outside the box"

Die Regulatoren sind auf einem grundsätzlich richtigen Weg. Der Bankensektor ist nicht gegen Regulierung, sondern unterstützt diese. Dennoch sind Verbesserungen anzumahnen. Es fehlt eine aussagekräftige Auswirkungsstudie und eine Nutzen-Kos-ten-Analyse für die neuen Regeln. Wichtige Vorschläge in Basel sind noch nicht fertig beziehungsweise nicht entscheidungsreif. Wenn primär politisch entschieden wird, leidet die Qualität der Regeln. Unorthodoxe Ideen wie eine Bankenabgabe werden zum Teil zu sehr in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt, obgleich ihre Wirkungen zweifelhaft sind, "moral hazard" verstärkt wird und unangemessene Belastungen insbesondere für nicht systemrelevante Banken drohen. Hier ist die Frage zu stellen, ob ein Alleingang in Europa mangels Einvernehmen auf G20-Ebene unter Wettbewerbsgesichtspunkten vertretbar ist. Marktdisziplin sollte gefördert, nicht behindert werden.

Vorrangig ist deshalb national wie international das "too-big-to-fail"-Problem zu lösen. Dies ist schwieriger, hätte aber einen weitaus größeren Nutzen, als viele andere Vorhaben, die möglicherweise eine Kontrollillusion in der Öffentlichkeit erzeugen. Die Krise ist eine Chance, auch auf dem Gebiet der Regulierung das Richtige zu tun und nicht lediglich traditionelle Ansätze wie Eigenkapital und Liquiditätsanforderungen zu favorisieren. "More of the same" wird nicht ausreichen. Mehr Denken "outside the box" ist gefragt, wenn das Finanzsystem weniger anfällig für Krisen werden soll.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors auf der 4. Konferenz des International Bankers Forum am 17. Juni in Berlin.

Fußnote

1) Speech by Adair Turner, Chairman, FSA, The City Banquet, The Mansion House, London, 22. September 2009.

Gerhard Hofmann , Mitglied des Vorstands , Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X