Aufsätze

Verbundbeteiligung im Genossenschaftssektor - das Beispiel Österreich

In Österreich sind die Volksbanken neben den Raiffeisenbanken ein eigenständiger genossenschaftlicher Bankensektor mit eigenen Verbands- und Verbundstrukturen. Der Volksbanken-Verbund ist landesweit zweistufig organisiert. An der Spitze steht die Österreichische Volksbanken-AG unter anderem mit erfolgreichen Tochtergesellschaften wie der für das Osteuropa- Geschäft verantwortlichen Volksbank International AG. An der Basis sind 64 Volksbanken tätig (Zahlen zum 31. Dezember 2007), die zusammen mit der Bausparkasse ABV rund 674 000 Mitglieder haben. Die Gruppe erreichte 94,6 Milliarden Euro Bilanzsumme, die Primärstufe allein 23,8 Milliarden Euro. National werden 4 903 Personen und insgesamt - mit dem Ausland - 13 637 Personen beschäftigt.1)

Partizipationskapital der Volksbank-Quadrat Bank (VB2)

Als erster dezentraler Sektor in Europa hatte 2006 die österreichische Volksbank Gruppe durch die Volksbank-Quadrat Bank AG (VB2) eine Verbundbeteiligung geschaffen. Die Idee dazu geht bis Mitte der achtziger Jahre zurück, als eine Investmentfondsgesellschaft zum Zweck der gebündelten Aufnahme von Partizipationsscheinen der Kreditgenossenschaften angeregt worden ist.2) Ende 2005 ist die VB² geschaffen worden.3) Deren erste Emission wurde von Mai bis Juli 2006 durchgeführt. Dabei flossen den Instituten der Volksbank Gruppe insgesamt rund 110 Millionen Euro4) Kernkapital durch Ausgabe von Partizipationsscheinen (Volksbank Erfolgsanteile) der VB2 zu, die vor allem Mitgliedern und Kunden der Volksbanken angeboten worden sind. Partizipationskapital wird vom österreichischen Bankwesengesetz (BWG) als Kernkapitalbestandteil anerkannt (§ 23 Abs. 3 Ziff. 8, Abs. 4 BWG) und bietet einen großen Gestaltungsspielraum, ohne in die bestehenden Herrschaftsrechte der Eigentümer einzugreifen.

Die VB2 hat die ihr zugeflossenen Mittel in Partizipationsscheinen sowohl der Volksbanken als auch der Österreichischen Volksbanken-AG mit ihren Tochtergesellschaften veranlagt. Die Volksbank Erfolgsanteile schaffen über die Beteiligung mit Geschäftsanteilen hinaus einen weiteren Beteiligungsanreiz für die Mitglieder und sind eine "Verbundklammer", die sich in das Konzept eines vertikal integrierten Verbundes einfügt, diesen übernahmeresistenter macht und die auch positiv von den Ratingagenturen gewürdigt wird.5)

Mit der Gründung von VB2 ist diese Form der Außenfinanzierung für einen dezentralen Bankensektor möglich geworden. Die österreichische Volksbank Gruppe verfügt damit über eine weitere Stufe für die Kapitalaufbringung, die den Prinzipien der Selbsthilfe, dem verbundlichen Identitätsprinzip und dem Subsidiaritätsprinzip folgt (Abbildung).

Möglichkeiten für weitere Emissionen

An erster Stelle steht die Innenfinanzierung der Volksbanken und der Österreichischen Volksbanken-AG (1.). Hinzu kommen die Instrumente der institutsbezogenen externen Kapitalaufbringung (2.) und an dritter Stelle - subsidiär zu einer Beteiligung an der einzelnen Volksbank die Beteiligung an der Volksbank Gruppe (3.). Dabei handelt es sich um eine erfolgsabhängige Beteiligung mit einer geringfügigen Vermögensbeteiligung. Benchmark ist der 3-Monats-Euribor zuzüglich 130 Basispunkten.

Über die VB2 ergeben sich zunächst zahlreiche Möglichkeiten für weitere Emissionen auf nationaler Ebene:7)

1. Eine Beteiligung am Volksbanken-Verbund über VB2 ist sowohl auf horizontaler Ebene möglich und bezieht sich dann nur auf die Primärinstitute als auch auf vertikaler Ebene und umfasst zum Beispiel auch das Spitzeninstitut und die anderen Verbundunternehmen, insbesondere dessen Tochtergesellschaften.

2. Darüber hinaus bietet es sich mit Blick auf die Verschärfung der Prospektpflicht an, neben Partizipationskapital auch weitere Instrumente der Eigenmittelaufbringung für die Volksbanken zu begeben. Das hat für die einzelne Volksbank gegenüber einer eigenen Emission den Vorteil, dass sie selbst keinen billigungspflichtigen Prospekt nach dem Kapitalmarktgesetz erstellen muss.

Aus Sicht der Genossenschafter (Mitglieder) erweitert sich der Kreis der Beteiligungsinstrumente an der Genossenschaft. Neben den Geschäftsanteil als Nominalpapier, das Partizipationskapital als Substanzpapier und die Instrumente zum Ergänzungskapital treten die Volksbank Erfolgsanteile. Damit lässt sich an den Erträgen aus den Dienstleistungen der gesamten Gruppe partizipieren, die zum Beispiel durch die Volksbank International auch aus dem Osteuropa-Geschäft stammen.

Internationale Dimension

Mittel- bis längerfristig könnten auch grenzüberschreitende Emissionen in Betracht gezogen werden. Damit würde der Kreis potenzieller Eigenkapitalgeber zum Beispiel innerhalb Europas auf andere nationale Märkte ausgedehnt. Vb2 würde sich aber auch als nützlich erweisen, wenn die einzelnen Spitzen- und Spezialinstitute, aber auch die nationalen kreditgenossenschaftlichen Gruppen insgesamt in besonderen Situationen kurzfristig größeren Kapitalbedarf genossenschaftskonform decken müssen.

Auch diese Kapitalmaßnahmen ließen sich durch Emissionen von VB2 mit begleiten oder sogar, sofern dies von den nationalen Gruppen gewünscht wird, für diese vollständig von ihr durchführen. Dann würden auch Volksbanken beziehungsweise Kreditgenossenschaften aus anderen Ländern vom Angebot der Vb² profitieren. Daher hat der österreichische Volksbanken-Verbund beim CIBP-Kongress (CIBP: Confédération Internationale des Banques Populaires/Internationale Volksbanken-Vereinigung) im Oktober 2006 in Paris einen ersten Anlauf unternommen, die CIBP-Mitglieder näher zu informieren, und hat das Angebot vorgestellt.8)

Eine internationale Perspektive

Komplexere genossenschaftliche Strukturen erfordern auch darauf ausgerichtete Eigenkapitalinstrumente. Dabei sind im internationalen Kontext die nationalen Besonderheiten zu beachten. Das Beispiel der österreichischen Volksbank Gruppe zeigt, wie eine Verbundbeteiligung über ein zu diesem Zweck errichtetes Emissionsinstitut, die Volksbank-Quadrat Bank AG, hergestellt werden kann und wie diese Beteiligung zum Beispiel mit Partizipationskapital gemäß BWG gelingt.

Eine Verbundbeteiligung bietet eine Alternative zum Börsengang im genossenschaftlichen Verbund. Sie kann stärker erfolgs- oder vermögensorientiert gestaltet sein. Es wäre nicht erforderlich, zusätzliches Kapital über den externen Kapitalmarkt aufzunehmen. Denn dadurch würde die Selbstständigkeit eines Verbundunternehmens einem verbundfremden Einfluss ausgesetzt. Vielmehr wird die Beteiligungsbereitschaft der bisherigen Mitglieder angesprochen, und es werden neue Mitglieder und Kunden auf den Verbund aufmerksam und für ihn interessiert. Ein Emissionsinstitut vereinfacht es regelmäßig Emissionen zu realisieren, die durchaus auch verschieden ausgestattet sein können. Dabei ist sowohl an Emissionen zu denken, die nur bestimmte Verbundunternehmen einbeziehen, wie auch an Emissionen, die verschiedene Eigenkapitalqualitäten verbriefen.

Ein Verbundbeteiligungsinstrument erschließt den Mitgliedern über die Beteiligungsinstrumente an der einzelnen Kreditgenossenschaft hinaus eine Beteiligung an den Unternehmen des Verbundes und stärkt zugleich die Selbstständigkeit der Institute wie auch die Unabhängigkeit des Verbundes. Der Vorschlag eines Verbundbeteiligungsinstrumentes wäre grundsätzlich auf andere im Verbund arbeitende Genossenschaften im nationalen Maßstab übertragbar, kann aber auch eine internationale Dimension erhalten. Die Eigenkapitalbasis einer Genossenschaft beziehungsweise der anderen Verbundunternehmen wird durch zusätzliches Eigenkapital vor allem der Mitglieder und Kunden gestärkt, ohne einen die Identität des Institutes gefährdenden Rechtsformwechsel vornehmen zu müssen.

Die Kreditgenossenschaften erhalten ein Angebot, mit dem sie in der genossenschaftlichen Rechtsform den künftigen Eigenkapitalanforderungen - gerade auch im nationalen Verbund, aber auch grenzüberschreitend - besser entsprechen können.

Dr. Holger Blisse , Wirtschafts- und Sozialanalytiker, Wien
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