Wirtschaftliches Prüfungswesen

Ein vorausschauender Banker liefert sich der Prüfung nicht aus, er begegnet ihr vorausschauend auf Augenhöhe. Dem entspricht das übliche Verhalten nicht: Entgegennahme von Meinungen, Bewertungen und Prüfungsberichten ohne stringente fachliche Diskussion. Nicht nur die Bilanzpolitik, die bei verständiger Auslegung des HGB möglich ist, bildet ein Instrument der Vorstandsstrategie, sondern die versierte Auseinandersetzung mit den Prüfern. Bei der Bedeutung der Abschlussprüfung ist es unverständlich, dass Literatur zur Unternehmensprüfung Seltenheitswert hat. Der Graumann ist gerade für den Banker ausgezeichnet geeignet: Seine systematische Darstellung bietet alles, was man benötigt, um Vorgehensweise und Resultate des Prüfers analysieren und auf sie Einfluss nehmen zu können. Sämtliche Prozessschritte der Abschlussprüfung werden vollständig und nachvollziehbar behandelt.

Bankprüfung - Pflichten des Prüfers

Das Werk hat hohe Relevanz für Genossenschaftsbanken und Sparkassen, weil bei den Prüfungsverbänden und Prüfungsstellen heute überwiegend Wirtschaftsprüfer in verantwortlicher Position tätig sind, Verbände und Prüfungsstellen gemäß ihrer Geschäfts- und Auftragsbedingungen die Wirtschaftsprüferordnung (WPO) zu Grunde legen und gegebenenfalls danach haften. Von daher sind für den Leser bereits die Kapitel über die "Berufspflichten des Wirtschaftsprüfers" (Unabhängigkeit, Gewissenhaftigkeit), "Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle" interessant. Für sie gelten die §§ 63e ff. GenG - die in der Genossenschaftsliteratur zumeist fehlenden Erläuterungen finden sich erfreulicherweise in dem Band von Graumann. In diesem Zusammenhang könnten die Ausführungen des Verfassers zu Ausschlussgründen und Abberufung des Prüfers für den Leser von Interesse sein.

Systematik der Prüfung

Bei den "Grundlagen der Abschlussprüfung nach HGB" werden ausdrücklich die Kreditinstitute, und dort Genossenschaften und "Öffentliche Unternehmen", genannt. Für sie sind die Ausführungen des Verfassers bezüglich der "Prüfungsstrategie und Prüfungsplanung" relevant. Das gilt insbesondere für die "Prüfung des IKS", des "Wesentlichkeitskonzepts", die Prüfungshandlungen, die Prüfungsnachweise und die Abfolge der Prüfungshandlungen. Der Rezensent hat bei seiner Beratertätigkeit für Banken häufig festgestellt, dass die Prüfung mehr oder weniger nach Beliebigkeit erfolgt - die Forderung des Vorstands auf Vorlage eines Prüfungsplanes ist sehr berechtigt und notwendig.

Im Übrigen ist es ohnehin Pflicht des Prüfers beziehungsweise Prüfungsdienstleiters, einen Prüfungsplan zu erstellen und diesen mit den Geschäftsleitern abzustimmen (siehe dazu: Glenk, Genossenschaftsrecht - Systematik und Praxis des Genossenschaftswesens, Verlag C.H. Beck). Es ist erfreulich, dass sich in dem Werk von Graumann erhellende Ausführungen zur Planung von Abschlussprüfungen finden. Von hoher Relevanz sind die Kapitel zur "Risikoanalyse" und "Prüfung des Lagerberichts". In der Beratungspraxis fällt häufig auf, dass Vorständen die Tragweite des Lageberichts nicht bewusst ist. Dabei bilden Jahresabschluss und Lagebericht eine Einheit für Rechenschaftspflicht und Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat.

Kommunikation mit dem Prüfer

Graumann erläutert auf fast 100 Seiten, die "nicht jahresabschlussbezogenen Prüfungsobjekte", nämlich Lagebericht, Prüfung des Risikofrüherkennungssystems und Prüfung der Geschäftsführung. Weiten Raum nimmt die Berichterstattung und Dokumentation der Abschlussprüfung ein. Der Bankmanager erfährt in diesem Hauptkapitel alles, was er in Bezug auf Prüfungsbericht, Bestätigungsvermerk, Kommunikation und Arbeitspapiere des Abschlussprüfers wissen sollte. Daraus ergibt sich ein reichhaltiges Instrumentarium für die Diskussion mit den Prüfungsverbänden und Prüfungsstellen. Ein weiterer Grund dafür, sich das Buch anzuschaffen, besteht darin, dass die BaFin entweder selbst Prüfungen nach den Grundlagen der Wirtschaftsprüfung vornimmt oder ihre Tätigkeit an Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auslagert.

Die systematische Darstellung von Graumann ist ein unverzichtbares Handbuch des wirtschaftlichen Prüfungswesens, auf dem aktuellen Stand der Rechtslage, Rechtsprechung und unter Einarbeitung der wesentlichen Literatur. Ins besondere sind die Neufassungen der HGB, WPO, Berufssatzung der Wirtschaftsprüferkammer und die Satzung für Qualitätskontrolle gemäß § 57c WPO berücksichtigt. Ein Sonderlob für das Lektorat: Es ist gelungen, die komplexe Materie übersichtlich zu layouten; es wird mit Tabellen, Hinweiszeichen, Rastern und Lesehilfen gearbeitet, die Anwendung ist deshalb zügig und zielorientiert möglich. Der Leser wird in die Lage versetzt, die Tätigkeit des Prüfers bis ins Detail nachzuvollziehen, seine Tätigkeit zu hinterfragen und auch auf den Bewertungsprozess konstruktiv Einfluss zu nehmen; die Anschaffung ist ein Muss für jeden Geschäftsleiter und Aufsichtsrat.

Hartmut Glenk, Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin

Graumann, Wirtschaftliches Prüfungswesen. Lehrbuch, Handbuch, XXXI 996 S. nwb-Verlag, 5., vollständig überarbeitete Auflage 2017, ISBN 978-3-482-57295-1; 42,90 Euro.

Quelle: NWB Verlag

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