Stabilitätsrisiken gestiegen

Quelle: Europäische Zentralbank

 

Die Maßnahmen der Politik haben trotz der immensen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie (Covid-19) dazu beigetragen, einen Stillstand des Finanzsystems zu verhindern. Gleichwohl haben die Folgen für Wirtschaft und Märkte - wenngleich die Infektionszahlen in vielen Ländern sinken - bestehende Anfälligkeiten für die Finanzstabilität im Euroraum ans Licht gebracht und verstärkt. Dies geht aus dem Finanzstabilitätsbericht der EZB vom Mai 2020 hervor. Stabilitätsrisiken könnten entstehen, wenn in früheren Berichten festgestellte Anfälligkeiten mit der Pandemie zusammenwirken. Dies gilt etwa für überbewertete Vermögenspreise, fragile Investmentfonds, die Tragfähigkeit der Staats- und Unternehmensverschuldung sowie eine schwache Ertragslage der Banken.

Als sich das Virus Ende Februar weltweit ausbreitete, kam es an den Finanzmärkten zu einem dramatischen Rückgang der Preise für Vermögenswerte, einer starken Zunahme der Volatilität, Illiquidität an einigen wichtigen Märkten und einer allgemeinen Verschärfung der Finanzierungsbedingungen. Marktreaktionen wurden dadurch verstärkt, dass Investmentfonds Vermögenswerte veräußern mussten, um hohe Kapitalabflüsse decken zu können. Die Maßnahmen der Zentralbanken weltweit, insbesondere die Ankündigung der EZB über die Durchführung umfangreicher Wertpapierankäufe (im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors und des Pandemie-Notfallankaufprogramms), leisteten einen Beitrag zur Stabilisierung der Marktbedingungen.

Ungeachtet der deutlich verbesserten Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung seit der globalen Finanzkrise sanken die Bewertungen der Banken auf Rekordtiefstände, und die Refinanzierungskosten stiegen an. Darin kam sowohl die Eintrübung des konjunkturellen Ausblicks zum Ausdruck als auch eine wesentlich höhere Unsicherheit über die Ertragsaussichten und die Werthaltigkeit der Vermögenswerte in den Bilanzen der Banken im Euroraum. Deren Eigenkapitalrendite für 2020 wird nunmehr deutlich niedriger eingeschätzt als vor der Pandemie. Hierin spiegeln sich die veränderten Gewinnerwartungen der Unternehmen und ein geringeres Einkommen aus dem Neugeschäft wider.

Die Banken dürften von den Maßnahmen der Aufsichtsbehörden im gesamten Euroraum profitieren. So wurden die Eigenkapitalanforderungen gelockert und den Instituten mehr operative Flexibilität gewährt, um die Kreditversorgung der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus empfahl die Bankenaufsicht der EZB den Kreditinstituten, vorübergehend von Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufen abzusehen, die Verlustabsorptionsfähigkeit zu stärken und eine Reduzierung der Kreditvergabe zu vermeiden. Diese Kapitalmaßnahmen dürften Bestand haben, bis die Konjunkturerholung Fuß gefasst hat.

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