Von allen nur das Beste: themenzentrierte Kooperationen als Zukunft der Regionalverbände

Reinhard Boll, Foto: SGVSH

Wenn im Sparkassensektor von einer besseren Arbeitsteilung gesprochen wird, richtet sich der erste Blick meist auf die Zusammenarbeit zwischen den Ortsbanken und den Landesbanken oder anderen Verbundunternehmen. Dass es auch zwischen dem DSGV und den Regionalverbänden ein großes Potenzial zur Vermeidung von Doppel- und Mehrfacharbeiten gibt, wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft ausgeblendet. In der Praxis spielen Verbandskooperationen aber sehr wohl eine Rolle. Aus Sicht des Autors konnten in den vergangenen Jahren durch Partnerschaften zwischen Regionalverbänden Doppelstrukturen abgebaut und bereits deutliche Effizienzsteigerungen erzielt werden. Kooperation kann Vertrauen erzeugen, Vertrauen kann Zustimmung bringen und Zustimmung kann Verbindlichkeit schaffen, so skizziert er die Erfolgskette gelungener Kooperationen und ermuntert zur Ausschöpfung der weiteren Möglichkeiten - durch mehr Mut, Neues auszuprobieren, mehr Zusammenarbeit zu wagen und besonders, alte Strukturen hinter sich zu lassen. (Red.)

Keiner kann alles alleine schaffen. Ein einzelner Kandidat gewinnt zwar eine Wahl. Dafür benötigt er aber die Unterstützung eines Wahlkampfteams. Eine einzelne Schwimmerin gewinnt zwar eine Olympia-Medaille. Dafür benötigt sie aber die Unterstützung eines Trainerstabs, der sie betreut. Und Filialmitarbeiterinnen und -mitarbeiter beraten jeden Tag viele Kundinnen und Kunden. Dafür benötigen sie aber die Unterstützung guter Vertriebsabteilungen.

Kurz: Ohne Zusammenarbeit gibt es keinen Erfolg. So banal dies klingen mag, so komplex ist es. Eine kluge Arbeitsteilung ist dabei oft der zentrale Schlüssel, damit Individuen und Gruppen überhaupt Erfolg haben können.

Akzeptanz der Stärken und Schwächen aller Partner

Komplex wird es spätestens dann, wenn die Zusammenarbeit anderen einen Vorteil verschafft. Sich selbst zurückzunehmen, anderen den Vortritt zu lassen, fällt oft schwer. Der Gedanke an den eigenen Vorteil liegt oftmals am nächsten, und der Wert gegenseitiger Unterstützung wird nicht selten erst dann erkannt, wenn man ohne Hilfe nicht weiter kommt oder Dritte dank einer Kooperation nachgewiesen erfolgreich sind.

Auch in vielschichtig strukturierten Organisationen wie Unternehmen und Verbänden geht nichts ohne Zusammenarbeit, Arbeitsteilung, Absprachen, Regeln und auch deren Kontrolle. Wir sind, bei allem Bestreben nach persönlichem Erfolg und gleichzeitig dem Wunsch nach gerechter Verteilung von Macht und Ressourcen, auf Kooperationen angewiesen.

Zielgerichtete Kooperationen sind ein grundlegendes Prinzip in arbeitsteiligen Systemen, um Leistungen in Gruppen zu steigern und effizient Ziele zu erreichen. Kooperationen haben dabei Vorbedingungen, die für manche jedoch schwer zu schlucken sind.

Erfolgsketten gelungener Kooperationen

Es geht darum, sich trivialer Vergleiche möglichst zu enthalten: wie viel bekomme ich, wie viel bekommst du? Grundvoraussetzung ist, die Bereitschaft, die Stärken und Schwächen aller Partner zu akzeptieren. Mit Transparenz und Offenheit wird ein Schuh daraus: Schwächen sind die Wachstumsfelder, an denen Kooperationspartner gemeinsam arbeiten müssen, um im Laufe der Zeit mehr aus der Partnerschaft zu erwirtschaften, als alleine möglich wäre.

Dieses Grundrezept menschlichen Zusammenwirkens gilt es zukünftig themenzentrierter zu berücksichtigen. Kooperationen beherzt zu ergreifen und dabei auch das Risiko einzugehen, nicht zwingend die erste Geige zu spielen, ist von immer größerer Bedeutung für die Zukunft: Knappere Ressourcen, komplexere Strukturen und rasant wachsende Datenströme bringen Herausforderungen, die nur durch ziel- und themenorientierte Kooperationen gemeistert werden können. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass jeder Kooperationspartner sein Bestes in die Partnerschaft einbringt und nicht nur seine Schwächen auszugleichen sucht. Nur dann erzeugt eine Kooperation Vertrauen, kann Vertrauen Zustimmung bringen und Zustimmung Verbindlichkeit schaffen. Das garantiert gute Ergebnisse und bildet die Erfolgsketten gelungener Kooperationen.

Bereits seit 2013 pflegt der Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein (SGVSH) zusammen mit dem Ostdeutschen Sparkassenverband (OSV) eine Verbandskooperation, in die beide Partner unterschiedliche Kompetenzen einbringen. In der Präambel der Kooperation heißt es, dass der "SGVSH sich künftig auf seine Kernaufgaben in den Feldern Prüfung, Prävention und Monitoring von Sparkassen, Beteiligungsmanagement, juristische Beratung, Interessenvertretung und gesellschaftliches Engagement konzentrieren" möchte. Die Beratung der Mitgliedssparkassen des SGVSH in markt- und betriebswirtschaftlichen Fragen soll dagegen von anderen Regionalverbänden wahrgenommen werden. Seither konnten wesentliche Synergieeffekte erzielt werden. Doppelstrukturen wurden abgebaut und die Effizienz beider Partnerverbände deutlich gesteigert.

Die Potenziale der Finanzgruppe konsequenter nutzen

Diese Kooperation hat viele positive Entwicklungen möglich gemacht, die die Partner alleine nicht erreicht hätten. Als Dienstleister der Sparkassen will der SGVSH zielorientiert und kompetent, themenzentriert und passgenau Leistungen anbieten und seinen Service weiterentwickeln. Der Gedanke, partnerschaftlich zusammenzuarbeiten hat sich dabei als richtiger Ansatz erwiesen, dessen Potenzial aber noch lange nicht ausgeschöpft ist. Gerade die Fokussierung des SGVSH auf seine Kernaufgaben im Präventions- und Beteiligungsmanagement bietet Potenzial, Kooperationen auszubauen - sowohl bilateral als auch bundesweit.

Fünf Jahre nach der Kooperationsgründung haben sich die wirtschaftliche Situation und die Anforderungen der Sparkassen deutlich verändert. Die externen Bedingungen zeigen sich unter anderem in einem starken Wandel der Bedürfnisse und Erwartungen der Kundinnen und Kunden. Und damit verändern sich auch fortlaufend die gruppeninternen Rahmenbedingungen - nicht zuletzt durch die regionalspezifischen Besonderheiten.

Ganz wesentlich zur Veränderung tragen die sich immer weiter ausdifferenzierenden Angebote der Verbundpartner der Sparkassen-Finanzgruppe bei. Unternehmerische Einheiten wurden gegründet und etablieren sich, erbringen am Beispiel der Sparkassen Rating und Risikosysteme GmbH oder auch S-Payment GmbH aktuell fast schon mehr Angebote, als die Sparkassen und ihre Regionalverbände umsetzen oder am Markt platzieren können.

Der Bedarf an Kooperationen wächst somit auch aus der Gruppe selbst heraus. Dies ist im besten Sinne ein wichtiger Anlass, um inne zu halten und bisherige Prozesse und den gemeinsam erreichten Status zu hinterfragen. Denn keine Kooperation kann nachhaltig für alle Partner wirken, wenn ihre Prozesse und Ergebnisse nicht regelmäßig evaluiert werden. Für den Erfolg von Kooperationen ist es essenziell, die eingangs aufgezeigte Kette auf ihre Stabilität und zugleich Elastizität zu prüfen.

Erzeugt die Kooperation noch das bisher aufgebaute Vertrauen? Kann dieses Vertrauen die nötige Zustimmung zur Kooperation bringen und schafft diese Zustimmung die wichtige Verbindlichkeit und Überzeugung, weiterhin in der aktuellen Konstellation zusammenzuarbeiten? In fast jedem Evaluationsprozess wird die Antwort lauten: Ja! Und: Nein. Vieles wird erfolgreich gelaufen sein und das eine oder andere muss neu ausgerichtet werden.

Schon Henry Ford wusste: "Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ein Erfolg." Das Zusammenkommen - wie die Kooperation zwischen SGVSH und OSV - war ein sehr guter Start. Das Zusammenbleiben ist bis zum heutigen Tag bereits ein Erfolg, den beide weiter fortschreiben wollen. Das Zusammenarbeiten in Fords Sinne bringt aber zusätzliche und stetig neue Herausforderungen, die von nur zwei Partnern nicht immer alleine zu stemmen sind. Die Potenziale, die die Sparkassen-Finanzgruppe, ihre Regionalverbände und Verbundpartner bieten, müssen noch konsequenter genutzt werden. Dabei darf es nicht mehr nur darum gehen, zusammen mehr zu erreichen, als es ein Verband alleine je könnte. Das Ziel, zukünftige Herausforderungen anzunehmen und zu meistern, liegt besonders in der themenzentrierten Kooperation.

Doppelstrukturen vermeiden oder abbauen

Alle Regionalverbände verfügen über Stärken und Fähigkeiten, die anderen nützen. Einige sind zum Beispiel auf den Gebieten Vertrieb, Banksteuerung oder Marketing führend, andere möchten hier Doppelstrukturen vermeiden oder abbauen. Diese Ausgangslage ist prädestiniert dafür, gemeinsam allem gewachsen zu sein - und nur gemeinsam.

Dabei sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass von ganz allein "zusammenwachsen wird, was zusammen gehört". Im Gegenteil: Es erfordert harte Arbeit, viel Überzeugungskraft, wohldurchdachte Konzepte und einen langen Atem. Vor allem aber erfordert es Mut. Mut, etwas wirklich zu verändern. Dieser Mut liegt zum einen darin, Neues auszuprobieren, mehr Zusammenarbeit zu wagen und besonders, alte Strukturen hinter sich zu lassen.

Es gilt, Kooperationen auf den Feldern einzugehen, wo man als thematisch federführender Teil der Sparkassen-Familie seine Leistungen gern anbietet und in anderen Bereichen Unterstützung und Ergänzung benötigt. Der SGVSH geht mit Verbandsinitiativen voran, und nutzt zukünftig neue Strukturen themenzentrierter Kooperationen - für das Wohl und im Interesse der Sparkassen mit passgenauen und innovativen Leistungen.

Reinhard Boll

Verbandsvorsteher, Geschäftsführender Präsident, Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein, Kiel

Reinhard Boll , Verbandsvorsteher, Geschäftsführender Präsident, Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein, Kiel
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