Anlageklasse Infrastruktur: Liquide investieren in Zeiten des Niedrigzinses

Werner Kolitsch, Foto: M&G Investments

Auf der immer schwerer werdenden Suche nach Rendite erschließen sich Investoren immer neue Einnahmequellen in alternativen Assetklassen. Dazu gehört auch das Segment Infrastruktur. Dieses ist laut Kolitsch einer der ganz großen Zukunftstrends. Der Autor zitiert eine Studie, wonach es im Infrastruktursegment bis zum Jahr 2040 eine Investitionslücke von 15 Billionen Dollar gebe. Alleine in Europa fehlen demnach laut EIB bis zum Jahr 2030 335 Milliarden Euro - jährlich. Dem Thema können sich Anleger vielfältig nähern. Während Institutionelle Anleger immer häufiger auch den - weniger liquiden - Weg über Direktinvestments oder über Spezialfonds gehen, könnten Privatanleger über aktiv ge managte Fonds investieren. Kolitsch weist da rauf hin, dass die Anlageklasse in unruhigen Zeiten weniger Volatilität aufweist, dabei aber dennoch gute Renditechancen bietet. (Red.)

Die Renditen zehnjähriger deutscher Staatsanleihen erreichten im Sommer des vergangenen Jahres neue Negativrekorde und fest verzinsliche Anlagen bieten wohl auch zukünftig kaum noch Chancen auf auskömmliche Erträge. Renditeorientierte Investoren erschließen sich daher neue Quellen regelmäßiger Einnahmen in den sogenannten alternativen Assetklassen.

Dazu gehört auch der Infrastruktursektor. Institutionelle Anleger haben diese Gelegenheit bereits für sich erkannt und beteiligen sich häufig direkt an Infrastrukturprojekten, etwa an Windkraftanlagen oder dem Bau von Brücken und Straßen. Mit diesem Weg nehmen sie allerdings auch eine geringere Liquidität ihrer Investments in Kauf. Für die Profis besteht zudem die Möglichkeit, sich über Spezialfonds indirekt in einzelnen Projekten zu engagieren. Aber auch Privatanlegern stehen Wege offen, um die Wachstums- und Ertragschancen, die Investitionen in Infrastruktur bieten, für sich zu nutzen: Zum einen durch die Anlage in Firmen, die direkt oder indirekt von Infrastruktur profitieren. Zweitens durch den Kauf von Aktien börsennotierter Infrastrukturunternehmen. Beides gemanagt in Fonds, die im Gegensatz zur Direktanlage liquide gehandelt werden.

Lebensqualität abhängig von funktionierenden Strukturen

Infrastruktur ist einer der ganz großen Zukunftstrends, weil sie sowohl die Lebensgrundlage der Menschen als auch die Entwicklungsmöglichkeiten ganzer Volkswirtschaften enorm beeinflusst. Für ihre alltäglichen Bedürfnisse brauchen Menschen eine funktionierende Strom- und Wasserversorgung, einen reibungslosen Personennahverkehr oder gut ausgebaute Straßen - nicht nur in den Industrieländern. Missstände gefährden die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern oder medizinischer Betreuung. Auf der politischen Agenda steht das Thema ganz oben, denn der Zustand dieser fundamentalen Strukturen ist in vielen Ländern der Erde noch stark ausbaufähig und behindert ihre gesamte Entwicklung.

Bereits im Jahr 2016 mahnte das McKinsey Global Institute an, dass nicht genug in Infrastruktur investiert wird, um mit dem erwarteten Wirtschaftswachstum Schritt zu halten. Eine Studie des Global Infrastructure Hub der G20-Initiative ergab, dass es weltweit bis zum Jahr 2040 eine Investitionslücke von 15 Billionen Dollar beim Aus- und Aufbau von Infrastruktur geben wird.

Allein in Europa fehlen bis zum Jahr 2030 nach Berechnungen der European Investment Bank jährlich 335 Milliarden Euro. Länder, Städte und Gemeinden können diese Bürde nicht allein schultern. Daher kommt institutionellen, aber auch privaten Investoren eine besondere Rolle bei der Finanzierung zu. Entlohnt werden sie mit der Aussicht auf langfristige und stabile Erträge.

Dabei ist das Thema Infrastruktur vielfältig. Traditionell versteht man darunter die Basisversorgung mit Gebäuden, Wasser, Energie, Straßen oder Schienennetzen. Dazu kommen soziale Einrichtungen, etwa im Gesundheits- und Bildungswesen. Und in einer immer stärker digitalisierten Welt bildet ein reibungsloser, schneller Datenverkehr mit stabilen und sicheren Mobilfunknetzen ein ebenso wichtiges Element. Auch globale Trends, beispielsweise die zunehmende Urbanisierung, haben Auswirkungen auf den zukünftigen Bedarf an passender Infrastruktur. Dabei geht es auch um die Erhaltung von Lebensqualität und den Schutz der Umwelt.

Zukunftstrend Infrastruktur für Anlagen nutzen

Der gesellschaftliche Wandel sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern, technische Innovationen und die Regulierung von Absatzmärkten befeuern den Bedarf an Infrastruktur und bieten Anlegern einen Langzeittrend. Weltweit haben etliche Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen entwickelt, um den daraus entstehenden Herausforderungen zu begegnen.

So eröffnen sich neue Absatzchancen für einzelne Energieversorger, Bauunternehmen oder Dienstleister, die nachhaltige Lösungen, etwa für die Abfallwirtschaft, anbieten. Auch Betreiber von Übertragungsnetzen oder von Strom- und Gasnetzen können vom dringenden Bedarf nach Investitionen in den Ausbau, aber auch in die Erneuerung und Verbesserung der Infrastruktur profitieren.

Nur eine gute Idee reicht nicht

In den Industrieländern liegen die Aufgaben hauptsächlich darin, bestehende Strukturen auf den neuesten Stand der Technik zu bringen und zukunftsfähig zu machen. Dabei ist in den USA der Zustand von Schulen, Schienen oder Stromleitungen besonders marode, sodass es hier bereits politische Anreize auch für private Investitionen gibt. In Schwellenländern geht es dagegen häufig darum, ganz neue Lösungen zu finden, damit das menschliche Zusammenleben nicht zusammenbricht - beispielsweise durch das immer stärkere Bevölkerungswachstum in den Megacitys.

Betreiber sozialer Infrastruktur, wie zum Beispiel börsennotierte Gesundheitsoder Bildungsunternehmen, können ebenfalls interessante Anlageziele sein. Eine weltweit wachsende Mittelschicht fordert zunehmend eine gute Versorgung in diesen Bereichen ein. Außerdem muss den Bedürfnissen der immer älter werdenden Bevölkerung Rechnung getragen werden. Das starke Wachstum der globalen Internet- und Mobilfunknutzung eröffnet Chancen bei Investments in Anbieter aus dem Bereich der digitalen Infrastruktur.

Die Fokussierung der Geldanlage auf Unternehmen, die die Chancen des Zukunftstrends Infrastruktur für sich nutzen, sollte sich allerdings nicht nur einfach auf gute Ideen stützen. Um langfristig erfolgreich zu sein, ist ein konservativer Ansatz ratsam. Bewährte Geschäftsmodelle, die die Schubkraft des Themas für sich zu nutzen wissen, sind gefragt.

Defensiv die Stabilität des Portfolios stärken

Eine zweite Anlagemöglichkeit bietet der Kauf von Aktien börsennotierter Unternehmen, die bedeutende physische Infrastrukturanlagen besitzen oder kontrollieren. Das können Bergbau- oder Minenbetreiber sein, aber auch Eigentümer von Flughäfen, Krankenhäusern und Altenheimen. Dabei sind Firmen aus den Wirtschaftsbereichen Versorgung, Energie und Transport für Anleger grundsätzlich ebenso interessant wie Namen aus der sozialen Infrastruktur. Dazu kommen Titel aus digitalen Geschäftsbereichen wie Kommunikation, Transaktionen oder Lizenzvergabe.

Gegenüber klassischen Aktienanlagen bietet die Anlageklasse Infrastruktur einen bedeutenden Vorteil, denn sie ist insgesamt relativ unempfindlich gegenüber Marktschocks. Ihr defensiver Charakter hat sich gerade in unruhigen Märkten bewährt. Darüber hinaus haben viele dieser Titel das Potenzial, über mehrere Jahrzehnte hinweg stabile, steigende und dabei inflationsgeschützte Cashflows zu generieren, die wiederum für langfristig stabile Dividenden sorgen.

Gute Renditealternative in der Niedrigzinsphase

Sogar gut aufgestellte Versorgungsbetriebe, die sonst eher als defensiv gelten, können von der Umrüstung moderner Gesellschaften auf erneuerbare Energien oder die Entwicklung sogenannter "Smart Grids" für eine intelligentere Steuerung von Stromangebot und -nachfrage profitieren.

Auf lange Sicht haben die starken globalen Wirtschaftsströmungen großen Einfluss auf die Renditen börsennotierter Infrastrukturunternehmen, während sich kurzfristige konjunkturelle Entwicklungen hingegen kaum auf die operative Performance dieser Titel auswirken. Gerade in unsicheren Zeiten von anhaltenden Niedrigzinsen und wachsender Volatilität suchen Anleger nach Alternativen mit guten Renditechancen und überschaubarem Risiko. Investments in Infrastrukturaktien bieten eine langfristig attraktive und liquide Beimischung für das private Depot, besonders, wenn sie in Fonds strukturiert und gemanagt werden.

Werner Kolitsch Country Head Germany & Austria, M&G Investments, Frankfurt am Main
Werner Kolitsch , Head of Germany and Austria , M & G Investments S.A., Frankfurt am Main

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