Digitale Zentralbankwährungen gewinnen an Fahrt

Stefanie Holtze-Jen, Foto: DWS International GmbH

Wie vielen Aspekten der Digitalisierung versetzte die Covid-19-Pandemie der Diskussion um digitale Zentralbankwährungen (CBDC) einen Schub. Kontaktlose Zahlungen waren und sind weiterhin gefragt und so schicken sich Regierungen und Zentralbanken an, den Bürgern auch abseits privater Anbieter eine neue Möglichkeit der Zahlungsabwicklung flächendeckend und für jedermann zugänglich anzubieten. Aber auch zuvor gab es bereits Entwicklungen, die in diese Richtung liefen: Angestoßen durch das Aufkommen und die Zunahme an Relevanz von Kryptowährungen und befeuert durch die Pläne privater Anbieter für weltweit geltende Korbwährungen haben beispielsweise die Europäische Zentralbank, die People's Bank of China und die Federal Reserve seit einiger Zeit Ressourcen in die Erforschung möglicher digitaler Währungen investiert. Holtze-Jen gibt einen Überblick über die derzeitigen Fortschritte, welche die verschiedenen Zentralbanken in jüngerer Zeit erreicht haben und welche Ziele sie mit ihren individuellen Ausgestaltungen von CBDC erreichen möchten. (Red.)

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie ist bekanntlich einiges in Bewegung geraten. Ein wesentlicher Trend sollte dabei nicht übersehen werden: die Beschleunigung der Entwicklung diverser Zentralbankprojekte zum Thema digitale Währungen.

Am 27. Januar 2021 veröffentlichte die Bank for International Settlements (BIS) die Ergebnisse ihres mittlerweile dritten Surveys von 65 teilnehmenden Zentralbanken zum Thema. Von 86 Prozent der sich mit dem Thema Digitale Zentralbankwährungen (CBDC - Central Bank Digital Currency) beschäftigenden Zentralbanken befinden sich viele bereits in fortgeschrittenen Stadien des CBDC-Engagements. Der Übergang von der Konzeptforschung zum Experimentieren hat nun begonnen. Mehr als 60 Prozent der befragten Zentralbanken (gegenüber 42 Prozent im Jahr 2019) gaben an, Experimente oder Proof-of-Concept durchzuführen. 14 Prozent befassen sich bereits mit Entwicklungs- und Pilotprojekten.

Eine digitale Zentralbankwährung ist (zentral) von einer Zentralbank ausgegebenes digitales Geld, das auf die nationale Währungseinheit lautet und stellt eine Verbindlichkeit der Zentralbank dar. Der Zugang zu Zentralbankgeld wird damit einem breiteren Kreis zugänglich gemacht als das bereits für Geschäftsbanken aktuell der Fall ist. Die BIS-Umfrage ergab, dass die Zentralbanken, die zusammen ein Fünftel der Weltbevölkerung repräsentieren, in den nächsten drei Jahren wahrscheinlich eine CBDC herausgeben werden. Darüber hinaus halten 21 Prozent weitere Zentralbanken (2019: 14 Prozent) dies für möglich.

Zum ersten Mal beinhaltete die Umfrage der BIS auch Abfragen zu einer Veränderung der Sichtweise auf das Thema CBDC aufgrund der Covid-19-Krise. Zwar gaben etwa 60 Prozent der Zentralbanken an, dass die Krise ihre Priorität oder die Präferenz zur Ausgabe einer CBDC nicht geändert habe. Aber für jene Zentralbanken, die ihre Meinung änderten, waren die Hauptgründe für die CBDC das Ziel, zukünftig den Zugang zu Zentralbankgeldern während einer Krise zu ermöglichen sowie die Verwendung einer CBDC als mögliche Ergänzung zu Bargeld und persönlichen Zahlungsmethoden anzubieten, wenn soziale Distanzierung erforderlich ist. Der Gedanke, CBDC als Zahlungsmittel der Regierung an die Bevölkerung zu nutzen, insbesondere wenn direkte steuerliche Unterstützung notwendig oder Anreize für Haushalte und kleine Unternehmen gesetzt werden müssen, war ebenfalls weit verbreitet.

Parallele Entwicklungen?

Ganz grundsätzlich variieren die Motivationen der verschiedenen Zentralbanken und damit auch deren Designanforderungen. Die Schnittmenge beinhaltet laut der Veröffentlichung durch die BIS das Erreichen finanzieller Stabilität, Einbindung bei geldpolitischer Umsetzung, bessere finanzielle Inklusion der Bevölkerung sowie Effizienz und Sicherheit der Zahlungen.

Schon bei den Motivationen ist also ein deutlicher Kontrast zu Kryptowährungen erkennbar. Als am 3. Januar 2009 der allererste Block der Kryptowährung Bitcoin kreiert wurde, waren sich die Erfinder nicht sicher, wie das Experiment ausgehen würde. Heute stehen bereits mehr als 5 000 Kryptowährungen zur Verfügung. Der "Währungsmarkt" unterscheidet nunmehr in "Währungen", die dezentral oder zentral verwaltet werden.

Derzeit beläuft sich der Marktwert aller je geschürften Bitcoins auf 710 Milliarden US-Dollar (579,6 Milliarden Euro). Das ist die höchste "Marktkapitalisierung" digitaler Zahlungsmittel. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Etherum und Tether. Zur Relation: Der Wert der insgesamt umlaufenden Banknoten des Eurosystems liegt bei etwa 1 427,6 Milliarden Euro. Die sich dezentral, global im Umlauf befindlichen Bitcoins machen also rund 41 Prozent des in Europa zentral verwalteten Papiergeldes aus.

Die Vorteile, mit denen Kryptowährungen werben, sind schwer einzuschätzen, auch weil sie im Vergleich zu herkömmlichen digitalen Geld ja noch recht neu sind. Beispielsweise verweisen viele auf die mitunter geringen Transaktionsgebühren bei Bitcoin, insbesondere für länderübergreifende Zahlungen, auf Transparenz und Sicherheit für Online-Zahlungen und schnelles Settlement als inhärente Vorteile von Blockchain-Technologien. Dabei sollte allerdings nicht übersehen werden, dass Transaktionen auch durch die Ausgabe von neuen Bitcoins erleichtert - und de facto quersubventioniert - werden.

Längerfristig ist nach wie vor einigermaßen unklar, wie Bitcoin als Zahlungssystem tatsächlich in der Praxis funktionieren könnte. Dabei gibt es schon einige Fortschritte, nicht zuletzt in der Wahrnehmung möglicher Nutzer. Nach mehr als einer Dekade Reifungsprozess werden Kryptowährungen zunehmend als Währungen der Zukunft und digitales Gold wahrgenommen. Diverse Güter und Dienstleistungen können bereits mit Bitcoin bezahlt werden und nicht wenige Kryptowährungen werden mit dem Argument der Begrenztheit als moderne, sichere Wertanlage gehandelt. Die hohe Volatilität wird dabei als Teil des Reifungsprozesses in Kauf genommen.

Kritik an der Dezentralität

Um die Position ihrer angeschlagenen Landeswährung zu schützen, hat die türkische Zentralbank ab 30. April 2021 verboten, Kryptowährungen für Zahlungen zu benutzen. In der Türkei sind wegen der Schwäche der Lira Kryptowährungen populär geworden und mit der Landeswährung in Konkurrenz getreten. In Indien bereitet die Regierung ein Gesetz vor, das das Schürfen und Handeln von Kryptowährungen faktisch verbietet. Es untersagt auch den Besitz privater virtueller "Währungen" wie Bitcoin. Gleichwohl möchte die indische Regierung einen Rahmen für eine offizielle digitale Währung kreieren. Andernorts weist die Rhetorik auf potenziell kommende Veränderungen hin. Am 7. Mai 2021 warnte der Gouverneur der Bank of England (BoE), Andrew Bailey, dass Kryptowährungen "keinen inneren Wert haben". Er fügte hinzu: "Ich werde das noch einmal ganz offen sagen: Kaufen Sie sie nur, wenn Sie bereit sind, Ihr gesamtes Geld zu verlieren."

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, sagte kurz darauf: "Krypto-Währungen - diese beiden Dinge passen nicht gut zusammen und ich stimme Dr. Baileys Schlussfolgerung in dieser Hinsicht voll und ganz zu." Lagarde bemerkte weiter: "Es gibt Krypto-Assets ... in die die Menschen frei investieren können und in die sie das Gesamtrisiko eingehen, und es gibt bestimmte Kryptos, die meiner Ansicht nach anfällig für Geldwäscheaktivitäten sind."

Zahlungsmittel für Kriminalität und Terrorismus

Mitte April äußerte sich US-Notenbankchef Jerome Powell wiederholt skeptisch: "Was die Leute Kryptowährungen nennen, sind wirklich Vehikel für Spekulationen. Niemand verwendet sie zum Beispiel für Zahlungen wie den Dollar." Seine Einstellung wird sich wenig verbessert haben, nachdem bekannt wurde, dass Darkside, die Hacker-Gruppe, die auch hinter dem Ransomware-Angriff auf die Colonial Pipeline am 6. Mai 2021 stand, laut Untersuchungen Bitcoin-Lösegeldzahlungen in Höhe von insgesamt 90 Millionen US-Dollar entgegengenommen haben, bevor sie kurze Zeit nach dem Angriff geschlossen wurde.

Präsident Joe Biden unterzeichnete nach dem Angriff auf die Colonial Pipeline eine Durchführungsverordnung zur Stärkung der US-amerikanischen Cybersicherheitsabwehr. Am 20. Mai 2021 kündigte das US-Treasury an, dass eine Überweisung von Kryptowährungen im Wert von 10 000 Dollar oder mehr an das IRS (Internal Revenue Service) gemeldet werden muss. Kryptowährungen gäben Spielraum für weitreichende illegale Transaktion, inklusive Steuerhinterziehung.

Am 19. Mai 2021 veröffentlicht die People's Bank of China (PBoC) auf deren offiziellen Wechat-Konto den Hinweis, virtuelle Währungen sollten und können nicht im Markt verwendet werden, da es sich nicht um echte Währungen handelt. Gerade für China mit seinen Kapitalkontrollen sind die dezentralisierten Kryptowährungen eine Herausforderung. Letztendlich geht es für die Notenbanken auch darum, die Hoheit über Währungen nicht an die Privatwirtschaft zu verlieren.

China weit vorn

Die digitale Zentralbankwährung Chinas, der "E-Renminbi" befindet sich bereits im Praxistest. Im April 2021 gab die chinesische Zentralbank PBoC grünes Licht für die Durchführung von Tests in mehreren Regionen - dem an Peking angrenzenden neuen Gebiet Xiong'an, Shenzhen, Suzhou, Chengdu und die Standorte der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking. Eine weitere bestätigte Stadt ist Hongkong. Hongkong war bereits Experimentierschale für die frei konvertierbare Version des Renminbi - CNH. Am 4. Dezember 2020 bereits erklärte Eddie Yue, Chief Executive der Hong Kong Monetary Authority (HKMA), dass sich die PBoC und die HKMA darauf vorbereiten, die Verwendung des digitalen Yuan für grenzüberschreitende Zahlungen zu testen.

Am 11. Mai 2021 wurde berichtet, dass Alibabas Online-Lebensmittel-Service- und Lebensmittel-Liefereinheiten, darunter das Lebensmittel-Liefersystem ele.me, der Tmall-Supermarkt und die Hema-Lebensmittelgeschäfte, in Chinas Pilotprogramm für den E-Renminbi enthalten sind. Benutzer dieser Plattformen finden möglicherweise eine Option "digitaler Yuan" in ihren Zahlungsoptionen. Mit einer Milliarde Nutzer dieser Internetgiganten also ein echter Praxistest. Chinas Pilotprogramm umfasst jetzt erstmals auch eine Privatbank. Die Zhejiang E-Commerce Bank mit Sitz in Hangzhou in der Provinz Zhejiang ist nun neben sechs staatlichen Banken in China die siebte Bank, die den Test digitaler Renminbi anbietet.

Mehrere Finanzspritzen via E-Renminbi gingen bereits an die Bevölkerung durch die Zuteilung von sogenannten Red Packets - den traditionellen Geldgeschenken zum chinesischen Neujahr durch Registrierung der Bevölkerung an einer Lotterie. Den Gewinn konnte man dann während eines vorher festgelegten, einprogrammierten Zeitraums, bei ausgewählten, dafür freigeschalteten Geschäften in Güter einlösen. Die moderne Version des Helikoptergelds. Seit Mai erhalten einige Regierungsangestellte in Suzhou ihre Transportsubventionen in Form von digitaler Währung. So hält die chinesische CBDC langsam Einzug in den Alltag einer ohnehin schon sehr pro-digital eingestellten Bevölkerung.

Datenschutz und Sicherheit

Christine Lagarde engagiert sich schon seit Längerem für CBDC. Hier ein Auszug aus einer Rede von Madame Lagarde (damals noch beim IWF) beim Singapore Fintech Festival am 14. November 2018: "Lassen Sie mich genauer sagen: Sollten die Zentralbanken eine neue digitale Geldform herausgeben? .... Dies ist keine Science-Fiction. Verschiedene Zentralbanken auf der ganzen Welt erwägen diese Ideen ernsthaft, darunter Kanada, China, Schweden und Uruguay. Sie befürworten Veränderungen und neues Denken - genau wie der IWF. Ich glaube, wir sollten die Möglichkeit in Betracht ziehen, digitale Währungen auszugeben. Es könnte eine Rolle für den Staat sein, der digitalen Wirtschaft Geld zu liefern. Mein Hauptpunkt wird sein, dass wir diesen Risiken kreativ begegnen sollten."

Benoît Cœuré, der bis 2019 im Direktorium der EZB war, wechselte mittlerweile zur BIS und leitet dort das Innovation Hub. Dieses beschäftigt sich unter anderem mit CBDCs und veröffentlicht regelmäßig Publikationen zum Thema.

Mit Christine Lagarde an der Spitze der EZB wurde von Mitte Oktober 2020 bis Mitte Januar 2021 eine europaweite Umfrage zum Digitalen Euro durchgeführt, deren Ergebnisse im April 2021 veröffentlicht wurden. Die Befragung ergab, dass die Designanforderungen vor allem dem Ruf der Öffentlichkeit und der Fachleute nach Datenschutz (43 Prozent), gefolgt von Sicherheit (18 Prozent) und der Zahlungsfähigkeit im gesamten Euroraum (11 Prozent), keine zusätzlichen Kosten (9 Prozent) und Offline-Benutzerfreundlichkeit (8 Prozent) gerecht werden müssen. In einem Interview mit Bloomberg Anfang April sagte Lagarde, wenn die politischen Entscheidungsträger der EZB dem Projekt für digitale Währungen in diesem Sommer grünes Licht geben, wird die digitale Währung innerhalb von vier Jahren, zur "Mitte dieser Dekade" eingeführt.

Auch der politische Druck nimmt zu. Im Vorfeld der deutschen Bundestagswahlen im September des laufenden Jahres präsentierten die Grünen in ihrem Wahlprogramm auf Seite 45 das Thema Digitalen Euro einführen:

"Digitales Bezahlen gewinnt in unserem Alltag stetig an Bedeutung. Es ist bequem, schnell und kontaktlos und soll noch sicherer werden. Wir wollen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) einen digitalen Euro schafft. Sie gewährleistet dabei Daten- und Rechtssicherheit für Verbraucher-/innen und Unternehmen. Sie wirkt ungerechtfertigten Kosten durch Oligopole entgegen. Private Firmen können auf dieser Grundlage Produkte und Apps aufbauen. Ein digitaler Euro löst klassisches Bargeld nicht ab, sondern ergänzt es. Eine Aushöhlung des Geld- und Währungsmonopols durch private Währungen lehnen wir strikt ab. Bei allen digitalen Zahlungen und Kryptowährungen müssen die tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten analog zu den Regelungen beim Bargeld ab einer gewissen Schwelle ermittelt werden. Zur Bekämpfung von Verbrechen wie Geldwäsche, Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Steuerhinterziehung und Terror-Finanzierung braucht es auch für den Bereich des digitalen Bezahlens klare Regeln."

In den USA schaltet nun auch die Federal Reserve einen Gang hoch. Am 19. Mai 2021 wurde bekannt gegeben, dass die Federal Reserve noch in diesem Sommer ein Diskussionspapier herausgeben wird, in dem die aktuellen Überlegungen zu digitalen Zahlungen dargelegt werden, wobei der Schwerpunkt auf den Vorteilen und Risiken von CBDC im US-amerikanischen Kontext liegen. Powell kündigte darüber hinaus an, er wolle, dass die Fed "eine führende Rolle" bei der Entwicklung internationaler Standards spiele.

Anwendung bei der Verbesserung der Finanzinfrastruktur

Die amerikanische Zentralbank hatte sich bislang vor allem auf die Überarbeitung der inländischen Zahlungsinfrastruktur konzentriert. Der Fednow-Service, der im Jahr 2023 das alte System ersetzen soll, würde einen technologiebasierten Sprung nach vorn darstellen - einen, der es Einzelpersonen und Unternehmen ermöglicht, jederzeit und an jedem Tag (einschließlich an Wochenenden und Feiertagen) innerhalb von Sekunden Geld zu überweisen. Gute Voraussetzungen für die Ansprüche der digitalen Währung.

Dass der höchstmögliche Nutzen in der Kombination der nationalen Anforderungen mit länderübergreifender Anwendung liegt, ist bereits verstanden. Am 8. April 2021 gab das BIS Innovation Hub den Start des Projektes "mCBDC-Bridge" bekannt. Die Multiple-CBDC-(mCBDC)-Brücke ist ein Co-Creation-Projekt für die digitale Währung (CBDC) der Zentralbanken, das die Möglichkeiten der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) untersucht.

Außerdem beleuchtet es die Anwendung von CBDC bei der Verbesserung der Finanzinfrastruktur zur Unterstützung grenzüberschreitender Währungszahlungen in mehreren Währungen. Teilnehmer sind das Innovation Hub der BIS, das Digital Currency Institute der PBoC, die Zentralbank der United Arab Emirates, die Hong Kong Monetary Authority (HKMA) und die Bank of Thailand. Auf diese Art könnte nationalen Designanforderungen Rechnung getragen werden, die international fungibel sind mit dem Rest der Welt und gleichzeitig die Souveränität der nationalen Zentralbanken gewahrt bleiben.

Digital, global und individuell nicht unvereinbar

Die Digitalisierung im Währungsmarkt schreitet voran. Zukünftige Vorteile für den Devisenhandel im Hinblick auf die sehr individuellen und aufwendigen Cut-Off-Zeiten beim Settlement länderübergreifender Zahlungen und beim Thema Transparenz sorgen für Vorfreude.

Bereits vor Covid-19 zeichnete sich insbesondere bei der Fed und der BoE ein Umdenken ab. Das lag weniger an den volatilen Bitcoin als an sogenannten Stablecoins. War es doch Facebooks Anspruch unter Nutzung ihres globalen sozialen Netzwerks im Jahr 2019 mit Libra - jetzt Diem - eine globale Kryptowährung einzuführen. Um für einen stabilen Kurs zu sorgen, würden, anders als bei Bitcoin, in zu bestimmendem Verhältnis Währungen und Wertpapiere wie Anleihen als Reserve gehalten werden. Auch würde Diem, anders als der Bitcoin, nicht von den Nutzern selbst erstellt, sondern muss bei Mitgliedern der Allianz oder auf Handelsplattformen erworben werden. Eine dezentral gemanagte digitale Währung garantiert mit Verbindlichkeiten der nationalen Zentralbanken. Nach heftigen Reaktionen ruderte das Facebook-Konsortium zurück. Diem dürfte trotzdem einen massiven Beitrag zum beschleunigten Umdenken unter den Notenbankern geleistet haben.

Inwieweit Designmöglichkeiten für CBDCs, die die Technik hergibt, als Vorteile oder Nachteile bewertet und überhaupt umgesetzt werden, hängt von den Anforderungen der jeweiligen Volkswirtschaft ab. So wäre es vorstellbar, dass manche national zentral verwaltete Währungen nachher Designs aufweisen, damit sie beispielsweise auch als Geldmarktinstrument eingesetzt werden können (Verzinsung). Für manche Schwellenländer böte eine CBDC die Möglichkeit, Fiskalmaßnahmen des Staates im Krisenfall auch zu weniger integrierten Bevölkerungsschichten in den letzten Winkel des Landes zu schicken.

In Volkswirtschaften, in denen Bargeld jetzt bereits eine immer kleinere Rolle spielt, könnte die CBDC dessen Rolle übernehmen und damit Kosten für Münzprägung und Bargeldhaltung gespart werden. Anonymisierte Daten wiederum zum Einsatz des digitalen Geldes gäben der Zentralbank in Echtzeit Rückschluss darauf, ob und wie die erwünschte Transmission der geldpolitischen Maßnahmen funktioniert. Digitale Zentralbankwährungen sind die Weiterentwicklung der Geldmenge M0 und haben direkt und indirekt die Möglichkeit den Volkswirtschaften und dazugehörigen Zentralbanken noch besser bei der Erreichung ihrer individuellen Ziele zur Seite zu stehen. Allerdings dürfte gerade der Schutz der Privatsphäre in vielen Ländern ein heißes politisches Thema werden. Auch diesbezüglich sind die längerfristigen Auswirkungen von Covid-19 noch keineswegs absehbar.

Fußnoten

1) Siehe insbesondere Rapheal Auer (2019) "The doomsday economics of ,proof-of-work' in Cryptocurrencies", BIS Working Papers, No 765; Verfügbar unter https://www.bis.org/publ/work765.pdf

2) https://www.cnbc.com/2021/05/07/bank-of-englands-bailey-crypto-investors-risk-losing-all-their-money.html

3) Webinar hosted by European University Institute zum Thema Cryptocurrencies am 7. Mai. https://news.bitcoin.com/ecb-chief-lagarde-cryptocurrencies-money-laundering-no-intrinsic-value-buy-prepared-to-lose-all-money/

4) https://currency.com/ecb-chair-accuses-cryptocurrencies-of-being-a-risk

5) https://www.bloomberg.com/news/videos/2021-04-14/powell-says-cryptocurrencies-are-speculation-vehicles-like-gold-video

6) Die DWS plant in den kommenden Monaten eine Reihe von Publikationen, verfügbar auf ihrer Webseite: https://www.dws.com/de/insights/cio-view/. Die erste, "Digital Designs (Part 1): What Central-Bank Digital Currencies might - and might not - be able to deliver", erschien Mitte Juni 2021.

Stefanie Holtze-Jen Chief Currency Strategist, DWS International GmbH, Frankfurt am Main
 
Stefanie Holtze-Jen , Chief Currency Strategist, DWS International GmbH, Frankfurt am Main
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