Effiziente Kapitalanlagesteuerung bei Pensionsvermögen

Martin Thiesen, Foto: Metzler Pensions Management GmbH

Das vor gut eineinhalb Jahren in Kraft getretene Betriebsrentenstärkungsgesetz könnte aus Sicht des Autors die Konzeption und die Umsetzung der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) neu beleben. Denn durch den möglichen Verzicht auf eine Garantie und die Möglichkeit einer Beitragszusage mit Verlagerung des Anlagerisikos auf die Begünstigten hält er ganz andere Kapitalanlagesegmente und eine größere Risikobereitschaft für möglich. Trotz des üblichen langen Anlagehorizontes misst er auch bei diesen Anlagekonzepten dem Risikomanagement eine zentrale Rolle bei, da die Rente nicht mehr lebenslang garantiert ist und die Kapitalanlage und Puffermechanismen später notwendige Rentenkürzungen nach Möglichkeit vermeiden sollen. Den segmentierten Spezialfonds als Anlagevehikel sieht er in dem breiten Spektrum der Kapitalanlagekonzepte weiterhin als erste Wahl, egal ob es sich um eine herkömmliche Leistungszusage oder eine reine Beitragszusage handelt. (Red.)

Das Kapitalmarktumfeld und die Anforderungen an die Kapitalanlage in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) machen es den Pensionsinvestoren derzeit nicht gerade leicht. Das Erwirtschaften des Rechnungszinses wird immer schwieriger. Die klassischen Renditequellen wie europäische Staatsanleihen sind fast vollständig versiegt; deutlich risikoreichere Prämien, beispielsweise aus High-Yield und Emerging-Markets-Anleihen, passen andererseits nicht zum Risikoprofil der bAV. Zudem stellen die bAV-Manager ihre eigenen Strategien infrage. Das im Januar 2018 in Kraft getretene Betriebsrentenstärkungsgesetz hat zwar noch keine Tarifabschlüsse zur reinen Beitragszusage bewirkt, aber die Diskussion um Struktur, Konzeption und Umsetzung der bAV erneut entfacht.

Unabhängig davon ist und bleibt das Risikomanagement zentrale Komponente der bAV - nicht nur nachgelagert, sondern als klarer Fokus der Kapitalanlage.

Spezialfonds als Anlagevehikel

Dabei ist es völlig unerheblich, ob es um die Ausfinanzierung von alten Leistungszusagen in einem Contractual Trust Arrangement (CTA) geht, um die Auslagerung jener Zusagen in einen Pensionsfonds oder um Konzeption und Umsetzung einer neuen reinen Beitragszusage - der segmentierte Spezialfonds als Kapitalanlagevehikel ist in den allermeisten Fällen das Mittel der Wahl. Der Spezialfonds bietet die Möglichkeit, die Kapitalanlagestrategie in einem "slice and dice" so zu segmentieren, wie es die effiziente Steuerung erfordert. Gleichzeitig ergibt sich durch die Konsolidierung das für ein effizientes Risikomanagement notwendige Gesamtbild.

Der Spezialfondsmantel vereinfacht die Verbuchung, da im Sinne eines "look through" normalerweise nur die Spezialfondsanteile verbucht werden müssen und nicht die einzelnen Instrumente der Kapitalanlage. Neben der Transaktionskosteneffizienz bieten Spezialfonds Vorteile für das Reporting und in der Folge die Transparenz und Steuerung der einzelnen Mandate.

Eine der Optionen, ein Kapitalanlagekonzept in der bAV umzusetzen, ist das CTA. Entschließt sich ein Unternehmen dazu, die Pensionsverbindlichkeiten nicht mehr ausschließlich über Rückstellungen in der Bilanz zu finanzieren, sondern Kapitalanlagen zweckgebunden in ein CTA auszulagern und mit den Verbindlichkeiten zu verrechnen, sind die Anlagemöglichkeiten nahezu unbegrenzt. In Sachen Anlagestrategie reicht das Spektrum von eher ertragsorientierten Konzepten bis hin zu Strategien, die vorrangig die Struktur der Verbindlichkeiten abbilden (Liability Driven Investment - LDI). Bestimmt bei den ertragsorientierten Strategien oft der Diskontierungszins der Pensionsverbindlichkeiten das Anlageziel, wird bei LDI Strategien das Auszahlungsmuster der Renten und deren bilanzielle Bewertung als Benchmark definiert. Beide Varianten haben ein effizient um gesetztes Risikomanagement. Ausgangspunkt ist stets eine Strategische Asset Allokation (SAA), die die jeweilige Risikopräferenz des Investors bereits widerspiegeln sollte.

Wertsicherungskonzepte zur Stabilisierung des Ertrags

Bei ertragsorientierten Strategien bieten sich Wertsicherungskonzepte an, die den Ertrag insbesondere in volatilen Marktphasen stabilisieren sollen. Für eine kosteneffiziente Umsetzung werden meist Derivate in Overlay Segmenten genutzt. Denn häufige Umschichtungen der zugrunde liegenden Allokation führen zu signifikanten Transaktionskosten, die wiederum den Gesamtertrag der Strategie schmälern können.

Wenn nicht bereits die SAA mit den wesentlichen Bestandteilen Aktien und Renten ausschließlich über Derivate umgesetzt wird, sollten zumindest die laufenden Veränderungen beispielsweise der Aktienquote über börsengehandelte Derivate vorgenommen werden. Dabei wird je nach Auslastung des vorab definierten Risikobudgets - zum Beispiel maximaler Verlust in der Kapitalanlage - das Risiko des Gesamtportfolios reduziert oder erhöht. In Stresssituation an den Märkten würde dies zu häufigen Veränderungen bei den physischen Investments führen, was aus Kostengründen, aber auch aus Liquiditätsaspekten nicht zu empfehlen ist.

Verbindlichkeitsorientierte Strategien (Liability-Driven Investment)

Ein segmentierter Spezialfonds mit einem separaten Overlay Segment bietet die Infrastruktur, ein solches Gesamtkonzept effizient umzusetzen, ohne die Ursprungsallokation zu verändern. Die Trennung der strategischen Segmente vom Overlay Segment ermöglicht die notwendige Transparenz für Aussagen über Performancebeiträge der einzelnen Komponenten. Im Overlay Segment kann zudem durch die Trennung von der Strategischen Asset Allokation prozesssicher und schnell auf Veränderungen am Markt reagiert werden.

Für Strategien, die sich an der Struktur der Verbindlichkeiten orientieren, sind die Overlay Segmente nicht minder wichtig. Denn auch hier ist die SAA der zen trale Startpunkt, wenngleich auf die Verbindlichkeiten abgestimmt. Die Strategien zielen darauf ab, die Sensitivitäten der Verbindlichkeiten (im Wesentlichen in Bezug auf Zinsen, Kredit und Inflation) zu definieren.

Normalerweise werden mindestens zwei Segmente im Spezialfonds benötigt: Ein Segment, das das Liability Matching Portfolio (LMP) enthält - also die Assetklassen für das Matching der Verbindlichkeiten -, sowie ein Segment mit dem Return Seeking Portfolio (RSP), das jene Assetklassen konsolidiert, die den Ertrag des Gesamtportfolios verbessern sollen. Hinzu kommen dann noch bis zu drei Segmente, die getrennt voneinander die verschiedenen Risikofaktoren abbilden, wie Zinsen, Credit Spread und Inflation. Auch für verbindlichkeitsorientierte Strategien ist eine saubere Trennung mit einem dennoch konsolidierten Reporting unabdingbar.

Der Pensionsfonds kommt normalerweise nach der Ausfinanzierung der Pensionsverbindlichkeiten in einem CTA ins Spiel, wenn die Verbindlichkeiten nicht mehr in der HGB Bilanz abgebildet werden sollen und wenn vermieden werden soll, dass sich die Wertentwicklung der Kapitalunterlegung und die Aufwendungen für Rückstellungsveränderungen in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung niederschlagen.

Die Kapitalanlage wird bei der Auslagerung auf einen externen Versorgungsträger (Pensionsfonds) übertragen. Formal ist der Vorstand des Pensionsfonds für die Kapitalanlage verantwortlich. Das Trägerunternehmen möchte aber weiterhin Einfluss auf die Struktur der Kapitalanlage nehmen. Auch hier bietet der Spezialfonds über seinen Anlageausschuss den Vorteil der fortlaufenden Information und Beteiligung des Trägerunternehmens ("Plansponsors") an der Steuerung der Kapitalanlage.

Die Bandbreite der bei einem Pensionsfonds möglichen Kapitalanlagekonzepte ist vergleichbar mit der im CTA. Besonders ist beim Pensionsfonds allerdings, dass der Rechnungszins zur Bestimmung der Rückstellungen aus der erwarteten Rendite des investierten Portfolios ableitet wird. Dadurch wird der Bezug zwischen Kapitalanlage und Verbindlichkeiten noch enger.

Bei einem Kapitalanlagekonzept, das langfristig den Rechnungszins verdienen soll, eignen sich auch Strategien, die auf einen stabilen absoluten Ertrag abzielen. Besonders bewährt hat sich in diesem Zusammenhang die sogenannte strategischen Prämienallokation mit mehreren Strategieblöcken, die besonders auf Stabilität und Risikodiversifikation abstellen.

Bestandteile können unter anderem Wertsicherungsstrategien sein, die gemäß dem vorher definierten Anlageziel und der Risikopräferenz den Ertrag langfristig stabilisieren können. Zur ausreichenden Diversifikation eignen sich ferner Strategien zur Vereinnahmung von Kreditrisikoprämien und weiterer alternativer Ertragsquellen. Bei der Vereinnahmung klassischer und alternativer Ertragsquellen durch die Prämienallokation liegt der Fokus auf einer flexibel angepassten SAA und einer deutlichen Reduktion der Gesamtkosten. Die synthetische Umsetzung über Derivate ist auch hier der kosteneffizienteste Ansatz.

Andere Anlagekonzepte ohne Garantie

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde ein Dogma gebrochen - das der Garantie für die bAV. Auf der Grundlage einer Beitragszusage sind ganz andere Kapitalanlagekonzepte möglich als bei leistungsorientierten Zusagen. Denn ohne Garantie und dadurch, dass nun die Begünstigten das Risiko der Anlage tragen, kann mit größerer Risikobereitschaft angelegt werden, zumal bei dem in der betrieblichen Altersvorsorge üblichen langen Anlagehorizont. Dennoch spielt auch bei diesen Anlagekonzepten das Risikomanagement eine zentrale Rolle, da die Rente nicht mehr lebenslang garantiert ist und die Kapitalanlage und Puffermechanismen später notwendige Rentenkürzungen vermeiden sollen.

Selbst in der Anwartschaftsphase, wenn der Anlagehorizont noch 30 und mehr Jahre betragen kann, wird auf eine Stabilisierung der Erträge zum Renteneintrittsalter hin Wert gelegt. Hier bieten sich Life Cycle Modelle unter Verwendung von wertgesicherten Portfoliokomponenten an.

Zentraler Risikomanagement Ansatz für diese Strategien ist die Risikoreduktion auf dem Weg hin zum Renteneintritt. Insbesondere dann, wenn die Kapitalanlage individualisiert umgesetzt wird und es keine kollektiven Puffer (wie Überrendite jenseits eines Grenzertrages) gibt, sollte die zu erwartende Startrente kurz vor dem Übergang in die Rente nicht mehr sonderlich stark schwanken.

Ist die Rente dann für den Übergang berechnet, möchte der Leistungsempfänger auch langfristig mit einer stabilen Rente kalkulieren können. Risikomanagement in dieser Phase der Kapitalanlage bedeutet Rechnungszinsen vorsichtig mit Abschlag festzulegen und bestehende Puffer sinnvoll einzusetzen, damit die Rente tendenziell nach oben und nicht nach unten angepasst werden muss.

Martin Thiesen Geschäftsführer, Metzler Pension Management GmbH, Frankfurt am Main
Martin Thiesen , Geschäftsführer, Metzler Pension Management GmbH, Frankfurt am Main
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