Mehrwert im Asset Servicing generieren - Zusatzerträge durch Wertpapierleihe

Matthias Schillai, Leiter Asset Servicing und Institutionelle Services, Deka Investment, Frankfurt am Main
Andrea Sturm, Leiterin Vertriebsbetreuung Investment Servicing, DekaBank, Frankfurt am Main

 

Jeder Basispunkt zählt. Mit dieser knappen Aussage skizzieren die Autoren die Bestrebungen der Anleger, beim Asset Servicing die Komplexität zu reduzieren und die Kosten zu senken. Durch die Ansiedlung von Master-KVG und Verwahrstelle unter einem Dach sehen sie neben einer Kostensenkung auch neue interessante Potenziale für Zusatzerträge, insbesondere über die Wertpapierleihe. Im derzeitigen Niedrigzinsumfeld bescheinigen sie selbst wenigen Basispunkten als Leihe-Erträge aus liquiden Rentenanlagen eine vergleichsweise große Bedeutung für den Gesamtertrag des Portfolios. Neben Fonds verweisen sie auch auf die Eignung selbst gemanagter Bestände - also Direktbestände - zum Generieren von Zusatzerträgen durch Leihe. (Red.)

Das aktuelle Kapitalmarktumfeld fordert Investoren gleich doppelt heraus: Zum einen steigen die regulatorischen Anforderungen permanent, wie die Beispiele MiFID II oder das KAGB zeigen. Damit nimmt auch der Kosten- und Ressourcendruck zu. Zum anderen kommt es angesichts der Niedrigzinsphase auf der Suche nach Erträgen immer mehr darauf an, neue Wege zu gehen. Jeder Basispunkt zählt. Für das Portfoliomanagement heißt das: Je komplexer die Anforderungen, desto wichtiger ist der Asset-Servicing-Partner, damit sich der Portfoliomanager auf seine ureigenen Aufgaben fokussieren kann. Leistungsfähige, moderne Asset-Servicing-Angebote reduzieren Komplexitäten, senken Kosten und generieren attraktive Zusatzerträge.

Kosten im Blick

Bislang wurde das Thema Asset Servicing allerdings häufig auf die Aspekte "Kosten und Funktionalität" reduziert. In gewisser Weise war dies sogar verständlich, dominieren im Markt doch traditionelle Asset-Servicing-Modelle, welche vor allem die beiden Elemente Master-KVG und Verwahrstelle trennen und ganz auf Exzellenz in den einzelnen Segmenten setzen. Das heißt, Anleger beauftragen unterschiedliche Best-In-Class-Anbieter. Dieses Prinzip hat sich jedoch als sehr kostenintensiv herauskristallisiert. Die Master-KVG hat in den letzten Jahren stets an Bedeutung gewonnen, da sie sich über die Jahre als vollumfänglicher Provider für sämtliche Reportinglösungen und regulatorische Anforderungen durchgesetzt hat. Mittlerweile erwartet man von der Verwahrstelle lediglich, dass diese im Hintergrund agiert und die Vorgaben der Asset Manager geräuscharm und kostengünstig umsetzt.

Durch die Implementierung von MiFID II sind die Aufgaben und die jeweiligen Kontrollen von KVG und Verwahrstelle deutlich verschärft worden. Dabei steht Kostentransparenz an erster Stelle. Dies wird deutlich, wenn zum Beispiel Zusatzerträge generiert werden sollen. Unabhängig voneinander agierende Unternehmen geraten bei neuen Produkten unter Kostendruck, wenn die Umsetzung nur für eine überschaubare Anzahl von Kunden jeweils bei der Master-KVG beziehungsweise der Verwahrstelle erfolgen soll. Bei den mittlerweile geringen Margen im Asset Servicing können derartige Wünsche nur noch gegen Aufwandsentschädigungen auf der jeweiligen Seite dargestellt werden.

Vorteile durch Master-KVG und Verwahrstelle unter einem Dach

Sind Master-KVG und Verwahrstelle hingegen unter einem Dach angesiedelt, spart dies Kosten. Aber nicht nur das: Diese Konstellation eröffnet Anlegern neue interessante Potenziale. So können insbesondere über die Wertpapierleihe attraktive Zusatzerträge generiert werden. Im Niedrigzinsumfeld bekommen Leihe-Erträge aus liquiden Rentenanlagen, auch wenn sie in der Regel lediglich ein paar Basispunkte ausmachen, eine vergleichsweise große Bedeutung für den Gesamtertrag des Portfolios. Dabei spielt die Wertpapierleihe mit Aktien derzeit nur eine untergeordnete Rolle.

Die starke Nachfrage bei Rentenpapieren hat ihren Ursprung in der Einführung der Liquidity Coverage Ratio (LCR) vor fünf Jahren. Denn seit der verbindlichen Einführung einer LCR-Quote im Jahre 2015 für Kreditinstitute benötigen die Institute liquide Staatsanleihen, Länderanleihen, US-Treasuries und weitere, um die geforderte Quote zu erfüllen. Die entsprechende Regelung dazu findet sich in der CRR (Capital Requirement Regulation).

Besicherte und unbesicherte Leihegeschäfte möglich

Kreditinstitute stehen vor der Wahl, die Wertpapiere entweder selbst zu erwerben oder diese kostengünstiger zu entleihen. In Spezialfonds beziehungsweise in Direktanlagen institutioneller Anleger schlummern derartige Schätze.

Präferieren die Anleger die Leihe, haben sie wiederum zwei Alternativen. Sie können die Leihe entweder besichert oder unbesichert durchführen. Eine zweite Entscheidung können die Anleger in Bezug auf den oder die Leihe-Partner treffen: Entweder beschränken sie sich auf einen Entleiher (Principal Lending) oder mehrere Partner (unter anderem Agency Lending).

Unabhängig davon, für welches Leihemodell sich der Portfoliomanager entscheidet, ist es für seinen Erfolg von enormer Bedeutung, trotz getätigter Leihegeschäfte im Spezialfonds nach wie vor ohne Einschränkung handeln zu können. Darüber hinaus können Kreditinstitute, deren Spezialfonds eventuell nicht anrechenbar für die LCR ist, sich ihre Rentenbestände aus ihrem Fonds auch in ihren Direktbestand entleihen.

Handlungsfreiheit des Portfoliomanagers als hohes Gut

Die angesprochene Handlungsfreiheit des verantwortlichen Portfoliomanagers ist ein hohes Gut. Sie darf auf keinen Fall eingeschränkt werden. Dies funktioniert nur, wenn die Portfolios regelmäßig und permanent zwischen Portfoliomanager und Leihe-Partner abgestimmt werden. Ideal ist eine viertelstündige Taktung. Es empfiehlt sich, Leihe reibungslos in die Systeme zu integrieren. Ein gutes Leiheprogramm wird vom Asset Manager eigentlich vom Aufwand her gar nicht wahrgenommen. Der Asset Manager kann bei Bedarf ohne Einschränkungen Assets handeln und verkaufen.

Eine solche engmaschige Verzahnung ist nur möglich, wenn Master-KVG und Verwahrstelle unter einem Dach eng verbunden sind. Bei jeder anderen Konstellation, bei der Verwahrstelle und Master-KVG voneinander getrennt sind, würde ein solches Verfahren zu dermaßen hohen Kosten führen, dass dieses Verfahren nicht wirtschaftlich betrieben werden könnte.

Auch Direktbestände für Zusatzerträge geeignet

Neben Fonds eignen sich auch selbst gemanagte Bestände - also Direktbestände - zum Generieren von Zusatzerträgen durch Leihe. Die meisten Direktbestände werden auf Basis einer Buy-and-Hold-Strategie gemanagt. Sofern darin auch die oben erwähnten Papiere enthalten sind, können diese an den Leihe-Partner verliehen werden. Die Laufzeiten sind hierbei flexibel, zumal kein Portfoliomanager diese Papiere zum Erreichen seiner Performanceziele benötigt. Sicherheiten können vom Entleiher an einem persönlich gewünschten Ort hinterlegt werden.

Der Trend bei der Hinterlegung von Sicherheiten geht jedoch zu einem sogenannten Tri-Party Agent wie zum Beispiel Clearstream. Ein zertifizierter, effizienter und transparenter Prozess kann auch bei Treuhändern umgesetzt werden, die beispielsweise bei Instituten benötigt werden, die nach dem VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) reguliert sind. Da es sich hierbei um Direktbestände handelt, muss die Depotbank nicht zugleich auch der Broker für das Leihegeschäft sein.

Umsetzung durch ein Principal-Modell

Bei der Umsetzung empfiehlt es sich, auf ein sogenanntes Principal-Modell zu setzen. Im Gegensatz zu den meisten Leihe Programmen, die auf "Agency" Grundlage ablaufen, beruht die Principal-Lösung auf einer bilateralen Basis. Es gibt also nur die beiden Kontrahenten Bank und Anleger. Diese einfache Lösung sorgt für deutlich mehr Flexibilität und Auswahl bei den zur Verfügung stehenden Instrumenten.

So kann etwa auch mit Derivaten und Repo gearbeitet werden - bei Agency-Modellen ist das nicht möglich. Repofähige Assets werden häufig als Nachweis für Liquidität anerkannt. Ein signifikanter Vorteil in einer Zeit, in der es regulatorisch zunehmend anspruchsvoller wird, Liquidität nachzuweisen. Im Kern sollten Anleger bei der Auswahl des passenden Leihe-Partners drei Aspekte beachten:

1. Das Rating des Entleihers sollte einer besonders hohen Bonität entsprechen. Denn dem Verleiher entsteht als zusätzliches Risiko ausschließlich ein Gegenparteiausfallrisiko und damit also das Risiko eines Ausfalls des Entleihers.

2. Die Flexibilität bei der Ausgestaltung der jeweiligen Leihe berücksichtigen.

3. Klarheit bezüglich der eigenen regulatorischen Handlungsspielräume.

Mit Asset Servicing können Anleger Zusatzerträge generieren. Diese spielten in der Vergangenheit keine zentrale Rolle. Die anhaltende Niedrigzinsphase bricht aber alte Strukturen auf. Zusätzliche Dynamik erhält diese Entwicklung durch die stetig an Einfluss gewinnende Regulatorik und den dadurch steigenden Kostendruck.

Matthias Schillai Leiter Asset Servicing und Institutionelle Services, Deka Investment, Frankfurt am Main
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