Ökonomische Zinsbuchsteuerung - eine Analyse der regulatorischen Kosten

Dr. Gunnar Jansen, Foto: G. Jansen, Vera Wirth Fotografie

Regulatorische Anforderungen in Bezug auf das Zinsänderungsrisiko sind laut den Autoren eine große Herausforderung für das Management von Banken. Sie analysieren daher in diesem Beitrag die gestiegenen regulatorischen Kosten der Zinsbuchsteuerung. Jansen, Kröger und Portisch sehen die Gewinnerzielungsabsicht einer Bank aus Zinsfristentransformation im Spannungsfeld zur Erfüllung regulatorischer Anforderungen stehen. Dabei gab es zuletzt eine Reihe regulatorischer Verschärfungen, alle mit dem Ziel, eine Kapitalausstattung der Institute zu erreichen, die ihren Risiken angemessen sind. Die Analyse wird auch anhand eines Rechenbeispiels durchgeführt. Die Autoren kommen zu dem Fazit, dass eine quantitative Berücksichtigung der regulatorischen Kosten bei der Beurteilung der Zinsbuchstrategie erfolgen sollte. Dennoch sollte weiterhin das Hauptaugenmerk auf der langfristigen Wirtschaftlichkeit der Zinsfristentransformation liegen. (Red.)

Das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch (Interest Rate Risk Arising from the Banking Book, IRRBB) ist verstärkt in den Fokus der Aufsichtsbehörden gerückt. Die neuesten regulatorischen Anforderungen in Bezug auf IRRBB sowie die verschärften Eigenkapitalanforderungen im Rahmen von Basel III stellen das Management von Banken vor große Herausforderungen. Ein immenser ökonomischer Druck auf die Banken resultiert aus dem derzeitigen Zinsumfeld. Die niedrigen und seit Jahren immer weiter sinkenden Zinsen lassen die von Kreditinstituten im bisherigen Umfang getätigte Zinsfristentransformation in Verbindung mit den erhöhten regulatorischen Anforderungen vermeintlich unattraktiv werden oder führen zum Eingehen überproportionaler Risiken.1)

In dem vorliegenden Artikel wird der Fokus auf die gestiegenen regulatorischen Kosten der Zinsbuchsteuerung gelegt. Die Analyse folgt dem Ziel, die Entscheidungsbasis für Zinsfristentransformation um eine wichtige Information, die regulatorischen Kosten, zu ergänzen. Die Effekte sind überraschend.

Regulatorische und makroökonomische Einflüsse

Nicht allein das aktuelle Zinsniveau setzt das Zinsgeschäft (Kredit- und Anlagegeschäft) von Banken verstärkt unter Druck. Auch die regulatorischen Eigenmittelquoten erhöhen die Anforderungen an die Kreditinstitute. Sie schließen mittlerweile das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch als wesentliches Risiko explizit ein. Um in diesem ökonomischen und regulatorischen Umfeld weiterhin erfolgreich zu sein, sind die bisherigen Zinsbuchstrategien noch kritischer und umfassender zu beleuchten. Die durch verschärfte Regulatorik, neue Eigenmittelanforderungen und makroökonomische Einflüsse inklusive anhaltender Niedrigzinsen beeinträchtigte Zinsbuchsteuerung erfordert eine Analyse und Quantifizierung der regulatorischen Kosten für ein umfassendes Gesamtbild.

Das Spannungsfeld zwischen Gewinnerzielungsabsicht aus nachhaltiger Zinsfristentransformation und Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen wird in Abbildung 1 visualisiert. Die regulatorischen Verschärfungen für Banken sind vor allem eine Folge der globalen Finanzkrise. In Bezug auf die Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch sind insbesondere das neueste BaFin-Rundschreiben 6/20192) , neue Standards des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht3) und deren Umsetzung in der Europäischen Union über die Leitlinien der European Banking Authority4) sowie die Capital Requirements Directive IV5) anzuführen.6) Die regulatorischen Verschärfungen folgen allesamt dem übergeordneten Ziel, dass die Banken - anders als vor Ausbruch der Finanzkrise - über Kapitalausstattungen verfügen sollen, die ihren Risiken angemessen sind.

Für eine sogenannte (und etwaige) harte Eigenmittelunterlegung der Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch sieht die Aufsicht aus Vergleichbarkeitsgründen barwertige Ad-hoc-Schockszenarien vor. Die neuen europäischen Richtlinien beinhalten neben der weiterhin vorzunehmenden Berechnung der 200 Basispunkte (BP)-Szenarien auf Basis risikoloser Diskontkurven die verpflichtende Anwendung der sechs in BCBS (Basel Committee on Banking Supervision) No. 368 erläuterten Szenarien.7) Obgleich das Outlier-Kriterium der BaFin weiterhin bei 20 Prozent (Relation regulatorische Eigenmittel) verbleibt, ist zukünftig ein Frühwarnindikator bei 15 Prozent (Relation Kernkapital) zu berücksichtigen.8) In Anbetracht der aktuellen Niedrigzinsphase wurde für das Minus-200-BP-Szenario ein Zinsfloor von minus 100 BP für Positionen mit sofortiger Fälligkeit bis 0 BP bei Laufzeiten über 20 Jahren festgelegt.9) Die barwertigen Effekte aus den Zinsszenarien wirken sich mittelbar auch auf die Eigenmittelanforderungen der Institute aus.

Zu den Ermittlungsmethoden für die Barwerteffekte werden einige konkrete Aussagen getroffen. Demnach werden beispielsweise instrumentenspezifische Spreads ausgeschlossen und Swapkurven als risikolos eingestuft. Dies steht im Zusammenhang mit der notwendig gewordenen Diskontierung je Währung mit einer risikofreien Zinskurve.10) Die aufgeführten Anpassungen werden überdies durch weitere qualitative Anforderungen ergänzt.

Stetig steigende Eigenmittelanforderungen

Die Eigenmittelanforderungen für die Institute sind durch das Rahmenwerk Basel III und hier insbesondere über die Capital Requirements Regulation festgelegt. Gemäß CRR ist ein Mindestanteil an hartem Kernkapital (CET 1 Capital) von 4,50 Prozent der Risk Weighted Assets (RWA) vorgesehen, der durch diverse Pufferanforderungen weiter erhöht wird: Der Kapitalerhaltungspuffer beträgt nach §10c Absatz 1 Satz 2 KWG als Integration des Basler Rahmenwerkes in deutsches Recht 2,50 Prozent der RWA. Der Antizyklische Puffer kann bei Erkennen von übermäßigem Kreditwachstum auf bis zu 2,50 Prozent durch die BaFin festgesetzt werden. Der Systemrisikopuffer beträgt bis zu 2 Prozent und kann bei Identifikation eines global oder anderweitig systemrelevanten Institutes noch höher ausfallen. In Summe stellen sie die Anforderungen der Säule I dar.11)

Darüber hinaus sind von den Instituten im Rahmen des SREP weitere Anforderungen nach Säule II zu berücksichtigen. Diese werden in Säule-II-Anforderungen (Pillar 2 Requirements, P2R) und Säule-II-Empfehlungen (Pillar 2 Guidance, P2G) unterschieden. Bei den P2R handelt es sich um einen von den Aufsichtsbehörden festgelegten verbindlichen individuellen SREP-Zuschlag, der von den Instituten einzuhalten ist. In dieses Segment fallen auch die Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch. Die P2R sind ebenfalls mit hartem Kernkapital zu hinterlegen.12) Zusammen mit den Anforderungen der Säule I bilden sie die Gesamtkapitalanforderungen (Overall Capital Requirements, OCR). Werden die Anforderungen von den Instituten im geforderten Umfang nicht erreicht, drohen von den Aufsichtsbehörden Konsequenzen wie die Sperrung von Dividendenausschüttungen an die Aktionäre.13)

Oberhalb dieser Anforderungen können die P2G angesetzt werden. Sie sind als Zusatzpuffer anzusehen, die einen Empfehlungscharakter aufweisen. Diese können ebenfalls aus Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch und dort insbesondere aus Ertragseinbußen im Niedrigzinsumfeld resultieren (siehe dazu auch Niedrigzinsumfrage). Da es sich aber formal um Empfehlungen handelt, wird in der Betrachtung der regulatorischen Kosten auf die verbindlichen OCR abgestellt. Abbildung 2 gibt einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Eigenmittelanforderungen und die Bestandteile der Eigenmittel nach Basel III.

Die P2R und P2G werden den Instituten in den sogenannten SREP-Bescheiden durch die Aufsicht mitgeteilt. Da diese sehr vertraulich behandelt werden und eine detaillierte Erläuterung der Werte nicht immer existiert, ist eine genaue Quantifizierung der institutsindividuellen Ursachen für die jeweiligen SREP-Aufschläge häufig nicht möglich. Die geforderten Zusatzanforderungen für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch werden den weniger bedeutenden Instituten (Less Significant Institutions, LSI) jedoch klar und transparent dargelegt.14) Diese stellen die Ausgangsbasis für die hier vorgeschlagene Quantifizierung der regulatorischen Kosten dar.

Analyse der regulatorischen Kosten für ein Beispielinstitut

Zur Veranschaulichung und realistischen Berechnung der regulatorischen Kosten wird eine exemplarische Bank dargestellt, deren Kerntätigkeit aus dem klassischen Kredit- und Anlagegeschäft besteht. Die in der Abbildung 3 aufgeführte verkürzte Bilanz dient als Grundlage für die Diskussion unterschiedlicher Strategiemöglichkeiten und der jeweiligen Auswirkungen auf das Beispielinstitut.

Aus Vereinfachungsgründen soll angenommen werden, dass das bilanzielle Eigenkapital in Höhe von 600 Geldeinheiten (GE) gemäß bilanzieller Darstellung im zinstragenden Geschäft investiert ist. Um Missverständnissen vorzubeugen, sei weiterhin unterstellt, dass die bilanziellen Werte den Marktwerten entsprechen.

Abbildung 4 zeigt die durch die Aufsicht festgelegten Eigenkapitalzuschläge für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch für LSI. Die fiktiv dargestellte Bank muss somit einen der unten genannten Kapitalaufschläge als Bestandteil der P2R in Kauf nehmen.

Im Folgenden werden zwei Alternativen für die Zinsstrategie dargestellt.

- Das Institut verzichtet weitgehend auf Zinsfristentransformation. Sowohl das zinstragende Aktiv- als auch das zinstragen - de Passivgeschäft werden mit demselben kurzfristigen variablen Zins verzinst (IRRBB-Strategie I). In einer Nettobetrachtung bleiben somit 600 GE mit dem kurzen Zins auf der Aktivseite verzinst (entspricht dem zinstragenden Aktivgeschäft, das durch Eigenkapital refinanziert ist).

- Das Aktivgeschäft soll zu einem guten Teil längerfristig verzinst sein. Für ein konkretes Zahlenbeispiel seien hierfür 1 200 GE unterstellt. Zur Diversifikation des Zinsänderungsrisikos werde das Volumen gleichmäßig auf die Jahre 1 bis 10 aufgeteilt, das heißt 120 GE seien mit dem 1Y-Zins verzinst, 120 GE mit dem 2Y-Zins (IRRBB-Strategie II).

Die Motivation für Strategie II liegt auf der Hand: Die Bank verspricht sich höhere Zinserträge gegenüber der Wahl von Strategie I. Anhand dieser exemplarischen Alternativen soll die Ermittlung der regulatorischen Kosten für IRRBB im Anlagebuch veranschaulicht werden.

Zwei unterschiedliche Szenarien

Wesentliche Größen für die hier vorgeschlagene Bestimmung der regulatorischen Kosten sind der Gesamtrisikobetrag (Risk Weighted Assets, RWA) und die Eigenkapitalrendite (Return on Equity, RoE). Hierfür seien ebenfalls realistische Werte unterstellt:

- RWA = 4 000 GE (ein Drittel der Bilanzsumme)15)

- RoE = 5 Prozent.

Für die Quantifizierung der regulatorischen Kosten wird im Folgenden zunächst angenommen, dass das Beispielinstitut in der Ausgangssituation Strategie I verfolge, die Risikoprofilnote A besitze und insgesamt eine harte Kernkapitalquote von 13,5 Prozent erfüllen muss. Ein Kapitalaufschlag für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch liegt gemäß Abbildung 4 somit nicht vor.

Zinsstrategie beeinflusst Kapitalbedarf

Ein Wechsel zu IRRBB-Strategie II wirkt sich dagegen auf den Kapitalbedarf des Instituts aus, wie die folgende Beispielrechnung zeigt. Dazu nehmen wir an, dass sich das Ergebnis des 200BP-Zinsschocks auf 120 GE beläuft. Dieses ist ebenfalls realistisch, da die Duration der Anlage etwa 5 Jahre beträgt und gemäß Durationsformel ein 200BP-Zinsanstieg somit bei aktuellem Niedrigzinsniveau zu etwa 10 Prozent Wertverlust führt.

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Die längerfristige Zinsposition in Strategie II bewirkt somit gemäß Abbildung 4 eine erhöhte Eigenkapitalquotenanforderung von 1 Prozentpunkt, wenn weiterhin Risikoprofilnote A unterstellt wird.

Anhand dieser Werte soll ermittelt werden, wie viel Kernkapital (CET1-Kapital) notwendig ist, um die jeweiligen Quoten zu erreichen. Die harte Kernkapitalquote ist wie folgt definiert:

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Um das Kapitaläquivalent zu berechnen, stellen wir die Formel nach dem Kapital um, sodass wir CET1 = Kernkapitalquote x RWA erhalten. Das benötigte harte Kernkapital, das nachfolgend mit Min CET1 bezeichnet werden soll, beträgt für die beiden Strategien somit:

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Die unterschiedlichen Kapitalbedarfe zwischen Strategie I und Strategie II lassen sich wie folgt quantifizieren:

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Dass der Kapitalbedarf bei Strategie II um 40 GE steigt, stellt den Ausgangspunkt für die Quantifizierung der regulatorischen Kosten dar. Die Bank benötigt bei Strategie II somit rechnerisch 40 GE mehr Eigenkapital (in Form von hartem Kernkapital), um den Abstand zur erforderlichen Kapitalquote gegenüber Strategie I nicht zu beeinträchtigen. Dieses Eigenkapital ist im Schnitt im vorliegenden Beispiel mit 5 Prozent (kalkulatorische Eigenkapitalkosten) verzinst. Die regulatorischen Kosten aus einem Wechsel auf IRRBB-Strategie II beträgt somit per annum:

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Die Kosten sind von den erwarteten Erträgen der Strategie II abzuziehen, um die Strategien miteinander vergleichen zu können. Dieser Kostenansatz ist insbesondere deswegen angemessen, da die Kapitalquote als essenzielle Kennziffer für die Bank anzusehen ist und eine Erhöhung der Kapitalquotenanforderung zu einer grundsätzlich unerwünschten, ungünstigeren Ausgangssituation für die Bank in Form eines höheren SREP-Zuschlages führt. Und diese ist letztlich nur durch entprechendes zusätzliches Kapital (oder Risikoreduktion) zu kompensieren.

Ertragsvergleich der Strategien

Um die Größenordnung der regulatorischen Kosten einzuschätzen, sei sich für die erwarteten Erträge der Strategie II exemplarisch an die Zinssituation Mitte des Jahres 2019 angelehnt. Für den kurzen Zinssatz werden - 0,25 Prozent angenommen, des Weiteren werden Anlagesätze, wie in Abbildung 5 gezeigt, unterstellt.

Das Anlagevolumen der Strategie II beträgt 1 200 GE, gleichmäßig verteilt auf die Laufzeiten 1Y bis 10Y. Im ersten Jahr ist somit die Summe aus den obigen Zinsen als (negative) Einnahme zu verbuchen, dem gegenüber stehen (negative) Refinanzierungskosten in Höhe von 600 GE x (- 0,25 Prozent). Es wird eine Seitwärtsbewegung der Zinsen unterstellt. Diese Annahme wird für einen Mehrjahresvergleich beibehalten.

Ebenso wird ein statisches Anlageportfolio unterstellt. Der Fokus soll allein auf den regulatorischen Kosten liegen und nicht auf vermeintlich realistischeren Zinsszenarien und optimierten Anlagestrategien. Abbildung 6 stellt die unter diesen Annahmen erwarteten Erträge der Strategie II den Erträgen der Strategie I gegenüber.

Es ist zu erkennen, dass Strategie II bei einem Ausgangszinsniveau von Mitte 2019, unter Berücksichtigung der regulatorischen Kosten, erst im Laufe der Zeit und unter der Annahme einer Seitwärtsbewegung der Zinsen gegenüber Strategie I vorteilhaft wird. Dieses Ergebnis ist überraschend, da das hier vorgeschlagene Konzept der regulatorischen Kosten in der Ableitung der Zinsbuchstrategie neu ist. In dem aktuellen Niedrigzinsniveau können diese kalkulatorischen Regulierungskosten zu einem relevanten Entscheidungskriterium zulasten des Eingehens von Zinsfristentransformation werden.

Eigenkapitalrendite ist eine zentrale Größe zur Kostenberechnung

Daher wird eine quantitative Berücksichtigung der regulatorischen Kosten in der Beurteilung der Zinsbuchstrategie vorgeschlagen. Bei den obigen Berechnungen handelt es sich bisher um ein konkretes Zahlenbeispiel, welches jedoch problemlos verallgemeinert werden kann. Für die regulatorischen Kosten wird eine Opportunitätsbetrachtung vorgeschlagen, die über die nachfolgende Formel quantifiziert werden kann:

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In Anlehnung an die P2R-Beiträge der jeweiligen IRRBB-Strategie kann gemäß Abbildung 7 eine Kostentabelle abgeleitet werden, hier für exemplarische Eigenkapitalrenditen von 5 Prozent und 10 Prozent.

Die Werte in Abbildung 7 können durch Interpolation problemlos an die institutsindividuelle Eigenkapitalrendite angepasst werden. Mit der ebenfalls institutsindividuellen Bezugsgröße RWA lässt sich der jährliche kalkulatorische Kostenbeitrag der eigenen IRRBB-Strategie bestimmen. Die rechnerischen Kosten aus einer ungünstigen Risikoprofilnote können analog bestimmt werden.

Es sei in Bezug auf die Diskussion der Kostenformel ergänzend angemerkt, dass diese rechnerisch die Vereinfachung enthält, dass der RoE unabhängig von der IRRBB-Strategie sei. So besitzt die Wahl der IRRBB-Strategie wieder einen Einfluss auf den RoE. Diese Relation müsste mathematisch exakt durch ein Herausrechnen des RoE-Effektes aus dem Wechsel der Zinsrisikostrategie Berücksichtigung finden. Aus Vereinfachungsgründen und im Sinne der Steuerungsfunktion reicht es allerdings aus, für die Kostenermittlung realistische durchschnittliche RoE-Werte des jeweiligen Kreditinstituts anzusetzen. Gleichwohl stellt der RoE eine zentrale Größe in der Ermittlung der Kosten dar, da die Kosten proportional zum Return on Equity wachsen.

Umfassendes Deckungsbeitragsschema

Ökonomisch ausgedrückt bedeutet dies: Je stärker das Geschäftsmodell unabhängig von Zinsfristentransformation Erträge erwirtschaftet, desto unattraktiver und teurer ist ein Wechsel zu einer ausgeprägteren Zinsfristentransformation. Dies ist in der aktuellen Ertragslage im Niedrigzinsumfeld eine nachvollziehbare Kausalität.

Mit den vorangestellten Überlegungen wird ein umfassenderes Deckungsbeitragsschema für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch vorgeschlagen. Kalkulatorisch sind die regulatorischen Kosten im Sinne einer ganzheitlichen Banksteuerung von Wichtigkeit. Diese beschreiben andererseits aufgrund der Opportunitätsbetrachtung, die nicht unmittelbar real umgesetzt wird, keine direkt monetär anfallenden Kosten beziehungsweise entgehenden Gewinne.

Die vorgestellte Analyse ermöglicht dennoch den Effekt aus regulatorischen Konsequenzen in Form erhöhter P2R-Beiträge quantitativ einzubeziehen, wenn es um die Festlegung von Zinsbuchstrategien geht. Für die Wahl der Zinsbuchstrategie sollte weiterhin die langfristige ökonomische Überzeugung in die Erträge von Zinsfristenformation dominieren. Es zeigt sich allerdings, dass bei besonders flachen Kurven und geringen absoluten Erträgen das Gewicht der regulatorischen Kosten zunimmt und die Berücksichtigung der regulatorischen Kosten Bestandteil der Ableitung einer IRRBB-Strategie sein sollte. Je geringer die Eigenkapitalrendite aus dem Geschäftsmodell der Bank ist, desto attraktiver erscheint die Alternative einer verstärkten Zinsfristentransformation auch unter Berücksichtigung der regulatorischen Kosten.

Die in diesem Artikel geäußerten Auffassungen und Einschätzungen sind die der Autoren und müssen nicht notwendigerweise mit denen der NORD/LB (G. Jansen) oder Deloitte (S. Kröger) übereinstimmen.

Fußnoten

1) Vgl. Jansen/Portisch, Warum sich Zinsfristentransformation weiter lohnt, BankPraktiker, 9, 2019, S. 231ff..

2) Vgl. EBA/GL/2018/02, Guidelines on the management of interest rate risk arising from non-trading book activities, 2018, Rz. 24, 25, 32, 33, 41, 43 ff. und BaFin, Rundschreiben 06/2019 (BA) - Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch vom 06.08.2019.

3) Vgl. Vgl. BCBS, Standards. Interest rate risk in the banking book. Bank for international settlements, 2016.

4) Vgl. EBA/GL/2018/02, Guidelines on the management of interest rate risk arising from non-trading book activities, 2018.

5) Vgl. Official Journal of the European Union, Directive 2013/36/EU, 2013.

6) Vgl. Hungerkamp, IRRBB, https://www.l-p-a.com/regulation-technology/regulatorik-compliance/irrbb/

7) Vgl. Reuse/Frère, Kritische Würdigung des Zinsrisiko-Rundschreibens 06/2019, BankPraktiker, 9, 2019, S. 247ff.

8) Vgl. BaFin, Rundschreiben 06/2019 (BA) - Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch vom 06.08.2019, S. 9.

9) Vgl. EBA/GL/2018/02, Guidelines on the management of interest rate risk arising from non-trading book activities, 2018.

10) Vgl. EBA/GL/2018/02, Guidelines on the management of interest rate risk arising from non-trading book activities, 2018.

11) Vgl. Kiene/Hessmert, Handbuch Bankenregulatorik, NORD/LB Fixed Income Research, 2017, S. 25ff.

12) Vgl. Bundesministerium der Finanzen, Fragen und Antworten zu Basel III, 2019. Kiene/Hessmert, Handbuch Bankenregulatorik, NORD/LB Fixed Income Research, 2017, S. 25ff.

13) Vgl. European Central Bank, The Supervisory Review and evaluation process: whats new, 2016. Berg, Zur aufsichtsrechtlichen Berücksichtigung des Kreditrisikos. Eine Analyse gegenwärtiger und möglicher künftiger Regulierungsvorschriften, 2019, S. 71ff.

14) Vgl. Wimmer, Volle Aufmerksamkeit. MaRisk-Novelle 2016, SREP-Bescheide, BCBS 368 (IRRBB), News, Volume 3, 2016, S. 16 und Gramatke et al., Neue Kapitalanforderungen für das Zinsänderungsrisiko im Bankbuch im Rahmen des SREP, 2016.

15) Entspricht etwa den durchschnittlichen RWA größerer deutscher Institute.

Dr. Gunnar Jansen Leiter Marktrisiko/Bewertungsmethoden, NORD/LB, Norddeutsche Landesbank Girozentrale, Hannover
Steffen Kröger Consultant Risk Advisory, Operational Risk (Financial Services Industry), Deloitte GmbH, Hamburg
Prof. Dr. Wolfgang Portisch Leiter Bereich Bank- und Finanzmanagement, Hochschule Emden/Leer
Dr. Gunnar Jansen , Unternehmensberater und Dozent, Genossenschaftsverband Weser-Ems e.V., Lehrbeauftrager Universität Oldenburg
Steffen Kröger , Consultant Risk Advisory, Operational Risk (Financial Services Industry), Deloitte GmbH, Hamburg
Prof. Dr. Wolfgang Portisch , Leiter Bereich Bank- und Finanzmanagement , Hochschule Emden/Leer, Emden

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