Ökosystem für Heilberufler - neue Wege

Ulrich Sommer, Foto: Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG

Ein besonderes Know-how ausgerichtet auf eine Zielgruppe reicht im Zeitalter der Digitalisierung für eine Bank nicht aus, erfolgreich im Wettbewerb zu bestehen. Aus dieser Erkenntnis heraus will der Autor sein Haus angesichts der bereits absehbaren und noch zu erwartenden Umwälzungen im Gesundheitsmarkt breiter aufstellen und ein zusätzliches Standbein schaffen, das auf längere Sicht auch zum Ertrag beitragen soll. Er setzt dabei nicht zuletzt auf eine neue Tochtergesellschaft, die als ersten Schritt bereits eine Plattform gegründet hat, die sich der Idee nach zu einer zentralen digitalen Anlaufstelle für Heilberufler und zu einem unabhängigen Vermittler von allen relevanten Produkten und Dienstleistungen entwickeln soll. Unabhängig von der erhofften Aussicht auf späteren Ertrag verweist der Autor auch auf die Bedeutung der Plattformökonomie für die Differenzierung im Wettbewerb. (Red.)

Mit der Vergabe günstiger Kredite an die Apothekengründer fing alles an - das war vor über hundert Jahren. Heute ist die genossenschaftliche Deutsche Apotheker- und Ärztebank (im Folgenden Apobank - Red.) das führende Finanzinstitut im Gesundheitswesen und Standesbank der Heilberufsangehörigen. Damit das so bleibt, entwickelt die Bank ihr Leistungsportfolio für die Kunden, das heißt insbesondere für Ärzte, Apotheker und Zahnärzte, kontinuierlich weiter. Wie das konkret abläuft, das bemisst sich auch an den Märkten, auf denen die Bank aktiv ist - auf dem Finanz- und auf dem Gesundheitsmarkt. Beide Märkte befinden sich in einem massiven und strukturellen Veränderungsprozess, den die Bank aktiv mitgestalten will.

Umbrüche im Gesundheitsmarkt - Zeit für Veränderungen der Bank

Der Gesundheitsmarkt wandelt sich nicht nur infolge der Digitalisierung. Fachfremde Akteure kommen in den Markt, bestehende Unternehmen entwickeln neue Geschäftsmodelle und Investoren erobern zunehmend auch den regulierten Gesundheitsmarkt. Parallel ändern sich die Bedürfnisse des Kunden. Bei Heilberuflern ist ein starker Trend zur Anstellung und Kooperation zu beobachten, während die Führung einer Einzelpraxis immer mehr in den Hintergrund rückt. Auch die Vorstellungen der jüngeren Generation von ihrem Berufsleben verändern sich, so ist es nur konsequent, dass sich die Bank mitverändert.

Die Apobank hat sich über die Jahre ein einzigartiges Geschäftsmodell und darauf aufbauend ein solides wirtschaftliches Fundament erarbeitet. Diese starke Basis nutzt sie nun, um sich weiterzuentwickeln. Die Zukunft der Bank wird auf zwei Säulen gestellt: Die erste Säule ist das Bankgeschäft. Ziel ist es, der bevorzugte Partner für alle Finanzfragen der Kunden zu sein. Dazu fokussiert sich die Bank weiter im Privatkundengeschäft auf die Existenzgründung, auf das Firmenkundengeschäft und auf die Vermögens- und Vorsorgeberatung. Die zweite Säule umfasst additive Produkte und Dienstleistungen für Heilberufler jenseits des klassischen Bankgeschäfts.

Ausgangspunkt für die Strategie sind die Bedürfnisse unserer Kunden. Wesentlich ist dabei, was Heilberufler im beruflichen Alltag unterstützt, was sie entlasten könnte. Daneben ist die Bank auch bei allen privaten Vermögens- und Finanzierungsthemen an der Seite der Kunden. Als führende Bank im Gesundheitswesen besitzt die Apotheker- und Ärztebank ein Alleinstellungsmerkmal, das weiter ausgebaut werden soll. Künftig will die Bank mehr als nur Finanzdienstleister für ihre Kunden sein.

Kompetenzzentrum für die Digitalisierung im Gesundheitswesen

Bis vor Kurzem hat die Apobank mit ihrem Angebot von Finanzdienstleistungen nur einen Teil des Bedarfs von Heilberuflern bedient. In vielen anderen Bereichen rund um die Themen Existenzgründung oder Arztpraxis- und Apothekenführung hat sie über die Jahrzehnte ein großes Netzwerk aufgebaut und viel Know-how generiert. Es liegt daher nahe, diese Ressourcen nun systematisch zu nutzen und in Strukturen zu kanalisieren, die neue Dienstleistungen und damit weitere Mehrwerte für die Kunden, die Heilberufler, hervorbringen können.

Die ersten Schritte sind bereits gemacht. 2018 gründete die Bank das Kompetenzzentrum Apo Health für die Digitalisierung im Gesundheitswesen, das Heilberufler dabei unterstützt, digitale Anwendungen in ihrer Praxis oder Apotheke einzusetzen. Darüber hinaus wird gemeinsam mit der Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft ein innovatives Praxismodell entwickelt - eine Zahnarztpraxis nach modernstem Standard, die Zahnärzte mieten können und damit budgetschonend und frei von administrativen Aufgaben in die Selbstständigkeit starten können. Die erste Praxis dieser Art wurde gerade in Düsseldorf eröffnet. Eine zweite Praxis in einer ländlichen Region ist in Planung.

Aufbau einer Plattform

All diese Initiativen haben eine klare Leitlinie, sie sollen Heilberufler entlasten, sodass sie sich auf den Kern ihrer Tätigkeit, nämlich die Behandlung ihrer Patienten, konzentrieren können. Und auch die Gründung der neuen Tochtergesellschaft, der Naontek (Firmierung: naontek AG - Red.), ist aus der Motivation hervorgegangen, digitale Lösungen zum Nutzen der Heilberufler zu entwickeln.

Das erste Projekt von Naontek ist der Aufbau der Plattform Univiva. Sie soll die zentrale digitale Anlaufstelle für Heilberufler werden und sich zu einem unabhängigen Vermittler von allen relevanten Produkten und Dienstleistungen für Heilberufler entwickeln. Bereits heute können Ärzte, Zahnärzte und Apotheker dort Fortbildungen und Seminare finden und buchen.

Ein Investment mit Ertragsaussichten

Bekanntlich ist das Fortbildungsthema ein großes, unübersichtliches Feld, das nun über die Plattform für jeden Heilberufler deutlich einfacher und komfortabler organisiert wird. Damit ist Univiva gestartet, in den nächsten drei Jahren soll sie sich zu einer B2B-Plattform mit diversen weiteren Inhalten wie Praxis- und Apothekenmarketing, Personalvermittlung oder Bestellmöglichkeiten für Praxis- und Büromaterial entwickeln. Langfristig soll die Plattform zum "One-stop-shop" für Heilberufler werden.

Unter Naontek selbst werden künftig weitere digitale Geschäftsmodelle gebündelt. Primäres Ziel ist immer die Unterstützung der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker in ihrer Berufsausübung - und das ist auch der Nukleus der Geschäftsideen, die bei Naontek entwickelt und umgesetzt werden sollen.

Naontek steht noch ganz am Anfang. So sieht die Deutsche Apotheker- und Ärztebank dieses neue Tochterunternehmen zunächst als Investment, mittelfristig soll es natürlich zum Ergebnis beitragen. Die ersten Erfolge von Naontek lassen sich auch schon sehen: Zahlreiche namenhafte Fortbildungsveranstalter konnten bereits als Anbieter gewonnen werden, und seit dem Launch der Plattform im Juli 2019 zählte Univiva über 20 000 Seminare und Fortbildungen - das ist ein guter Start. Ziel ist, perspektivisch jeden Kunden der Apobank für das neue Angebot zu begeistern und auch neue Kunden zu akquirieren.

Die Idee und das Geschäftsmodell von Univiva sind im deutschen Gesundheitsmarkt einzigartig. Eine solche übergreifende Plattform gibt es in der Gesundheitsbranche bisher nicht. Das ist Vorteil und Risiko zugleich. Denn Naontek betritt mit Univiva neues Terrain und sammelt daher Erfahrungen - sowohl was die Bedürfnisse der Heilberufler als auch die Bedürfnisse der Veranstalter und Anbieter angeht. Aus diesen Erkenntnissen heraus leitet sie jeden Tag weitere Handlungsoptionen für sich ab, um ihre Angebote Stück für Stück besser zu machen.

Plattformökonomie als Differenzierungsmöglichkeit

Eine solche Plattform ist die logische Folge der einzigartigen Positionierung im Gesundheitsmarkt, die auf diesem Weg ausgebaut werden soll. Die Apobank agiert als Standesbank der Heilberufler an der Schnittstelle zwischen Banken- und Gesundheitsmarkt. Dank der langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Kunden kennt sie deren Bedürfnisse besonders gut und ist in der Lage, diese abzudecken. Schon heute bietet sie viele Mehrwertleistungen für Heilberufler an, die nun auf der Plattform zusammengeführt, optimiert und ausgebaut werden.

Sicherlich ist die Plattformökonomie kein Patentrezept für Banken, aber es ist eine Möglichkeit, sich im Wettbewerb zu differenzieren, Kunden mit neuen Services und Produkten zu binden oder zu gewinnen und auf diese Weise auch das Kerngeschäft zu stärken.

Die Apobank ist zuversichtlich, perspektivisch Erträge über die Tochtergesellschaft generieren zu können. Naontek ist ein Ergebnis der Zielsetzung, den Gesundheitsmarkt noch leistungsfähiger zu gestalten, indem Heilberufler unterstützt werden.

Ulrich Sommer Vorsitzender des Vorstands, Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG, Düsseldorf
Ulrich Sommer , Vorsitzender des Vorstands, Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG, Düsseldorf
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