Sepa 2.0 - Wie schaffen wir den Binnenmarkt für digitales Bezahlen in Europa?

Andreas Krautscheid, Mitglied der Hauptgeschäftsführung, Bundesverband deutscher Banken e. V., Berlin

Quelle: Bundesverband deutscher Banken e. V.

Andreas Krautscheid, Mitglied der Hauptgeschäftsführung, Bundesverband deutscher Banken e. V., Berlin - Die Schaffung von Sepa als einheitlichem Binnenmarkt war ein Erfolg. Aber die Entwicklung steht nicht still. Banken müssen sich bewegen, müssen ihre Geschäftsmodelle überprüfen und neue Prozesse und Angebote entwickeln, um dem technologischen Fortschritt und den sich wandelnden Kundenanforderungen auch in Zukunft gerecht werden zu können - Stichwort Sepa 2.0. Der Autor spricht in diesem Zusammenhang vor allem die digitale Kontoeröffnung und das mobile Bezahlen an. Er wünscht sich europaweit die gleichen Rahmenbedingungen und einen fairen Wettbewerb zwischen regulierten Finanzdienstleistern und Drittanbietern. Hierbei regt er an, dass sich Unternehmen vom Kunden jeweils das Einverständnis zur Datennutzung einholen müssen. Kritik äußert der Autor an dem von der EU-Kommission im März 2017 vorgelegten Aktionsplan für Finanzdienstleistungen für Verbraucher: Die Kommission habe sich teilweise in Detailfragen verzettelt, so sein Fazit. (Red.)

Der Europäische Binnenmarkt ist zwar offiziell am 1. Januar 1993 in Kraft getreten, doch vollendet war er damit noch lange nicht. Seit diesem Datum wird kontinuierlich daran gearbeitet, fortbestehende Handels- und Markthindernisse zu beseitigen, um so das Potenzial des gemeinsamen Wirtschaftsraumes auch wirklich ausschöpfen zu können. Auch im Bereich des Zahlungsverkehrs hat es etwas länger gedauert. Jetzt aber, da Sepa endlich gelebte Praxis geworden ist, muss es weitergehen: Sepa 2.0 - ein Binnenmarkt für das digitale Bezahlen - ist der nächste logische Schritt.

Gleiche Rahmenbedingungen europaweit

Sepa 1.0 hat gezeigt, wie es gehen kann. Angesichts von Zahlungsverkehrskulturen, die sich über Jahrzehnte getrennt entwickelt hatten, war die Vereinheitlichung alles andere als eine leichte Geburt. Umso größer ist der Erfolg zu bewerten: Mit der Single Euro Payments Area wurden bis 2016 die Grundlagen für einen effizienten Binnenmarkt geschaffen. Transeuropäische Überweisungen und Lastschriften, die nach wie vor die Grundlage allen Zahlungsverkehrs bilden, sind heute kein kompliziertes und kostspieliges Unterfangen mehr. Mit der IBAN können 500 Millionen Bürger und 20 Millionen Unternehmen europaweit so sicher, günstig und komfortabel bezahlen, wie es bisher nur im Inland möglich war.

Insbesondere grenzüberschreitend tätige Unternehmen haben von der mit Sepa geschaffenen flexiblen neuen Infrastruktur profitiert. Die Kreditwirtschaft darf es sich als eine überzeugende Leistung anrechnen, diese Infrastruktur bereitgestellt und entwickelt zu haben. Allein für das entsprechende Standardisierungsgremium (European Payments Council) hat sie über 50 Millionen Euro investiert. Sepa 2.0 kann auf das Erreichte aufbauen und den Zahlungsverkehr so weiterentwickeln, dass nicht zuletzt die Verbraucher davon profitieren. Ein Beispiel: Ende dieses Jahres startet die Sepa-Echtzeitüberweisung. Zahlungsempfänger können dann online Geld rund um die Uhr an 365 Tagen - sei es am Wochenende oder am Feiertag - erhalten, ohne dass sie hierfür mehr als nur das herkömmliche Konto benötigen würden. Bis es ein flächendeckendes Angebot in ganz Europa gibt, wird es zwar noch einige Zeit dauern. Doch die Entwicklung ist nicht aufzuhalten - die privaten Banken werden diese Chance nutzen.

Sepa 2.0 muss aber noch mehr als das sein, denn eines ist unbestritten: Wir brauchen einen Binnenmarkt für das digitale Bezahlen. Den Bürgern sollte es zukünftig möglich sein, ein Konto vollständig digital zu eröffnen und dann jede weitere Legitimation bei einer anderen Bank oder einem anderen Unternehmen auf Grundlage dieser Erst-Legitimation vornehmen zu können. Damit eine Weiterverwendung der Legitimation möglich wird, benötigen wir europaweit die gleichen Rahmenbedingungen.

Auch beim mobilen Bezahlen können und müssen europäische Lösungen das Angebot für den Verbraucher signifikant verbessern. Dies betrifft etwa den Zugang zur Infrastruktur: Nicht der Telefonhersteller sollte zukünftig darüber entscheiden, welches Bezahlverfahren verwendet wird, sondern der Nutzer der Geräte selbst. Die Mobiltelefone müssen entsprechend auch für Bezahlverfahren der Banken geöffnet werden, damit die technischen Möglichkeiten wie etwa ein Fingerabdrucksensor oder eine Funkschnittstelle genutzt werden können. Darüber hinaus gilt: Kunden und Händler im elektronischen Handel sollten Wahlfreiheit genießen und über ihr bevorzugtes Zahlverfahren selbst entscheiden können. Im stationären Handel wiederum dürfen digitale Bezahlverfahren gegenüber dem Bargeld nicht benachteiligt werden. Beide Zahlungsarten haben ihre Berechtigung.

Sensibler Umgang mit Kundendaten

Von grundlegender Bedeutung bei alldem ist ein sensibler und für den Kunden transparenter Umgang mit seinen Daten. Der verantwortungsvolle Umgang mit Daten ist in den Augen unserer Kunden ein wichtiges Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb - auch gegenüber neuen Konkurrenten. Sinnvoll wäre es, wenn Unternehmen europaweit das Einverständnis zur Datennutzung jeweils für einzelne Kategorien einholen und den Kunden über die Bedeutung dieser Kategorien informieren müssten. Diese Kategorien wären sinnvollerweise die

- Nutzung zur Geschäftsabwicklung,

- die Nutzung für zusätzliche interne Zwecke und

- die kommerzielle Weitergabe an Dritte.

Klar ist: Die Digitalisierung entwickelt sich rasant weiter und mit ihr eine Vielzahl von neuen technologischen Möglichkeiten für Unternehmen und Kunden. Die nationalen und europäischen Regelsetzer müssen nachziehen. Mit ihrem im März 2017 vorgelegten Aktionsplan für Finanzdienstleistungen für Verbraucher hat die Europäische Kommission deutlich gemacht, dass es nun die Aufgabe der europäischen Gesetzgeber ist, die Grundlagen für das digitale Bezahlen zu schaffen. Allerdings hat der Aktionsplan nicht alle Erwartungen erfüllen können. Das dort formulierte Ziel ist richtig, doch hat sich die Kommission teilweise in Detailfragen verzettelt, anstatt die Prioritäten - wie oben geschrieben - zu setzen.

Hindernisse für einen europäischen Markt beseitigen

Für die Kreditwirtschaft in Deutschland gilt: Sie steht bereit, mit digitalen Angeboten auf veränderte Kundenwünsche zu reagieren und auch europäische Lösungen anzubieten. So wollen wir beispielsweise das Bezahlverfahren der Banken, Paydirekt, europaweit einsetzbar machen. In jedem Falle kommt es nun darauf an, bestehende Hindernisse für ein europäisches Regelwerk und für einen europäischen Markt zügig zu beseitigen. Dann kann Sepa 2.0 wie schon Sepa 1.0 zu einem Erfolgsprojekt werden.

Dieser Beitrag basiert auf einer Rede des Autors beim Zahlungsverkehrssymposium der Deutschen Bundesbank am 18. Mai 2017 in Frankfurt am Main.

Zwischenüberschriften sind teilweise von der Redaktion eingefügt.

Andreas Krautscheid , Hauptgeschäftsführer, Bundesverband deutscher Banken, Berlin
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