Verwahrstelle - Servicepartner zwischen Regulierung und Digitalisierung

Anja Schlick Foto: Hauck & Aufhäuser

Verwahrstellen, früher Depotbanken, obliegt die Obhut der Vermögensgegenstände eines Sondervermögens und entscheidende Kontrollaufgaben. Diese Pflichten sind nach Ansicht der Autorin vom Regulator in den vergangenen Jahren auf unterschiedlichen Ebenen präzisiert und teilweise deutlich ausgeweitet worden, was viele Serviceanbieter vor eine Herausforderung stellt. Als einschneidende Veränderungen sieht sie die Umsetzung der europäischen Richtlinien UCITS-V und AIFM sowie noch eine Vielzahl weiterer Regulierungsoffensiven für unterschiedliche Gruppen von Kapitalmarktakteuren. Als zweiten großen Trend sieht die Autorin neben der Regulierung den allgegenwärtigen Trend zur Digitalisierung. Neben den wachsenden Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, wachsen jedoch auch die Begehrlichkeiten auf Kundenseite. Partnerschaftliche Zusammenarbeit ist für die Autorin die Lösung, trotz des herausfordernden Umfeldes interessante individuelle Lösungen anbieten zu können. (Red.)

Regulierung und Digitalisierung sind neben dem anhaltend schwierigen Marktumfeld die beherrschenden Themen der Finanzbranche. Gerade auch im Asset Management sorgt die Konstellation für teilweise erheblichen Druck von unterschiedlichen Seiten. Sowohl direkt als auch indirekt ist davon das Verwahrstellengeschäft betroffen, in dem daher mit einer Fortsetzung der Tendenz zu einer weiteren Konsolidierung zu rechnen ist.

Garant für Anlegerschutz

Verwahrstellen, denen die Obhut der Vermögensgegenstände eines Sondervermögens und entscheidende Kontrollaufgaben obliegen, fungieren seit jeher als Garant für einen hohen Anlegerschutz. Als Dienstleister der Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) haben sie neben der Verwahrung der Vermögensgegenstände, Transaktionen und das Anteilsscheingeschäft abzuwickeln, Zahlungsströme und Einhaltung der Anlagegrenzen zu überwachen sowie Bewertungsprozesse und Ertragsverwendung zu prüfen.

Diese Pflichten hat der Regulator in den vergangenen Jahren auf unterschiedlichen Ebenen präzisiert und teilweise deutlich ausgeweitet. Einschneidende Veränderungen hat insbesondere die Umsetzung der europäischen Richtlinien UCITS V (Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities Directive) und AIFM (Alternative Investment Fund Manager) mit sich gebracht.

In beiden Fällen zählen die Verwahrstellen zum direkten Adressatenkreis: UCITS V hat ihre Kontrollpflichten im Bereich von Publikumsfonds im entsprechenden Mantel gegenüber der KVG erweitert. Mit der Umsetzung der AIFM-Richtlinie im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) hat der Gesetzgeber darüber hinaus ein größtenteils neues Regime für alternative Investment- und Spezialfonds geschaffen. In beiden Fällen zählen insbesondere Verwahrstellen zum direkten Adressatenkreis. Mittelbar trifft die Dienstleister jedoch noch eine Vielzahl weiterer Regulierungsoffensiven für unterschiedliche Gruppen von Kapitalmarktakteuren, die für erheblichen Handlungsbedarf gesorgt haben und weiterhin sorgen. Exemplarisch zu nennen sind hier etwa Solvency II im Versicherungs- sowie Basel III im Bankbereich. Hinzu kommen die noch junge Umsetzung von MiFID II, die nahezu alle Akteure trifft und das Investmentsteuergesetz. Je nach Investorentyp, Assetklasse und Art des Vehikels sind weitere regulatorische Anforderungen zu beachten.

Regulatorische Kenntnisse erforderlich

Verwahrstellen müssen diese Anforderungen nicht nur kennen - und wo nötig zu interpretieren wissen - sie müssen auch Sorge dafür tragen, dass unterschiedliche Investorentypen den für sie relevanten Vorschriften adäquat und effizient genügen können. Einige Kundengruppen, etwa kleine und mittelgroße unabhängige Vermögensverwalter, sind dabei auf inhaltliche Unterstützung bei der Umsetzung neuer Vorgaben angewiesen - beispielsweise in Form von vorbereitenden Seminaren oder Webinaren und fortlaufender kompetenter persönlicher Betreuung. In anderen Segmenten geht es darum, Investoren bei der Erfüllung neuer Vorschriften an das Meldewesen zu unterstützen.

Einschlägige Kenntnis der für unterschiedliche Investorengruppen relevanten regulatorischen Rahmenbedingungen ist somit Grundvoraussetzung für den Erfolg einer Verwahrstelle. Auch wenn die ganz großen Regulierungsinitiativen dieser Tage vorerst weitestgehend abgearbeitet sind, ist hier doch zu konstatieren: Auch weiterhin wird der Regulator dafür sorgen, dass den Juristen in den Verwahrstellen die Arbeit nicht ausgeht. Sei es durch Regelungen, die sie direkt betreffen - noch im laufenden Jahr 2018 ist mit einem aktualisierten Verwahrstellenrundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu rechnen, zudem steht mittelfristig eine EU-weite Harmonisierung des Verwahrstellengeschäfts über UCITS VI an -, sei es durch neue Vorgaben für die Investorenseite. Es ergibt sich ein erheblicher Zusatzaufwand für die Verwahrstellen. Im Zusammenspiel mit dem anhaltenden Margendruck sorgt er für erhebliche Belastungen und eine Tendenz zur Konsolidierung der Branche: Wer nicht über eine kritische Größe verfügt und die Verwahrstellentätigkeit als Kerngeschäft definiert hat, wird den Markt früher oder später verlassen müssen oder hat es bereits getan.

Das gilt umso mehr, als auch der zweite große Trend neben der Regulierung vielfach eine Herausforderung für die Serviceanbieter darstellt: der allgegenwärtige Trend zur Digitalisierung. Zwar bieten Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen auch in den Verwahrstellen nicht unerhebliches Optimierungspotenzial. Bevor allerdings Effizienzvorteile greifen, müssen zunächst entsprechende Systeme entwickelt und implementiert werden. Das erweist sich sowohl als kosten- wie auch als zeitaufwendig. So haben heute fast alle Marktteilnehmer Digitalisierungsstrategien entwickelt und entsprechende Teams aufgebaut. In aller Regel sind das allerdings Mehrjahresprojekte. Denn klar ist: Ebenso wenig, wie sich digitalisierte Prozesse per Knopfdruck einführen lassen, können sie dem Kunden einfach übergestülpt werden. Vielmehr gilt es, die Einführung partnerschaftlich voranzutreiben und dabei auch den ganz unterschiedlichen Status quo verschiedener Kundengruppen zu berücksichtigen.

Oberste Priorität hat, wie auch schon bislang im Verwahrstellengeschäft, ein Höchstmaß an Datenqualität sicherzustellen. Hier sind die einfache Handhabbarkeit großer Datenmengen und erweiterte Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, mit Sicherheit hilfreich. Eine Herausforderung bleibt indessen häufig, einen reibungslosen Austausch zwischen Verwahrstelle, KVG und Investor zu gewährleisten, der tatsächlich die erhofften Effizienzsteigerungen bringt. Weiterhin gilt es dabei, geeignete Schnittstellen zu bestehenden oder noch zu implementierenden IT-Systemen auf Kundenseite zu etablieren, die einen Datenaustausch per Excel-Sheet oder gar individueller E-Mail obsolet machen. Tatsächlich - so legen es aktuelle Umfragen nah -, dass es im Basisgeschäft der Verwahrstellen allerdings kaum noch Differenzierungsmerkmale gibt. Alle Anbieter seien hier hinsichtlich der Datenkommunikation mit KVGen ähnlich aufgestellt "in dem Sinne, dass das Fax als Medium wirklich langsam ausdient"

Wachsende Begehrlichkeiten

Differenzierter fällt das Urteil aus, wenn es um ein Angebot geht, das über ein traditionelles Wertpapierportfolio und die damit verbundenen Reporting- und Risiko-Management-Kennzahlen sowie weitere regulatorisch klar definierte Datenanalysen hinausreicht. Hier geht es zum einen um die saubere Integration zunehmend komplexer, häufig alternativer Anlageklassen wie Private Equity, Infrastruktur oder Debt und Loans, die neben der Kenntnis der für diese Bereiche einschlägigen regulatorischen Rahmenbedingungen auch eine inhaltliche Expertise voraussetzt. Zum anderen geht es um einen wachsenden Bedarf an Funktionalitäten, die über das regulatorisch geforderte Maß hinausreichen. So wachsen mit den Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, zu Recht auch die Begehrlichkeiten auf Kundenseite.

So erwarten Investoren heute zu Recht, Kennzahlen, Gliederungen, Klassifikationen und Formate nach eigenen Vorstellungen anfordern beziehungsweise abrufen zu können. Dabei ist eine freie Skalierbarkeit von Datentiefe und Betrachtungszeiträumen ebenso gefragt wie eine zunehmende Flexibilität auch hinsichtlich des Zeitpunkts der Abfrage, dem jeweiligen Endgerät und der Ausgabeformate.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit

Und auch wenn nicht jeder Kunde den Drang verspürt, zu jeder Zeit an jedem Ort seine Reporting-Tools aufzurufen, werden interaktive, leicht zu bedienende Portale viele statische Berichte ablösen. Über den Erfolg entscheidet dabei die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Reporting-Tool-Sets, das zunehmend darauf ausgerichtet sein muss, Auswertungen und Bedienbarkeit für eine Vielzahl unterschiedlicher Ausgabeformate sicherzustellen und die jeweiligen Schnittstellen vorzuhalten. Eine intuitive Navigation auf den verwendeten Geräten zählt dabei sicherlich zu den entscheidenden Kriterien.

Viele dieser Zusatzservices, die über die Vorgaben des regulatorischen Meldewesens hinausreichen, werden sich aufgrund der Heterogenität der Kundengruppen nicht vollständig standardisieren lassen - oder andersherum: Stark standardisierte Services werden individuellen Bedürfnissen vieler Kunden nicht gerecht werden. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit verspricht hier meist größeren Erfolg als vorgefertigte Module. Insbesondere mittelgroße Verwahrstellen, die mit den maßgeblichen Märkten, Kundenwünschen und Rechtsvorschriften in großer Detailtiefe vertraut sind und auf partnerschaftliche Zusammenarbeit bauen, können hier interessante individuelle Lösungen anbieten. Ein passgenauer Zuschnitt erlaubt sowohl eine enge Integration und Verzahnung zu bestehenden Inhouse-Lösungen als auch eine portfolioübergreifende Konsolidierung der Reportings, die nicht nur rechtlichen Rahmenbedingungen gerecht wird, sondern über zusätzliche Funktionalitäten einen Mehrwert für Portfolioverwaltung und Asset Management liefern kann.

Anja Schlick Asset Servicing, Leiterin Financial Assets, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG, München
Anja Schlick , Head of Relationship Management Asset Servicing/Financial Assets, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG, Frankfurt am Main
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