Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! - eine Performance-Analyse in Europa

Marlène Hassine Konqui, Foto: LYXOR ETF

Wer den Markt schlagen will, muss zwangsläufig auch Risiken eingehen. Eine Analyse von über 7 000 Fonds mit Sitz in Europa zeigt jedoch: Mehr Volatilität im Portfolio allein schafft noch keinen Mehrwert für die Investoren. Eine höhere Chance auf Outperformance liefert dagegen statistisch gesehen ein hoher Tracking Error. Sowohl bei den aktiven Aktienfondsmanagern als auch bei den aktiven Rentenmanagern registriert die Autorin bei Auswertung der Daten für das Berichtsjahr 2018 vergleichsweise wenig Risikobereitschaft. Mit Blick auf eine langfristige empirische Untersuchung verweist sie allerdings darauf, dass sich aktives Fondsmanagement gerade in herausfordernden Märkten in einem fortgeschrittenen Konjunkturzyklus oder in einer Rezession, in denen besonders viel Mut gefragt ist, behaupten und Mehrwert schaffen kann. Schaffen muss, denn nur dann rechtfertigt das aktive Fondsmanagement ja auch die für seine Leistung vereinnahmten höheren Gebühren. (Red.)

Mut bedeutet die Bereitschaft, sich gefährlichen oder unsicheren Situationen auszusetzen. Nach dieser Definition verlangt schon allein das herausfordernde Marktumfeld mit seinen hohen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten, Rückgängen über fast alle Anlageklassen hinweg und einer ungewissen Zinsentwicklung Investoren und Anlegern allgemein Mut ab. Doch besonders mutig müssen all diejenigen sein, die den Markt schlagen wollen und dafür Investmententscheidungen abseits der Konsensmeinung des Marktes treffen müssen. Im besonderen Maße betrifft dies aktive Fondsmanager. Sie müssen nicht nur potenzielle Fehlentscheidungen vor ihren Klienten rechtfertigen - sondern auch Kompensation für vergleichsweise hohe Managementgebühren liefern.

Volatilität allein ist kein Garant für Outperformance

Eine Performance-Analyse von über 7 000 Fonds mit Sitz in Europa zeigt jedoch, dass 2018 nur wenig aktive Fondsmanager mehr Risiken eingegangen sind als der Markt. Während die analysierten Vergleichsindizes im Jahresverlauf 2018 eine durchschnittliche Volatilität von 11,9 Prozent aufwiesen, lag diese in den untersuchten Aktien- und Rentenfonds im Durchschnitt bei lediglich 10,2 Prozent. Und während die Fonds 2018 einen durchschnittlichen Wertverlust von minus 7,9 Prozent verbuchen mussten, gaben die Indizes nur um 6,5 Prozent nach. Selbst bei einer Erweiterung des Betrachtungszeitraums auf drei, fünf oder zehn Jahre zeigen die Ergebnisse dieselbe Tendenz: Aktive Fonds weisen weniger Volatilität als ihre Referenzindizes auf und erzielen dafür schlechtere Ergebnisse.

Zwar mögen diese Differenzen im Durchschnitt vernachlässigbar oder - angesichts geringerer Volatilität - sogar angemessen erscheinen, allerdings zeichnet sich für Anleger in der Realität ein Dilemma ab: 2018 gelang es tatsächlich gerade einmal jedem vierten Fondsmanager (24 Prozent), seine Benchmark zu schlagen. Es ist also nicht einfach, erfolgreich gemangte Investmentvehikel zu finden.

Aktive Aktienfondsmanager: weniger Risiken - niedrigere Renditen

Um aktive Fonds zu finden, die einen Mehrwert gegenüber dem Markt schaffen, sollten Anleger identifizieren, welche Fondsmanager mutig agieren. Doch sind risikofreudige auch zwangsläufig die besseren Fondsmanager? Das kommt vor allem darauf an, woran man ihren Mut ausmacht. Mehr Risiko in Form von höherer Volatilität allein ist kein Garant für Outperformance. Zumindest bei Aktienfonds scheint ein erhöhter Tracking Error ein verlässlicherer Indikator für Outperformance gegenüber dem Index zu sein.

Für aktive Aktienfondsmanager war 2018 ein schlechtes Jahr: Nur 27 Prozent konnten eine Outperformance erzielen. Ein Weg, um das Risiko beziehungsweise die Volatilität nachvollziehen zu können, die aktive Fondsmanager im Laufe des vergangenen Jahres in Kauf genommen haben, ist die Quote der Fonds zu ermitteln, welche die Sharpe Ratio ihrer Benchmarks im Jahresverlauf übertrafen. Der Anteil der Aktienfonds, die dieses Kriterium erfüllen, lag 2018 um zwei Prozentpunkte höher als der Prozentsatz, der sich auf risikoadjustierter Basis besser entwickelte.

Dies deutet darauf hin, dass aktive Aktienfondsmanager im Laufe des vergangenen Jahres weniger Risiken eingegangen sind als der Markt und, vielleicht nicht überraschend, niedrigere Renditen erzielt haben. Die durchschnittliche Volatilität der Portfolios aktiver Fondsmanager betrug 13,2 Prozent gegenüber einem Durchschnitt der Benchmarks von 15,4 Prozent.

Unterschiedliche Ergebnisse in den verschiedenen Regionen

Bei Fonds für Aktien aus USA, Europa und den Schwellenländern lagen die risikoadjustierten Ergebnisse im Vergleich zur Benchmark sehr nahe an ihren absoluten Renditen. Dies zeigt, dass aktive Manager für diese Regionen im Durchschnitt nicht mehr Risiken eingegangen sind als der Markt.

Am japanischen Aktienmarkt erreichten hingegen nur 19 Prozent der aktiven Manager eine bessere Sharpe Ratio als der Markt, während rund jeder Dritte (34 Prozent) seine Benchmark auf absoluter Basis übertraf. Hier gingen aktive Fondsmanager im Jahresverlauf also deutlich mehr Risiken ein als der Markt. Jedoch wurde dieser Mut nicht mit besseren risikoadjustierten Renditen belohnt. Die durchschnittliche Volatilität der aktiven japanischen Aktienfonds betrug im Jahresverlauf 17,1 Prozent, verglichen mit 14,7 Prozent am Markt. Im Durchschnitt performten diese Fonds im Jahresverlauf jedoch um 1,6 Prozent schlechter als ihr Vergleichsindex, der Topix Total Return Index (Abbildung 1).

Eindeutigere Zusammenhänge als die Sharpe Ratio bietet eine Untersuchung der einzelnen Anlageuniversen auf ihren durchschnittlichen Tracking Error (TE). Ein geringer TE deutet im Allgemeinen darauf hin, dass ein Fonds seine Benchmark eng nachahmt und ist eines von drei Signalen, die von der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) in ihrer Studie über potenzielle Closet-Index-Tracking-Fonds verwendet werden. Je größer die individuelle Überzeugung eines Fondsmanagers im Jahr 2018 war, desto wahrscheinlicher war es, dass er eine bessere Performance erzielte. Allerdings hat im vergangenen Jahr nur ein begrenzter Teil der Manager - mit Ausnahme solcher für japanische Aktienfonds - im Vergleich zum Markt stärkere Positionen eingenommen (Abbildung 2).

Betrachtung des durchschnittlichen Tracking Error

Dies könnte auch mit den Präferenzen der Anleger zu tun haben: Mehr als 80 Prozent der kumulierten Assets under Management (AuM) in den untersuchten Aktienuniversen wurden 2018 in Fonds gemanagt, die einen eher geringen TE von unter sechs Prozent aufwiesen. Bei US-Aktien lag dieser Wert sogar bei 96 Prozent, für japanische Aktien bei lediglich 60 Prozent. Insgesamt wurde die Mehrheit der Kundengelder - 52 Prozent - in Fonds mit einen TE in Höhe von drei bis sechs Prozent gemanagt, während gerade einmal 9 Prozent der Vermögenswerte einen TE von neun Prozent oder darüber zeigten.

Daraus offenbart sich ein Dilemma für aktive Manager: Portfoliomanager mit stärkerer persönlicher Überzeugung neigen zwar eher dazu, den Markt zu schlagen - was ihre Investoren glücklich machen sollte. In der Realität jedoch scheinen diese ihr Geld lieber "Benchmark-Kuschlern" anzuvertrauen - also Managern, die mit ihrem Portfolio nur geringe bis gar keine Risiken eingehen.

2018 bei aktiven Rentenmanagern kaum Risikobereitschaft

Auch aktive Rentenmanager gingen 2018 weniger Risiken ein als die Benchmark und entwickelten sich unterdurchschnittlich. Lediglich 19 Prozent der aktiven Fixed-Income-Manager übertrafen 2018 ihre Benchmark auf risikoadjustierter und 18 Prozent auf absoluter Basis. Die durchschnittliche Volatilität in aktiv gemanagten Fixed-Income-Fonds betrug 3,9 Prozent verglichen mit 4,5 Prozent am Markt. Und während aktive Rentenfonds im Jahresverlauf eine negative Performance von minus 1 Prozent hinlegten, stiegen die Indizes im Durchschnitt um 0,2 Prozent.

In den Anleiheuniversen US-Treasuries, Euro-Hochzinsanleihen und Euro-Unternehmensanleihen entwickelte sich ein größerer Anteil an Aktienfonds risikoadjustiert besser als auf absoluter Basis. Einige dieser Fonds profitierten sogar davon, dass sie ein weniger riskantes Engagement als die Benchmark eingegangen sind. Im Gegenteil dazu profitierten die inflationsgeschützten Euro- und globalen Rentenfonds nicht von der Übernahme zusätzlicher Risiken im Durchschnitt, da der Prozentsatz dieser Fonds, der risikoadjustiert übertraf, niedriger war als auf absoluter Basis.

Fondsmanager zu teuer, um mit dem Index zu kuscheln

Fondsmanager, die sich mehr trauen und mit ihrem Portfolio stärker vom Index abweichen, haben mehr Chancen auf bessere Erträge. Dabei gilt jedoch: Nicht das Risiko in Form von Volatilität ist entscheidend, sondern die individuelle Überzeugung der Fondsmanager und ihr Mut, diese umzusetzen. Gerade in herausfordernden Märkten, in denen besonders viel Mut gefragt ist, kann sich aktives Fondsmanagement gegenüber den Märkten behaupten: Eine langfristige empirische Untersuchung zeigt, dass ein aktiver Management-Stil gerade in einem fortgeschritteneren Konjunkturzyklus oder in einer Rezession Mehrwert schaffen kann.

Im Vergleich dazu werden die Märkte in der frühen Phase des Zyklus von starken, erkennbaren Trends getrieben und Beta ist die dominierende Performance-Quelle. Doch dies bedingt, dass Fondsmanager auch die entsprechende Risikobereitschaft aufweisen und die Chancen nutzen: 2018 haben dies die wenigsten getan, was Anlegern Anlass dazu geben sollte zu überprüfen, ob das von ihnen gewählte Fondsmanagement über den notwendigen Mut besitzt, seine Gebühren durch Alpha zu rechtfertigen.

Marlène Hassine Konqui Head of ETF Research, Lyxor Asset Management, Paris
Marlène Hassine Konqui , Head of ETF Research, Lyxor Asset Management, Paris

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