Zwischen Gemeinwohlorientierung und betriebswirtschaftlichen Erfordernissen

Thomas Mang, Foto: Sparkassenverband Niedersachsen

Die Förderung des Spargedankens und die finanzielle Versorgung aller Bevölkerungsschichten sowie des gewerblichen Mittelstandes sind traditionell Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Sparkassen. In diesem Sinne ist das Geschäftsmodell der Institute aus Sicht des Autors auch heute vergleichsweise einfach geblieben. Die Institute verwahren in erster Linie Einlagen und vergeben Kredite für Wohneigentum und Konsumgütern sowie zur Finanzierung der Wirtschaft. Gestört oder zumindest erheblich erschwert sieht er diese bewährten Abläufe bei Kunden und Sparkassen zum einen durch die Niedrigzinspolitik der Notenbanken sowie die Regulatorik, auch wenn Letztere inzwischen für viele kleinere Sparkassen gewisse Erleichterungen vorsieht. Als anspruchsvolle betriebswirtschaftliche Herausforderung, weil sehr kostenintensiv, stuft er in Zeiten der Digitalisierung die Umsetzung des Multikanalkonzeptes ein. Mit Blick auf die Rendite wirft er die Frage auf, ob diese allein monetär gemessen werden sollte oder nicht auch den Beitrag zum kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Leben erfassen müsste. (Red.)

Finanzielle Teilhabe jetzt auch für alle - so ähnlich könnte ein Werbeslogan bei der Gründung der Sparkassen im 18. Jahrhundert gelautet haben, der die Gesellschaft schließlich revolutioniert hat. Im Geiste der Aufklärung sorgten engagierte Bürger dafür, dass Fortschritte im Bildungs- und Gesundheitswesen, soziale Sicherheit und auch die finanzielle Absicherung nicht mehr nur Privilegien der Reichen und Gebildeten waren. Daher bilden die Förderung des Spargedankens und die finanzielle Versorgung aller Bevölkerungsschichten sowie des gewerblichen Mittelstandes seit jeher die Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Sparkassen.

Kosten der Regulatorik

Durch ihre Rechtsform und enge regionale Verwurzelung helfen die Sparkassen seit über 200 Jahren, die örtlichen Strukturen in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur entstehen zu lassen und zu fördern. In erster Linie aber verwahren sie Einlagen und geben Kredite zur Finanzierung von Wohneigentum und Konsumgütern aus. Schon immer war es für die Kunden neben Sicherheit und Verfügbarkeit ein zentraler Punkt bei der Entscheidung für oder gegen eine Geldanlage, welche Rendite am Ende dabei herausspringt. Von Zinssätzen wie um die Jahrtausendwende, als man für 5 000 Euro mit dreimonatiger Kündigungsfrist noch über zwei Prozent bekam, kann man heute allerdings nur träumen. Denn welche Rendite am Ende der Laufzeit auf dem Überweisungsschein steht, wird von vielen Faktoren beeinflusst.

Einer der Dauerbrenner und wichtigster Aspekt, wenn es um die Verzinsung von Geldanlagen geht, ist die Niedrigzinspolitik der EZB. Sie hat bei vielen Kunden und Sparkassen eine Lücke in der Jahresbilanz hinterlassen, die sich so schnell wohl nicht wieder schließen lässt. Aber auch in der Regulatorik wird es nicht langweilig: Kaum denkt man, die Lage wird übersichtlicher, flattert einem schon die nächste Regulierungsmaßnahme ins Haus. Und dass die Gesetzgeber dabei gerne mal über das Ziel hinausschießen, hat MiFID II gezeigt. Diese Verordnung hat jede der Sparkassen bisher - die zukünftigen Kosten noch nicht eingerechnet - etwa 3,7 Millionen Euro gekostet. Ihr Nutzen ist bis heute nicht bewiesen.

Digitalisierung als großer Budgetposten für die Sparkassen

Etwas optimistischer lässt sich zum Glück bei der abgestuften Regulierung in die Zukunft schauen. Auch wenn für alle Sparkassen eine abgestufte Regulierung wünschenswert gewesen wäre, ist es zumindest schon mal positiv, dass die Bemühungen um eine Erleichterung wenigstens für die kleinen Häuser Früchte tragen. In Niedersachsen bedeutet das jedenfalls für viele Sparkassen eine Verbesserung.

Ein großer Posten auf dem Budgetzettel der Sparkassen ist das Thema Digitalisierung. Orientiert an den Wünschen und Ansprüchen der Kunden, aber auch animiert vom nationalen und internationalen Wettbewerb, stehen die Institute hier vor großen Investitionen, um sich ihre Wettbewerbsfähigkeit auch in der Zukunft zu erhalten. Mit Angeboten wie Kwitt oder dem stufenweisen Ausbau des Onlinebankings zu einer multibankfähigen Finanzplattform wurden schon große Schritte in die richtige Richtung gemacht. Stehenbleiben wäre allerdings fatal.

Das Geschäftsmodell der Sparkassen ist im Vergleich zu denen anderer Wettbewerber sehr kostenintensiv. Sie unterhalten nicht nur deutlich mehr Filialen als Privat- und Direktbanken (bei Letzteren entfällt dieser Posten ja sogar vollständig), sie beschäftigen auch entsprechend viele Mitarbeiter. Mit ihrem öffentlichen Auftrag sind die Sparkassen dem Gemeinwohl verpflichtet, aber ohne die Erfüllung betriebswirtschaftlicher und aufsichtsrechtlicher Kennzahlen können auch sie nicht überleben.

Suche nach dem richtigen Mix

Die beschriebenen Herausforderungen machen es Sparkassen und Banken nicht gerade leicht, sich am Jahresende über Gewinne freuen zu können. Da sich die sinkenden Zinsüberschüsse mit den Provisionserlösen kaum noch kompensieren lassen, müssen die Häuser an anderen Stellschrauben drehen.

Das Gros ihrer Provisionserlöse generieren die niedersächsischen Sparkassen im Zahlungsverkehr, auch wenn der Vertrieb von Wertpapieren an Bedeutung gewinnt. Umso wichtiger wird es da wiederum für die Institute, auch hier die notwendigen Investitionen in die Digitalisierung vorzunehmen, um sich nicht von Onlinebanken oder Fintechs das Wasser abgraben zu lassen. Aber auch im Kernbereich, dem Kreditgeschäft, muss weiter gepunktet werden. Denn am Ende wird diejenige Sparkasse erfolgreich sein, die für sich den richtigen Mix aus Kosten und Erträgen gefunden hat.

Rendite für alle

Was genau ist eigentlich Rendite? Schaut man im Lexikon nach der Wortbedeutung, erhält man etwa folgende Definition: Rendite ist der Gesamterfolg einer Kapitalanlage. Sie verdeutlicht, wie gut sich ein Geldbetrag über einen bestimmten Zeitraum entwickelt hat. Aber wer hat eigentlich festgelegt, dass Rendite nur monetär sein kann?

Kann Rendite nicht viel mehr sein als ein Zinsertrag oder ein Kursgewinn? Ist Rendite nicht vielleicht auch ein positives und persönliches Serviceerlebnis, das in Zeiten der Digitalisierung langsam zur Rarität wird? Oder ist sie vielleicht auch die Gewissheit, dass die Kundeneinlagen auch nach einem Börsencrash oder einer Immobilienkrise noch da sind? Und ist Rendite nicht auch die Essenz des gesellschaftlichen Engagements der Sparkassen, die in jedem Jahr mehrere Millionen Euro für verschiedene Initiativen und Projekte spenden, die das gesellschaftliche Leben bereichern, die sich um den Umweltschutz kümmern, um Forschung und Bildung und um Sport und Kultur?

Verantwortung für den volkswirtschaftlichen Wohlstand

In 2018 hat allein in Niedersachsen das kulturelle, soziale und gesellschaftliche Leben von Förderungen durch die Sparkassen in Höhe von 35,7 Millionen Euro profitiert. In ganz Deutschland waren es 442 Millionen Euro. Hinzu kommen viele persönliche Gespräche in Sparkassen-Filialen mit Mitarbeitern, Nachbarn, Freunden und Bekannten. Sparkassen sind ein Ort der Gemeinschaft und des örtlichen und öffentlichen Lebens. Und sie sind es, die auch - oder gerade - in Zeiten fortschreitender Digitalisierung noch persönlich für die Bevölkerung da sind.

Gute wirtschaftliche Ergebnisse sind bei Sparkassen also die Voraussetzung, um ihrer Verpflichtung zur Gemeinwohlorientierung nachkommen zu können. Sie sind aber kein Selbstzweck. Der Wert einer Sparkasse lässt sich letztlich nicht nur mit ökonomischen Maßstäben bewerten, denn täglich stellen die Sparkassen unter Beweis, mit wie viel Verantwortung sie sich für den volkswirtschaftlichen Wohlstand im ganzen Land einsetzen.

Thomas Mang Präsident, Sparkassenverband Niedersachsen, Hannover
Thomas Mang , Präsident, Sparkassenverband Niedersachsen, Hannover

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