Verwahrung

Digitalisierung vonnöten

State Street Global Advisors Unternehmenszentrale
Quelle: State Street

Das Custody-Geschäft gilt als eines mit sehr niedrigen Margen. Die Anbieter verdienen über Skalierung, also Größe. Der global zweitgrößte Verwahrer State Street - aktuell verwahrt und administriert das Unternehmen Assets im Volumen von 32 Billionen US-Dollar - will daher künftig Asset Managern die vollständige Infrastruktur aus einer Hand anbieten, um sich entlang der kompletten Wertschöpfungskette zu positionieren. Das hat das Unternehmen auf einer Veranstaltung für Journalisten in Frankfurt verkündet. State Street könnte dabei auch davon profitieren, dass der strukturelle Kostendruck durch schrumpfende Margen wie schon seit einiger Zeit die Banken nun auch die Branche der Vermögensverwalter trifft. Durch das rasante Wachstum der ETF-Konkurrenz müssen die Investmentfonds mit den Gebühren runter. Dazu kommt, dass zumindest Rentenfonds auch unter der an haltenden Niedrigzinsphase leiden und sich schwertun, die nötige Performance zu generieren. Da zählt am Ende jeder Basispunkt, der eingespart werden kann.

In diese Marktlage grätscht State Street nun mit seinem neuen Konzept rein. Normalerweise gibt es ein Front-, ein Middle- und ein Back-Office. Da das Front- und Back-Office oft nicht in gleicher Hand sind und mit unterschiedlichen Systemen arbeiten, braucht es das Middle-Office, um zwischen den verschiedenen Systemen zu synchronisieren. State Street will das ganze System nun für seine Kunden aus einer Hand anbieten. Die Basis dafür hat das Unternehmen 2018 mit der Übernahme des Front-Office-Anbieters Charles River Developement für 2,6 Milliarden US-Dollar gelegt. Kosteneinsparungen will State Street dadurch erzielen, dass das Middle-Office wegfällt, da Front- und Back-Office von vornherein aufeinander abgestimmt sind.

Doch nicht nur Kosten können die Vermögensverwalter sparen. Es er öffnen sich der Branche völlig ungeahnte technische Möglichkeiten, zumindest laut dem Verwahrer. So können die Kunden sogar intraday ihren aktuellen Cash-Bestand sehen, den sie laut State Street derzeit oftmals im Tagesverlauf gar nicht kennen oder per Hand auf einem Zettel ausrechnen. Diese Aussage sorgte unter den anwesenden Journalisten für ungläubiges Staunen und für mehrfache Nachfragen, ob manche Asset Manager tatsächlich im Tages verlauf ihren Cash-Bestand nicht exakt kennen. Die Ursache dafür: Wenn Front-Office und Back-Office, also die Abwicklung, nicht in einer Hand liegen, wissen die Asset Manager oft nicht den aktuellen Stand, weil die Abwicklung immer eine gewisse Zeit dauert und eben nicht bekannt ist - zumindest intraday -, wann exakt die jeweilige Abwicklung und dann die dazugehörige Cash-Ab- oder Zubuchung durch geführt werden. Das soll nun mit dem neuen State-Street-Ansatz professionalisiert werden.

Jörg Ambrosius, Leiter für das Geschäft im Wirtschaftsraum UK, Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) von State Street, legte sogar nochmal nach: In der Branche wird nicht nur viel mit manuell auf Zetteln ausgerechneten Cash-Beständen - oder gar im Blindflug mit unbekannten Beständen - gearbeitet, sondern statt der Arbeit mit professionellen Systemen sei auch noch die Nutzung von Excel in der Asset-Management-Industrie weit verbreitet. Der massive Digitalisierungsdruck, wie er die Bankenbranche schon seit ein paar Jahren erfasst hat, scheint in der Asset-Management-Branche noch nicht sonderlich hoch zu sein. Manuelles errechnen von Cash-Beständen und Excel-Sheets als Basis scheinen für einen Banker aus grauer Vorzeit zu kommen. Da dürfte dann in der Tat noch großes Potenzial für den amerikanischen Verwahrer liegen.

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