Deutsche Bank I

Frankfurter Puppenkiste

Quelle: Deutsche Bank

Man muss Christian Sewing in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank viel Glück wünschen. Denn er ist in der Reihe der unter dem Aufsichtsratsvorsitz von Paul Achleitner in dieses Spitzenamt berufenen Mitglieder der einzige, der in seiner Amtszeit noch die Chance hat, eine hoffentlich positive Ära zu prägen. Alle anderen, nämlich Anshu Jain und Jürgen Fitschen sowie jetzt auch John Cryan werden in der Rückschau für eine schwere Zeit der Deutschen Bank stehen - ebenso wie demnächst Marcus Schenck, der im vergangenen Jahr als Hoffnungsträger zu einem der beiden Co-Chefs befördert worden war.

Bei einem solchen Wechselspiel verbunden mit einer seit Jahren fehlenden klar erkennbaren strategischen Perspektive für die Bank darf es nicht verwundern, wenn auch der Aufsichtsratsvorsitzende und sein Gremium in den Fokus rücken und massive Kritik einstecken müssen. Nicht von ungefähr hat die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management wie zuvor schon einige Medien "an den aktuellen Vorgängen in der Führung der Deutschen Bank" die grundsätzliche Frage aufgeworfen, wer eigentlich den Aufsichtsrat kontrolliert. Angesichts der diskussionswürdigen Zustände bei der Frankfurter Großbank will die DVFA zu Recht geklärt wissen, ob das Modell des deutschen Aktienrechts die notwendigen Checks and Balances zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung der deutschen Aktiengesellschaften noch gewährleisten kann.

Der Deutschen Bank selbst ist nach dem jüngsten Personalkarussell allenfalls eine kurze Atempause vergönnt - mehr nicht. Die allgemeine Erleichterung über die Entscheidungen beim Spitzenpersonal markiert lediglich ein Innehalten nach der in den vergangenen Wochen auch nach draußen hin zelebrierten Personalsuche, verbunden mit der Demontage von John Cryan. Das Ganze erinnert dabei stark an das zähe Ringen um die jüngste Regierungsbildung in Deutschland, die Mitte März erst einmal allgemein begrüßt wurde, ohne damit ein einziges Problem zu lösen. Ganz ähnlich ist es bei der Deutschen Bank. Dort soll und muss nun ein Vorstandsvorsitzender, der in den Medien vor zwei Wochen noch als Second-Best-Lösung tituliert wurde, die notwendigen Kosten- und Ertragsziele erreichen und soll dabei trotz nötiger Einschnitte eine Aufbruchsstimmung unter den Mitarbeitern und möglichst auch an den Märkten erzeugen.

Das Signal zur Aufwertung des Geschäftes mit der Realwirtschaft, das man aus der Berufung von Christian Sewing herauslesen kann, wird dabei teils schon wieder konterkariert durch die Zusammensetzung und die Neuberufungen in den Aufsichtsrat, die eindeutig eine Handschrift in Richtung des Investmentbankings tragen. Und ob allein Norbert Winkeljohann - bei all seiner unbestrittenen Kompetenz bei der Prüfung von Großunternehmen - die Interessen der (deutschen) Wirtschaft an der Weiterentwicklung der Deutschen Bank gebührend vertreten kann? Wieso ist eigentlich der Aufsichtsrat der Deutschen Bank über jeden Fit-and-Proper-Test der EZB erhaben, während Sparkassen und Genossenschaftsbanken an dieser Stelle teilweise Nachholbedarf attestiert wird?

Bis einschließlich der Hauptversammlung werden der Aufsichtsrat und/oder die neue Führungsspitze der Deutschen Bank zumindest die Konturen ihres künftigen strategischen Kurses aufzeigen müssen. Der normale Aktionär, die Öffentlichkeit und vermutlich auch die Politik brauchen an dieser Stelle ein klares Bild. Denn bei einer Marktkapitalisierung von knapp 25 Milliarden Euro und Buchwerten von 60 Milliarden Euro ist längst nicht mehr jedem klar, ob das einstmals stolze Institut noch als Stütze der deutschen Wirtschaft gebraucht wird oder schon ein Spielball der Märkte und ihrer Großinvestoren geworden ist, denen es darum geht, die üppige Marge zwischen Börsen- und Buchwert durch eine Zerschlagung abzuschöpfen. Übrigens: An der Frankfurter Börse schloss die Aktie der Bank nach den Personalentscheidungen am ersten Börsentag unter Christian Sewing mit einem leichten Plus ab.

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