Kreditvergabe

Geldpolitik wirkt, aber ...

"Die Buchkredite der deutschen Banken an nichtfinanzielle Unternehmen in Deutschland sind in den letzten Jahren nachhaltig und kräftig über alle Laufzeiten, Wirtschaftszweige und Bankengruppen gestiegen." Das teilt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht Januar 2020 mit, der eine ausführliche Analyse des Kreditwachstums beinhaltet. Der Wendepunkt lag im Jahr 2014. Damals schrumpfte der Kreditbestand noch um 2,5 Prozent. Seitdem zieht das Wachstum an und lag zuletzt sechs Quartale in Folge bei über 5 Prozent. Den Hochpunkt erreichte das Kreditwachstum allerdings bereits im Juni 2018 mit einem Plus von 5,9 Prozent.

Der Bericht befasst sich auch ausführlich mit der Frage, welchen Anteil die Geldpolitik an dem Aufschwung der Kreditvergabe hat. Einen ersten Hinweis darauf gibt die Tatsache, dass sich der Anstieg der Jahreswachstumsrate der Unternehmenskredite weiter fortsetzte, als das BIP-Wachstum bereits etwas nachließ - anders als in früheren Phasen dynamischen Wachstums. Auf der Nachfrageseite ist es vor allem das niedrige Marktzinsniveau, das die Nachfrage hochhält. Doch die Geldpolitik spielt auf vielfältige Weise in das Kreditwachstum hinein. Nicht nur die Senkung der Leitzinsen auf null im Jahr 2014 führte laut der Analyse zum Kreditwachstum, sondern auch das erweitere Asset Purchasing Programm APP und das langfristige Refinanzierungsprogramm GLRG sorgten indirekt für eine stärkere Kreditvergabe. So gaben in der Bank Lending Survey (BLS) befragte Banken an, die ihnen durch die Sondermaßnahmen zufließende Liquidität vor allem für eine höhere Buchkreditvergabe genutzt zu haben. Dieser Effekt sei übrigens hauptsächlich auf die Institute der beiden großen Verbünde zurückzuführen.

Die Transmission geldpolitischer Impulse funktioniert anscheinend und wirkt sich wie gewünscht auf eine erhöhte Kreditvergabe aus. Gleichzeitig ist die NPL-Quote weiter auf 3,41 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit der erstmaligen Veröffentlichung dieser Zeitreihe im Jahr 2015 gesunken (Stand: 3. Quartal 2019, Quelle: Bundesbank). Ideale Welt - könnte man meinen. Doch es sollte auch der Blick darauf fallen, in welchen Bereichen der Wirtschaft die Kreditvergabe anstieg. So stiegen die Bruttoanlageinvestitionen in Deutschland nur zu Beginn des Aufschwungs kräftig an, danach nur noch verhalten. Die Ausrüstungsinvestitionen, die vor allem vom produzierenden Gewerbe durchgeführt werden, wuchsen nur moderat. Die Bauinvestitionen hingegen hatten einen gewichtigen und zunehmenden Anteil daran. Dieser Effekt ist zwar auch auf eine gestiegene Tätigkeit in dem Sektor zurückzuführen, aber auch zu ordentlichen Teilen nur auf Preissteigerungen - sowohl für Dienstleistungen als auch bei den Immobilienpreisen.

Ja, die Geldpolitik wirkt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Nebenwirkungen der außergewöhnlichen Geldpolitik gerechtfertigt sind, wenn die Wirkung sich im Wesentlichen auf ein Wirtschaftssegment beschränkt und es dort auch noch zu Preisblasen kommt. Die Liste der Nebenwirkungen ist lang: Die Margen der Banken erodieren weiter, da der Wettbewerb auf dem Markt hoch und der Zins niedrig ist und der Druck zur weiteren Kreditvergabe von der geldpolitischen Seite anhaltend hoch ist. In der Realwirtschaft steigt der Anteil der sogenannten "Zombie-Unternehmen", die nur aufgrund der historisch niedrigen Refinanzierungskosten überleben. Wenn dann noch von im Lauf der Zeit immer weiter aufgelockerten Kreditbedingungen die Rede ist, muss man kein Unkenrufer sein, um zu sehen, dass sich Unheil zusammenbrauen könnte.

Es ist daher ein erfreulicher Schritt, dass die EZB nun angekündigt hat, ihre Strategie auf unerwünschte Nebenwirkungen hin zu überprüfen. Die Geldpolitik kann helfen, muss aber dabei Maß bewahren. Sie kann Prosperität nicht erzwingen. Dem darbenden produzierenden Gewerbe in Deutschland würden derweil andere Maßnahmen viel mehr helfen, angefangen bei einer Unternehmenssteuerreform, niedrigeren Energiepreisen und einem Bürokratieabbau.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X