Geldvermögen

Immer ärmer

Quelle: pixabay.de

Rekordeinnahmen auf der Steuerseite können zweierlei bedeuten: Einerseits einen ausbeuterischen Staat, der mit immer neuen Ideen seine Bürger und Unternehmen schröpft. Bei gleichbleibenden Belastungen sind sie andererseits aber ein ziemlich sicheres Indiz für das Wohlergehen einer Gesellschaft. Und in der Tat verdienen die Deutschen im Durchschnitt immer mehr: Das Pro-Kopf-Einkommen hat sich von 1991 mit 1 832 Euro auf mittlerweile 3 771 Euro im Jahr 2017 mehr als verdoppelt. Netto blieben den Arbeitnehmern davon 1991 mit 1 159 Euro rund 63 Prozent, 26 Jahre später mit 1 893 Euro nur noch gut 50 Prozent. Damit liegen die Deutschen im oberen Viertel der Europäer und weit über dem europäischen Durchschnitts-Pro-Kopf-Einkommen von 2 634 Euro brutto. Gleichzeitig lag die Sparquote der Deutschen in den vergangenen Jahren konstant zwischen 9,5 und 9,8 Prozent und wird Schätzungen zufolge 2018 erstmals seit einem Jahrzehnt wieder die 10-Prozent-Marke überspringen.

Doch all das scheint nicht zu reichen. Vor allem lohnt Sparen derzeit nicht mehr. Denn das Geld vermögen der Bundesbürger sinkt. Laut aktuellen Berechnungen der Bundesbank fiel die Gesamtrendite, die ein durchschnittlicher Privathaushalt für seine Bankeinlagen, Bargeldbestände, Versicherungsansprüche sowie Aktien- und Fondsanlagen abzüglich der Teuerung erzielte, im ersten Quartal 2018 und war mit minus 0,8 Prozent erstmals seit sechs Jahren wieder negativ. 2017 betrug die Gesamtrendite noch 1,7 Prozent, 2016 immerhin noch 0,9 Prozent.

Der Schuldige ist vermeintlich schnell ausgemacht: Die EZB mit ihrer für Deutschland falschen Zinspolitik. Der Leitzins im Euroraum liegt seit März 2016 auf dem Rekordtief von null Prozent und frisst sich langsam, aber sicher immer tiefer in das Geldvermögen. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn dafür kommt der Aufschrei nun zu spät. Die Renditen für Bankeinlagen, die mit 40 Prozent immerhin den größten Portfolioanteil ausmachen, sind bereits seit 2016 deutlich negativ. Allerdings wurde das von den üppigen Wertpapierrenditen überkompensiert. Seit Anfang des Jahres kommen nun aber noch kräftige Kursverluste hinzu. Nächster Faktor: Der negative Effekt der kräftig steigenden Inflation (2016: 0,5 Prozent, 2017: 1,8 Prozent, Juli 2018: 2,0 Prozent) übersteigt den leicht positiven Beitrag der nominalen Renditen. Fakt ist: Deutschland wird ärmer.

Fakt ist auch: Draghi ist schuld. Aber nicht alleine. Für die Kursturbulenzen sorgen andere, vor allem politisch Verantwortliche, oder Managementfehler. Und auch die Anleger selbst müssen sich ganz generell hinterfragen, ob die hohe Neigung zu den gering verzinsten Bankeinlagen in den kommenden Jahren noch der richtige Weg ist. Die Bundesbank jedenfalls stellt immer noch keine nennenswerten Portfolioumschichtungen fest.

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