Bundesgerichtshof

Kritik am "rechtspolitischen Dunkel" des Bankensenats

Bundesgerichtshof

Der Mannheimer Bankrecht-Ordinarius Georg Bitter hat mit deutlicher Kritik auf die einseitige Tendenz der Rechtsprechung des XI.(Banken-)Senats des BGH reagiert und darauf hingewiesen, dass es neben den Interessen der Verbraucherkunden der Banken auch gewichtige betriebswirtschaftliche Zwänge dieser Institute gibt, die bei Entscheidungen über (angeblich) unangemessene Benachteiligungen von Kunden durch AGB-Klauseln zuweilen ausgeblendet würden. In aller Schärfe warf er in seiner Kolumne in ZIP - Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Heft 25/26, Seite 1203) den Richtern vor, ihr Urteil vom 13. März 2018 (AZ XI ZR 291/16, abgedruckt unter anderem in ZIP 2018 Heft 23 Seite 1123) trage die Vertragsfreiheit im Darlehensrecht nun endgültig zu Grabe und begründe den "Zwang zur Ineffizienz im Darlehensgeschäft".

Ein Verbraucher klagte gegen seine Sparkasse, die ihm für seine Darlehenswünsche formularmäßig zwei Alternativen bei beliebiger Sondertilgung während der Zinsbindung angeboten hatte: (1) Darlehen zum marktüblichen Zins ohne Zusatzkosten, (2) Darlehen zu niedrigerem Zins bei Verrechnung einer "Bearbeitungsprovision" von 2 Prozent. Der Kunde wählte Variante (2) und verlangte später die Provision zurück, weil die Gebühr gegen § 307 BGB verstoße. Der BGH gab dieser Klage statt. Im Leitsatz des Urteils steht, dass ein alternatives Angebot keine "Individualabrede" begründe; der Kläger müsse "auch hier (...)Gelegenheit erhalten, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung einzubringen". Bankbetriebswirtschaftliche Erwägungen, dass bei Darlehen die höchsten Kosten vor dem Abschluss (vor allem durch die neuen gesetzlichen Pflichten) entstehen, die spätere Vertragsphase durch automatisierte Buchungen aber nur geringe Kosten verursache, seien für das Urteil irrelevant. Dem "Leitbild des § 488 Abs. I Satz 2 BGB (entspreche) nur ein laufzeitabhängiges Entgelt". Das sei schon in einem Urteil aus 2014, das auf einem Grundsatz-Urteil aus 1978 beruhe (NJW 1979 Seite 805) festgestellt worden. Bitter meint, die Richter hätten dieses Urteil gar nicht gelesen, es sage nämlich das Gegenteil dessen aus, was in 2014 und jetzt in 2018 entschieden wurde: Ein Kreditinstitut dürfe "neben dem Zins als laufzeitabhängiges Entgelt für den Gebrauch des Kapitals" auch die bei Vertragsabschluss entstehenden Kosten als 'Vergütung für die Hingabe und Überlassung des Kapitals' berechnen. Beide gleichwertige Entgeltkomponenten seien bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses sowie auch bei der Beurteilung einer möglichen Sittenwidrigkeit des Darlehens im Sinne von § 138 BGB zu berücksichtigen".

Das BGH-Urteil vom 13. März 2018 sei auch "inkonsistent", weil es den Banken empfehle, ihr Kostenrisiko durch "Mischkalkulation" abzufedern. Das mache die "volkswirtschaftliche Verschwendung durch Quersubventionierung zum rechtlichen Gebot" und rate gerade zu dem, was der Senat beim Entgelt für nacherstellte Kontoauszügen verboten habe! Für den BGH sei stets die Hauptsache, "dass am Ende die Unwirksamkeit der Entgeltklausel (stehe)". Und weil all dieses noch nicht genüge, "geht der XI. Zivilsenat (nun) den letzten Schritt und nimmt dem Kreditnehmer paternalistisch auch noch die Chance, sich freiwillig für die kostensparende Variante des Darlehens zu entscheiden". Die "bittere" Kritik Bitters endet mit dem Satz: "Der Bankensenat hat gesprochen - im rechtspolitischen Dunkel!" Dieser Befund ist mehr als bemerkenswert, nicht nur für dessen Urteil vom 13. März 2018. RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Noch keine Bewertungen vorhanden


X