Großbanken

Längst noch keine Normalität

Wären zwischen der Bilanzberichterstattung 2018 und der Präsentation der Q1-Zahlen 2019 der Commerzbank nicht die 39 Tage der Sondierungsgespräche mit der Deutschen Bank gewesen, könnte man die Monate Januar bis März 2019 als zähe, aber konsequente Fortsetzung des eingeschlagenen Weges der strategischen Neuausrichtung einstufen. Die Präsentation der Q1-Zahlen der Commerzbank (Konzernergebnis 120 Millionen Euro, Verwaltungskosten ebenso unter Vorjahresniveau wie die Erträge ohne Sondereffekte) war betont auf business as usual getrimmt. Das gilt im Wesentlichen auch für den Verlauf der Hauptversammlung.

Anders als einen Tag später bei der Deutschen Bank haben die Aktionäre die latente Unruhe und den Aufklärungsbedarf nicht für eine Generalabrechnung mit den Gremien genutzt. Aufsichtsrat und Vorstand wurden vielmehr mit satten Mehrheiten entlastet, der Dividendenvorschlag wurde fast einhellig angenommen. Die große Debatte um eine völlige strategische Neuausrichtung blieb aus, geschäftspolitisch wurden die bekannte Ertragsschwäche und die für ein Technologieunternehmen eindeutig zu hohen Kosten beklagt. Der Aktienmarkt fand unmittelbar vor und nach der HV seine eigene Bewertung und ließ den Kurs der Bank noch einmal deutlich absinken.

Nach den Sondierungsgesprächen und der HV bleiben damit für die im Herbst anstehende Fortschreibung der Strategie eine Menge Fragen. Ist die Commerzbank Stand-Alone überhaupt nicht mehr überlebensfähig? Bleibt ihr in einer möglichen grenzüberschreitenden Fusion zwangsläufig nur die Rolle des Juniorpartners? Wie lässt sich das eingeleitete Digitalisierungskonzept auch hausintern überzeugend vermitteln, wenn die erklärten Ziele für die Cost Income Ratio kassiert werden müssen? Was nutzen die gewonnenen Sprints der agilen Mitarbeiter, wenn die Kostenstrukturen sich nicht sichtbar bessern? Die Fortschreibung der Strategie sollte dringlich den ein oder anderen belastbaren Hoffnungsschimmer auf eine Verbesserung der Ertragslage vermitteln.

Auch bei der Deutschen Bank sind die Q1-Zahlen 2019 mit einem Konzerngewinn nach Steuern von 201 Millionen Euro oder plus 67 Prozent gegenüber dem Vorjahr eher besser ausgefallen als befürchtet. Die Personalkosten konnten im Vorjahresvergleich um 5 Prozent zurückgeführt werden, die Sachkosten um 11 Prozent, aber auch die Erträge sind um 9 Prozent gesunken. Schon im Vorfeld der Hauptversammlung ist klar geworden, dass der strategische Anpassungsbedarf viel größer ist als bei der Commerzbank. Über mögliche Überlegungen der Großaktionäre wird viel spekuliert. Klar ist deren künftiger Kurs auch nach der HV nicht. Ganz massiv in der Kritik stand vor und während der HV der Aufsichtsratsvorsitzende. Die Entlastungsquoten für den Vorstand lagen um die 75 Prozent, für den Aufsichtsrat rund um die 73,6 Prozent, beim Vorsitzenden mit 71,63 Prozent nur leicht darunter, das alles bei einer sehr mäßigen Präsenz von 34,85 (Vorjahr 42,6) Prozent.

Der Fortgang der Dinge bleibt vage. Vorstandsvorsitzender Christian Sewing hat die Mitarbeiter und die HV-Teilnehmer strategisch auf eine Stärkung der stabilen Geschäftsfelder, auf klare Renditevorgaben für alle Bereiche, ohne Wenn und Aber, auf weitere spürbare Kostensenkungen durch eine Anpassung der Infrastruktur sowie auf eine konsequente Digitalisierung aller Prozesse eingeschworen. Mittelfristig wieder eine Nachsteuer-Rendite von zehn Prozent auf das materielle Eigenkapital erreichen zu wollen, ist weit weg von jenen Zeiten, als solche Renditemesslatten noch in Mode waren. Einen Eindruck von der Länge des Weges gibt diese Vorgabe aber schon.

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