Geldpolitik

Lass fahren dahin

Bis vor Kurzem konnte mindestens eine ganze halbe Generation glauben, niemals mehr umlernen zu müssen: Die Kanzlerin der Bundesrepublik heißt - man weiß es. Wie viel sie nun doch umlernen muss, die Nachkommenschaft der früh verrenteten Achtundsechziger, weiß sie noch nicht. Aber dass es auf Notgroschen vom Sparbuch keine Zinsen gibt, das darf immerhin Altersweisheit bleiben. Und ist ja auch für jeden ganz klar, der noch ein bisschen Tagespolitik liest. Dieser Italiener als EZB-Präsident muss doch weiter seinem Land helfen! Pure Selbstverständlichkeit in Zeiten der nationalen Besinnung auf Heimat allüberall.

Bedenkenswert darf aber dennoch bleiben, mit welcher Grazie die Freunde des geschenkten Notenbankgeldes auf den Erfolg ihrer Durchsetzungskraft verweisen können: Krisenländer prolongiert, Krisenbanken erhalten, Inflationsraten gerade wieder messbar, sparen nirgends mehr empfehlenswert! Hätten etwa höhere, "richtigere" Notenbankzinsen nicht das Wachstum getötet, die Finanzkrisen wiederholt? Irgendwann ist es einmal herrschende Ökonomen-Meinung gewesen, dass andauernd "billiges Geld" die "große Inflation" geradezu anfüttere. Und dass Kaufkraftverluste von sieben bis acht Prozent durch höchst restriktive Bundesbankpolitik in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts ja nur eine Art Betriebsstörung der monetären wie fiskalischen Bremsen gewesen seien. In den geldpolitischen Rückblicken auf die Draghi-Zeit werden sich die alten Freunde klassischer Stabilitätspolitiken demnächst aber doch schwertun, wenn zu erklären ist, warum grenzenlos billiges Geld so wenig inflationäre Ergebnisse gezeitigt hat wie jetzt.

Die einfachste Erklärung wäre, dass das Notenbanksystem seinen Verzicht auf den Zins "einfach" mit immer härteren Regulierungen der Bankkredite verbunden hat, vor allem mit immer drastischerer Eigenkapitalanforderung. Deshalb sei es kaum zu Kreditblasen gekommen, also nicht zu herkömmlichen kreditinduzierten Preissteigerungen. Aber auch dies stimmt so glatt nicht. Denn die Bilanzen der südeuropäischen Banken weisen gerade wieder und immer noch so hundsmiserable Bonitäten auf, dass man der EZB-Zinspolitik nicht nur die völlig irrsinnige Finanzierung von Staatshaushalten, sondern eben auch die der kranken nationalen Industrien vorwerfen kann. Aber die Inflation, die steigt dennoch in Europa mitnichten. Schlägt also das Angebot des "Wirtschaftswachstums" aus Geldschwemme die Gesamtnachfrage durchaus andauernd?

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