Wettbewerb

Auf der Suche nach Technologie-DNA?

Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierungsdynamik im Finanzsektor noch einmal deutlich erhöht. Für die Banken und Sparkassen werden somit die digitale Transformation und die in diesem Zusammenhang notwendigen Anpassungen ihrer Geschäftsmodelle an die veränderten Kundenbedürfnisse zu einem essenziellen Wettbewerbsfaktor. Grundlegend geht es dabei aber nicht nur um einzelne Technologien oder Produkte, sondern um das gesamte System einer Bank - in gewisser Weise muss also die DNA der Institute technologischer werden.

Veränderungen sind aber oft eher unbequem und stehen mit immerzu fortlaufenden Prozessen in Verbindung. Und gerade Banken (sowie Versicherungen) haben es im Vergleich zu Unternehmen anderer Branchen besonders schwer, von innen heraus diese Transformation zu bewältigen, da sie vor größeren Hürden stehen. Beispielsweise zu starre Organisationsstrukturen oder veraltete IT-Systeme stellen hierbei erhebliche Hemmnisse dar.

Fintech-Unternehmen hingegen werden praktisch mit technologischer DNA geboren. Und nach einer kurzen Phase des "Welpenschutzes" weckten sie damit gewisse Begehrlichkeiten bei den Banken, die anfingen, mit den Technologieunternehmen zu kooperieren beziehungsweise diese schlicht aufzukaufen. In den Jahren 2012 bis 2020 kam es laut den Ergebnissen des dritten Fintech-Kooperationsradars der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zu insgesamt 844 Kooperationen von Fintechs und Banken. Ein Rekordjahr stellte das Jahr 2018 dar, in dem 178 neue Kooperationen geschlossen wurden. Allerdings lässt sich seitdem ein abfallender Trend erkennen: 2019 waren es noch 137 und im Jahr 2020 sogar nur 92 neue Partnerschaften.

Einerseits kann vermutet werden, dass die Zusammenarbeit in einigen Fällen nicht die erwünschten Effekte erzeugt haben. Schließlich sollte eine Partnerschaft sowohl zur Strategie als auch zu den angestrebten Synergien passen und Banken und Fintechs sind hier mitunter vielleicht doch etwas zu verschieden in ihren Ausrichtungen. Andererseits könnte es auch sein, dass die Institute von den Fintechs nun genug "gelernt" haben und diese schlicht nicht mehr benötigen. Denn als Reaktion auf die allgemein wachsende Beliebtheit der Technologieunternehmen bei den Verbrauchern wollen Banken gemäß des World Fintech Reports 2021 von Capgemini und Efma nun eigene rein digitale Einheiten aufbauen. Mit anderen Worten: Die Häuser wollen sich im Wettbewerb gegen die Fintechs mit eigenen digitalen Bank-Töchtern stemmen.

Dieses Unterfangen scheint längst überfällig zu sein: "Die Pandemie hat das traditionelle Retail-Banking-Umfeld noch anspruchsvoller gemacht. Wenn etablierte Banken relevant bleiben wollen, ist es jetzt an der Zeit, das Finanzwesen in den Lebensstil der Kunden einzubetten und plattformbasierte Modelle zu übernehmen - Aufschieben ist keine Option mehr", erklärt Efma-CEO John Berry. Der Report skizziert für etablierte Banken, die eine reine Digital-Tochtergesellschaft gründen wollen, drei Ansätze: vom Grunde auf neu (Greenfield), basierend auf teilweise vorhandenen Strukturen (Brownfield) oder im Mix von existierenden und neuen Systemen (Bluefield). Für alle Ansätze wird eine "Right-Field-Methode" empfohlen, mit der eine Vision definiert, eine solide Grundlage entwickelt und das langfristige Wachstum durch eine fördernde Kultur vorangetrieben wird.

Allerdings behindern nach wie vor veraltete Denkweisen und Geschäftsmodelle bei den etablierten Banken den Weg zu einer reinen Digitalbank. So gaben die befragten Führungskräfte an, dass die Muttergesellschaft nicht langfristig genug unterstützt (47 Prozent) oder dass eine kurzfristige strategische Kannibalisierung des Kundenstamms der Muttergesellschaft nicht akzeptiert wird (43 Prozent). Weiterhin war mehr als die Hälfte der Ansicht, dass sie nur schwerlich mit unzureichenden reinen Digitalangeboten umgehen können. Es scheint also nach wie vor Grenzen zu geben bei der Einverleibung von mehr Technologie-DNA. Da Fintechs allerdings weiter Einfluss und Marktanteile gewinnen, sollten traditionelle Banken ein hybrides Modell entwickeln, in dem sie ihre Middle- und Back-Office-Abläufe hinter den Kulissen modernisieren und gleichzeitig mehrere reine Digitaleinheiten schaffen, um einzelne Kundensegmente bedienen zu können.

Wie üblich gibt es aber auch hierfür kein Geheimrezept, welches sich auf jedes Haus anwenden lässt. Aber das Bestreben, neue und moderne Wege einzuschlagen, ist begrüßenswert. Auch aus Sicht der Kunden: Schließlich werden Fintechs zwar zunehmend akzeptiert, wirkliches Vertrauen schenkt der Großteil der Kunden aber nach wie vor den Banken.

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