Börsen

Nicht jede Übernahme muss Freude machen

Quelle: Deutsche Börse

Die Deutsche Börse hat ihre Zahlen für das Corona-Jahr vorgelegt. Anders als viele andere Branchen hat der Handelsplatzbetreiber aber eher von der Krise profitiert. Insgesamt hat die Gruppe den Gesamtumsatz 2020 um 13 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro gesteigert. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBIT-DA) wuchs annähernd gleich schnell um 12 Prozent auf 2,02 Milliarden Euro. In den einzelnen Segmenten verlief die Entwicklung jedoch unterschiedlich. Negativer Ausreißer: Der Nachhandelsbereich Clearstream musste als einziges Segment einen Rückgang um zwei Prozent verkraften - und zwar sowohl beim Umsatz als auch beim EBITDA. Das klassische Kerngeschäft Xetra konnte den Umsatz dagegen um 19 Prozent und das EBITDA sogar überproportional um 39 Prozent steigern. Hier hat natürlich der volatilitätsbedingte Volumenanstieg am Höhepunkt des Corona-Markteinbruchs der Deutschen Börse in die Karten gespielt.

Noch deutlicher stiegen sowohl der Umsatz mit 27 Prozent als auch das EBITDA mit 52 Prozent im Segment Investment Fund Services (IFS). Immerhin 17 Prozentpunkte des Wachstums wurden organisch erzielt, vor allem durch die kontinuierliche Gewinnung von Neukunden. Der Rest des Wachstums kam über die Konsolidierung des UBS-Fondcenter im vierten Quartal 2020. Ebenfalls durch eine Übernahme ist das Segment Index- und Analytikgeschäft, das unter dem Namen Qontigo läuft, gewachsen. Insgesamt mehrten sich hier die Erlöse um 30 Prozent. Das EBITDA ist insgesamt um neun Prozent angewachsen. Apropos Übernahme: Eine Reihe von Übernahmen in der zweiten Reihe hat die Deutsche Börse durchführen können. Diese haben den Handelsinfrastrukturbetreiber offensichtlich vorangebracht. Allerdings gab es 2020 in Europa auch zwei große Brocken zu verteilen. Die Übernahme der Bolsas y Mercados Españolas in Spanien durch die Schweizer Börsenbetreiberin SIX Group ging dabei ebenso an den Frankfurtern vorbei wie später im Jahr die Borsa Italiana, die an die paneuropäische Mehrländerbörse Euronext ging. Allerdings dürfte dieser Happen Euronext-CEO Stéphane Boujnah mittlerweile schon ziemlich sauer aufgestoßen sein. Nach dem Closing versuchte die italienische Politik massiven Einfluss zu nehmen und unter anderem den Sitz des zusammengeführten Unternehmens nach Italien zu verlagern. Auf die Frage, ob Theodor Weimer angesichts dieser Entwicklung froh sei, dass dieser Kelch an ihm vorbeigegangen ist, war sehr deutliche Erleichterung zu spüren, auch wenn die Anleihehandelsplattform der Gruppe strategisch natürlich schon reizvoll für die Deutsche Börse gewesen wäre.

Wohltuend ist auch die zurückhaltende Haltung beim Thema Bitcoin und sonstigen Kryptowährungen, das gegen Ende der Veranstaltung angesprochen wurde. Laut Weimer beobachtet die Deutsche Börse das Geschehen sehr genau, wägt aber auch sehr genau die Probleme ab. Zum einen die schon laut Weimer teilweise abstrus hohe Bewertung und auch der intensive Energieverbrauch könnten durchaus zu Reputationsschäden führen. Es war bisher selten eine gute Idee, einem Hype ungestüm hinterherzurennen. Überlegtes Handeln ist ausnahmslos immer der überlegene Weg. Und Wachstumspotenzial haben die Frankfurter offensichtlich auch ohne Kryptos genügend.

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