Kreditgenossenschaften

Wiesbaden muss weiter wachsen

Wenn die Wiesbadener Volksbank alljährlich spätestens in der zweiten Januarwoche zum Pressegespräch über das gerade erst zu Ende gegangene Geschäftsjahr einlädt, ist das immer eine willkommene Gelegenheit, mal zu schauen, wie das vergangene Bankenjahr für die Platzbanken so gelaufenen sein könnte. Zwar ist die Genossenschaftsbank in der hessischen Landeshauptstadt sicherlich nicht mit allen anderen Instituten des Finanzverbundes zu vergleichen. Dafür ist der Standort Wiesbaden zu gut. Und dafür ist die langjährig gewachsene Positionierung der Wiesbadener Volksbank nicht überall nachahmbar. Und doch zeigt sich, was mit einem ausgeprägten Kostenbewusstsein und einem gesunden Risikoverständnis möglich ist. Und das 160. Geschäftsjahr der Wiesbadener ist kein Grund zu allzu großer Sorge, aber verheißt auch nichts allzu Gutes.

Denn es zeigen sich trotz all der Bemühungen, der Fokussierung auf die Region, der starken Kundenbindung und der Investitionen in neue Technik und den kontinuierlichen Ausbau ertragsbringender Geschäftsfelder wie dem Firmenkundengeschäft oder dem Private Banking erste Bremsspuren. Schuld ist in erster Linie die anhaltende Niedrigzinsphase. "Die Rahmenbedingungen sind knallhart und extrem. Vor allem die niedrigen Zinsen nehmen uns die Luft zum Atmen", so Bankchef Matthias Hildner. Der Zinsüberschuss sank 2019 erneut leicht um 2,9 Prozent von 87,3 auf 84,7 Millionen Euro. Das schmerzt natürlich. Aber man kann es nur als Erfolg für die Verantwortlichen werten, dass diese Position vor zehn Jahren bei ganz anderen Zinsverhältnissen bei 86,9 Millionen Euro lag und also nahezu stabil gehalten werden konnte. Als Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit blieben damals allerdings 44,0 Millionen Euro übrig, 2020 nur 38,2 Millionen. Und das obwohl der Provisionsüberschuss im abgelaufenen Geschäftsjahr zum Vorjahr stabil bei 27,8 Millionen Euro gehalten werden konnte, was immerhin einem Drittel des Zinsüberschusses entspricht, und das Bewertungsergebnis bei historischen niedrigen 6,2 Millionen Euro liegt. Aber die Kostenbasis ist heuer eine andere.

Ebenfalls bemerkenswert ist der stetige Ausbau des Kundengeschäfts als "Waffe" gegen die niedrigen Zinsen. Die Kundenkredite summieren sich per Ende 2020 auf stolze 3,84 Milliarden Euro, nach 3,65 Milliarden Euro im Jahr zuvor und 2,22 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2010. Die Einlagen stiegen im vergangenen Jahr etwas langsamer von 3,74 auf 3,87 Milliarden Euro, nicht zuletzt aufgrund der Einführung von Verwahrentgelten für Firmenkunden. Durch den damit kaum vorhandenen Passivüberhang spart sich die Wiesbadener Volksbank wenigstens die lästigen Negativzinsen.

Beim Blick nach vorn wird der ohnehin schon stets etwas tieferstapelnde Vorstandschef aber noch etwas vorsichtiger. Zu unsicher ist das aktuelle Corona-Umfeld, auch wenn die Wiesbadener davon aufgrund ihres Geschäftsmodells glücklicherweise gar nicht so stark betroffen sind. Man erwarte ein zufriedenstellendes Ergebnis, sagt er. Das Bewertungsergebnis werde zwar leicht ansteigen, aber auch nicht exorbitant. Hier helfen die sehr vielen grundpfandrechtlich gesicherten Ausleihungen. Die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen, vor allem im wohnwirtschaftlichen, aber auch gewerblichen Bereich, werde ebenfalls nicht spürbar geringer werden. Helfen soll auf jeden Fall der Zusammenschluss mit der Volksbank Untertaunus, der im Mai von den Gremien beschlossen werden und rückwirkend zum 1. Januar 2021 erfolgen soll. "Das Umfeld zwingt zum Größenwachstum. Die Fusion mit der VR Untertaunus, mit der wir uns sehr gut ergänzen, ermöglicht es, sowohl Ertrags- als auch Kostensynergien zu heben", so Hildner. Das sei wichtig, um auch weiterhin eigenständig leben und Geld verdienen zu können.

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