PODIUMSDISKUSSION

Infrastruktur: Konsolidieren, Integrieren, Komplettieren

Jochen Metzger, Deutsche Bundesbank, interviewt Dr. Heiko Beck, Vorstandsvorsitzender der DWP Bank; Gesa Benda, BNY Mellon, Global Head of Collateral Management Products; Mathias Papenfuß, Mitglied des Vorstands, Clearstream Banking Frankfurt, und Gregor Roth, DZ Bank, Bereichsleiter Transaction Management (v.l.) (Foto: Deutsche Bundesbank)

Zu Beginn der Podiumsdiskussion äußerten sich die Symposiumsteilnehmer zu der Frage, ob Instant Payments das Angebot des Eurosystems komplettierten oder es zur Kannibalisierung unter den Eurosystemanwendungen käme. Es zeigt sich, dass das Publikum zu einer unterschiedlichen Einschätzung kommt. So stimmten 24 Prozent dafür, dass das Angebot komplettiert wird. 35 Prozent gingen davon aus, dass lediglich Sepa kannibalisiert wird, 38 Prozent der Teilnehmer schätzten, dass sowohl Sepa als auch Target2 kannibalisiert werden.

Gregor Roth überraschte das Ergebnis nicht. Er ist der Auffassung, dass es künftig zu einer Kannibalisierung kommt und Instant Payments das "New Normal" werden wird. Er betonte zudem, der Kunde soll in dem Zusammenhang nicht außen vor gelassen werden und er soll die Zeit bekommen, sich daran zu gewöhnen.

Zusammenwachsen von Geld und Wertpapierseite

Neben Instant Payments als "New Normal" verweist Jochen Metzger als Moderator auf die bevorstehende Konsolidierung von Target2 und Target2-Securities. Das Eurosystem versucht mit dem Projekt T2/T2S-Konsolidation die Wertpapierseite und die Geldseite noch weiter zusammenzubringen. In der Diskussion zur Konsolidierung verdeutlicht Gregor Roth, was konsolidiert werden könnte. Es wird versucht, Infrastrukturen nur einmal aufzubauen und darauf abgezielt, die Volks- und Raiffeisenbanken in die Lage zu versetzen, diese Infrastruktur bedarfsgerecht den Kunden anzubieten. Die Geld- und Wertpapierseite wächst zurzeit immer dichter zusammen, was ebenfalls kulturelle Veränderungen nach sich zieht und dazu führt, dass die Teams IT-mäßig viel stärker zusammenarbeiten müssen. Es ist von großer Relevanz, sich gebündelt aufzustellen, insbesondere im Hinblick auf die steigenden regulatorischen Anforderungen. Diese sind ein permanenter Treiber der Veränderung.

Ein großes Thema stellten auch das Collateral Management und der Übergang zu diesen neuen europäischen Strukturen dar. Gesa Benda stellte klar, dass die Collateral Harmonisation Task Force keine ECMS-Implementierungs-Task-Force ist. Das geplante Eurosystem Collateral Management System (ECMS) ist für sie der Katalysator, aber letztendlich sind Spezialisten aus dem Collateral-Management-Bereich zusammengekommen, weil eine effiziente Nutzung von Sicherheiten benötigt wird. Zudem verweist sie auf die Liquiditätssteuerung in Banken. Die Collateral Harmonisation Task Force muss sich eingehender mit der Harmonisierung von Corporate Actions auseinandersetzen. T2S hat in diesem Bereich bisher noch nicht die angestrebte Harmonisierung erreicht. Die Standards bestehen, sie werden allerdings noch nicht von allen Beteiligten eingehalten. Besonders im Hinblick auf Instant Payments ergeben sich im Treasury Bereich neue Herausforderungen. Aus diesem Grund muss die Harmonisierung jetzt angestrebt und die Effizienz erhöht werden.

Effektive Harmonisierung durch neue Standards

In dem Zusammenhang sieht Mathias Papenfuß die Marktinfrastruktur in einer zweigeteilten Dimension. Zum einen müssen die geschaffenen Harmonisierungsstandards umgesetzt werden. Außerdem muss der Umsetzungsdruck insbesondere auf der Seite der Kunden abgefedert werden. Auf der anderen Seite muss den Kunden die Wahl gelassen werden, zu welchem Zeitpunkt sie auf die neuen Formate umstellen wollen. Eine Harmonisierung sei nur so gut, wie sie umgesetzt wird. Er glaubt, mit ECMS entstünden Standards, die die Chance hätten, nationalen Befindlichkeiten entgegenzuwirken und eine effektive Harmonisierung zu erreichen. Jochen Metzger fasst zusammen, dass Dinge nicht mehr isoliert betrachtet werden könnten, da alles ineinandergreife.

Auf die Publikumsfrage, ob der Zeitrahmen für die Umsetzung der T2/T2S-Konsolidierung, von ECMS und der begleitenden Harmonisierung angemessen sei ging die Mehrheit (62 Prozent) davon aus, es bedürfe großer Anpassungen, aber es sei zu schaffen. Gregor Roth meinte dazu, dass dies eine zu erfüllende Vorgabe ist, die jedoch nur erreicht werden kann, wenn jeder an der Wertschöpfungskette das in seiner Verantwortlichkeit Liegende tue. Es muss der Mut vorhanden sein, Standards zu setzen und diese zu akzeptieren. Nur wenn harmonisiert wird, kann konsolidiert und integriert werden. Gesa Benda weist auch da rauf hin, dass aktuell gerade viele Dinge zusammengefügt werden.

Mathias Papenfuß erläutert und verweist dabei auf die Ausführungen von Gregor Roth, dass in den einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette oft nicht klar sei, wer was zu tun habe. Auf der anderen Seite gibt es jedoch die entsprechende Motivation, Standards zu vereinbaren und zu diskutieren. Es herrscht jedoch eine gewisse Zurückhaltung, diese Standards auch effektiv zu implementieren. Hilfreich ist es, wenn Katalysatoren vorliegen, die dazu zwingen, einen bestimmten Stichtag zu erreichen. Hinsichtlich der Wertschöpfungskette verweist Dr. Heiko Beck darauf, es müsse darauf geschaut werden, ob alle Beteiligten gleichzeitig das Ziel erreichen können und in welcher Perfektion. Dabei ist Transparenz von hoher Bedeutung. Eine Frage besteht auch darin, welcher Preis für die zeitgerechte Erreichung des Zieles bezahlt werden muss. Hierbei ist davon auszugehen, dass erhebliche Verdrängungseffekte bezüglich Themen bestünden, die nicht mit einer externen Deadline versehen sind wie zum Beispiel Innovations- und Veränderungsthemen. Die Zusammenfassung des Moderators, die Digitalisierung leide unter der Konsolidierung, wird von Heiko Beck bestätigt.

Bezüglich der ISO-20022-Migration der Zahlungsverkehrsseite äußert sich Gregor Roth dahingehend, dass sie ein Beschleuniger bezüglich des Zusammenrückens der Wertpapierabwicklung und des Zahlungsverkehrs ist. Aus Gesa Bendas Sicht ist ISO 20022 nicht das, was gebraucht wird. Das Collateral Management ist schon immer das Bindeglied zwischen der Cash- und Security-Seite. Es ist das Mittel zum Zweck. Mathias Papenfuß meint, dass ISO 20022 ein klarer Integrationsfaktor ist. Es muss jedoch auch gesehen werden, dass dieser schrittweise erreicht wird. Aktuell gibt es bereits ein sehr großes Zusammenspiel zwischen der Liquiditäts- und der Wertpapierseite. Das soll die Norm für die Zukunft sein, wenn sich bezüglich der Infrastrukturthemen unterhalten wird. Es muss gemeinsam und gemeinschaftlich angepackt werden.

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