Stefan Ehinger / Ralf Pakosch

"Es ist uns wichtig, dass jedes Geschäft zum positiven Ergebnis der Gesamtbeziehung beiträgt"

Ralf Pakosch, Foto: Frankfurter Volksbank eG

Im Firmenkundengeschäft ist und war in den vergangenen Jahren zwar immer wieder von Kampfkonditionen zu hören, so richtig entscheidend ist dieses Kriterium allerdings nicht. Im Redaktionsgespräch mit Ralf Pakosch, dem Firmenkundenvorstand der Frankfurter Volksbank und Stefan Ehinger, dem Geschäftsführer der Elektro Ehinger GmbH wird jedenfalls deutlich, dass der Wettbewerbsdruck die Banken zwar zu marktgerechten Konditionen zwingt, aber der Preis allein längst nicht das ausschlaggebende Kriterium ist, sondern in vielen Fällen, die Flexibilität und Schnelligkeit der Entscheidungsfindung vor Ort bei der Lösung aktueller Finanzierungsfragen eine mindestens ebenso große Rolle spielt. Eine wachsende Bedeutung digitaler Erstkontakte wie auch die grundsätzliche Möglichkeit eines Onlineabschlusses halten beide Seiten auch im Firmenkundengeschäft für wichtig. Bei wirklich großen Volumina und/oder komplexen Vertragsinhalten setzen sie aber eindeutig auf den persönlichen Kontakt. Als reizvolles Produkt um die Finanzierungs- und Liquiditätsproblematik für Handwerker in Zukunft besser aufzufangen, bewertet Ehinger das Instant Payment. (Red.)

Herr Ehinger, die Volksbanken werben allgemein mit Flexibilität, Schnelligkeit und Kundennähe. Kann die Frankfurter Volksbank diese Versprechen halten?

Klare Antwort, ja! Dass die Bank kundennah ist, zeigt sich in unserem Falle nicht zuletzt an der Kontinuität der Kundenberater. Über mehr als 20 Jahre hatten wir den gleichen Ansprechpartner. Beide Seiten finden so die richtige Sprache, stehen oft in Kontakt und können wichtige Angelegenheiten schnell und unkompliziert regeln. Flexibilität ist für Unternehmen heute sehr wichtig, wir müssen oft schnell reagieren und beispielsweise Finanzierungen aufbauen. Mit einem festen Ansprechpartner fällt das viel leichter, weil beide Seiten immer wieder auf einem hohen Informationstand aufbauen können. Bei einer anderen Bank, zu der wir ebenfalls Kundenbeziehungen unterhalten, hat der Kundenberater oft gewechselt, das macht viele Geschäfte schwieriger, weil beide Seiten immer erst wieder eine Eingewöhnungsphase brauchen.

Herr Pakosch: Sind das also genau die Attribute, die Ihr Haus im Wettbewerb in der stark umkämpften Region Frankfurt braucht, um sich zu behaupten?

Individuelle Beratung basierend auf einer langfristigen Beziehung zwischen Kunde und Berater in Kombination mit einer flexiblen Herangehensweise und modernen, auch digitalen Mitteln - das sind ganz klar die Attribute, mit denen sich eine Bank im Wettbewerb heute differenzieren kann. Der Kundenbetreuer ist ein umfassender Ansprechpartner und Berater. Er deckt neben den unternehmensbezogenen Aspekten idealerweise auch die relevanten Themen auf der privaten Ebene ab. Für die Beratung und das entsprechende Angebot nutzt er sein Netzwerk von internen und externen Experten.

Im Tagesgeschäft ist es wichtig, dass der Firmenkundenberater viele Entscheidungen schnell und eigenverantwortlich gleich vor Ort fällen kann - für unser Haus sind das 80 bis 90 Prozent der Fälle. Ich glaube, kein Kunde erwartet bei einer komplexen, gegebenenfalls großvolumigen Finanzierungsfrage für eine geplante Investition eine sofortige Entscheidung. Wenn es aber um 80 000 Euro für zwei Tage zur Auftragsabwicklung geht, muss das im Sinne des Kunden sehr schnell entschieden werden. Dazu ist es wichtig, dass der Berater den Kunden, die Region und das Marktumfeld gut kennt. Als Bank haben wir die Aufgabe, unsere Berater so mit Kompetenzen auszustatten, dass schnelle Entscheidungen, wie gerade beschrieben und von Herrn Ehinger zurecht eingefordert, möglich sind.

Gehört es zur Grundphilosophie Ihres Hauses Unternehmenskunden auch als Unternehmerkunden zu gewinnen, Herr Pakosch? Wie wichtig ist das für die Geschäftsbeziehung? In der Tat leben wir das Prinzip der Lebenspartnerschaft.

Wir wollen das Unternehmen wie auch den Unternehmer als Kunden gewinnen und das langfristig. Unser klassischer Firmenkunde ist der mittelständische Familienbetrieb. Insofern betrachten wir als Hausbank die Einheit Betrieb, Unternehmen, Unternehmer immer ganzheitlich. Wenn wir in eine Finanzierungsberatung oder eine anderweitige Beratung mit unseren Firmenkunden einsteigen, haben wir immer auch die private Situation des Unternehmers im Blick. Diese ist auch Bestandteil unseres Beratungstools und wird somit auch dokumentiert. Beide Bereiche als Einheit zu betrachten, entspricht im Übrigen auch der Denke des typischen Unternehmers. Dieser hat verinnerlicht, dass er der erste ist, der seinem Unternehmen helfen muss, wenn es Hilfe benötigt. Seine persönliche Situation hängt ganz maßgeblich vom Erfolg des Unternehmens ab.

Herr Ehinger, ist Ihnen das recht, die Bank weiß ja fast alles über Sie?

Ehinger: Es macht in den täglichen Geschäftsabläufen jedenfalls vieles einfacher. Ohne Vertrauen in meine Bank wäre sie ohnehin nicht der richtige Partner. Handwerker sind meist Personengesellschafter, die Unternehmen und Privates als Einheit sehen. Vieles lässt sich dann mit meiner Bank und meinem Berater besprechen. Dazu ein ganz praktisches Beispiel: Derzeit bin ich gerade als Privatperson dabei, ein neues Unternehmen in Bereich der Elektromobilität zu gründen. Als Unternehmerkunde der Bank bedeutet das also keinen völligen Neustart.

Pakosch: Natürlich haben wir auch Unternehmenskunden, die strikt zwischen dem unternehmerischen und dem privaten Teil trennen wollen. Auch das akzeptieren wir natürlich.

Die bisher besprochenen Attribute für eine gute Kundenbeziehung werden am Markt von allen Wettbewerbern betont. Am Ende zählt dann doch die Art der Umsetzung, Herr Ehinger, oder?

Für mich wie für viele andere Unternehmer muss die Bankbeziehung einfach reibungslos funktionieren. Es kann für ein Unternehmen kein Ziel sein, möglichst oft die Bank zu wechseln. Gewiss gibt es eine Reihe von Banken, die die genannten Prinzipien beherrschen und umsetzen, aber zu denen nehme ich nur Kontakt auf, wenn ich mit meiner alten Bank von der Produktqualität und/oder den Konditionen her wirklich nicht zufrieden bin. Diese Grundeinstellung schätzen wir an unseren Kunden und die leben wir auch gegenüber unseren Banken, solange deren Leistungen stimmen.

Kosten und Gebühren sind für Sie demnach nicht das entscheidende Kriterium für eine intakte Bankbeziehung ...

Ehinger: Für eine gute und funktionierende Dienstleistung zahle ich auch ein wenig mehr, nicht nur bei Banken, sondern auch bei anderen Unternehmen wie Zulieferern. Solange die Preise und Gebühren marktgerecht sind, hebt die Zeitersparnis einer guten Bankverbindung die Nachteile auf.

Es lohnt sich also die Investition in die Kundenbeziehung, Herr Pakosch?

Genau so ist das. Mit unserer Struktur, mit 94 besetzten Geschäftsstellen, einem Direktor und einer Firmenkundenbetreuung in jedem regionalen Markt, die auf eine große Anzahl von Experten zurückgreifen kann, ist es unser Ziel, den Qualitätswettbewerb um den Kunden zu gewinnen. Den Preiswettbewerb können und wollen wir nicht gewinnen. Dafür investieren wir viel in bestehende Kundenbeziehungen. Dies gilt natürlich auch unter dem Aspekt, dass scheinbar fast alle Marktteilnehmer neuerdings den Mittelstand wieder als Kernzielgruppe entdeckt haben. Wo allerdings all die avisierten Marktanteilsgewinne herkommen sollen, erschließt sich uns nicht wirklich.

Spüren Sie in Frankfurt eine gewisse Verunsicherung bei Unternehmenskunden wegen der Unruhe bei den beiden Großbanken?

Pakosch: Während der Sondierungsgespräche der beiden Häuser war schon eine gewisse Unruhe spürbar, einige Kunden suchten aus Verunsicherung ein zweites Standbein. Das alles ist aber leicht erklärbar, Unternehmer wollen sich eben um ihr Unternehmen kümmern und nicht zuerst um eine funktionierende Bankverbindung. Insgesamt sind aber keine massiven Bewegungen zu registrieren, sondern nur selektive Reaktionen.

Wieviel interessierte Neukunden überzeugen Sie von der Leistungsfähigkeit Ihres Hauses, Herr Pakosch?

Unser Ziel ist es, mehr als die Hälfte der Interessenten, die bei uns anfragen, als Neukunden zu gewinnen und diese Quote schaffen wir auch. Im Firmenkundengeschäft ist das ohnehin etwas anders zu betrachten als im Privatkundengeschäft. Firmenkunden suchen in der Regel offensiv nach der Lösung auf eine konkrete Fragestellung.

Bietet die Beratung die gesuchte Antwort, ist der Kunde auch oft bereit seine Bankverbindung zu wechseln. Die Konditionen spielen dabei nicht die erste Rolle.

Welche neuen Produkte verlangen Kunden heute von der Bank? Und inwieweit hat sich das angesichts des technischen Fortschritts verändert?

Pakosch: Bei den konkreten Produkten hat sich die Nachfrage der Kunden nicht wesentlich verändert. Die stärksten Veränderungen spüren wir bei den Kommunikations- und Zugangswegen. Beispielsweise hat der Kunde oder Interessent über verschiedene Tools die Möglichkeit, Terminabsprachen vorzunehmen, Unterlagen und Daten einzureichen oder auch ganz konkrete Anfragen zu stellen. Häufig erleben wir eine digitale Anbahnung und digitale Erstkontakte, aber der Abschluss wird gerne analog getätigt.

Dennoch weiten wir unser Angebot an online-abschlussfähigen Produkten permanent weiter aus. Beispielsweise bieten wir schon heute die Möglichkeit, Unternehmenskredite bis 100 000 Euro online abzuschließen, und zwar für Kunden und Nichtkunden.

Sind Sie bei Abschlüssen auch ein Onlinemuffel, Herr Ehinger?

Ehinger: Bestandskunden haben an dieser Stelle angesichts der ohnehin guten Kontakte weniger Berührungsängste vor einem digitalen Abschluss. Aber wenn ich zu einem anderen Institut gehe, will ich vor einem Abschluss jemanden in die Augen sehen. Das ist allerdings sicher von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich und hängt von den Volumina ab.

Pakosch: Dass die Firmenkunden ihren Zahlungsverkehr digital abwickeln, ist mittlerweile selbstverständlich. Wie bereits erwähnt, ist aber auch die sogenannte "Customer Journey", der Weg des Kunden zur Bank und den damit verbundenen Themen, zunehmend digital. Die Abschlüsse sind in der Regel jedoch weiterhin analog.

Die Frankfurter Volksbank versteht sich als Vollsortimenter, lässt sich dennoch sagen, wie viel an Verbunddienstleistungen zugekauft wird?

Pakosch: Grundsätzlich ergänzen Verbundprodukte unser Sortiment wo wir als Bank nicht oder nicht vollständig mit eigenen Produkten zur Verfügung stehen können oder wollen, zum Beispiel im Versicherungs-, Bauspar- oder auch im Wertpapiergeschäft. Eine genaue Quote kann ich dazu nicht nennen. Die IT und die zukunftsweisenden digitalen Themen werden angesichts der enormen Entwicklungsgeschwindigkeiten und -kosten nahezu ausschließlich über den Verbund zur Verfügung gestellt. Wesentlicher "Lieferant" ist dabei die Fiducia & GAD IT AG.

Das klassische Firmenkundengeschäft, beispielsweise das gesamte Finanzierungsgeschäft, die Vermögensverwaltung, das Wertpapiergeschäft und das Auslandsgeschäft wickeln wir vollständig oder zu größten Teilen im eigenen Haus ab. Lediglich in Ausnahmefällen bedienen wir uns hier des Verbundes.

Wie hat die Bank das Auslandsgeschäft organisiert, über Korrespondenzbanken und nur in ausgewählten Ländern?

Pakosch: Wir haben Korrespondenzbanken an den wesentlichen Handelsplätzen, mit denen unsere eigene Auslandsabteilung in engem Kontakt steht. Den Zahlungsverkehr und das Akkreditivgeschäft machen wir dabei in der Regel selbst. In ganz "exotischen" Fällen greifen wir auf das Netzwerk der DZ Bank zurück. Mittlerweile ist das Land mit dem größten Auslandszahlungsverkehr in unserer Kundschaft übrigens China. Das zeigt die Internationalität unserer Kunden.

Spüren Sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Kunden, wenn Sie darauf verweisen können, dass alles nur aus dem eigenen Haus beziehungsweise zumindest aus der genossenschaftlichen Familie kommt?

Pakosch: Insbesondere bei Dienstleistungen, die mit hoher Qualität ausgeführt werden müssen, ist das so und das bemerken Kunden auch positiv. Auf der Vermögensanlageseite haben wir aber neben den Produkten des eigenen Hauses und der eigenen Gruppe gleichwohl auch andere gruppenfremde Angebote, beispielsweise im Fondsgeschäft. Primär entscheidend ist für den Kunden aber, dass die Qualität der Dienstleistungen stimmt.

Herr Ehinger: Spielt es für Sie als Kunde eine Rolle, wo die Produkte hergestellt werden, ob Sie also von Ihrer Hausbank oder aus deren Gruppe kommen?

Richtig spannend wird es für uns Kunden, wenn im Dienstleistungsbereich ein Problem auftritt. Wenn ich dann bei der Hausbank unterwegs bin, kann der Berater erfahrungsgemäß vergleichsweise schnell und unkompliziert einen Fachmann aus dem eigenen Haus oder dem Verbund einschalten und die Dinge klären. Bei externen Dienstleistern wird das deutlich schwerer. Aber am Ende interessiert das Ergebnis, insbesondere hinsichtlich Flexibilität und Geschwindigkeit. Alles muss auf Zuruf funktionieren, ob im eigenen Haus oder mit Unterstützung von Externen. Kurzum: Wo die Fabrik steht und wie sie im Detail funktioniert, ist für mich kein Kriterium, das Ergebnis muss stimmen.

Stichwort Konjunktur: Wie läuft das Geschäft, zeigt sich im ersten Halbjahr 2019 schon eine Delle im Mittelstandsgeschäft?

Pakosch: Im Moment nehmen wir noch keine großen konjunkturellen Ängste bei unseren Kunden wahr. Wir sind sehr stark im Mittelstand, unter anderem im Handwerk, engagiert. Da läuft es derzeit gut. Gleiches gilt für ein weiteres unserer Kerngeschäftsfelder, das Immobiliengeschäft.

Ehinger: Wenn das, was wir heute erleben, Krise ist, kann diese ruhig noch ein wenig andauern. Unser Problem ist die Anwerbung von Fachkräften.

Wie wichtig sind und waren für die Frankfurter Volksbank die diversen Fusionen der vergangenen Jahre? Ist Ihr Haus nicht schon zu groß geworden, um sich individuell um den Handwerker kümmern zu können?

Pakosch: Fusionen sind grundsätzlich natürlich ein eigenes Thema. Nur um Größe zu erreichen, machen Fusionen keinen Sinn. Sinn machen sie nur dann, wenn sich nachhaltige Synergien daraus ergeben. Das war bei allen unseren Fusionen der Fall. Wir befinden uns aktuell in einer Situation, in der absehbar ist, dass das derzeitige Zinsniveau negativen Einfluss auf die Ergebnisse der Banken haben wird. Wenn sich in einer solchen Konstellation zeigt, dass eine Fusion oder auch Kooperation Synergien hebt, kann eine solche Überlegung klug sein. Wenn man die Struktur und die Verantwortung vor Ort beibehält, also beispielsweise gewachsene Kunden-Beratern-Beziehungen selbstverständlich fortführt, dann gefährdet die Größe nicht die Kundennähe. Wir haben messbar unsere Reputation vor Ort gehalten.

Herr Ehinger: Gibt es Produkte und Dienstleistungen, die Sie gerne hätten, Ihre Hausbank aber nicht liefern kann? Und fragen Sie immer zuerst dort an?

Ehinger: Ja, in der Regel ist die Hausbank der erste Ansprechpartner. Aber bei größeren Vorhaben holen wir uns schon Vergleichsangebote von anderen Instituten ein. Wir sind im Firmenkundengeschäft sehr klassisch aufgestellt und finden alle für uns relevanten Produkte im Sortiment der Volksbank. Aber als Privatkunde würde ich beispielsweise gerne Apple Pay ausprobieren.

Darüber hinaus gibt es Produkte, mit denen wir uns neu beschäftigen. Auch an dieser Stelle ist die Frankfurter Volksbank mit im Spiel. Das gilt aktuell für die Möglichkeiten im Leasing- und Factoring-Geschäft, die wir in den kommenden Wochen im Zuge größerer Investition unserer Kunden zum Beispiel in den Bereich Elektromobilität näher ausloten wollen. Wir überlegen, unseren Kunden auf diesem Feld neue Möglichkeiten der Finanzierung zu geben. Anders als das in der Wirtschaft zuweilen den Anschein haben mag, ist Liquidität für das Handwerk ein wichtiges Thema. Das Geschäft mit neuen Finanzierungsmöglichkeiten möchte ich als Handwerker nicht den Spezialdienstleisten überlassen, zumal wir beispielsweise über Wartungsverträge auch nach dem eigentlichen Auftrag im Geschäft bleiben können.

Haben Sie weitere Anregungen für neue Produkte im Firmenkundengeschäft?

Ehinger: Das Bezahlen direkt auf der Baustelle, also Instant Payments, ist für uns Handwerker sehr spannend, um in Zukunft die Finanzierungs- und Liquiditätsproblematik aufzufangen. Bäcker haben es da wegen der Barzahlung einfach, wir hingegen haben Zahlungsziele von 30 Tagen. Und auch die Rechnungsstellung ist sehr aufwendig, weil wir nicht nur Produkte, sondern auch Dienstleistungen einbeziehen müssen. Effektiv haben wir Zahlungsziele von 90 bis 120 Tagen, die vorzufinanzieren sind.

Spielen Kreditplattformen als Instrument zur Herstellung von Markttransparenz in Ihrer Geschäftsbeziehung eine Rolle, Herr Ehinger?

Ehinger: Bisher nutzen wir solche Plattformen nicht für Finanzprodukte. Aber es gibt sie ja auch für unser Geschäft und da stören sie mich als Unternehmer schon, weil sie oft nicht so transparent sind, wie immer behauptet wird.

Herr Ehinger, wie organisieren Sie Ihr Haus im Zuge der Digitalisierung? Verändern Sie die Aufbauorganisation?

Digitalisierung ist in unserem Haus ein großes Thema, wir haben in den vergangenen Jahren viel umorganisiert, weil wir uns für die Zukunft aufstellen müssen. Bauprojekte werden immer schneller umgesetzt, werden aber technisch immer komplexer. Was heute in einem Haus an Technik eingebaut wird, ist nicht annähernd vergleichbar mit den Anforderungen von vor zehn oder 15 Jahren. Wir haben beispielsweise die Projektleitung breiter aufgestellt. Und wir nutzen einen eigenen Messenger-Dienst, um von Whatsapp unabhängig zu sein und die einschlägigen Vorschriften zu Datenschutz- und Arbeitszeit einhalten zu können. Die Mitarbeiter sollen und wollen nicht immer erreichbar sein. Und nicht zuletzt wollen wir unsere Daten nicht über den großen Teich schicken.

Welche Rolle spielt das Thema "buy on demand" zur Reduktion der Lagerhaltung?

Ehinger: Für ein Unternehmen mit Firmensitz in Frankfurt war das schon immer ein Thema. Wir sind deshalb dreistufig unterwegs, der Großhandel ist unser Logistik- und Lagerpartner. 90 Prozent der Vorprodukte kommen direkt vom Großhandel zur Baustelle.

Herr Pakosch, gibt es bei der Frankfurter Volksbank einen Gedankenaustausch mit Unternehmern, um deren Bedürfnisse zu erkunden und Veränderungsbedarf im eigenen Haus zu erkennen?

Pakosch: Wir haben vor einem Jahr einen Unternehmensbeirat gegründet, der sich genau mit diesen Themen befasst. Dieses marktnahe Gremium soll uns zurückspielen, was die Firmenkunden brauchen, welche Schnittstellen ihnen wichtig sind oder ganz allgemein, wo sich etwas verändert und mit welchen Themen wir uns zukünftig näher beschäftigen sollten. Diesen Blick auf die Kunden schärfen wir übrigens bei allen Kundengruppen. Wir haben zum Beispiel auch einen Jugendbeirat unter dem Namen Future Forum gegründet, um die Bedarfe junger Menschen besser zu verstehen und auch zu bedienen.

Spüren Sie Verunsicherungen der Firmenkunden, wenn Dinge im Verbund nicht so gut laufen, beispielsweise über einige Jahre das Geschäft der VR-Leasing oder der Deutschen Verkehrsbank? Kommen da Fragen aus der Kundschaft?

Pakosch: Diese Themen spielen im Kontakt zu unseren Kunden eigentlich keine Rolle.

Ehinger: Das sehe ich ähnlich. Wie der genossenschaftliche Verbund seine Dienstleister organisiert, spielt für uns keine Rolle, solange es nicht auf unser Unternehmen durchschlägt. Die Bank ist der Puffer. Wiederholte Störungen im Zahlungsverkehr wären allerdings kritisch und würden schon die Frage aufkommen lassen, woran das liegt.

Herr Ehinger: Angenommen es kommt zu einem wirtschaftlichen Abschwung: Was erwarten Sie in einem solchen Szenario von Ihrer Hausbank? Sind je nach wirtschaftlicher Lage Sondervereinbarungen möglich?

Ehinger: In schlechten Zeiten zeigt sich gute Partnerschaft, und wir hatten in den mehr als 100 Jahren unseres Bestehens auch schwierige Phasen. Zuletzt waren die Jahre der Finanzkrise nach 2008 nicht ganz einfach. In solchen Phasen wünsche ich mir dieselbe Flexibilität. Wenn ich heute einen Kredit haben will freut, sich mein Bankberater, ich erwarte diese Unterstützung aber auch in Krisenzeiten. Im Übrigen klingeln heute viele Banken bei uns an, die sich in schwierigen Zeiten nicht für uns interessiert haben.

Sie sind also gar nicht anfällig für Kampfkonditionen, Herr Ehinger?

Ehinger: Kaum! Das Gesamtpaket muss einfach stimmen.

Und Sie halten sich mit Kampfkonditionen auch zurück, Herr Pakosch?

Wie bereits eingangs erwähnt begeben wir uns nicht in einen Preiswettbewerb. Grundsätzlich sollte jedes Geschäft einen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaften, von dieser Geschäftsphilosophie sind wir überzeugt.

Blicken Sie dabei auf jedes Geschäft oder haben Sie die Kundenbeziehung im Auge?

Pakosch: Natürlich haben wir die gesamte Geschäftsbeziehung im Auge. Dennoch ist es für uns wichtig, dass möglichst jedes Geschäft zum positiven Ergebnis der Gesamtbeziehung beiträgt. Im Firmenkundengeschäft, mit seiner hohen Individualität und Beratungsintensität, sind wir oft Ratgeber und Sparringspartner zugleich. Das honoriert der Firmenkunde und macht seine Entscheidung nicht ausschließlich von der reinen Kondition abhängig. Aber wir müssen gleichwohl marktgerechte Preise stellen und in den sonstigen Bedingungen flexibel sein, beispielsweise in der Gestaltung der Tilgung.

Einer aktuellen Studie von Ann-Kristin Achleitner nach haben familiengeführte Unternehmen hinsichtlich Gewinn und Wachstum in den vergangenen zehn Jahren besser abgeschnitten, als Mittelständler in anonymen Besitz. Können Sie das erklären?

Ehinger: Ein wichtiges Ziel familiengeführter Unternehmer ist die Nachhaltigkeit mit dem Ziel einer Weitergabe des Unternehmens an die folgende Generation. Dieses langfristige Denken wirkt sich vielfach aus, auch im Mitarbeiterbestand und dem Verhältnis zu den Mitarbeitern und deren täglichen Problemen.

Wie beurteilen Sie die diversen Diskussionen um Eingriffe in die Märkte wie sie politisch derzeit auf verschiedenen Ebenen diskutiert werden, von der Mietpreisgrenze bis hin zum Verbot einer Weitergabe von Negativzinsen an die Kunden? Nimmt das den Unternehmen nicht jeglichen Schwung und Spielraum?

Pakosch: Natürlich verfolgen wir diese Diskussionen intensiv und sind hinsichtlich einiger dieser Überlegungen auch eher skeptisch. Politische Eingriffe ins Marktgeschehen sind aus Sicht der unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen oft nicht einfach zu händeln, weil sie in Folge dessen schwieriger auf externe veränderte Marktentwicklungen reagieren können. Das derzeit extrem niedrige Zinsniveau stellt alle Marktteilnehmer darüber hinaus vor große Herausforderungen. In der aktuellen politischen Diskussion sollten diese übergeordneten Marktbedingungen unbedingt bedacht werden.

Ehinger: Zudem werden in jedem Falle der Weitergabe von Negativzinsen die Falschen bestraft, hierzulande massiv die Volksbanken und Sparkassen.

Wie sehen Sie als Bank und Unternehmer die Anforderungen der Regulierung?

Ehinger: Als Unternehmer belastet die Regulierung uns stark. Der Bank ist kein Vorwurf zu machen, aber die vielen Vorgaben und Informationspflichten sind einfach nervend. An dieser Stelle passt vielleicht eine Episode aus der Unternehmensgeschichte unseres Hauses, die vor meiner aktiven Zeit liegt, den Werdegang des Unternehmens aber entscheidend mitgeprägt hat. Meine Vorgänger hatten sich als vergleichsweise kleines Unternehmen für die komplette Elektroinstallation eines Bürohausprojektes des Unternehmens Lurgi beworben, das damals zu den größten Bürohäusern Europas zählte. Normalerweise wäre ein solcher Auftrag über mehrere Millionen DM an die großen Anlagenbauer gegangen. Um überhaupt in die Auswahl zu kommen, mussten wir eine 100-prozentige Vertragserfüllungsbürgschaft liefern. Diese für unsere damalige Größe hohe Summe hätten wir als Unternehmen niemals aufbringen können. Nach vielen Gesprächen hat die Frankfurter Volksbank diese Bürgschaft ausgestellt.

Das Projekt wurde an uns vergeben, wurde erfolgreich abgeschlossen und war der Startschuss für ein deutliches Wachstum unseres Hauses. Letztlich hat es sich für beide Partner ausgezahlt, denn die Größenordnung der Folgegeschäfte war deutlich höher. Wenn die Bank kein Risiko mehr eingehen darf, kann auch kein Gewinn herauskommen.

Wäre ich heute in ebendieser Situation, könnte und dürfte die Frankfurter Volksbank dieses Wagnis aus regulatorischen Gründen gar nicht mehr eingehen, trotz der guten Kundenkontakte und langjährigen, stabilen Geschäftsbeziehungen zu unserem Haus. Solche Rahmenbedingungen passen irgendwie nicht zu den Klagen über mangelndes Gründertum und dem Hype um Start-ups in Deutschland.

Pakosch: Grundsätzlich verfolgt die Regulatorik ja einen richtigen Ansatz, nämlich den Schutz der Finanzmärkte und sehr stark auch dem Schutz des einzelnen Verbrauchers. Wir erfüllen regulatorische Anforderungen auch ohne Lamenti anzustimmen. Aber grundsätzlich muss die Frage gestellt werden, ob Regulatorik immer dem Risikogehalt des einzelnen Geschäftsmodells gerecht wird beziehungsweise ob der gewünschte Verbraucherschutz durch immer mehr Information und Papier tatsächlich sinnvoll erzielt werden kann.

Stefan Ehinger Geschäftsführer, Elektro Ehinger GmbH, Frankfurt am Main
Ralf Pakosch Mitglied des Vorstands, Frankfurter Volksbank eG, Frankfurt am Main
Elektro Ehinger Die Elektro Ehinger GmbH, Frankfurt, ist ein mittelständisches Elektohandwerksunternehmen mit ungefähr 120 Mitarbeitern und 12 bis 13 Millionen Euro Jahresumsatz. Arbeitsfeld ist die gesamte Elektrotechnik von Starkstrom bis hin zur Glasfaser, Gebäude-Systemtechnik und Elektromobilität, also der Versorgung der Kunden mit Ladevorrichtungen im halböffentlichen und privaten Bereich.

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