Markus Beumer

"Wir verfolgen unsere Wachstumspläne losgelöst von dem, was in der Branche passiert"

Markus Beumer, Foto: Hypovereinsbank

Mit Geduld und Durchhaltevermögen will die Hypovereinsbank ihre Marktposition in Süddeutschland und der Region Hamburg festigen und in Regionen wie etwa NRW, dem nördlichen Hessen und Baden gerade im breiten sowie im gehobenen Mittelstandsgeschäft organisch wachsen. Von der Einbindung in den Mutterkonzern Unicredit verspricht sich Markus Beumer im Redaktionsgespräch Impulse beim Thema Internationalisierung und verweist auf einen guten Zugang zu den west-, mittel- und osteuropäischen Märkten sowie den USA und Asien. Mit Blick auf die Aussichten einer Stärkung der Kapitalmarktunion erwartet der zuständige Vorstand für das Unternehmenskundengeschäft der Hypovereinsbank eine wachsende Kapitalmarktorientierung im Mittelstand und eine zunehmende Nutzung von strukturierten Finanzierungen, um die Unternehmensfinanzierung zu diversifizieren und Abhängigkeiten zu reduzieren. Als Orientierungsmaßstab im Konditionenwettbewerb nennt er eine insgesamt profitable Geschäftspartnerschaft. (Red.)

Wie zufrieden sind Sie mit dem Geschäftsverlauf der Hypovereinsbank im Firmenkundengeschäft beziehungsweise die Unternehmerbank im ersten Halbjahr 2019? Ist hier schon die neue Handschrift erkennbar?

Im ersten Halbjahr 2019 haben wir ein solides Ergebnis erzielt. Wir konnten das Kreditvolumen ausbauen und gehören im Kapitalmarktgeschäft und der Handelsfinanzierung zu den Marktführern in Deutschland. Insbesondere im Firmenkundengeschäft ist die Hypovereinsbank in einer starken Position, um mit bestehenden und neuen Kunden weiter zu wachsen. Das geht jedoch nicht von heute auf morgen. Neue Unternehmen für sich zu gewinnen, erfordert Geduld und Durchhaltevermögen - beides haben wir.

Sie haben recht früh nach Ihrem Amtsantritt bei der HVB eine "Mittelstandsoffensive" ausgerufen? Was genau verbirgt sich dahinter? Welche Mittelständler haben Sie im Fokus, bestimmte Größenklassen, bestimmte Branchen?

Die Hypovereinsbank ist der zweitgrößte private Kreditgeber für den deutschen Mittelstand. In Süddeutschland und auch im Raum Hamburg sind wir Marktführer im Firmenkundengeschäft. In anderen Gegenden haben wir zwar eine hohe Marktpräsenz bei großen Unternehmen, sind aber im breiten und zum Teil auch im gehobenen Mittelstand noch nicht so präsent. Hier haben wir noch großes Potenzial, unseren Marktanteil auszubauen.

Ist gerade das Geschäftsfeld Mittelstand aber nicht schon sehr stark umkämpft? Wo haben Sie Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Großbanken, aber vor allem auch den beiden Verbünden?

Beim Thema Internationalisierung bieten wir den Unternehmen sofort einen Mehrwert. Wir sind die einzige Bank in Deutschland, die in Italien, in Österreich und in Osteuropa die Marktführerschaft besitzt. Zudem verfügen wir auch in vielen anderen Bereichen über erfahrene Kundenberater und hochqualifizierte Spezialisten - beispielweise für die Themen Zahlungsverkehr, Nachfolge oder bei Unternehmenskäufen und -verkäufen.

Wie ist die Margensituation in der Mittelstandsfinanzierung: auskömmlich und besser als im Großkundengeschäft? Und ist Volumenwachstum ein ausreichendes Instrument, um sinkenden Margen zu begegnen?

Die Kreditmargen sind auch im Mittelstand eher gering. Der Firmenkredit ist daher auch ein Ankerprodukt, um die Beziehung zu unseren Kunden zu stärken. Natürlich freuen wir uns, wenn wir unsere Kunden zusätzlich auch bei anderen Themen, wie etwa beim Zahlungsverkehr oder der Handelsfinanzierung unterstützen können. Entscheidend für uns ist am Ende, ob die Geschäftspartnerschaft mit einem Kunden insgesamt profitabel ist.

Mit Blick auf die regionale Ausrichtung haben Sie Wachstumsinitiativen im Westen und Südwesten angekündigt. Wie kann das Wachstum in diesen Regionen erreicht werden, welche strategischen Maßnahmen haben Sie im Blick?

Zunächst einmal stärken wir unsere Präsenz vor Ort. Wir haben in den Wachstumsregionen neue Firmenkundenberater eingestellt und prüfen die Möglichkeit, neue Standorte zu eröffnen. Das gilt nicht nur für Nordrhein-Westfalen, das nördliche Hessen und Baden, sondern auch für Niedersachsen und Bremen, wo wir in Kürze eine neue Niederlassung eröffnen werden.

Reicht dafür der Aufbau von neuen Teams, oder spielen eventuell auch Zukäufe eine Rolle?

Der gruppenweite Strategieplan der Unicredit basiert auf organischem Wachstum. In Deutschland haben wir in den vergangenen Jahren hart gearbeitet und sind heute bestens positioniert, um mit bestehenden und neuen Kunden weiter zu wachsen.

Erwarten Sie allgemein in Deutschland eine Konsolidierung im Firmenkundengeschäft? Wird die Bedeutung der ausländischen Anbieter weiter zunehmen?

Wir verfolgen unsere Wachstumspläne losgelöst von dem, was in der Branche passiert. Wir wollen mit unseren eigenen Stärken punkten. Dazu gehört auch, dass die Hypovereinsbank mit einer über 150 Jahre gewachsenen Tradition im deutschen Markt ihre Kunden vertrauensvoll und langfristig auf ihrem Weg begleitet häufig über viele Jahrzehnte und zum Teil über mehrere Generationen hinweg. Das können neue Anbieter nicht so schnell aufholen.

Welche Bedeutung gewinnt das Thema Digitalisierung? Wie sehen Sie generell das richtige Verhältnis zwischen digitalem und stationärem Vertrieb im Geschäft mit Unternehmenskunden?

Das Thema Digitalisierung hat in Bezug auf das Firmenkundengeschäft zwei Dimensionen. Einerseits entsteht durch die Digitalisierung bei den Unternehmen ein hoher Finanzierungsbedarf. Viele von ihnen investieren in die Digitalisierung, um ihre Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln, neue Produkte zu schaffen oder zusätzliche Absatzmärkte zu erschließen. Auf der anderen Seite können und müssen Banken ihre eigenen Prozesse - etwa im Bereich der Kontoeröffnung oder der Kreditvergabe - digitalisieren, um die Anforderungen der Kunden noch besser zu erfüllen und Mitarbeitern mehr Zeit für Beratung zu geben. Dabei werden digitale Kanäle sicherlich immer wichtiger. Dennoch geht es insbesondere im Firmenkundengeschäft um Menschen und die gewachsene, vertrauensvolle Beziehung zwischen Unternehmen und Bank. Das wird auch so bleiben.

Welche Impulse bringt die Muttergesellschaft Unicredit in das Geschäft der HVB mit Firmenkunden ein?

Dank der Zugehörigkeit zur Unicredit eröffnen wir unseren Firmenkunden einen einzigartigen Zugang zu den west-, mittel- und osteuropäischen Märkten sowie den USA und Asien. Gleichzeitig profitieren sie durch das voll integrierte Corporate & Investment Banking von einem führenden Produktangebot in den Bereichen strukturierte Finanzierung, Fremdfinanzierung und Transaction Banking.

Hat die Unicredit im Firmenkundengeschäft Renditeziele/Renditeerwartungen für die HVB ausgegeben?

Wir setzen die gruppenweite Strategie der Unicredit sehr erfolgreich um und liegen sowohl in der Unicredit als auch in der Hypovereinsbank deutlich vor dem Zeitplan. Im deutschen Privat- und Firmenkundengeschäft lag die um Sondereffekte bereinigte Rendite auf das allokierte Eigenkapital (ROAC) im ersten Halbjahr 2019 bei 9,4 Prozent und damit über dem ROAC-Ziel für das Geschäftsjahr 2019 von 9,1 Prozent.

Was erhoffen Sie sich für Ihren Verantwortungsbereich von der Umsetzung der diversen Vorschläge zur europäischen Kapitalmarktunion? Wird dies endlich zu einer stärkeren Hinwendung der deutschen Unternehmen zum Kapitalmarkt führen?

Wir spüren, dass die wachsende Kapitalmarktorientierung im Mittelstand weiter zunimmt. Banken bieten Mittelständlern heute ein viel breiteres Spektrum an Finanzierungsinstrumenten. Je nach Strategie und Vorhaben können sich die Unternehmen die passende Finanzierungsstruktur zusammenstellen.

Unternehmensanleihen, syndizierte Kredite, Leveraged Loans, und Außenhandelsfinanzierung werden auf der Homepage der HVB als besondere Kompetenzbereiche hervorgehoben? Sehen Sie auch im breiten Mittelstand Potenzial für solche Angebote?

Auf jeden Fall. Fast jeder vierte Mittelständler erwirtschaftet Umsätze im Ausland. Bei größeren Mittelständler ist der Anteil noch deutlich höher. Entsprechend stark ist die Nachfrage nach Lösungen in der Handelsfinanzierung und dem Währungsmanagement. Mittelständler nutzen auch strukturierte Finanzierungen und den Kapitalmarkt, um ihre Unternehmensfinanzierung zu diversifizieren und Abhängigkeiten zu reduzieren. Der Schuldschein ist und bleibt dabei das passende Kapitalmarktprodukt für viele Mittelständler.

Welches Potenzial hat der Zahlungsverkehr im Firmengeschäft? Und wie ist die Hypovereinsbank an dieser Stelle aufgestellt?

Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs unserer Kunden ist eine unserer Kernaktivitäten. Die Qualität unserer Dienstleistungen in diesem Bereich wurde auch ganz aktuell durch die Auszeichnung als bester Transaction Services Provider in Westeuropa durch das Fachmagazin The Banker bestätigt.

Welches Potenzial sehen Sie in diesem Zusammenhang für Blockchain und Instant Payments?

Das Potenzial digitaler Innovationen ist speziell im Zahlungsverkehr und auch der Handelsfinanzierung besonders hoch. Wir waren die erste Bank, die Instant Payments in Deutschland angeboten hat und haben das Angebot inzwischen auf Firmenkunden ausgeweitet. Schon heute profitieren Unternehmen und Behörden spürbar von Instant Payments, da sie in rund 80 Prozent der Fälle der Empfänger von Echtzeitzahlungen sind und sofort über das Geld verfügen können. Echtzeitzahlungen ermöglichen den Unternehmen auch neue Geschäftsansätze sowie die Verbesserung ihres Kundenservices.

Auch die Entwicklung der Blockchain-Technologie verfolgen wir sehr genau. Ein Beispiel für eine konkrete Anwendung der Blockchain ist die Plattform we.trade, die wir gemeinsam mit anderen Banken entwickelt haben. Sie ermöglicht mittelständischen Unternehmen neue und sichere Handelsmöglichkeiten, insbesondere im internationalen Geschäft.

Nachhaltige Finanzierung ist ein gleichermaßen schildernder wie unbestimmter Begriff. Welche Rolle spielt er für das Firmenkundengeschäft der HVB?

Der Markt für nachhaltige Finanzierungen und speziell für grüne Kredite ist ein wichtiger Zukunftsmarkt, in dem wir gern die Vorreiterrolle einnehmen. In Deutschland haben wir bereits Henkel, die Stadtwerke München und Dürr Kredite als Konsortialführer begleitet, die an Nachhaltigkeitskriterien geknüpft sind.

Einige Institute haben zuletzt wieder angefangen, ihr Korrespondenzbankennetz auszubauen. Zuvor gab es jahrelang einen Rückgang aufgrund von Compliance-Problemen. Wie hat sich das Netz an Korrespondenzbanken bei der Hypovereinsbank in den vergangenen Jahren entwickelt?

Mit 4 000 Korrespondenzbankbeziehungen in rund 175 Ländern haben wir unser Netz in den vergangenen Jahren weitestgehend stabil gehalten. Ein breites Korrespondenzbankennetz ist wichtig, um Unternehmen schnelle Zusagen für bestimmte Finanzierungsinstrumente geben zu können und eine Brücke zwischen den europäischen Märkten und dem Rest der Welt zu schlagen.

Welche Ziele haben Sie sich für Ihr erstes Jahr in der Bank gesetzt, woran wollen Sie gemessen werden?

Bestehende Kunden weiter vertrauensvoll und langfristig auf ihrem Weg begleiten, neue Kunden für uns gewinnen und noch mehr Effizienz in unseren Prozessen.

Markus Beumer Firmenkundenvorstand, HypoVereinsbank, München
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