Redaktionsgespräch mit Uwe Berghaus und Stefan Zeidler

"Wir wollen unsere strategische Lücke im gehobenen Mittelstandsgeschäft schließen"

Uwe Berghaus, Mitglied des Vorstands, DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank, Frankfurt am Main

Wie funktioniert nach einer Fusion die Zusammenarbeit mit den neuen Kundenberatern? Gelingt es, einen vertrauensvollen, ganzheitlichen Betreuungsansatz zu wahren? Diese Fragen stufen Uwe Berghaus und Stefan Zeidler gerade im Firmenkundengeschäft als kritische Erfolgskomponenten ein. In den ersten Monaten der neuen DZ Bank registrieren die beiden verantwortlichen Vorstände innerhalb ihres Hauses wie im Verhältnis zu den Kunden einen reibungslosen Übergang. Sie wollen sich aber nicht mit dem Erreichten zufriedengeben, sondern skizzieren im Redaktionsgespräch noch erhebliches Potenzial zur Weiterentwicklung der Gruppe - beispielsweise im Meta- wie im Auslandsgeschäft. Organisatorisch steht das Immobiliengeschäft auf der Agenda. Für die derzeit vier Unternehmen innerhalb der DZ-Bank-Gruppe, die sich ganz oder teilweise mit dem Immobiliengeschäft beschäftigen, sollen in einer ergebnisoffenen Diskussion klarere Strukturen geschaffen werden. (Red.)

Der Start der neuen DZ Bank ist geräuschlos verlaufen. Wie waren die ersten Arbeitsschritte im Firmenkundengeschäft?

Berghaus: In der Tat haben wir zwar arbeitsintensive, aber relativ unaufgeregte Wochen hinter uns gebracht. Wir haben den großen Vorteil, dass die Regionen bislang nicht parallel von beiden Häusern bearbeitet wurden. Die WGZ Bank war in Nordrhein-Westfalen und dem nördlichen Teil von Rheinland-Pfalz aktiv, die DZ Bank im Rest von Deutschland. Es gibt also kaum Überschneidungen. Die wenigen Doppelkunden, die wir haben, wurden regional zugeordnet. Auch haben wir an allen Standorten festgehalten.

Wie ist die Arbeitsteilung beziehungsweise die Zuständigkeit im Vorstand geregelt?

Berghaus: Stefan Zeidler verantwortet den Süden der Republik und das Geschäftsfeld Strukturierte Finanzierung. Und ich bin für das ehemalige WGZ-Bank-Gebiet und den restlichen Teil Deutschlands im Norden zuständig sowie für das Thema Investitionsförderung bundesweit. Unserem Verständnis nach haben wir beide eine Gesamtverantwortung für das Firmenkundengeschäft.

Zeidler: Bei der regionalen Aufteilung haben wir uns an den Wünschen der Kunden orientiert. Damit hat es sich fast natürlich ergeben, die Gebiete und Genossenschaftsbanken der WGZ Bank sowie den Norden Uwe Berghaus zuzuordnen. Darüber hinaus wurde das Kundenpotenzial berücksichtigt, das in Nordrhein-Westfalen besonders groß ist.

Im Übrigen passt die Aufteilung genau zu unserem Anspruch, eine regional verankerte Zentralbank zu sein. Unsere Kunden wissen die räumliche Nähe gut zu schätzen. Bei den Großkunden ist es anders. Die Betreuung der Dax-Unternehmen ist zum Beispiel zentral gebündelt.

Wie werden die notwendigen Betreuerwechsel von den Kunden aufgenommen?

Berghaus: Die allermeisten Kunden werden ihre bekannten, zumeist langjährigen Ansprechpartner behalten. Für unseren ganzheitlichen Beratungsansatz ist es sehr wichtig, dass Unternehmer und Berater sich gut kennen und ein Vertrauensverhältnis pflegen.

Wäre ein solcher Betreuungsanspruch für ein Vorstandsmitglied allein überhaupt zu stemmen?

Zeidler: Wir haben ja das Ziel, sowohl bei den Direktkunden zu wachsen als auch im Metageschäft mit den Volk- und Raiffeisenbanken. Auch mit diesen wollen wir als Vorstand in regelmäßigem, engen Kontakt stehen. Ich bin sehr froh, dass wir das gesamte Segment Firmenkunden gemeinsam verantworten. Dazu gehört bei uns auch das Auslandsgeschäft einschließlich der Standorte und Repräsentanzen. Ebenso das enorm wichtige Förderkreditgeschäft, das in unserer Bilanzsumme rund zehn Prozent oder 45 Milliarden Euro ausmacht. Und schließlich betreuen wir die Multinationals in unserem Ressort und nicht im Kapitalmarktgeschäft.

Wo sehen Sie in den Kernbereichen Meta-, Auslands-, und Direktgeschäft das größte Potenzial?

Berghaus: Wir wollen in allen Bereichen wachsen, insbesondere aber im Meta-Geschäft. Ferner wollen wir unsere strategische Lücke im gehobenen Mittelstandsgeschäft schließen. Dafür sind wir gut aufgestellt. Die genossenschaftliche Gruppe hat seit 2009 ihre Kreditausreichungen um ein Drittel ausgebaut. Konkret ist unser Marktanteil in den letzten fünf Jahren jährlich um rund einen Prozentpunkt auf aktuell 20,4 Prozent gewachsen. Im Auslandsgeschäft sehen wir großes Potenzial.

Zeidler: Der Fokus liegt hier klar auf der Weiterentwicklung des Geschäfts mit den Volks- und Raiffeisenbanken. Die DZ Bank fungiert hierbei als Katalysator für die Genossenschaftsbanken. Dabei ist selbstverständlich, dass wir unsere Firmenkundenstrategie immer im Geleitzug zur Strategie des BVR und der Genossenschaftsbanken weiterentwickeln. In der gesamten genossenschaftlichen Finanzgruppe wollen wir unseren Marktanteil auf 25 Prozent des Kreditvolumens in Deutschland steigern. Das ist ein ambitioniertes, aber realistisches Ziel. Als ich 2013 zur DZ Bank kam, lautete die Zielvorgabe, jährlich um einen Prozentpunkt Marktanteil zu wachsen. Das entspricht einem jährlichen Wachstum von rund 14 Milliarden Euro Kreditvolumen, was wir bisher ziemlich genau erreicht haben.

Wieso ist die Genossenschaftsorganisation beim Stichwort Auslandsgeschäft weniger wahrnehmbar als die Wettbewerber? Fehlt es an Knowhow?

Zeidler: Wir bieten alle Produkte und Services, die für die Abwicklung des Auslandsgeschäfts unserer Kunden relevant sind: angefangen vom reinen Zahlungsverkehr über das Akkreditivgeschäft, die Devisenabsicherung bis hin zu mittel- und langfristigen Finanzierungen. Das Auslandsgeschäft lebt aber nicht zuletzt von der Kompetenzvermutung. Daran werden wir arbeiten, denn wir sind in allen Produktfeldern voll wettbewerbsfähig.

Die Marktanteile im Auslandsgeschäft liegen bisher für unsere Organisation im einstelligen Prozentbereich. Wir haben hier ein enormes Aufholpotenzial. Das ist erkannt. Wir haben für die Volks- und Raiffeisenbanken ein Konzept zur Kundenansprache im Auslandsgeschäft entwickelt. Damit geben wir den Genossenschaftsbanken ein Instrument an die Hand, mit dem sie das Potenzial im Auslandsgeschäft ihrer Firmenkunden klar identifizieren und einordnen können. Unser Ziel ist es, in diesem Segment gemeinsam nachhaltig höhere Provisionserträge zu generieren.

Bedarf es einer neuen Spezialeinheit für dieses Geschäftsfeld?

Zeidler: Nein, wir haben genau im Blick, an welchen ausländischen Standorten die Kunden unserer Volks- und Raiffeisenbanken uns brauchen und wir haben auch die Leistungsfähigkeit, deren Nachfrage zu decken. Je näher wir über unsere Kunden an das industrielle Geschäft kommen, umso mehr müssen wir das Auslandsgeschäft forcieren. Schon heute brauchen wir uns mit unserem Korrespondenzbankennetz keineswegs hinter den anderen Bankensektoren verstecken. Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben sogar neue qualifizierte Produkt- und Dienstleistungsangebote, die früher weitgehend den Auslandsbanken vorbehalten waren. Wir arbeiten beispielsweise gerade am Aufbau von entsprechenden Cash-Management-Dienstleistungen.

Spüren Sie ähnlich wie man das von den Großsparkassen im öffentlich-rechtlichen Lager hört Druck von den großen genossenschaftlichen Ortsbanken, das Auslandsgeschäft zu forcieren?

Zeidler: Wir stehen regelmäßig mit allen auslandsaffinen Volks- und Raiffeisenbanken in Diskussion über den Ausbau unseres Geschäfts und hierzu notwendige Maßnahmen. Unsere Erwartung ist, dass das natürliche Wachstum des grenzüberschreitenden Geschäftes in den kommenden Jahren ein wichtiger Treiber im Firmenkundengeschäft sein wird. Zudem unterliegt das Auslandsgeschäft starken Veränderungen, beispielsweise im Zahlungsverkehr. An dieser Stelle wird gerade die Blockchain-Technologie vieles verändern, etwa im Handels- und im Dokumentengeschäft. Das eröffnet uns neue Möglichkeiten, in der Manier eines Fintechs zu prüfen, welche Leistungen wir mit diesen neuen Möglichkeiten abdecken können.

Berghaus: Es ist schon beim Blick auf die Marktanteile ein legitimer Anspruch, unser Nachholpotenzial auch auszuschöpfen. Das gilt umso mehr als in einem Niedrigzinsumfeld das Provisionsergebnis stärker in den Fokus rückt.

Welche Einheiten/Tochtergesellschaften müssen in der DZ Bank im Firmenkundengeschäft zusammengeführt beziehungsweise neu geordnet werden?

Berghaus: Wir haben uns zunächst auf das Zusammenwachsen der beiden Zentralbanken fokussiert. Im nächsten Schritt werden wir uns im Immobiliengeschäft mit der Schaffung von klareren Strukturen beschäftigen. Schließlich haben wir hier derzeit vier Unternehmen innerhalb der DZ-Bank-Gruppe, die sich ganz oder teilweise mit dem Immobiliengeschäft beschäftigen. Das wird ergebnisoffen diskutiert.

Wäre das gewerbliche Immobiliengeschäft dann ein eigenständiger Bereich?

Berghaus: Aus der Bank heraus hat die DZ Bank kein gewerbliches Immobiliengeschäft betrieben, wohl aber die WGZ Bank. Deren Geschäft haben wir jetzt mit in die neue Zentralbank integriert und nun muss geprüft werden, wie und mit welchen Schnittstellen das Gewerbekundengeschäft der WL Bank, der DG Hyp und der DZ Bank künftig organisiert wird.

Ist es sinnvoll, dieses Geschäft aus dem Firmenkundenbereich heraus zu steuern?

Berghaus: Das werden wir jetzt sorgfältig prüfen.

Zeidler: Für das Firmenkundengeschäft insgesamt gibt es noch eine weitere Klammer, nämlich den Konzern. Man findet es beispielsweise bei der Union Investment mit ihrem Asset-Management-Angebot für Unternehmenskunden und bei der R+V und ihren Versicherungsleistungen für Unternehmen. Im DZ-Bank-Konzern wird dementsprechend die Philosophie der Steuerungskreise für einzelne Segmente verfolgt, für das Firmenkunden- ebenso wie für das Privatkundengeschäft.

Was passiert mit der VR Leasing?

Zeidler: VR Leasing hat sich den Veränderungen am Finanzierungsmarkt gestellt und verschiedene Produkte entwickelt, die durch Digitalisierung der Prozesse sehr schnelle Entscheidungen ermöglichen. Wir erwarten aus den bereits ergriffenen Maßnahmen eine Stärkung der Marktstellung der Gruppe im Leasinggeschäft. Die übrigen Segmente, das sind Factoring und Zentralregulierung, werden ebenfalls stetig an die Kundenbedürfnisse angepasst. Insgesamt zählt das Leasinggeschäft im Rahmen unserer Allfinanzstrategie zum Kerngeschäft Firmenkunden.

Welches Standing hat und sucht die Bank bei Dax-Unternehmen und internationalen Großkonzernen?

Zeidler: Dieses Geschäftsfeld hat angesichts unseres guten Ratings schon in der Vergangenheit eine wichtige Rolle gespielt. Was Größenordnungen angeht agieren wir traditionell sehr risikobewusst und vermeiden die Abhängigkeiten von Einzeladressen.

Bei diesen Kunden fokussieren wir uns auf unsere Stärken. Wir sind bei vielen Produkten lieferfähig, sowohl was den Kapitalmarkt als auch das Auslandsgeschäft anbelangt. Ich denke da an Schuldscheine, ABS-Programme und Anleihen. Aber auch im Auslandsgeschäft punkten wir mit unserem sehr guten Rating, das derzeit bei AA- liegt. Vor allem im Aval- und Bürgschaftsgeschäft können wir unseren Kunden dadurch im Vergleich zur Konkurrenz einen Mehrwert bieten.

Welche Rolle spielt das Emissionsgeschäft?

Zeidler: Bei großen Transaktionen können wir die Emissionsbücher wegen unserer hohen Platzierungskraft bei den Genossenschaftsbanken gut füllen.

Kommt der Markt für Mittelstandsanleihen wieder?

Zeidler: Mittelstandsanleihen haben wir nie platziert und ich denke nicht, dass sich dieser Markt erholt. Aber es gibt ihn als vernünftige Variante in großem und wachsendem Maße im Markt für Schuldscheindarlehen.

Wie stufen Sie die Bedeutung von Schuldscheindarlehen im Firmenkundengeschäft ein?

Berghaus: Für unsere mittelständischen Kunden ist dies eine hochinteressante Alternative, weil sie die Tranchen gerne auch im Genossenschaftssektor platziert sehen. Genau das praktizieren wir schon seit geraumer Zeit und werden das noch forcieren.

Welche kapitalmarktaffinen Firmenkundenprodukte sehen Sie am deutschen Markt?

Zeidler: Die Verbriefung wird wieder eine stärkere Rolle spielen. Besonders positiv entwickelt haben sich in unserem Haus ABS oder Asset-basierte strukturierte Finanzierungen, wobei ich nicht über synthetisch errechnete Papiere rede, sondern über real existierende Kundenforderungen granularer Art. Die Ausfallraten von Telefonrechnungen oder Autoleasingraten lassen sich gut berechnen. Die Investoren erhalten eine Topqualität zu einem guten Preis. Das wird zunehmen.

Wie beurteilen Sie die Kapitalmarktunion?

Zeidler: Die Hinwendung zum Kapitalmarkt kann in der direkten Form erfolgen oder indirekt über die Verbriefungsmärkte, deren kluge Weiterentwicklung wir bekanntlich unterstützen. Volkswirtschaftlich ist dabei ein wichtiger Aspekt zu beachten: Wenn die Eigenkapitalanforderungen an Banken immer weiter steigen, wird es bald keine Alternative zur Kapitalmarktfinanzierung mehr geben. Ein Investor, etwa eine Versicherung, hat hingegen null Prozent Eigenkapitalkosten. Folglich gibt es einen klaren Trade-off: Ab wann rechnet sich der Kapitalmarkt für den Kreditnehmer?

Kleinere Unternehmen werden mit der Kapitalmarktunion wenig zu tun haben, denn sie werden bei ihren Banken genügend Kredit erhalten. Aber für die mittleren Größen, also eigentlich das Herzstück der deutschen Volkswirtschaft, wird es schwieriger. Es besteht die Gefahr, dass wir diese dazu treiben, noch größer zu werden, um sich eben auch am Kapitalmarkt zu refinanzieren.

Was heißt es für die Risikovorsorge, wenn die Kreditstandards ein wenig aufgeweicht werden und die Konjunktur schwächer wird?

Berghaus: Die Risikovorsorge ist bei den Banken in der Tat seit Jahren entspannt. Aber die Vergangenheit zeigt, dass es Zyklen gibt. Wenn wir heute im Wettbewerb tendenziell höhere Risiken beziehungsweise die Aufweichung der Kreditstandards sehen, wird auch das Thema der Risikovorsorge wieder bedeutsamer, und verschärfend kommt die Regulierung hinzu. Es wird zu der Frage führen, wie rentabel Firmenkundengeschäft betrieben werden kann.

Hat sich die Zusammenarbeit zwischen den Ortsbanken und der Zentralbank verändert. Nehmen die Volksbanken mehr aufs eigene Buch?

Berghaus: Natürlich nehmen die Ortsbanken vermehrt Kredite auf die eigene Bilanz, weil sie eine vernünftige Anlage für ihre Liquidität suchen. Es gibt aber auch Banken, die vor dem Hintergrund der Regulierung das Metageschäft mit der Zentralbank forcieren. Aber das ist die Ausnahme. Im Konsortialgeschäft ist es uns wichtig, dass wir als Zentralbank frühzeitig eingebunden werden. Einen Einstieg erst zu suchen, wenn die Bonität des Kreditsuchenden sinkt, engt unseren Handlungsspielraum ein.

Zeidler: Viele Ortsbanken sind durch gute Jahre in ihrer Risikotragfähigkeit gewachsen und stabiler geworden. Auch durch Fusionen sind größere Genossenschaftsbanken entstanden, die einfach größere Abschnitte in die Bücher nehmen können.

Gibt es von den Ortsbanken Druck, im Konditionenwettbewerb mit anderen mitzuziehen - beispielsweise im Konsortialgeschäft?

Berghaus: Ein klares Nein! Auch die Volks- und Raiffeisenbanken haben ein gutes Auge für ein risikoadäquates Pricing. Der Druck kommt vielmehr aus dem Markt und dem müssen wir uns stellen. Die große Herausforderung ist, Preisgestaltung und Risiko im Einklang zu halten.

Wie leistungsfähig ist das Rating-System im genossenschaftlichen Sektor?

Berghaus: Die genossenschaftliche Bankengruppe verfügt über ein valides, natürlich von der Bankenaufsicht abgenommenes Ratingsystem, das funktional mit dem anderer Banken vergleichbar ist. Unterschiedliche Nuancen gibt es in den hinterlegten Parametern. Unser Rating liefert insgesamt nachvollziehbare Bonitätsnoten, die dann die Basis für eine adäquate Preisfindung sind. Lassen Sie mich aber auch sagen, dass meine Ratinggläubigkeit bei der Erkenntnis endet, dass Kreditentscheidungen nicht grundsätzlich rechenbar sind.

Zeidler: In der Tat ersetzt das Rating alleine keinesfalls eine Kreditentscheidung. Es gibt aufgrund seiner Parameter einen analytischen Hinweis, mit wieviel Eigenkapital Kreditentscheidungen unterlegt werden müssen. Ob wir einen Kredit geben, hängt auch von der Kundenbeziehung ab und davon, wie wir das Geschäftsmodell des Unternehmens bewerten.

Stichwort Basel III oder Basel IV: Ist die klassische deutsche Kreditkultur in Gefahr?

Zeidler: Aktuell steht die Risikogewichtung nahezu aller Risikoklassen auf dem Prüfstand. Hierbei geht es um die Höhe, mit der die betreffenden Geschäfte bei der Berechnung der Eigenkapitalunterlegung zu berücksichtigen sind. Das betrifft sowohl die Berechnungsmethoden im Bereich der operationellen Risiken und der Marktpreisrisiken als auch die Ermittlung des klassischen Kreditrisikos.

Sowohl die DZ Bank als auch der BVR versuchen, im Austausch mit der Aufsicht praktikable Lösungen für die deutsche Bankenlandschaft und die genossenschaftliche Finanzgruppe zu erzielen.

Braucht der deutsche Mittelstand Wachstumsinitiativen der Bundesregierung zur Ankurbelung der Wirtschaft und/oder zur Förderung von Innovationen?

Berghaus: Der Mittelständler entscheidet rational, er tätigt Investitionen, wenn er Gewinnchancen sieht. Die Abschreibungsbedingungen zu verbessern oder ähnliche Maßnahmen sind letztlich nie ausschlaggebend. Aber der Abbau von Bürokratiekosten wäre für den Mittelstand sicher investitionsfördernd.

Zeidler: Der Zinssatz ist kein wirklich entscheidungsrelevantes Investitionskriterium. Die Frage, wann investiert wurde, hat über lange Zeiträume betrachtet mit dem Zinssatz relativ wenig zu tun. Die Politik ist deshalb gut beraten, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Und es wäre an der Zeit, das Thema Erbschaftssteuer rechtsverbindlich zu regeln. Über den Unternehmen schwebt zudem das Europathema. Wir müssen dafür sorgen, dass es in Spanien, Italien, Frankreich und Griechenland ebenfalls lohnende und berechenbare Investitionsmöglichkeiten gibt. Wir hätten in der Griechenlandkrise gut daran getan, eine Förderbank nach Art der KfW zu etablieren.

Förderbanken sind demnach für Sie eher nützlicher Partner als unliebsame Konkurrenz?

Berghaus: Eindeutig ja! Die KfW ist für uns ein strategisch wichtiger Partner. Wenn künftig aber über digitale Kanäle der unmittelbare Kontakt zum Kunden gesucht wird, stellt sich für uns gleichwohl die Frage, welche strategischen Optionen die KfW hier perspektivisch nutzen will.

Zeidler: Und auf Bundesebene bleibt natürlich immer die Rolle der KfW Ipex zu diskutieren. Aber insgesamt sind wir ein sehr großer Freund der Förderbanken.

Der Aufschwung Deutschlands nach dem Krieg ist in hohem Maße ihnen zu verdanken. Sie sind das Rückgrat der mittelständischen Wirtschaft und haben den Mittelstand auch in der Finanzkrise maßgeblich gestützt. Viele der neuen Programme werden im Übrigen in engem Zusammenspiel mit den Banken entwickelt.

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