Was bleibt ...?

Philipp Otto, Chefredakteur, Foto: Verlag Fritz Knapp GmbH

Zu klein, zu fragmentiert! Wieder mal haben sich führende Vertreter der Finanzwirtschaft besorgt über Europas Rolle zwischen den USA und China gezeigt. Die Chefs von Deutscher Bank, Commerzbank, UBS und HSBC wünschen sich mehr Integration, mehr Harmonisierung und auch Erleichterungen für grenzüberschreitende Fusionen. "Die Antwort auf Globalisierung ist nicht Fragmentierung. Wenn wir eine Ansammlung von heimischen Spielern sind, spielen wir nicht gut genug", sagte beispielsweise der Deputy Group Chairman der HSBC, Jonathan Symonds. Europa braucht schnell die Bankenunion, sind sich die Bankchefs einig. Aber ist Größe allein ein Erfolgsfaktor? Was würden die geforderten europäischen Zusammenschlüsse wirklich bringen, wenn es schon zwischen Deutscher Bank und Commerzbank keine ausreichend guten Argumente für einen Zusammenschluss gegeben hat?

Auch an anderer Stelle wird von Größe und Konsolidierung geträumt. Vor gut einem Jahr wurden Überlegungen von Helmut Schleweis zu einem einzigen Sparkassen-Zentralinstitut zum Bedauern des Sparkassen-Präsidenten öffentlich. Als langjähriger Sparkassen-Vorstand und zuletzt sogar Bundesobmann weiß Schleweis natürlich um die Gefahren des öffentlichen Zerredens eines solch monumentalen Projektes in seiner vielstimmigen Finanzgruppe. Da mag man es als gutes Zeichen werten, dass man zumindest öffentlich in letzter Zeit nur von Schleweis selbst etwas zur Sparkassen-Zentralbank hört. Das mag auch daran liegen, dass ein Jahr nach Bekanntwerden der Pläne klar ist, dass die Bretter, die der Präsident zu bohren hoffte, auch für einen so erfahrenen Moderator immer noch zu dick sind.

Vertreter aus Politik und Sparkassen aus Baden-Württemberg haben längst klargemacht, dass es eine Beteiligung der LBBW an einem solchen Projekt nicht geben wird. Diese hat der deutschen Sparkassen-Organisation schon zweimal aus der Bredouille geholfen, als sie zunächst die kriselnde Sachsen LB und dann auch noch die Landesbank Rheinland-Pfalz übernommen hat, steht nun aber definitiv (noch) nicht zur Verfügung. Auch der Freistaat Bayern verfolgt mit seiner Bayern LB andere Pläne. Hier möchte man dem Vernehmen nach unbedingt verhindern, dass das Land nochmals seinen Eigentümerpflichten nachkommen muss. So werden derzeit Optionen für das Fördergeschäft geprüft, was nach Meinung einiger besser zur LfA passen würde als zur Bayern LB. Und auch die Zukunft der Privatkunden-Tochter DKB ist offen, die entgegen landläufiger Meinung alles andere als eine reine Onlinebeziehungsweise Direktbank ist, sondern über ein breites Aktivgeschäft verfügt und gerade in ihrer ursprünglichen Heimat Ostdeutschland immer noch die Rolle einer echten Privatkundenbank einnimmt. Aber könnten diese beiden Schritte schon reichen, um den Freistaat seiner Verpflichtungen zu entbinden?

Die Nord LB ist immer noch viel zu sehr mit ihrer eigenen Rettung und ihrem eigenen Überleben beschäftigt, als sich in solch schwierige Gespräche zielführend einbringen zu können. Und die Berlin Hyp, wie Deka und Helaba fest in Sparkassen-Hand, wurde von Schleweis selbst in den vergangenen Monaten ein bisschen zu häufig als Asset oder Perle bezeichnet, als das man glauben könnten, sie wäre noch Teil der Überlegungen.

Da bleibt dem anspruchsvollen DSGV-Präsidenten derzeit also nur die "kleine" Lösung, die jüngst in der Verbandsvorsteherkonferenz und dem Landesobleuteausschuss intensiv diskutiert wurde: die keineswegs neuen Überlegungen zu einer Bündelung der Kräfte am Finanzplatz Frankfurt, ein engeres Zusammenrücken von Hessischer Landesbank und Dekabank. Man mag es schon als Erfolg für Schleweis auf seinem langen Weg zu einem Sparkassen-Zentralinstitut werten, dass er die Verantwortlichen aus diesen beiden Gremien zur Veröffentlichung einer gemeinsamen Erklärung gebracht hat, der zufolge beide Häuser "Gespräche mit dem Ziel der Prüfung einer engeren Zusammenarbeit beider Institute aufnehmen" sollen. Die Überlegungen des DSGV-Präsidenten zur Schaffung eines Nukleus für eine Sparkassen-Zentralbank hätten "die grundsätzliche Unterstützung" der versammelten Verbandsvorsteher und Landesobleute erhalten. Allein damit ist für Schleweis aber noch gar nichts erreicht. Das weiß der erfahrene Sparkassenmann selbst nur allzu gut. Denn viel zu schnell werden bekanntlich gerade in der öffentlich-rechtlichen Finanzgruppe Vorhaben grundsätzlich unterstützt, solange sich die Überlegungen noch in großer Flughöhe befinden. Kommt es dann aber zu den Detailfragen, wird es meist schwierig bis unmöglich, zwingt nicht die schiere Not zum berühmten Sprung über den eigenen Schatten.

Pikanterweise war in den ursprünglichen Berichten zu der Sitzung sogar von der "Prüfung einer vertieften Zusammenarbeit bis hin zu einer Zusammenführung" die Rede. Das ging manchen - oder muss man sagen vielen - in der Organisation dann aber doch zu weit, weswegen es nur zu der abgeschwächten Formulierung kam. Aber das Thema "Zusammenschluss" war dank DSGV in der Öffentlichkeit.

Vor Kurzem hat Helmut Schleweis seine Überlegungen noch einmal in einem Interview mit dem Handelsblatt konkretisiert: "Wir brauchen ein Zentralinstitut, das die Bedürfnisse der Sparkassen und ihrer Kunden einheitlich und dauerhaft auf höchstem Niveau bedienen kann." Zu den Aufgaben eines solchen Zentralinstituts sagt der Präsident: "Das Zentralinstitut soll die Produkt- und Leistungspalette der Sparkassen dort gezielt ergänzen, wo dies einzelne Sparkassen nicht sinnvoll aus eigener Kraft können. Das gilt etwa bei der Betreuung vermögender Kunden, im Zahlungsverkehr und im Auslandsgeschäft." Als zuverlässiger Partner im Konsortialkreditgeschäft muss das Institut auch eigene Kreditkompetenz vorweisen und soll nach den Vorstellungen Schleweis' auch eigene Kundenbeziehungen haben, allerdings nicht mit der breiten Privatkundschaft. Das Geschäftsmodell soll risikoarm sein, sodass im Falle eines Zusammenschlusses, da spricht er nun wieder von einem Zusammengehen, die Risiken und damit auch die Bilanzsumme heruntergefahren werden müssten.

Wie sähe, diese Überlegungen vorausgesetzt, eine erfolgreiche Zusammenarbeit, sprich Arbeitsteilung, zwischen einer grundsoliden Universalbank mit großen Stärken in der Immobilienfinanzierung und einem Wertpapierdienstleister mit angeschlossener mittelgroßer Kreditbank (die alte DGZ) am Ende aus? Klar, eine Zusammenlegung der Aktivitäten im Fonds- und Zertifikategeschäft ist nicht weiter schwer. Auch die stärkere Positionierung der Helaba als Kompetenzzentrum für das Auslandsgeschäft ist problemlos. Doch wo sollen bei der Helaba künftig die notwendigen Erträge herkommen, wenn es vor allem um Kredit geht? Die Niedrig- und Negativzinsen belasten das Geschäftsmodell heute schon enorm und sind nur dank der Diversifizierung eben durch Asset Management, Fördergeschäft und vor allem Retailgeschäft zu bewältigen. Darüber hinaus soll der zentrale Dienstleister, nimmt man den DSGV-Präsidenten wörtlich, über ein möglichst risikoarmes Geschäftsmodell verfügen, grundsätzlich nur die Sparkassen als Konsortialpartner bei deren Kundengeschäften unterstützen und nur in Ausnahmen eigene Kundenbeziehungen unterhalten, dann aber bitte schön nicht mit Dax-Konzernen.

Keine Geschäftsbeziehungen zur breiten Privatkundschaft. Das heißt unmissverständlich, im Zuge der Zusammenarbeit muss nach neuen Lösungen für die Helaba-Tochter Frankfurter Sparkasse gesucht werden. Doch wer kann eine solche Übernahme angesichts des mittlerweile auf über 900 Millionen Euro angewachsenen Eigenkapitals der viertgrößten deutschen Sparkasse stemmen? Wohl nur der Verband. Wie aber reagieren dann die anderen Sparkassen auf die unmittelbare Konkurrenz der ungeliebten, weil bundesweit sehr erfolgreich agierenden Direktbank-Tochter 1822direkt.

Was bleibt also? Im Moment sind hier mehr Fragen als Antworten. Und anstelle eines "Sparkassen-Powerhauses" klingt es ein wenig nach gewollter oder ungewollter "Verzwergung" zweier erfolgreicher Institute mit funktionierenden Geschäftsmodellen. Der Weg einer Konsolidierung an der S-Zentralbank-Spitze ist lang und beschwerlich, hat Helmut Schleweis immer gesagt. Er hat sicher einen Plan und das Ziel klar vor Augen.

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