Da waren's nur noch ...?

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Ein kluger Mann sagte einmal: "Gremien müssen immer ungerade besetzt sein, wenn sie erfolgreich sein wollen - drei Mitglieder sind zu viel!" Ob das auch für die Landesbanken gilt? Man kann fast den Eindruck haben, wenn man dieser Tage die Spekulationen um eine "Super-Landesbank", die aus Nord LB, Helaba, Deka, LBBW und Berlin Hyp gebaut werden soll, verfolgt. Gut, es wären auch dann immer noch mehr als eine, nämlich die "Super LB", die Bayern LB und die Saarländer, die dem Papier nach ja auch eine Landesbank sind, aber vom Geschäftsmodell eher einer sehr ordentlichen größeren Landessparkasse gleichen. Aber man hätte die Bündelung der Kräfte auf oberster Ebene des öffentlich-rechtlichen Bankensektors ein ganzes Stück vorangetrieben.

Überlegungen dieser Art sind nicht neu. Schon in den 70er Jahren träumte Ludwig Poullain den Traum von einer starken Landesbank, bestehend aus der damaligen West LB und der Helaba. Was Poullain, der zwischen 1969 und 1972 sogar zeitgleich West-LB-Vorstandsvorsitzender und DSGV-Präsident war, nicht vergönnt war, schien seinem mächtigen Nachfolger bei der West LB, Friedel Neuber, scheinbar mühelos zu gelingen. Gemeinsam mit dem hessischen Sparkassen-Präsidenten Adolf Schmitt-Weigand verständigte er sich auf eine Fusion von West LB und Helaba - das war im Jahr 1988. Helaba-Chef Herbert Kazmierzak so wie die Präsidenten Johannes Fröhlings vom Rheinischen Sparkassen- und Giroverband und Helmut Keßler vom Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverband waren schnell überzeugt. 1989 sollte das neue Institut an den Staat gehen. Sollte!

"Die Karten im deutschen Geldgewerbe würden neu gemischt", ließ sich Ernst-Otto Sandvoß, Vorstandsvorsitzender der mächtigen Deutschen Girozentrale, die 1999 zusammengelegt mit dem Sparkassen-Fondshaus Deka in der Dekabank auf- manche sagen auch unterging, damals zitieren. In der Tat: Mit einer Konzernbilanzsumme von rund 227 Milliarden D-Mark und mehr als 10 000 Mitarbeitern wäre die "Westdeutsche-Hessische-Landesbank" auf den zweiten Platz der deutschen Banken vorgerückt, vor den privaten Instituten Dresdner Bank (207 Milliarden D-Mark) und Commerzbank (162 Milliarden D-Mark) und nur knapp hinter dem einsamen Spitzenreiter Deutsche Bank (268 Milliarden D-Mark). Hätte, hätte, Fahrradkette, heißt ein Fußballerspruch. Natürlich ist aus den fertigen Überlegungen der Sparkassengranden nichts geworden.

Denn dafür fehlten schlicht zwei grundlegende Voraussetzungen, die für das Gelingen einer Landesbanken-Fusion immer vorliegen müssen: wirtschaftliche Not und der politische Wille. Mit dem vorgeschobenen Argument, es sei nicht Sache des Staates, das Bankwesen zu finanzieren, und nicht Sache des Steuerzahlers, Risiken aus dem Bankgeschäft zu tragen, zieht sich das Land Hessen unter dem damaligen Finanzminister Manfred Kanther aus der Mehrheitsbeteiligung bei der Helaba zurück. Nahezu zeitgleich beschloss man in Düsseldorf, dass die Förderung bestimmter Unternehmensgruppen, bestimmter Wirtschaftszweige und spezieller Regionen mit von Steuerzahlern subventionierten Krediten nicht wirklich Kerngeschäft einer Bank, selbst einer Landesbank sei und dass der gesamte Bereich Landeskredite demzufolge aus der West LB heraus auf eine neue Investitionsbank NRW auszulagern das Klügste wäre. So könne die West LB weiterhin bestmöglich als "Staatsbank" dienen. Und plötzlich, siehe da, war es aus mit der eigentlich perfekten Fusion.

Eine Ausnahme von diesen beiden Voraussetzungen bilden die Ursprünge der heutigen LBBW, bei der Fusionen zunächst auch ohne wirtschaftliche Not gelangen. Hier ging es jedoch in erster Linie um die Beseitigung einer gewachsenen Unordnung, denn mehrere Landesbanken pro Land sind eigentlich schon gegen die durch den Namen "Landesbank" vorgegebene Ordnung. Es schlossen sich also 1987 zunächst die Landesbank Stuttgart, Girozentrale mit der Badischen Kommunalen Landesbank - Girozentrale, öffentliche Bank und Pfandbriefanstalt Mannheim (BaKoLa) zur Südwestdeutschen Landesbank zusammen. Erst zum 1. Januar 1999 erfolgte die Vereinigung von Landesgirokasse, Südwest LB und Teilen der Landeskreditbank zur Landesbank Baden-Württemberg. Auch die Integration der früheren Landesbank Rheinland-Pfalz als hundertprozentige Tochter und die Eingliederung der BW-Bank als rechtlich unselbstständige Anstalt in den LBBW-Konzern geschah nur bedingt aus wirtschaftlichen Notlagen heraus. Doch spätestens die Übernahme der Sachsen LB 2007 war wieder eine dieser für die Landesbanken-Konsolidierung so typischen Rettungsmaßnahmen. Das traurige Ende der West LB, die jeweils als Teil in dem West-LB-Rechtsnachfolger Portigon, der Bad-Bank Erste Abwicklungsanstalt und der Helaba verendete (2012 kam es endlich zum Zusammenschluss), und die Privatisierung der HSH-Nordbank sind weitere Belege für den viel besungenen Niedergang der Landesbanken.

Ein weiteres Beispiel könnte folgen: die viel zu teure, politisch motivierte Übernahme der strauchelnden Bremer Landesbank hängt der Nord LB wie ein Mühlstein am Hals, und zum allergrößten Übel hängt da mit dem Schiffskreditportfolio noch ein viel größerer. Schon im April rief der amtierende Vorstandschef Thomas Bürkle um Hilfe, als er erklärte, die Bank und ihre Eigner - die Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie drei Sparkassenverbände - prüften "verschiedenste Optionen", um an frisches Geld zu kommen. Das Land, so betonte es Niedersachsens Finanzminister und Nord-LB-Aufsichtsratschef Reinhold Hilbers noch im August, wolle auch weiterhin "auf die Geschicke dieser Bank entscheidenden Einfluss" haben. Das aber würde bedeuten, dass Niedersachsen weiterhin mit über 50 Prozent an der Nord LB beteiligt bleiben muss, eine Einigung mit der EU-Kommission, die bei einem solchen Beihilfefall auf der Matte stünde, vorausgesetzt. Doch woher soll der Rest des Geldes, immer noch eine Milliardensumme, kommen? Von den Sparkassen, die selbst mit Ertragsproblemen zu kämpfen haben? Von privaten Investoren wie bei der HSH? Der Präsident des privaten Bankgewerbes, Hans-Walter Peters, sprach angesichts der Einigung auf einen Übergang der HSH von der Institutssicherung der öffentlich-rechtlichen Institute in die Einlagensicherung der privaten Banken schon von einer "Blaupause". Natürlich ohne auf Hannover zu schielen.

Oder aber die Super-Landesbank, die von Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis angeblich favorisiert wird. Die wirtschaftliche Not als Voraussetzung für einen solch großen Wurf ist allemal gegeben. Die Öffnung der öffentlich-rechtlichen Banken für privates Kapital wäre abgewendet. Wer nun an die HSH denkt, das war ein Sonderfall. Eine echte öffentlich-rechtliche Landesbank war der Zusammenschluss Hamburg-Kiel irgendwie nie. Doch was ist mit dem politischen Willen und einer Einigung der Eigentümer? Angesichts der gewaltigen Gemengelagen aus Landesregierungen, Sparkassen, regionalen Sparkassenverbänden und DSGV erscheint das Vorhaben selbst für einen so erfahrenen Moderator wie dem amtierenden Sparkassen-Präsidenten aussichtslos.

Von daher dürfte es zunächst auf eine "kleine" Lösung hinauslaufen. Ähnlich wie beim Prinzip West LB könnte eine andere Landesbank das Verbundgeschäft der Nord LB übernehmen. Dann müssten allerdings noch Haftungsfragen für das Altgeschäft geklärt werden. Bei allem öffentlichen Bekunden der Helaba als potenziellem Kandidaten sollte man auch die LBBW nicht ganz vergessen, die immerhin schon zwei Mal bewiesen hat, dass sie dem Verbund helfen kann. Doch können sich das die beiden auch leisten? Der gesamte Jahresgewinn der LBBW beträgt rund 500 Millionen Euro, der der Helaba liegt ein Stück darunter. Allein damit wird es schwer, die Flurbereinigung voranzutreiben.

Also noch einmal zurück zur Super-Landesbank. Natürlich schielt der Sparkassensektor immer wieder hinüber zu den Kreditgenossenschaften, die mit der DZ-Bank-Gruppe die Bündelung der Kräfte auf höchster Ebene (endlich) geschafft haben. Rechnet man die Vorsteuerergebnisse der fünf beteiligten öffentlich-rechtlichen Institute aus dem Jahr 2017 zusammen, kommt das Ergebnis mit 1,651 Milliarden Euro dem der DZ Bank mit 1,810 schon recht nahe. Allerdings gehen solche Rechnungen leider nur bei dem berühmten Milchmädchen auf. Es bleibt spannend.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X