Die Grundidee des Leasings erfährt in diesen Zeiten eine Renaissance

Interview mit BDL-Präsident Kai Ostermann

Kai Ostermann, Präsident des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen e. V., Berlin Quelle: Deutsche Leasing

Das Wachstum der Leasing-Unternehmen ist ungebrochen. Dennoch setzt sich der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e. V. (BDL), Berlin, neben einer angemessenen Regulierung der Leasing-Branche für die Förderung von Investitionen und Innovationen ein. Dabei strebt er eine stärkere Vernetzung mit anderen Wirtschaftsverbänden an. Welche Rolle die Digitalisierung einnimmt und welche Herausforderungen in der Nachwuchsgewinnung zu bewältigen sind, beschreibt Kai Ostermann, BDL-Präsident und Vorstandsvorsitzender der Deutsche Leasing AG, Bad Homburg v. d. Höhe. (Red.)

Wie sieht die Marktbedeutung der Leasing-Branche aktuell in Deutschland aus?

Insgesamt war 2016 ein gutes Leasing-Jahr mit einem Neugeschäft von 64 Milliarden Euro und einem Wachstum von rund 9 Prozent. Besonders stark und mit einem hohen Anteil lief das Kfz-Geschäft. Für das erste Halbjahr 2017 verzeichnen wir ein Plus von gut 7 Prozent. Soweit zum Volumen. Auf Seiten der Margen sieht es anders aus: Der Ertragsdruck der letzten Jahre hält weiter an. Gründe sind die Niedrigzinspolitik, hohe verfügbare Liquidität und daraus resultierend ein Wettbewerb um die Investitionen.

Zur Marktbedeutung insgesamt: Das Leasing konnte seinen Stellenwert im Finanzierungsmix der Kunden mindestens verteidigen, in einigen Teilmärkten sogar ausbauen. Die Mobilien-Leasingquote war 2016 die höchste in der Leasing-Geschichte in Deutschland.

Wie lange werden die Leasing-Gesellschaften den Margendruck kompensieren können?

Ähnlich wie bei den Kreditinstituten unternehmen alle Leasing-Gesellschaften große Anstrengungen, um auf der Kostenseite entgegenzuwirken, sei es durch Standardisierung oder Digitalisierung. Dies ist auf der einen Seite ein Investitionsfeld, auf der anderen Seite hilft es, um zu schlankeren und besseren Kostenstrukturen zu kommen. Mittelfristig gehe ich aber davon aus, dass sich auch die Situation an der Zinsfront wieder verändern sollte.

Schon seit einigen Jahren beklagt die Branche die schwierigen Rahmenbedingungen. Dennoch ist jedes Jahr ein gutes Jahr. Die Warnungen, die die Branche ausspricht, spiegeln sich nicht in den Unternehmenszahlen wider. Woran liegt das - sind die Unternehmen zu gut?

Der Eindruck könnte auf den ersten Blick entstehen, doch das Bild ist differenzierter. Denn die Anzahl der Leasing-Gesellschaften ist in den letzten fünf Jahren schon deutlich zurückgegangen. Es kommt zur Konsolidierung. Was geholfen hat, ist die insgesamt zwar nicht sehr dynamische, aber doch stabile Wirtschaftslage mit niedrigen Insolvenzquoten und deswegen auch niedrigen Risiken. Somit sind große Ausfälle ausgeblieben. Das kompensiert ein Stück weit den Margendruck. Wenn sich allerdings das Blatt drehen sollte, dann setzt man auf einem relativ niedrigen Ertragsniveau auf.

Hinzu kommt, dass die Sekundärmärkte noch relativ gut waren, Leasing-Objekte ließen sich in den letzten Jahren gut verwerten. Das hat durchaus Zusatzerträge oder zumindest kompensierende Erträge bei planmäßigen wie auch außerplanmäßigen Verwertungen beschert.

Wo liegen die Herausforderungen im Leasing? Was muss sich verändern mit Blick auf die Zukunft?

Es gibt drei große Herausforderungen. Das Niedrigzinsumfeld hatten wir bereits angeschnitten. Der zweite große Block ist die Digitalisierung. Der dritte Punkt sind Regulierungsthemen.

Stichwort Digitalisierung - wie entwickelt sich das Online-Geschäft?

Insgesamt beschäftigt sich die Branche intensiv mit dem Thema. In der BDL-Statistik liegt uns zur Entwicklung jedoch keine ausreichende Datenbasis vor. Was für die Leasing-Gesellschaften eine relativ große Rolle spielt, ist das Geschäft über Vertriebspartner, denen wir digitale Lösungen an die Hand geben. Der Kunde am Point-of-Sale schließt mit dem Vertriebspartner in einer digitalen Antragsstrecke das Geschäft ab, ohne selbst auf einer Webseite gewesen zu sein. Deswegen gilt nicht die Gleichung: Online-Geschäft ist digitalisiertes Geschäft. Gerade im Vertriebsleasing gibt es viele digitale Geschäftsmodelle - mit vollautomatischen Antragsstrecken, digitaler Datenverarbeitung oder automatischen Bestätigungen. Das sind alles Themen, die in der Digitalisierung eine Rolle spielen, nicht nur das Front-End auf einer Webseite.

Wie definiert eine Leasing-Gesellschaft den Begriff Digitalisierung?

Bei den Leasing-Gesellschaften gibt es dazu mehrere Perspektiven. Intern gibt es Themen, die früher unter Automatisierung und weiterer Technisierung von Prozessen verstanden wurden. Das ist in den Unternehmen ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.

Bei der Digitalisierung gibt es auch einen Aspekt, der innovativer ist. Wo finden wir neue Ansatzformen und neue Produkte innerhalb der einzelnen Gesellschaft? Digitalisierung spielt eine große Rolle auf Seiten der Leasing-Kunden, dort entstehen ganz neue Märkte. Die Kunden setzen heute neue Technologien ein. Dadurch werden die Leasing-Gesellschaften beispielsweise mit der Finanzierung von Leitungsnetzen konfrontiert. Oder nehmen Sie das Segment der Medizintechnik, wo die Grenzen zur IT zunehmend verschwimmen. Das zu begleiten, stellt die Leasing-Branche vor Herausforderungen. Dennoch hat es die Branche in der Vergangenheit immer wieder geschafft, sich auf neue Märkte und Innovationen einzustellen. Die ersten IT-Objekte in Deutschland - Großrechner - waren Leasing-Objekte. Leasing-Gesellschaften haben sich mit ihren Geschäftsmodellen schon immer an Absatzmärkten, Objekten und Branchen ausgerichtet. Insoweit ist die Leasing-Branche gut darauf eingestellt.

Wie beurteilen Sie den Umgang mit Fintechs?

Fintechs haben bisher noch nicht den durchschlagenden Erfolg gezeigt. Dennoch kann man von Fintechs, was Agilität und Innovationsfähigkeit angeht, durchaus eine Menge lernen. Die meisten Fintechs haben bisher aus der Wertschöpfungskette ein Element herausgenommen und dieses Element mit moderner Technologie kundenfreundlicher gestaltet. Allerdings reicht ein Teilstück nicht aus, gerade in unserem hoch regulierten Markt, einen großen Mehrwert zu erzielen. Daher spricht einiges für Kooperationen. In den Mitgliedsgesellschaften des BDL gibt es dazu unterschiedliche Herangehensweisen. Der BDL selbst hat Arbeitsgruppen ins Leben gerufen. Darin können die Gesellschaften sich untereinander austauschen und gemeinsame Initiativen starten.

Gibt es beim BDL ein sogenanntes "Innovation Lab", also ein Ideen- und Kreativlabor, oder ist etwas geplant?

Das wird es in dieser Form beim BDL nicht geben. Die Verantwortung für die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle obliegt den einzelnen Gesellschaften. Der BDL sorgt für die Rahmenbedingungen. Darüber hinaus haben wir ein Forum Digitalisierung eingerichtet. Dort treffen diejenigen zusammen, die einen fachlichen Austausch mit externen Referenten oder in Form von Workshops suchen.

Welche Wünsche hat der BDL an eine neue Bundesregierung? Welche Themen hat der Leasing-Verband auf der Agenda?

Unser besonderes Augenmerk richten wir zum einen auf den Block Investitions- und Innovationsförderung, zum anderen auf angemessene Regulierung, die wirklich und nicht nur als Phrase der Proportionalität Rechnung trägt.

In Sachen Proportionalität kämpft der BDL allein oder gibt es Gemeinsamkeiten, bei denen andere Verbände mitstreiten?

Der BDL ist durchaus mit anderen Verbänden im Austausch. Und wir beobachten die Initiativen für kleine, regionale Kreditinstitute, die im Moment unter dem Stichwort "Small and simple banking box" laufen. Dies sind Schritte in die richtige Richtung im Sinne von Proportionalität. Das sollte durchaus Anlass geben, das ein oder andere Thema, das Leasing-Gesellschaften tangiert, ebenfalls einer Überprüfung zu unterziehen.

Sowohl auf nationaler Ebene mit Bundesfinanzministerium, Bundesbank, BaFin, aber auch auf EU-Ebene, insbesondere im Parlament, scheint die Bereitschaft zuzunehmen, Proportionalität wieder stärker zur Geltung zu bringen. Das können wir nur begrüßen, da dieses Thema für uns hoch relevant bleibt.

Man muss sich immer wieder vergegenwärtigen: Die Leasing-Gesellschaften waren nicht Auslöser, sondern schlicht Betroffene der Krise seit 2008. Es gab weder in Deutschland noch in Europa auch nur eine nennenswerte Leasing-Gesellschaft, die umgefallen wäre, geschweige denn ist es zu systemrelevanten Pleiten gekommen, bei denen der Steuerzahler zur Kasse gebeten wurde. Bald zehn Jahre nach Beginn der Krise fußt diese Erkenntnis auf einer langfristigen Betrachtung.

Was verstehen Sie unter angemessener Regulierung?

Der BDL tritt nicht für Deregulierung ein, im Sinne von Abstrichen an Sicherheitsanforderungen. Risikomanagementanforderungen, Risikotragfähigkeits- und Value-at-Risk-Konzepte gehören zu einem professionellen Finanzdienstleister dazu. Es braucht eine gewisse Risikodeckungsmasse und ein funktionierendes internes Kontrollsystem. Worum es in unserer Kritik vorrangig geht, sind formale und administrative Lasten wie Meldungen, Offenlegungen, Dokumentationen. Regulierung muss zu Größe und Risikogehalt passen.

Im Vergleich zu Banken ist die Struktur der Leasing-Branche stark mittelständisch. Im deutschen Leasing-Markt agieren drei Viertel der Gesellschaften mit weniger als 50 Mitarbeitern. Selbst die größten Gesellschaften haben weniger als 1 500 Mitarbeiter und eine Bilanzsumme, die mit einer mittelgroßen Sparkasse vergleichbar ist.

Und das Leasing-Risikoprofil ist gering: Ohnehin dürfen Leasing-Gesellschaften bestimmte Geschäfte wie Handelsgeschäft und Einlagengeschäft nicht machen, Fristentransformation nur in ganz geringem Umfang. Wir haben eine geringe Produktbreite und kein Kapitalmarktgeschäft.

Und das Geschäft ist sehr stark auf mittelständische Kunden in der Breite ausgerichtet. Das heißt, wir sind deutlich kleiner als Banken und wir sind wesentlich risikoärmer und weniger komplex. Wenn man also für kleinere Kreditinstitute Erleichterungen schaffen will, muss man bei den Leasing-Gesellschaften, die im Schnitt noch viel kleiner sind und weniger Risikogehalt haben, erst recht anpassen.

Und Sie haben immer ein Objekt als Sicherheit.

Ja, genau.

An welche konkreten Erleichterungen für Leasing-Gesellschaften denken Sie?

Das könnten zum Beispiel Meldeumfänge sein. Ist es wirklich sinnvoll, eine Leasing-Gesellschaft in vollem Umfang einer BAIT zu unterstellen? Oder müssen Leasing-Gesellschaften tatsächlich einer Institutsvergütungsverordnung unterliegen? Dies tun sie im Übrigen nur in Deutschland - mit all den Dokumentationspflichten. Man könnte auch bei der Dokumentation zur Unternehmensstruktur und Unternehmenskultur ansetzen.

Zudem wäre es ausgesprochen hilfreich, Leasing-Gesellschaften vor unnötigen neuen Regeln zu schützen. Wie zu hören ist, denkt das Bundesfinanzministerium im Rahmen seiner Position zur "Small banking box" darüber nach, eine abschließende Liste von Vorgaben für kleinere Banken zu definieren. Neue Regulierungsthemen sollen dann nicht automatisch für diese Gruppe gelten. Das wäre auch für Leasing-Gesellschaften wünschenswert. Denn für kleine Gesellschaften, aber auch für uns als Verband, ist schon allein das Monitoring ein riesiger Aufwand.

Viele Regulierungsvorschriften zielten nicht primär auf die Leasing-Gesellschaften, erfassen sie allerdings automatisch mit. Welche sind dies besonders?

Das gilt im Grunde für nahezu jede Regulierungsinitiative der letzten Jahre. Kaum eine zielte auf Leasing-Gesellschaften, sondern in der Mehrzahl hat man große und zumeist internationale Banken im Blick. Für diese Zielgruppe wird etwas definiert, dann greift die sogenannte Proportionalität oder eben auch nicht. Die Grundregel leitet sich also immer von den großen Banken ab.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die deutsche Wirtschaft, mittelständisch geprägt, auch eine mittelständische Finanzwirtschaft braucht. Das Modell eines oligopolistischen Bankenmarktes oder Finanzmarktes wie in Großbritannien oder in Teilen von Skandinavien passt nicht auf ein Land wie Deutschland. Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass es nicht auch die ganz Großen braucht. Das Drei-Säulen-Modell deckt das grundsätzlich gut ab. Deutschland braucht diese Mischung, dazu zählen kleinere Kreditinstitute wie Sparkassen oder Volksbanken, aber auch Leasing-Gesellschaften. Es sind eher die kleineren Finanzdienstleister, die abseits des Kapitalmarktgeschäfts mit all seinen Volatilitäten unterwegs sind. Sie tragen zur Stabilisierung bei und sind gerade für Mittelständler als langfristig orientierter Sparringspartner sehr wichtig. Wer einer mittelständischen Wirtschaft diese Grundlage entzieht, muss sich der Folgen bewusst sein.

Im Übrigen: Wenn ich über Regulierung Gleichmacherei betreibe, sich Geschäftsmodelle immer mehr annähern, bekomme ich immer ähnlichere und größere Banken sowie Finanzdienstleister. Aus meiner Sicht erhöht sich damit das systemische Risiko, weil die Heterogenität sinkt. Wenn dann ein Schock kommt, trifft dieser alle Institute gleichermaßen.

Was verbirgt sich hinter dem Wunsch nach mehr Investitions- und Innovationsförderung? Geht es da nur um die Afa?

Natürlich spielen Abschreibungsbedingungen für das Leasing eine große Rolle. Generell begrüßen wir jedoch alles, was Deutschland als Investitionsstandort voranbringt, zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort macht und Investitionen anlockt.

In den vergangenen Jahren konnte man feststellen, dass es in Deutschland an Investitionen - sowohl an öffentlichen wie privaten - eher mangelt. Es ist nicht so, dass die Investitionen eingebrochen wären, aber sie haben mit der Wirtschaftsentwicklung nicht dynamisch mitgehalten, die Investitionsquoten bleiben auf relativ niedrigem Niveau. Die Wachstumsquoten sind im Ausland viel größer. Es wäre daher extrem wichtig, für mehr Investitionen in Deutschland zu sorgen, insbesondere in Feldern wie Infrastruktur, Bildung und Grundstruktur für Digitalisierung.

Gleichzeitig spürt Deutschland erheblichen Druck vom internationalen Währungsfonds oder von anderen Ländern, mehr für ein internationales Wirtschaftsgleichgewicht zu tun. Investitionen könnten dabei eine größere Bedeutung spielen. Und hier kommen Abschreibungsbedingungen zum Tragen. Zum einen geht es darum, eine Abschreibung zu treffen, die auch den wirtschaftlichen Wertverzehr abbildet. Das kann nun mal eine degressive Afa besser als die lineare - wie wir seit Jahren betonen. Und bei einigen Objekten müssten wegen verkürzter Technologiezyklen auch kürzere Afa-Zeiten möglich sein. Die passen teilweise nicht mehr. Das wäre übrigens keine Sonderregelung nur für Leasing-Gesellschaften. Vielmehr geht es darum, ein Programm zu schaffen, das insgesamt mehr Investitionen ankurbelt - völlig unabhängig vom Leasing.

Wie sehr wird die Kapitalmarktunion die Wirtschaftsstrukturen in Deutschland verändern? Und was heißt das für die Leasing-Gesellschaften? Kann darüber die Refinanzierung flexibler werden?

Der BDL begrüßt generell weitere Möglichkeiten der Kapitalmarktrefinanzierung. Dennoch kann es nicht Aufgabe der EU sein, dem Kapitalmarkt oder der Kapitalmarktfinanzierung eine Präferenz zuzusprechen. Den Markt zu öffnen und deutschen Unternehmen einen einfacheren Kapitalmarktzugang zu gewähren, dagegen spricht nichts, selbst wenn es Wettbewerb zum Leasing bedeuten sollte.

Wenn es allerdings einem eher angelsächsischen Wirtschaftsmodell folgt, kann das nicht im Interesse der deutschen Wirtschaft sein. Denn eine Vielzahl der Mittelstandskunden will sich den Kapitalmarktvolatilitäten nicht aussetzen. Sie sind viel langfristiger orientiert. Die heutigen Möglichkeiten sollten darüber nicht diskreditiert werden. Eine Öffnung ja, aber nicht zulasten gewachsener Strukturen.

Unter dem Dach einer Kapitalmarktunion sollen auch STS-Verbriefungen - simpel, transparent und standardisiert - gefördert werden. Auch das ist grundsätzlich zu begrüßen. Eher mit Skepsis sehen wir allerdings die bisher angedachte Ausgestaltung, die mit hohen Anforderungen einhergeht. Ob das dann tatsächlich für die Leasing-Branche ein Instrument sein kann, bleibt abzuwarten.

Spielt man mit dem Gedanken, verstärkt Leasing-Forderungen zu verbriefen?

Es gibt bereits heute eine Reihe von Leasing-Gesellschaften, die ABS- und ABCP-Transaktionen und derartige Instrumente nutzen. Der BDL ist bestrebt, seinen Mitgliedern ein möglichst breites Refinanzierungsspektrum zu eröffnen.

Wie sieht eine stärkere Vernetzung mit anderen Wirtschaftsverbänden aus und welche Themen sind dies?

An den Themen - Mittelstandsorientierung, ausgeprägter realwirtschaftlicher Bezug, Innovationsförderung - kann man erkennen, dass es viele gemeinsame Interessen mit der deutschen Wirtschaft gibt, zum Beispiel mit dem Mittelstand oder auch mit den Industrie- und Handelskammern.

Die Leasing-Gesellschaften sind seit jeher ein Bindeglied zwischen Finanzwirtschaft und Realwirtschaft und haben einen besonderen Bezug zu beiden Seiten. Insoweit ist für uns logisch, sowohl im guten Austausch mit Verbänden der Finanzindustrie zu stehen, aber auch mit denjenigen, die auf unserer Kundenseite und mit uns durchaus sehr ähnliche Interessenlagen haben wie DIHK oder BDI. Mit vielen dieser Verbände pflegen wir bisher Kontakt und arbeiten zu bestimmten Fragestellungen zusammen. Aufgabe für die Zukunft wird es sein, das zu intensivieren und in einen standardisierteren Austausch zu kommen.

Wie ist das Verhältnis Kreditwirtschaft zu Leasing? Hat sich das verändert in den vergangenen Jahren? Besteht eine latente Gefahr, dass Leasing über die Vertriebspartner nur noch das schlechte Geschäft bekommt?

Das sehe ich nicht. An sich haben wir eher eine Symbiose zwischen Bank und Leasing-Gesellschaft, vor allem bei den bankenabhängigen Gesellschaften, auf die rund 30 Prozent des Marktes in Deutschland entfallen. Wenn eine bankenabhängige Leasing-Gesellschaft wächst, braucht sie entsprechende Finanzmittel. Somit besteht für die Bank auch immer die Möglichkeit, an dem wachsenden Leasing-Geschäft über die Finanzierung zu partizipieren. Insofern ist das eine echte Win-Win-Situation. Auch die sehr gute Risikosituation der Leasing-Gesellschaften spricht für ein gutes Verhältnis.

Was liegt Ihnen als neuer BDL-Präsident besonders am Herzen?

Ein zentraler Punkt ist es, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Leasing-Wirtschaft ein wichtiger Baustein der deutschen Wirtschaft ist.

Eine weitere Aufgabenstellung, die eine große Rolle spielt, ist die Nachwuchsgewinnung. Das Thema treibt sowohl die gesamte Branche als auch die einzelne Gesellschaft um. Jeder einzelne muss für qualifizierten Nachwuchs in den eigenen Reihen sorgen, schon aufgrund der demografischen Entwicklung. Gerade in einer Branche, die mittelständisch geprägt ist, kommt es auf die richtigen Leute an.

Nachwuchsgewinnung, Aus- und Weiterbildung haben daher einen großen Stellenwert. Dabei gilt, dass zunächst jedes Unternehmen eigene Aktivitäten entfalten muss. Der Verband unterstützt. Nachwuchs, Berufsvielfalt, Berufsbilder im Leasing - das war auch kürzlich Gegenstand des BDL-Jahresberichts. Als BDL unterstützen wir die Nachwuchsgewinnung mit Vorträgen oder Kooperationen wie mit der Universität zu Köln oder der Hochschule Koblenz.

Auch die BDL-Akademie widmet sich der Aus- und Weiterbildung der Leasing-Branche und bietet ein umfangreiches Seminarprogramm von E-Learning bis hin zu einem Unternehmensplanspiel an. In einem virtuellen Markt treten darin Teams mit einer virtuellen Leasing-Gesellschaft gegeneinander an. Das wird sehr gut angenommen.

Wen sucht die Leasing-Branche - eher Bankenexpertise oder eher die Experten aus der Wirtschaft?

Das hängt stark davon ab, in welchem Feld man unterwegs ist. Für eine bankenabhängige Leasing-Gesellschaft kann jemand aus der Bank eine gute Wahl sein, weil er zwischen diesen Welten vermitteln kann. Oder soll jemand künftig einen Baumaschinenhersteller im Leasing betreuen, dann ist es sehr wertvoll, wenn er vorher in der Industrie tätig war.

Was steckt hinter der Zukunftsstrategie "Leasing 2020" des BDL?

Kern des Ganzen ist, dass wir uns stärker mittelständisch mit der Betonung unserer Nähe zur Realwirtschaft positionieren. Und wir müssen europäische Entwicklungen im Blick haben. Das ist für uns relevant, weil die große Mehrzahl der regulatorischen Vorhaben vom europäischen Level kommt.

Genügt es da, sich auf die Leaseurope zu verlassen oder muss der BDL stärker in Brüssel vertreten sein?

Ende 2015 haben wir unser Büro in Brüssel eröffnet, eine BDL-Repräsentanz vor Ort, die zu den einzelnen Politikfeldern Kontakt hält. Somit sind wir frühzeitig informiert und können Input geben.

Das läuft nicht im Wettstreit oder Widerspruch zur Leaseurope, mit der wir uns im engen Schulterschluss sehen und in deren Gremien wir vertreten sind. Dennoch brauchen wir eine eigene Präsenz vor Ort, um Entwicklungen frühzeitig mitzubekommen und die Umsetzung für deutsche Leasing-Gesellschaften begleiten zu können. Wenn wir dies nur von Deutschland aus tun, ist das zu spät. Der Schritt nach Brüssel war absolut richtig und hat sich bewährt.

Wohin geht die Entwicklung für die Leasing-Branche?

Für 2017 erwarten wir nach dem guten Start im ersten Halbjahr weiteres Wachstum. Für das Gesamtjahr sollte das Wachstum mit hoher Wahrscheinlichkeit über dem der Ausrüstungsinvestitionen in Deutschland liegen.

Die deutsche Wirtschaft insgesamt, gerade die mittelständische Wirtschaft, schlägt sich ausgesprochen gut. Und auch die Leasing-Gesellschaften - eher kleiner und wendiger - haben sich bisher immer erfolgreich neuen Anforderungen gestellt. Um sich auf neue Dinge - ob Digitalisierung oder veränderte Wirtschaftsbedingungen - einzustellen, hilft, dass wir es durchgängig nicht mit Kolossen zu tun haben.

Die Grundidee des Leasings - Nutzen zählt, weniger das Eigentum - passt in die neue Welt einer Sharing Economy mit serviceorientierten Ansätzen und Cloud-Lösungen. Der Grundgedanke erfährt dadurch vielleicht sogar noch eine Renaissance.

Wird es weitere Konsolidierung geben?

Die Konsolidierung ist noch nicht beendet. Offen ist, ob es neue Marktteilnehmer geben wird. Die Markteintrittsbarrieren sind höher geworden. Durch regulatorische Anforderungen ist es schwieriger geworden, eine Leasing-Gesellschaft auf die Beine zu stellen. Neue Gesellschaften könnten aus dem Ausland kommen, von Herstellern oder vielleicht aus Fintech-Zusammenschlüssen, die man heute noch nicht so auf dem Schirm hat. Das könnte ich mir zwar vorstellen, eine Prognose ist jedoch schwierig.

Das Interview führten Kati Eggert und Philipp Otto, Redaktion FLF.

Handlungsempfehlungen des BDL: Wofür wir stehen.

· Die deutsche Leasing-Branche befürwortet eine Politik, die den Mittelstand fördert und sich für die Stärkung mittelständischer Strukturen stark macht.· Wir unterstützen politische Maßnahmen, die dringend benötigte Investitionen und Innovationen in Deutschland fördern.· Um ihrer Rolle als Partner des Mittelstandes und Investitionsmotor für die deutsche Wirtschaft gerecht werden zu können, benötigen die Leasing-Unternehmen verlässliche Rahmenbedingungen. Unser besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Investitionsförderung und einer Regulierung "mit Augenmaß", die dem Proportionalitätsprinzip Rechnung trägt.Quelle: Positionspapier des BDL zur Bundestagswahl 2017, Juni 2017

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
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