Auch beim Rating steht der Investor im Vordergrund

Ratings sind traditionell ein Instrument um Informationsbedürfnisse von Investoren zu befriedigen. Moody´s Investor Services trägt diese Funktion sogar im Namen. Die Agenturen sorgen dafür, dass durch sie als neutrale Dritte die Bonität kontinuierlich überwacht wird und regelmäßig Einschätzungen über die jeweiligen Ausfallrisiken gemacht werden. So die graue Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Erstens liegen Agenturen nicht immer richtig, und zweitens betreiben Emittenten gerne das beliebte Ratingshopping. Vor allem bei neuen Verbriefungstransaktionen war und ist immer wunderbar zu beobachten, dass sich Emittenten und die sie beratenden Investment Banken für die Agentur entscheiden, die das höchste Rating am einfachsten und am billigsten liefern kann. Die Begeisterung von Investoren für dieses Vorgehen hält sich in engen Grenzen. Ihre Einflussmöglichkeiten sind aber in Boomphasen, in denen Emittenten ohnehin fast alles verkaufen können, allerdings begrenzt. Hier ist es für Anleger oftmals wichtiger, die gewünschte Ware - sprich den gewünschten Bond - überhaupt zu erhalten, statt am Ratingsystem rumzumäkeln.

Seit einigen Jahren ist eine andere Variante des Ratingshoppings auch bei den klassischen Emittenten wie den Banken anzutreffen. Emittenten greifen dabei in bereits teilweise lange bestehende Ratingbeziehungen ein und kündigen mitunter "unerwünschten" Agenturen, um dann teilweise höhere Ratings einzukaufen. Beispielswiese DBRS hat so phasenweise gute Erfolge aufgewiesen, weil deren höhere Ratings schwächeren Banken bei der Refinanzierung über die Europäische Zentralbank geholfen haben. Jüngst hat sich die Deutsche Pfandbriefbank entschieden, DBRS für das "höhere" Rating zu bezahlen und dafür die niedrigen Noten von Wettbewerbern loszuwerden.

Die Zahl der Häuser, die sich von ungeliebten, das heißt von zu niedrigen Ratings verabschieden, ist spürbar gewachsen. Es ist prinzipiell auch das gute Recht der Emittenten, denn wer zahlt bestimmt schließlich. Aber sie vergessen dabei teilweise, welche Implikationen ein solcher Schritt für Investoren hat. Besonders nervig für Anleger ist es, wenn Institute - wie im Covered-Bonds-Markt zu sehen - ihre Ratings komplett kündigen. Denn dann bleibt den Investoren oftmals gar keine andere Möglichkeit, als sich von den Papieren zu trennen, da ihre Anlagevorschriften nach dem Rating einer etablierten Agentur verlangen.

Diese Zwangsverkäufe sind in der Regel nur zu ungünstigen Kursen abzuwickeln und führen so häufig zu unnötigen Verlusten bei den Geldgebern. Emittenten sollten sich genau überlegen, ob sie ihre Investoren auf diese Art vergraulen wollen. Es werden nämlich auch wieder Zeiten kommen, wo Emittenten stärker auf ihre traditionelle Anlegerbasis angewiesen sein werden. Sie sollten Investoren beim Erwerb der Wertpapiere folglich vertraglich zusagen, dass sie beispielsweise über die gesamte Laufzeit des Bonds an der bisherigen Zahl von Ratings festhalten werden. Folgt trotzdem der komplette Entzug von Ratings müsste vertraglich die Zahlung einer Entschädigung zugesichert werden. Das wäre gute Investorenpflege. ber

Noch keine Bewertungen vorhanden


X