Froh schlägt das Herz im Reisekittel ...

... vorausgesetzt man hat die Mittel. Scheinbar ist das aber momentan kein Problem. Auf dem deutschen Hotelmarkt herrscht gute Stimmung, wie das aktuelle Treugast-Investment-Ranking zu berichten weiß. In Sachen Konjunktur gibt es nichts zu meckern, auch das Verbraucherklima ist positiv, zudem erfreut sich Deutschland als Reiseziel auch bei ausländischen Reisewilligen zunehmender Beliebtheit. Bei einem - laut Statistischem Bundesamt - Anstieg der Gästeübernachtungen im gesamten Jahr 2014 um drei Prozent und damit auf einen neuen Rekordwert von 424,1 Millionen, stiegen die Übernachtungszahlen der

ausländischen Gäste überproportional um 5,1 Prozent auf 75,6 Millionen, die der Heimaturlauber um 2,5 auf 348,5 Millionen.

Wenn ein Segment so floriert, legt man doch als Investor gerne sein Geld an. So hat auch der Hotelinvestmentmarkt einen neuen Rekord erzielt, der den Aufstieg aus dem Nischen-Image noch einmal beflügelt und Deutschland das Charakteristikum als begehrtes Anlageziel bestätigt. Das Investitionsvolumen von 2,9 Milliarden Euro übertrifft alles bisher Erzielte bei Weitem, sogar das Rekordergebnis aus dem Vorjahr konnte noch einmal um 37 Prozent gesteigert werden, wie eine Analyse von BNP Paribas zeigt.

Knapp die Hälfte des investierten Kapitals, nämlich 48 Prozent, konnten dabei ausländische Investoren beitragen. Dabei haben sie insbesondere das Portfoliosegment prägen können, wo mehr als 71 Prozent der Investitionen aus dem Ausland kamen. Im Gegenzug nutzten die heimischen Investoren die breite Marktkenntnis und dominierten bei Einzeltransaktionen, die wiederum mit fast 1,8 Milliarden Euro den lebhafteren Teil des Investmentgeschehens ausmachten, darunter mehrere Abschlüsse über 100 Millionen Euro. Den größte Einzeldeal stellt dabei der Verkauf des 5-Sterne-Hotels "Sofitel Munich Bayerpost" dar, das die Deka Immobilien für einen dreistelligen Millionenbetrag erwarb. Damit zeigten sich die nationalen Investoren selbst deutlich angetaner von Hotelimmobilien im eigenen Land als noch im vergangenen Jahr, in dem ihr Anteil am Investitionsvolumen lediglich bei 25 Prozent lag.

Deutschland als Reiseziel in Verbindung mit weiterhin niedrigen Zinsen und vergleichsweise noch hohen Renditen im Hotelsektor, das lässt auch für das Gesamtjahr einen neuen Umsatzrekord in Richtung der Vier-Milliarden-Euro-Grenze erwarten. Doch allmählich wird auch hier das Angebot knapp und die Renditen geraten unter Druck. Das gilt besonders im 3- bis 4-Sterne-Bereich, der auf der Beliebtheitsskala der Investoren weit oben steht - allein zwei Milliarden Euro wurden hier bis zum Ende des dritten Quartals umgesetzt. Die größten Erwartungen werden in die (Low-)Budget- und Midscale-Kategorie gesetzt, auf die im selben Zeitraum 350 Millionen Euro fielen. Doch der Budget-Bereich lässt aufgrund seiner günstigen Kostenstrukturen hohe Gewinne erwarten und wird so seine begonnene dynamische Entwicklung fortführen können. Das lässt den Markt noch einmal dichter werden.

Leidtragende werden sicher die Privatbetriebe sein, und damit, konsequent zu Ende gedacht, stückchenweise Kulturgut. Denn der deutsche Hotelleriemarkt ist wie kein anderer von Privatbetrieben geprägt - die Entwicklung aber zeigt ganz deutlich in eine andere Richtung. Ob man es glauben mag oder nicht, international betrachtet sind Hotelketten hierzulande vergleichsweise unterrepräsentiert. Immer mehr Hotelgesellschaften werden auf den deutschen Markt drängen, was für die Markenhotellerie weiteres Wachstum bedeutet. Und wer wiederum, wenn nicht die Ketten, kann sich im zunehmenden Wettbewerbsdruck behaupten?

Was beim stationären Einzelhandel bereits bittere Realität ist, droht nun auch dem Hotelmarkt. Einheitsbrei. Da kann man nur hoffen, dass die Motivation ausländischer Reisender nicht gerade auf Individualität und den traditionellen Kulturwerten beruht, die insbesondere die kleineren Privatbetriebe in den hübschen Ecken des innerstädtischen Einheitsbreis noch repräsentieren. Denn wenn die geschluckt werden, vermag die neue internationale Lust auf Deutschland möglicherweise schneller wieder vorbei zu sein, als ein x-tes Motel One zum Entstehen braucht. mb

Noch keine Bewertungen vorhanden


X