Immobilien-AGs wachsen weiter

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Immobilien an der Börse - das ruft noch immer viele Skeptiker auf den Plan. Zu verschieden seien "unbewegliche" Immobilien und der hochliquide Kapitalmarkt, als dass sich daraus eine funktionierende Symbiose ergeben könnte. Spürbar verdeutlicht wurden diese Zweifel zuletzt im Herbst 2016, als Analysten der US-Investmentbank Merrill Lynch mit ihrer Einschätzung zum deutschen Wohnungsmarkt rund eine halbe Milliarde Euro an Börsen-wert in Deutschland vernichteten - wohlgemerkt an einem einzigen Tag.

Der Schock darüber währte allerdings nur kurz, und die gelisteten deutschen Immobilien-AGs kehrten schnell auf den Wachstumspfad zurück. Laut der Ende November zum fünften Mal veröffentlichten Gemeinschaftsstudie des ZIA und Barkow Consulting legte die Marktkapitalisierung der börsennotierten Immobilienunternehmen um 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf nunmehr 73 Milliarden Euro zu. Auch das Immobilienvermögen wuchs um 26 Prozent und hat mit nunmehr 114 Milliarden Euro erstmals die Schallmauer von 100 Milliarden Euro durchbrochen. Damit spielen deutsche Immobilien-AGs auch auf der internationalen Bühne eine immer bedeutendere Rolle: Der deutsche Anteil am europäischen Immobiliensektor beträgt aktuell 23 Prozent - im Jahr 2013 waren es noch lediglich zehn Prozent. Die Position als zweitwichtigstes Land im europäischen EPRA-Index konnte dadurch ebenfalls weiter ausgebaut werden. Der Abstand zum führenden "Immobilienaktienland" Großbritannien beträgt mittlerweile nur noch zwölf Milliarden Euro.

Interessanterweise konnten die hohen Zuwächse im laufenden Jahr erneut ohne größere Börsengänge erreicht werden. Den stärksten Effekt hatte noch das Debüt von Aroundtown: Das auf Gewerbeimmobilien spezialisierte Unternehmen hatte seine Notierung im Juni 2017 von der Euronext in den Prime Standard der deutschen Börse verlegt. Mit Consus und Noratis gab es allerdings nur zwei weitere, und vor allem kleinere Börsenneuzugänge zu begrüßen. Im Gegenzug hält der Trend zu größeren Einheiten im Sektor unvermindert an: Seit 2011 ist die Anzahl der Immobilien-AGs um 29 Prozent auf aktuell 55 zurückgegangen. Unterdessen blieb die Emission von neuem Eigenkapital über die Börse im ersten Halbjahr 2017 mit 1,5 Milliarden Euro auf einem unverändert niedrigen Niveau. Folglich lässt sich der Anstieg der Marktkapitalisierung laut Studie erneut im Wesentlichen auf steigende Kurse zurückführen.

Die Studienautoren sehen im Bereich der Wirtschaftsimmobilien noch großes Börsenpotenzial. Denn die Dominanz des Wohnsektors ist auch im Jahr 2017 weiter spürbar. So repräsentieren Wohnimmobilien immer noch 76 Prozent des börsennotierten Immobilienvermögens. Immerhin konnten seit langer Zeit aber auch Wirtschaftsimmobilien deutlich zulegen, was größtenteils wiederum auf den Notizwechsel von Aroundtown zurückzuführen ist. Im europäischen Kontext hat Deutschland laut ZIA-Koautorin Sabine Georgie diesbezüglich aber trotzdem noch erheblichen Nachholbedarf.

Hinsichtlich der Finanzierung ist der Gang an den Kapitalmarkt derzeit im Übrigen kein wirklich ausschlaggebender Faktor. Bei der Studienpräsentation in Frankfurt erörterte Andreas Segal, CFO der Buwog AG, dass selbst große Player wie Vonovia derzeit keine nennenswerten Finanzierungsvorteile gegenüber nicht-börsennotierten (beziehungsweise nicht-gerateten) Immobilienunternehmen hätten. Die Konditionen seien auch aufgrund der hohen Finanzierungsbereitschaft von Banken und Sparkassen derzeit für alle Marktteilnehmer hervorragend. Doch das muss nicht so bleiben. Und gerade in schlechten Zeiten könnte sich die erweiterte "Tool-Box" als echter Wettbewerbsvorteil erweisen. ph

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